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Mendelssohn's Orgelconcert.

Mit goldnen Lettern möcht' ich den gestrigen Abend in diesen Blättern aufzeichnen können. Es war ein Concert für Männer einmal, ein gutes Ganzes vom Anfang bis Ende. Wiederum fiel mir ein, wie man mit Bach doch niemals fertig, wie er immer tiefer wird, je mehr man ihn hört. Von Zelter, und später von Marx ist darüber Treffliches und Treffendes genug gesagt worden, und doch, hört man dann, so will es wieder scheinen, als ließe sich ihm mit dem bloßen Wortverstand nur von Weitem beikommen. Die beste Versinnlichung und Erklärung seiner Werke bleibt nun immer die lebendige durch die Mittel der Musik selbst, und von wem dürfte man da eine treuere und wärmere erwarten, als von dem, der sie uns gestern gab, der die meisten Stunden seines Lebens gerade diesem Meister zugewandt, der der Erste war, der mit aller Kraft der Begeisterung das Andenken an Bach in Deutschland auffrischte, jetzt auch wieder den ersten Impuls gibt, daß sein Bild auch durch ein äußeres Zeichen dem Auge der Mitwelt näher gebracht werde. Hundert Jahre sind schon vergangen, ehe dies von Andern versucht, sollen vielleicht noch hundert vergehen, daß es zur Ausführung kömmt? Es ist nicht unsere Absicht, durch einen förmlichen Aufruf zu einem Denkmal für Bach etwa zu bitten; die für Mozart und Beethoven sind noch nicht fertig und es dürfte schon damit noch eine Zeit währen. Aber hier und da anregen möchte die Idee, die jetzt von hier ausgegangen, namentlich in den Städten, die sich in neuerer Zeit um Aufführung Bach'scher Werke besonders verdient gemacht, Berlin und Breslau, in denen es Viele geben wird, die wissen, was die Kunst Bach schuldet; es ist im kleinen Kreise der Musik kaum weniger, als was eine Religion ihrem Stifter. Mendelssohn spricht sich selbst in seinem das Concert ankündigenden Circular in klaren, einfachen Worten darüber aus: »Bis jetzt bekundet kein äußeres Zeichen in Leipzig das lebendige Andenken an den größten Künstler, den diese Stadt je besessen. Einem seiner Nachfolger ist bereits die Ehre eines Denkmals in der Nähe der Thomasschule zu Theil geworden, die Bach vor allen Andern gebührt; da aber in der jetzigen Zeit sein Geist und seine Werke mit neuer Kraft hervortreten, und die Theilnahme dafür in den Herzen aller wahren Musikfreunde nie verlöschen wird, so ist zu hoffen, daß ein solches Unternehmen bei den Bewohnern Leipzigs Anklang und Beförderung finden möge« etc. etc.

