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V.
Die Fahrt am Red-River.

Es war ein heiterer, heißer Junimorgen, als ich das Redriverdampfschiff Red-River, der rote Fluß, der sich unter Natchez auf der westlichen Seite in den Mississippi ergießt. Weiter oben bildet er die Grenze zwischen den V. St. und Mexiko. betrat. Die Sonne brannte wie ein glühender Hochofen, kein Lüftchen wehte, nur der Strom hauchte erfrischende Kühle aus seinen ungeheuren Wassermassen. Ich blickte noch einmal zurück zum Ufer, wo meine Quasi-Freunde standen, erwiderte ihre Grüße mit einem Hang ye Hang ye! Häng euch! Hol euch der Henker!, und eilte dann in den Salon.

Noch immer gellten mir die Worte in den Ohren: »Wohl denn, so laßt ihn als Hagestolz vegetieren; ohnedem ist er ein wunderlicher Kauz.« Beinahe hätte mir mein Spleen gleich beim Eintritte in das Staatszimmer Händel mit einem meiner Reisegefährten zugezogen, der in der Phrase: »Gemeine tückische Seelen!« die ich wiederholt ausstieß, eine ehrenrührige Anspielung auf seine werte Person zu hören wähnte. Im Grunde genommen, hatte die pfiffige Bostonerin so unrecht nicht. Ich war wirklich ein ganzer Narr, achttausend Dollars seit vier Jahren Menschen hingegeben zu haben, die, um sie noch andere vier Jahre zu behalten, mir den hämischsten Streich spielten. Ich hätte aus der Haut fahren mögen. Mein ganzes Wesen zuckte. Ich hatte weder Rast noch Ruhe.

» Qu'est-ce qu'il y a donc, Monsieur Howard?« sprach mich plötzlich ein etwas bejahrter, aber ziemlich respektabel aussehender Mann an: » Est-ce que vous êtes indisposé? Allons voir du monde

Ich schaute den sonderbaren Mann, der so ganz sans façon meine werte Person in Anspruch zu nehmen beliebte, mit großen Augen an, und war schon willens, ihm recht vornehm befremdet den Rücken zu kehren, als er mich bei der Hand nahm, und ganz gemächlich zur Türe des Damensaales zog. » Allons voir, Monsieur Howard

» Mais que voulez-vous donc?« fragte ich ziemlich ärgerlich den zudringlichen Menschen.

» Votre connaissance«, erwiderte er sardonisch lächelnd, indem er die Tür auftat, und mich so ins Innere des Salons blicken ließ.

» Monsieur Howard!« redete er zwei Mädchen an, die soeben beschäftigt waren, ein Schock Ananasse und Bananen an den Säulen des Staatszimmers aufzuknüpfen, wie sie in Alt-England mit den Söhnen Erins – und im neuen – mit Zwiebeln zu tun pflegten. » Mes filles! Voilà votre voisin! Monsieur Howard!« Und sie kamen auf mich zu, grüßten mich wie einen alten Bekannten, und boten mir, als hätten wir seit Jahren aus einer Schüssel gegessen, von ihren süßen Vorräten an. Das ist doch zuvorkommend in der Tat! Ich könnte zehn Jahre bei meinen lieben Landsmänninnen herumreisen, ohne in die Gefahr zu kommen, mir den Magen auf eine so süße Weise zu verderben. Ich mußte zugreifen; wir setzten uns, und die Mädchen fingen an zu plappern und zu lachen, daß ich, so wehe es mir im Herzen tat, nicht unterlassen konnte, mit einzustimmen. Eine ganz angenehme Stunde war vergangen, und eine zweite und dritte würde gefolgt sein, wenn meine angeborene virginische steife Etikette mir diesen Genuß inmitten der fröhlichen Geschöpfe länger gestattet hätte.

»Wir nehmen unsern Tee hier, Papa!« riefen die beiden Mädchen, als ich mich vom Sessel erhob.