Daß nun der von solcher Künstlerhand geleitete Anfang ein würdiger war, und daß ihn ein den Zweck reich unterstützender Erfolg krönte, war zu erwarten. Wie Mendelssohn das königliche Instrument Bach's zu handhaben versteht, ist schon anderweitig bekannt; und dann waren es lauter köstliche Kleinodien, die er gestern vorlegte, und zwar in herrlichster Abwechselung und Steigerung, die er nur zu Anfang gleichsam bevorwortete und zum Ende mit einer Phantasie beschloß. Nach einer kurzen Einleitung spielte er eine Fuge in Es dur, eine gar prächtige auf drei sich über einander aufbauende Gedanken, hierauf eine Phantasie über den Choral »Schmücke dich, o liebe Seele«, ein unschätzbares, seelentiefstes Musikstück, wie es irgend einem Künstlergemüth entsprungen, sodann ein groß-brillantes Präludium mit Fuge in A moll, beide sehr schwierig auch für Meister auf der Orgel. Nach einer Pause folgte die Passacaille in C moll, 21 Variationen, genialisch genug in einander gewunden, daß man nur immer erstaunen muß, auch von Mendelssohn vortrefflich in den Registern behandelt, nach diesen eine Pastorella in F dur, wie nur irgend ein Musikstück dieses Charakters in tiefster Tiefe gedacht werden kann, der sich dann eine Toccata in A moll mit Bach'isch humoristischem Präludium anschloß. Den Schluß machte eine Phantasie Mendelssohn's, worin er sich denn zeigte in voller Künstlerglorie; sie war auf einen Choral, irr' ich nicht, auf den Text »O Haupt voll Blut und Wunden« basirt, in den er später den Namen Bach und einen Fugensatz einflocht, und rundete sich zu einem so klaren, meisterhaften Ganzen, daß es gedruckt ein fertiges Kunstwerk gäbe. Ein schöner Sommerabend glänzte zu den Kirchenfenstern herein; außen im Freien wird noch Mancher den wunderbaren Klängen nachgesonnen haben, und wie es doch in der Musik nichts Größeres gibt, als jenen Genuß der Doppelmeisterschaft, wenn der Meister den Meister ausspricht, Ruhm und Ehre dem alten wie dem jungen!

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Drei gute Liederhefte.

Auch den hartherzigsten Kritiker wandelt einmal die Lust zu loben an, »Was hilft es – sagte ich mir – leidliche Anfänger in der Gesangscomposition passabel aufzumuntern, oder mittelmäßigen Schreiern die Kehle verstopfen zu wollen. Lieber setz' ich mir einen ganzen Stoß neuer Lieder her und ruhe nicht eher, als ich einige gute gefunden, um einmal nach Herzenslust nichts als loben zu können.« Lange suchte ich unter den etwa 50 Heften. Endlich hatte ich glücklich drei bei einander, die mich in Lobesathem brachten, die mich anhaltend erfreut, erwärmt. Die Namen der Componisten sind Veit, Esser und Norbert Burgmüller, die ersten noch lebend und wirkend, der letztere schon gestorben.

Auseinandersetzen, was ein schönes Lied, will ich nicht. Es ist so schwer und leicht, als ein schönes Gedicht. »Nur ein Hauch sei's«, sagt Goethe. Norbert Burgmüller wußte von den drei Genannten dies am besten. Das Gedicht mit seinen kleinsten Zügen im feineren musikalischen Stoffe nachzuwirken, gilt ihm das Höchste, wie es Allen gelten sollte. Nur selten, daß ihm ein Zug entgeht, oder daß er ihm, wo er ihn gefaßt, mißglückt. Menschliches freilich überfällt auch die Größten in unbewachtem Augenblick.

Das Liederheft, das ich meine, ist sein drittes und mit Werk 10 bezeichnet. Es bringt ein Lied nach Walther v. d. Vogelweide – von Uhland Scheiden und Meiden, Ständchen und Abreise – von einem Ungenannten ein »Hoffnungslos«. Der Ungenannte ist, wie vermuthet wird, der Componist selbst. Man vergleiche die Biographie, die früher diese Blätter brachten, in der auch der erste Vers des Gedichtes mitgetheilt war. Die Composition ist in schmerzlicher Zeit entstanden, tiefmelancholisch, aber zur innigsten Theilnahme anregend, und wahr. Wahr – zittert euch nicht euer kleines Herz, Componisten, wenn ihr dieses Wort hört? Bettet euch immer weicher in eure schönen Gesangeslügen, ihr bringt's doch nicht höher, als von einigen andern Judaslippen gesungen zu werden, vielleicht verführerisch genug. Aber, tritt dann wieder einmal ein wahrhaftiger Sänger unter euch, so flüchtet mit eurer erheuchelten Kunst, oder lernt Wahrheit, wenn es noch möglich ist. Wahr ist denn auch Burgmüller durch und durch; noch mehr, er gibt die Wahrheit auch meistens in schönem Gewand. Lebte er noch, so würde ich bittend hinzusetzen: er gebe sie auch, wo es das Gedicht will, manchmal in reicherem. Er begnügt sich oft mit dem allereinfachsten. B. Klein trieb diese Liedeseinfachheit, daß man ihn als Sonderling verschrie. Auch gegen dieses Extrem schütze sich der Künstler. Ein Beispiel dazu aus Burgmüller's Liedern. Es ist das oft und mehrentheils nicht übel componirte »Ständchen« von Uhland, wo das nach und nach hinüberschlummernde Kind der Mutter von »süßen Klängen« erzählt, die es weckten, und daß es »keine irdische Musik« sei, sondern »Engel mit Gesang, die es riefen«. Das Lied ist sicher eines der trefflichsten der Sammlung, vielleicht die trefflichste Composition des Gedichts überhaupt, die da ist. Doch jener Ruf »von drüben«, gesteh' ich, klingt mir doch zu dürftig. Engel, mein' ich, riefen doch noch anders; aber freilich, wer hat solche Stimmen gehört, und, wer in einzelnen weit von einander liegenden Minuten des Lebens es hat, schwiege nicht lieber darüber! Wie ich aber schon sagte, das Lied bleibt neben dem »Hoffnungslos« das schönste der Sammlung. Vortrefflich in der getroffenen mißmüthigen Grundstimmung nenn' ich auch die »Abreise«. Nur den Schluß, wo der Wanderer, dem es gleichgültig, daß man ihn ohne besondere Abschiedsqualen seine Straße hat ziehen lassen, wehmüthig hinzusetzt: »von Einer aber thut mir's weh'« –, wünschte ich nicht über die Melodie der früheren Verse gelegt, und neu componirt, und bedeutender, wie es denn auch im Vorhergehenden einige kleine Declamationssünden zu rügen gäbe.

In diesen drei Nummern liegt denn der Schatz des Heftes. »Scheiden und Meiden« und das altdeutsche Lied, wie sie immerhin auch einem echten Dichterherzen entsprungen, sind anspruchloser.

Der zweite Liedercomponist, den die Zeitschrift heute ihren Lesern als einen »guten« empfiehlt, ist W. H. Veit, der junge böhmische Tonsetzer, von dem sie schon öfters Gutes vermeldet. Schwierige Aufgaben für seine Erfindungskraft stellt er sich nicht in dem Hefte, von dem wir sprechen; ja es genügen ihm selbst Gedichte geringeren Gehaltes. Haben wir denn etwa Mangel an guten? Ein »Ja« zur Antwort wäre ein Unrecht, was wir den Poeten thäten. Wie viel Ausbeute geben noch die älteren deutschen Classiker, wie viel die Epoche nach Goethe, wie Manches die neuste, wie Vieles endlich auch das Ausland! Weshalb also nach mittelmäßigen Gedichten greifen, was sich immer an der Musik rächen muß? Einen Kranz von Musik um ein wahres Dichterhaupt schlingen – nichts Schöneres; aber ihn an ein Alltagsgesicht verschwenden, wozu die Mühe? – Das Talent verläßt unsern Componisten nun auch bei Composition solcher schwächeren Gedichte nicht; reicher und frischer äußert es sich aber gewiß in jenen besseren, wie von Heine und Mosen; der Componist wird es selbst gestehen, daß er hier auch mit größerer Liebe schrieb.