Und wahrlich, ich habe Ursache, diese Einladung und meinen Glücksstern zu segnen; denn unsere Reisegesellschaft ist nichts weniger als gewählt. Ein sonderbarer Schlag Menschen! Beinahe sollte man glauben, man sei im alten Kentuck. Viehhändler und Metzger von Neuorleans, die sich nach den nordwestlichen Counties spedieren, halb wilde Jäger und Trappers, die von Begierde brennen, recht bald die Steppen jenseits Nacogdoches Nacogdoches, der erste mexikanische Ort, auf den man stößt, wenn man Louisiana verläßt. zu sehen, und da die Indianer zu zivilisieren, oder, besser zu sagen, zu prellen, Krämer, in und um Alexandria herum angesessen; diese bilden die sogenannte respektable Masse unserer Gesellschaft, und eine derbe Masse ist's, nach der Dicke ihrer Sohlen und behuften Absätze zu schließen. – Das dichte Laubwerk vor uns, ja, das ist die Mündung des Red-Rivers! Sie ist halb überwölbt von den ungeheuern Bäumen, die zu beiden Seiten über den Fluß hin hängen. Welch ein Kontrast mit dem Mississippi, der hinströmt, breit, gewaltig und finster, das leibhafte Bild eines nordischen Eroberers, der mit seinen stinkenden Horden hervorbricht aus seinen öden Steppen, um eine halbe Welt zu verwüsten, während der Red-River – den wir hochtrabend den Nil von Louisiana mit gerade so viel Fug und Recht nennen, als ein Schuhmacher irgendwo in Massachusets seinen Sohn Alexander Cäsar Napoleon taufte – durchs Gebüsch und die Ebene hinschleicht, wie die verräterisch lauernde giftige Kupferschlange, – Cocytus sollte er heißen.

Da sind wir denn am Eingange des ersten Sumpfes, aus dem dieser vermaledeite rote Fluß herausströmt. Es ist ein unheimlicher Anblick, dieser Sumpf, der durch den Zusammenfluß des Tensaw, des White- und Red-River gebildet, einen ungeheuren Spiegel des üppigsten Grüns dem Auge darbietet, das beim ersten Anblick eine Terra-Firma erscheint, mit Bäumen, von denen Wurzeln und grasiger Schlamm in langen Festons herabhängen. Eine ungeheure Wiese, möchte man schwören, bis man allmählich die dunkelgrünen Sumpflilien sich bewegen und zwischen diesen schmutzigbraune häßliche Rachen sich auftun sieht, die Töne ausstoßen, vor denen der Neuling schaudert. Es sind Hunderte von Alligatoren, die gleich Sechzigpfündern durch die üppig giftige Pflanzenwelt auf ihre Beute hinschießen. Ihre Brunstzeit hat begonnen, und das dumpfe, schauerliche Gebrüll, das rings um uns her ertönt, hat wirklich etwas Grauenerregendes. Man glaubt sich im Hauptquartier des Todes, der seine Pfeile in den tausend verschiedenen Fieberarten aussendet.

» Boys ahead« Boys ahead: Vorwärts, Jungens.,schallt die Stimme des Kapitäns.