Auch Veit wendet auf die Wahrheit des musikalischen Ausdrucks in Wiedergabe der Worte die treuste Sorgfalt. Dies Lob steht über jedes andere. Gesellt sich solchem Streben noch ein ziemlicher Schatz klarer, gesunder Melodie bei, so darf der Künstler doppelten Lobes gewiß sein. Es ist hier so und guter Gesang in jedem der Lieder zu finden. An kleinen, feinen Wendungen in der Begleitung fehlt es gleichfalls nicht, wie freilich auch nicht an kleinen Declamationsfehlern, so klein, daß wir sie Schülern nachsähen; an gebildetern Talenten groß genug, um sie nicht wohlwollend darauf aufmerksam zu machen (so das »es« S. 3 Syst. 3 T. 2, das »du« S. 15 Syst. 3 T. 5). Melodiöse Heiterkeit zeichnet im Uebrigen fast alle Lieder des Heftes aus, das wir denn überhaupt gegen ein früher geschriebenes (Werk 8) als einen erfreulichen Fortschritt zur Meisterschaft betrachten müssen.

Ein Liederheft endlich von X. Esser, einem bis jetzt noch wenig genannten Rheinländischen Componisten, beschließe diese fröhliche Kritik. Die Texte sind zur einen Hälfte von Rückert, dem geliebten Dichter, der, großer Musiker in Worten und Gedanken, dem wirklichen leider oft gar nichts hinzuzuthun übrig läßt, – zur andern Hälfte von weniger gekannten Dichtern. Die Compositionen werden auf das Wohlthuendste überraschen; wie freut es, dies von einem Werk 4 sagen zu dürfen! Harmonie: rein und gewählt, – Melodie: klar, nicht ohne Eigenthümlichkeit, leicht sangbar, – Begleitung: natürlich, hebend, – Wahl der Texte: sinnig, ernst, – verlangt man einen besseren Paß in »Musiker's Lande?« Vorliebe für Franz Schubert, doch nur wie sie erlaubt, spür' ich namentlich im dritten und fünften der Lieder; eine auffallend starke Reminiscenz an Weber (»Arabien, mein Heimathsland«) im vierten. Indeß stört bei so viel Eigenem, bei so offenbarem inneren Wohlstand ein vielleicht unwissend entlehnter Zug nur wenig oder gar nicht. So gehe der Componist, der Theilnahme verdient, diesen Weg weiter; ist er noch jung, so freuen wir uns um so mehr seiner Zukunft.

Dies wäre eine treue Schilderung des kleinen kritischen Liederfestes, das ich mir heute zu begehen vorgenommen, das ich recht oft wieder zu begehen Veranlassung finden möchte.

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Trio's für Pianoforte mit Begleitung.

Es sind Jahre verflossen, seitdem wir zum letztenmal über Compositionen obiger Gattung berichtet; vielleicht erinnert sich der Leser noch eines Cyklus von Kritiken, in dem alle seit etwa 10 Jahren erschienenen Trio's ausführlich besprochen wurden. Allem neu Erscheinenden nachspähend, müssen wir uns wundern, wie wenig in den letzten 2-3 Jahren Werke obiger Gattung veröffentlicht worden sind – geschrieben? wohl mehr. Wer weiß das? Es liegen im Augenblicke nur vier Trio's und ein Quartett vor uns. Für erschöpfend können wir aber unser Urtheil darüber nicht ausgeben, da wir nur eines davon aufführen gehört. Denn wie das innere Gehör das feinere musikalische ist, der Geist der Ausführung hat auch sein Recht, der helle lebendige Klang seine besonderen Wirkungen, über die sich selbst der gute Musiker, der zuerst gleichsam durch das Auge vom Papier hört, täuschen kann. Leichter schon wird es zu urtheilen, wo Partituren vorliegen, wie es bei Herausgabe von Ensemblestücken jetzt löbliche Sitte geworden; wo aber diese fehlen, darf der Kritiker nicht gescholten werden, wenn er nur en gros berichtet. Von dem ersten der zu besprechenden Trio's liegt uns in der Clavierstimme zugleich die Partitur vor; es ist von B. E. Philipp. Der Name des in Breslau lebenden Tonsetzers kam in der Zeitschrift schon öfters vor. Mit seinem Trio tritt er, irren wir nicht, zum erstenmal mit einem größeren Ensemblestück auf. Es geht in F moll und weicht in der Form von andern nur darin ab, daß es kein Scherzo bringt. Im Uebrigen hat es den rechten Trio-Charakter, d. h. kein Instrument herrscht vor und hat jedes etwas zu sagen. Die Stimmung ist vorherrschend lyrisch; zwar im letzten Satz möchte Einiges auf eine dramatische Absicht des Componisten schließen lassen; der Grundton bleibt aber lyrisch. Am schnellsten wirksam scheint der erste Satz; er hat Fluß und rundet sich. Zur größern Wirkung fehlt ihm nur ein bedeutender energischer Schluß; wie er ist, fühlt man, der Componist war am Ende und die Phantasie gab nichts mehr aus. Immerhin gilt er uns als der gelungenste des Trio. Wenig sagt uns das Adagio zu: die ersten acht Tacte der Cantilene sind melodisch gut erfunden, obwohl an das Adagio in Beethoven's F moll-Sonate erinnernd; die folgenden aber haben keinen musikalischen Fortgang, wie uns auch der Mittelsatz in B moll karg und reizlos dünkt. Der letzte Satz, Finale, schließt sich dem Adagio gut an und nimmt einen kühnen Anlauf. Die ersten Tacte des Allegro gleichen freilich sehr in Bewegung und Charakter dem des letzten Satzes der Cis moll-Phantasie von Beethoven; wenn dadurch die Wirkung geschmälert wird, so versöhnt uns bald der sehr gute und melodisch-schwungvolle Gesang im Dur der großen Unterterz, der dann später, nach herkömmlicher Form, im Dur der Haupttonart wieder erscheint. Eine Stelle des Adagio hebt sich kurz vor dem Schluß noch einmal hervor, wir wissen nicht, ob mit Wirkung. Es hat mit solchen sogenannten »Rückblicken« sein Gefährliches; wo es nicht (wie z. B. im Finale der C moll-Symphonie, wo das Scherzo wieder auftaucht) im freisten Flug der Phantasie geschieht, so daß wir uns sagen müssen: es kann nicht anders sein, – sieht es leicht gezwungen und gemacht aus; immerhin hat schon die Intention etwas Sinniges und begegnen wir ihr immer gern. In Summa, das Trio wird denen, die nicht immer höchstes Meisterliches wollen, in vielen Parthieen zusagen; das Streben des Componisten war ein unverkennbar gutes, und so wünschen wir, daß er zu ähnlichen Werken größeren Umfangs auch immer bereite Verleger finde, wie den seines Trios, der es freigebig ausgestattet. Das Trio ist Adolph Henselt zugeeignet. –

Ueber ein Trio von Carl Seyler vermögen wir nicht mehr zu sagen, als was uns eine stumme Aufführung nach den herumgelegten einzelnen Stimmen eingibt. Es scheint übrigens klar genug, um eine Partitur zu vermissen, und erhebt sich anscheinend nicht über jenen mittleren Gedankenflug, der immer einige Minuten im Voraus zu errathen, so daß ich mir in den Pausen der Clavierstimme die Füllung der andern Instrumente auch meist ganz gut denken konnte. Der Charakter des Stückes ist modern, gefällig, bürgerlich; Melodie hat es, wenn auch kleine und bekannte; die Harmonie ist leicht, auch richtig. Der Componist scheint, allen Anzeichen nach, ein junger und strebsamer. In einer großen Stadt, wie Wien, auf tüchtigen Wegen zu bleiben, gehört freilich doppelte Kraft dazu. Publicum dort, wie Verleger wollen vor allem Leichtes, Unterhaltendes, und ein Feuerwerker gilt ihnen mehr, als ein rüstiger Gladiator. So kam es oft, daß, die das nicht begriffen und wider den Strom wollten, einsam und beifalllos ihren Weg fortsetzen mußten, während, die sich accommodirten, bald von höherem Streben ablassend, mit den hundert Andern im Strome mitschwammen und spurlos verschwanden. Wir wünschen dem jungen Componisten Ausdauer genug, nicht der letzten Classe zu verfallen. Was ist aller Beifall des Modehaufens gegen den stilleren des echten Künstlers. Das Publicum ist nie zu sättigen, während das fleißig gearbeitete, schön gelungene Kunstwerk Jahrzehnde lang nachhält. Wir sind in diesen moralischen Ton verfallen, weil wir eben wissen, wie oft gut anfangende Talente aus Mangel an Aufmunterung in großen Städten es auch nur bei den Anfängen bewenden ließen. Das » premier Trio« möge denn nur der Vorläufer der köstlichsten späteren sein und der Componist fortfahren, an großen Formen seine Kraft zu stärken und zu meistern. –