Wir haben den Sumpf passiert, und nähern uns dem Ufer, auf welchem ein schwarzbraunes Paar an einen Holzstoß gelehnt uns erwartet. Wir nehmen Feuerung ein. Mein Auge folgte bewußtlos der Rotte, die sich über die Bretter drängt, als ein wildes Lachen und die Worte tallow face an meine Ohren schlugen. So zeitig schon, dachte ich, und so ganz in meiner Nachbarschaft! Und ich schritt über die Bretter ans Ufer hinan. Ja, es war wirklich so, und das Opfer stand in dem armen Kaisergardisten leibhaft vor mir. Seine Haut ist bereits durchsichtig, aber es ist dieses eine Durchsichtigkeit, die scheußlich anzusehen ist. Die Farbe weder blaß noch gelb, eine Mischung von Talglicht- und Bronzefarbe, wir nennen es tallow face, Unschlittgesicht. Um seine Augen glänzt bereits der weiße Ring; die Linse rollt, als wäre sie von einem innerlichen Feind umhergetrieben. Der Neid, so fürchterlich vom alten Naso gezeichnet, ist Kinderspiel gegen diesen Anblick. Und doch scheint und ist er gleichgültig. » Monsieur Devigne,«rief ich ihm zu, » comment ça va-t-il?« Der Mann starrt mich an, drückt mir die Hand und murmelt ein très bien, während die häßliche Negerin mich am Rocke zupft, und mir grinsend zuflüstert: »Ah Massa! tallow face, soon ague cake Tallow face, soon ague cake , so viel als sein Gesicht hat bereits das Aussehen eines Talglichtes – bald wird er den Fieberkuchen haben. Dieser letztere ist eine Anschwellung des Unterleibes und der unmittelbare Vorbote gänzlicher Auflösung.

Ich stieß das ekelhafte fühllose Wesen unwillig zurück und wollte einige Worte mit dem armen Franzosen sprechen, als die Stimme des Kapitäns wieder erschallte: » All hands on board!« Armer Teufel! dachte ich, als ich über die Brücke hinschritt. Die Wüsten Egyptens, die Schlachtfelder Marengos und Waterloos haben dich verschont, damit das Ague-Fieber sein Opfer nicht verliere. Und statt des Bedauerns schallt ein wüstes, rohes Lachen vom Verdeck herüber. Beinahe scheint es, als ob sie Freude über seine baldige Auflösung empfänden.

Welch eine Erscheinung ist doch der Mensch! Wäre dieser Elende auf diesen unheimlichen oder einen ähnlichen Pestort von seinen Obern gesandt worden, alles Gold der Erde würde kaum vermocht haben, ihn hier zu halten. Nun aber kam er aus freier Wahl, wahrscheinlich vertrieben aus besserer Gesellschaft durch seine Verbindung mit der Schwarzen, und so fällt er denn seiner Leidenschaft, ein vielleicht nur zu wohl verdientes Opfer. Das Plätzchen, worauf seine Hütte steht, ist nicht einmal sein Eigentum, aber das kümmert ihn nicht. Er hat einige Morgen Waldes gelichtet, Korn und Tabak hingepflanzt, und diese, mit dem Verkauf des Holzes, fristen sein Leben und würden ihn wahrscheinlich wohlhabend gemacht haben, wenn diese häßliche Schwarze nicht sein Abzugskanal gewesen wäre. Einige Schritte rückwärts steht seine Hütte, und vor der Türe wühlen ein paar nackte dunkelbraune Ungeheuer im Schlamm herum. Sie sehen mehr Schweinen, denn menschlichen Wesen ähnlich, aber sie sind gesund und munter, und sie sind es, die die Natur zu Bebauern dieses Landes bestimmt hat. Ihre Eltern vegetieren ein paar Jahre, bis die ague cake ihren Leiden ein Ende macht. Sie haben sich mühsam eine Hütte gebaut, im Schweiße ihres Angesichts ein Plätzchen urbar gemacht, ihren Kindern kommt ihre Arbeit zugut. Geboren in dem giftigen Qualme, gewöhnt an die pestilenzialischen Ausdünstungen, sind sie von Mutterleib an gezeitigt und wachsen heran, so wie die Sumpfrose unter giftigen Tieren und Pflanzen, um Kindern und Kindeskindern Leben und Gedeihen zu geben. So entsprang die Bevölkerung Nieder-Louisianas, und so wird sich der Same hier mehren. Der erste ist lange verwittert und vermodert; er kam von allen Weltgegenden, allen Ländern. Schuldner, Revolutionäre, Verbrecher, Exilierte, und wieder Männer, die ein besseres Schicksal verdienten; alle haben sie hier ihr Grab gefunden; aber gerade in diesen wertlosen Geschöpfen, wie wir sie in unserm Stolze nennen, zeigt die Natur ihre waltende Sorgfalt. Ja, was als der Krebsschaden der Welt betrachtet wird, der Abschaum, die Hefe der zivilisierten Gesellschaft, das dient ihr, diese Wildnisse zu bevölkern, und uns – aus dieser Saat vielleicht eine neue Art Heloten zu bilden, und so einen Schaden mit einem ärgern zu verkleistern.