An die schon besprochenen Trio's der HH. Philipp und Seyler schließen sich neu erschienen noch drei an, von A. Fesca, J. P. Pixis und F. Mendelssohn Bartholdy.

Des Compositionstalentes des ersteren ward schon früher in der Zeitschrift Erwähnung gethan. Man sieht, es geht ihm leicht von der Hand; eine Menge auch größerer Werke seiner Composition ist neuerdings im Druck erschienen. Das Trio hat eine Schmetterlingsnatur, wo nicht der ganze Componist; er kostet und nascht noch in der Kunst, aber mit Lust und Liebe, und dies nimmt für ihn ein. Gern hängt er sich auch an höhere Kunstgenossen. Mendelssohn, Henselt, auch Thalberg, sind mit wenig Mühe wieder zu finden. Die Leichtigkeit und Anmuth aber, mit der er sich anschließt, söhnt schnell wieder aus. Das immer derbere deutsche Element abgerechnet, könnte man den jungen Componisten am richtigsten dem französischen Bertini vergleichen. Ob ihm selbst dieser Vergleich gefalle, wissen wir nicht; doch, scheint es, hat er das Zeug, ihn zu nichte zu machen, sich höher hinaufzuarbeiten zu Ernst und männlicherem Ausdruck. So klingt das Trio, wie ein Bertini'sches, durchaus hübsch und gefällig. Nach Grammatik, selbst nach Octaven, Quinten (wenigstens für das Auge) wird nicht viel gefragt; was ihm wohlklingt, schreibt er hin, das Ohr gilt ihm der oberste Richter. Wir haben nichts gegen diesen Grundsatz. Was schön klingt, spottet aller Grammatik, wie was schön ist, aller Aesthetik. Nach alle dem Gesagten wird der Kunstfreund wissen, was er ohngefähr vom Trio zu erwarten hat; es steht vermittelnd zwischen Künstler und Dilettanten und wird Allen behagen, die nicht immer nach Höchstem verlangen. Im Besonderen ist noch zu erwähnen, daß das ganze Trio ohne Absatz hintereinander gespielt werden soll. Innigere Verbindung und Beziehung haben die einzelnen Sätze indeß nicht; man kann ebenso gut nach jedem eine Pause einschalten. Das Clavier herrscht vor, doch nicht so, daß sich nicht auch die anderen Instrumente gut zeigen könnten, wie denn die Klarheit in Anordnung des Ganzen nur auszuzeichnen ist, doppelt an einem jungen Künstler, wie es der Componist noch sein soll. –