Ei, die Natur meint es gut, aber unser frostiger, kalkulierender, aristokratischer Geist – aber Silentium! und kehren wir zu den Demoiselles zurück, deren Namen ich, so wahr ich lebe, vergessen habe. Doch da kommt mein freundlich zudringlicher Kreole selbst und führt mich den holden Töchterchen zu. Eins derselben liest den Guillaume Tell, und das andere schäkert mit einem schwarzen Mädchen so familiär, daß es der Mistreß Houston Vapeurs verursachen würde.

Sie sind, höre ich, auf ihrer Heimreise vom Ursulinerinnen-Kloster in Neuorleans, wo sie ihre Erziehung erhalten haben. Aber wo sie den musternden Feldherrnblick her haben, dürfte schwer zu erraten sein. Doch nicht von den frommen Schwestern, hoffen wir? Die ältere examiniert mein wertes Ich mit wahren Kenneraugen, gleichsam als wollte sie sich erst überzeugen, ob der Versuch sich auch der Mühe lohne. Sie scheint um die Neunzehn herum zu sein, und sich ein wenig zum Embonpoint zu neigen. Es ist wirklich amüsant, die komfortable Manier zu beobachten, mit der sie zuerst sich selbst im gegenüberhängenden Spiegel – und dann meine Wenigkeit mißt; ihr Blick gleitet vom Kopf zu den Füßen, der nähern Beaugenscheinigung wegen, und um sich zu überzeugen, ob man auch standhalten könne. Niemand wünscht bei uns in einem so wichtigen Geschäft hinters Licht geführt zu werden. Doch ich werde boshaft, und ich sollte wirklich meinem guten Gestirne danken, daß es mich unter so liebe Menschen gebracht. Wirklich liebe Menschen! Trotz dem argen Kokettieren der Älteren. Es würde einen ganzen Katalog füllen, alle die Items aufzuzählen, mit denen sie das Damenzimmer vollgepfropft haben. Ein Glück, daß sie alleinige Besitzer und folglich ausschließende Gewalt in diesem, ihrem zeitweiligen Territorium haben. Sonst müßte es Krieg geben. Sie führen eine halbe Briggsladung von Zitronen, Orangen, Ananassen und Bananen mit sich, und der Alte hat wenigstens drei Dutzend Kisten mit Chambertin, Lafitte und Medoc. Er ist doch kein Weinhändler? Auf alle Fälle zeigt der Mann Geschmack; er ist erhaben über die gemeinen Stoffe Hollands, Gin und Whisky, bei deren bloßem Namen einem schon übel wird. Todes- und Laster-Essenzen sollte man diese grünen und braunen Kompositionen nennen, zusammengekocht von spitzbübischen Quacksalbern zur Schande und zum Verderben Uncle Sams. Und doch ist dieser Uncle Sam von Natur nichts weniger als ein Zecher, ja eher nüchtern und mäßig. Aber die unglückseligen Söhne und Töchter Erins! – Es tut mir leid, aber ich kann es nicht verhehlen, sie sind die Verführer. Und was das Schlimmste ist, sie wollen nicht den guten Rat hören, den ihnen unsere Temperanz-Gesellschaften so salbungsvoll spenden, sie nüchtern und mäßig zu machen. Nein, sie wollen absolut nicht, noch wollen sie die Zeitungen lesen, die zu gleichem Behufe für sie etabliert sind, zwei Dollars per annum; das heißt zwei Dollars, wenn voraus bezahlt, und drei, wenn am Ende des Jahres – oder gar nicht.

Aber es ist nicht artig, so herumzuvagieren, und die lieblichen Demoiselles allein zu lassen. Wir haben sonach beschlossen, unsern Tee en famille zu nehmen. Monsieur Menou jedoch hält sich zu seinem Chambertin. Und ich gedenke beide zu versuchen. Sie, ich meine die Demoiselles, sind wirklich ganz nette Geschöpfe, so heiter, so lebendig! Ihre Zungenfertigkeit ist ganz einzig, und ihr naives Geplapper möchte einen Misanthropen zum Lachen bringen. Aber es gibt Momente, wo man nun einmal trüb gelaunt sein muß, Momente, wo das Gemüt von einer Windstille niedergedrückt ist, einer Windstille, so lähmend und entnervend wie die, welche im heißen August nach einem westindischen Orkane eintritt. Das bißchen Vernunft, umhergetrieben und gelähmt im vorhergegangenen Sturme, ist erschöpft, der Körper selbst hat seine Kraft verloren, und die Ruhe, die eintritt, ist die unleidentlichste Pause, ein ekelhafter Stillstand. Jedes Objekt berührt dann unsere Sinne unangenehm, und unser Verstand erliegt hilflos wie das Schiff, das, auf seine Beamsends Beamsends: Enden der Quermasten. von den riesig anschwellenden Wellen geworfen, sich nur allmählich oder gar nicht zur Tätigkeit aufrichtet. Ich war just in dieser Lage. Nie hatte es mich – oder vielmehr meine Eigenliebe – so Schlag auf Schlag getroffen; erstens diese tolle Liebe, dann die erlauschte Entdeckung der Falschheit meines besten Freundes. – Wir hatten uns seit unserer frühen Kindheit gekannt und geliebt, unsere Herzen und Börsen, und letzteres will viel bei uns sagen, waren sich wechselseitig offen; die Verschiedenheit unserer Charaktere bestand bloß in gewissen leichten Schattierungen, in der Hauptsache stimmten wir wie zwei Uhren überein, die an ihren Sekundenschlägen abweichen, aber im Ausschlage zusammentreffen. Und nun –! Eine halbe Stunde mit dieser verführerischen Eva – und Freundschaft und alles ist dahin! Und, was das schönste ist, wäre ich guter Narr mit meinen achttausend Dollars – nicht ein Deus ex machina erschienen, so wäre Mistreß Richard noch zu dato Miß Bowstring. Ich konnte es nicht mehr aushalten, ich mußte hinauf ins Freie. Die Nacht ist sternenhell; bloß der Fluß ist mit einem schmalen Nebelstreifen überhangen. Wie hohle Schläge der Dampfmaschine scheint es aus weiter Ferne herabzuprallen; es ist das Gebrülle der Alligatoren; zwischen diesen die Klagetöne der Whippoorwill. – Kein einziges Licht am Ufer, aber Milliarden von Feuerkäfern, die über die Zypressen und Papaws ein magisches Helldunkel verbreiten. Zuweilen streifen wir so nahe am Ufer hin, daß die Zweige der Bäume rasselnd an unserm Boote zusammenbrechen. Morgen denn um diese Zeit werde ich in meinem Tuskulum ruhen, für heute wollen wir mit unsern winzigen Staatsbettchen vorlieb nehmen! Soeben kommt der Kapitän, mir anzuzeigen, daß endlich unsere lärmenden Reisekompagnons zur Ruhe befördert sind. Die Uhr schlägt zwölf.