Das Trio von J. P. Pixis ist bereits das sechste des Componisten, und nach langer Zeit wieder das erste bedeutende Werk, das von ihm erschienen. Gehört in vollständiger Besetzung habe ich es noch nicht; vielleicht, daß es mir sonst auch weniger unklar, weniger zerstückelt erschiene. Der Anfang ist eigen. Das Clavier beginnt mit einer wilden Figur, in die die Bässe den Hauptgedanken des ersten Satzes hineinwerfen; wild scheint der erste Satz überhaupt, so sehr es nämlich ein Componist sein kann, der nicht gerade ein Beethoven ist, der, in Sicilien an der Seite einer gefeierten Tochter unter immergrünen Triumphbögen mitwandelnd, nicht eben Grund haben mag, sich über das Leben zu beklagen. Dem angemessen endigt auch der Satz. Das Capriccio, an der Stelle des Scherzo, scheint sehr pikant und geistreich, wie denn Pixis in solchen kleinen Sachen immer glücklich ist. Das Adagio, sentimentalen Charakters, währt beinahe so lange wie die drei übrigen Sätze zusammengenommen, und wohl zu lange; es ist hier eine Menge Harmonie an einen gewöhnlichen melodischen Gedanken verschwendet, die vereinfacht und verringert dasselbe gewirkt haben würde. Reicheres Leben bringt der Schlußsatz, wie der erste in der seltenen Tonart Fis moll geschrieben und beschlossen. Der Schluß erinnert übrigens an ein Stück aus Rossini's Soiréen, wie die Octavensprünge in der Hauptfigur an die Pauken im Scherzo der D moll-Symphonie von Beethoven. Das Ganze ist glänzend und schwierig, doch auch dankbar. Darf man ihm auch nicht, wie einem Meisterwerke, eine nachhaltigere Wirkung, eine große Lebensdauer zusprechen, so ragt es als Glanz- und Virtuositätsstück doch immer als ein bedeutendes und eigenthümliches hervor, das mehr will als bloße Fertigkeit des Spielers, bloßes Amusement des Zuhörers. –

Es bleibt noch übrig, über Mendelssohn's Trio etwas zu sagen, – Weniges nur, da es sich gewiß schon in Aller Händen befindet. Es ist das Meistertrio der Gegenwart, wie es ihrer Zeit die von Beethoven in B und D, das von Franz Schubert in Es waren; eine gar schöne Composition, die nach Jahren noch Enkel und Urenkel erfreuen wird. Der Sturm der letzten Jahre fängt allmählig sich zu legen an und, gestehen wir es, hat schon manche Perle an's Ufer geworfen. Mendelssohn, obschon weniger als Andere von ihm gepackt, bleibt doch immer auch ein Sohn der Zeit, hat auch ringen müssen, hat es auch oft anhören müssen, das Geschwätz einiger bornirter Schriftsteller: »die eigentliche Blüthenzeit der Musik sei hinter uns«, und hat sich emporgerungen, daß wir es wohl sagen dürfen: er ist der Mozart des l9ten Jahrhunderts, der hellste Musiker, der die Widersprüche der Zeit am klarsten durchschaut und zuerst versöhnt. Und er wird auch nicht der letzte Künstler sein. Nach Mozart kam ein Beethoven; dem neuen Mozart wird ein neuer Beethoven folgen, ja er ist vielleicht schon geboren. Was soll ich noch über dies Trio sagen, was sich nicht Jeder, der es gehört, schon selbst gesagt? Am glücklichsten freilich, die es vom Schöpfer selbst gehört. Denn wenn es auch kühnere Virtuosen geben mag, in so zauberischer Frische weiß kaum ein Anderer Mendelssohn's Werke wiederzugeben, als er selbst. Es schrecke dies Niemanden ab, das Trio auch zu spielen; es hat sogar im Vergleich zu andern, wie z. B. zu den Schubert's, weniger Schwierigkeiten, wie denn diese bei Kunstwerken ersten Ranges mit der Wirkung immer im Verhältnisse stehen, und je größer jene, je gesteigerter diese ist. Daß das Trio übrigens keines für den Clavierspieler allein ist, daß auch die anderen lebendig einzugreifen haben und auf Genuß und Dank rechnen können, braucht kaum einer Erwähnung. So wirke denn das neue Werk nach allen Seiten, wie es soll, und sei uns ein neues Zeugniß der Kunstkraft seines Schöpfers, die jetzt beinahe in ihrer höchsten Blüthe zu stehen scheint. –

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