Ja, diese Nacht, diese Träume! Es war mir, als ob alle Drangsale meiner früheren Tage sich über mich hingelagert und, in einem Vampire vereinigt, meine Geistes- und Körperkraft erdrückt und ausgesogen hätten. Und so schwer wurde die Last, daß ich ausrief im Schlafe, und beinahe die ganze Gesellschaft in Schrecken versetzte. Ich hatte ihn wirklich abgeschüttelt, den Vampir, und fühlte mich erleichtert und so herzlich froh; denn sollte dieser liebenswürdige Spleen noch vierundzwanzig Stunden länger gedauert haben – wahrlich, ich hätte allen Umgang mit Menschen aufgeben mögen. Wohl denn! Ein frischer Windzug hat sich erhoben, und der wird die aneinanderschlagenden Segel schon wieder füllen. Das Bon jour! des Kreolen lautet jedoch ziemlich trocken und prüfend. Es scheint, als wollte er in meiner Miene lesen, ob seine Höflichkeit nicht wieder mit einer unartigen Steifheit vergolten werden dürfte. Wohl, ich will mir Mühe geben, die üblen Eindrücke zu vertilgen. Es sind gute Menschen, diese Kreolen, nicht allzu gescheit, immer sind sie mir aber lieber als die pfiffigen Yankees, trotz ihrer närrischen Tanzlust, die sie selbst nicht bei ihrer ersten Ansiedlung verleugnen konnten. Es muß toll genug ausgesehen haben, wie sie so in ihren Wolldecken umhertrabten und französische Menuetts aufführten. – Doch, es ist zwölf Uhr, der Auszugsdampf läßt sich hören, das Schiff nimmt wieder Feuerung ein.

» Monsieur! Voilà votre terre!« sagte der Kreole, auf das Ufer und die Holzstöße deutend. Ich blickte durch das Fenster, und wirklich, ich finde, der Kreole hat recht. Wir hatten so lange mit den Demoiselles geplaudert, daß Stunden und Meilen wie Augenblicke dahinflogen. Aber mein Aufseher hat seit meiner Abwesenheit ein Holzlager für Dampfschiffe errichtet. Wenigstens eine Verbesserung! Und da ist er selbst, der leibliche Mister Bleaks. Der Kreole scheint gute Lust zu haben, mich nach Hause zu begleiten. Ich kann es nicht hindern, hoffe jedoch, er wird nicht gar so artig sein. Ich hoffe. Nichts abschreckender als eine derlei Visite, wenn man jahrelang von Haus und Hof entfernt gewesen; die Laren und Penaten eines Hagestolzen sind die sorglosesten aller Götter.

»Mister Bleaks!« sprach ich, indem ich an ihn herantrat, der in seinem roten Flanellhemde und Calicot-Inexpressibles und Strohhute sich eben nicht sonderlich um seinen Oberherrn zu kümmern schien, »wollt Ihr so gut sein, die Gig und Koffer ans Ufer bringen zu lassen?«

»Ah, Mister Howard!« erwiderte der Mann, »sind Sie es! Hatte Sie nicht so bald vermutet.«

»Hoffe doch nicht unwillkommen zu sein?« erwiderte ich ein wenig ärgerlich über des Mannes echt pennsylvanische Trockenheit.

»Sie sind doch nicht allein gekommen?« fuhr er in demselben schulmeisternden Tone fort. »Sind Sie?« frug er, mich mit einem Seitenblicke messend. »Dachte, Sie würden uns ein Dutzend Blackies Blackies, von » black« schwarz: Neger. mitbringen; wir brauchen sie.«

» Est-il permis, Monsieur?« fragte nun der Kreole, seine Hand in die meinige legend und auf das Haus hinweisend.

»Und das Dampfschiff?« bemerkte ich in einem Tone, so gedehnt, der einen nur mittelmäßig in der Physiognomik oder Psychologie Bewanderten belehrt haben müßte, daß er wahrlich überflüssig sei.

»Oh, das wird warten«, erwiderte er lächelnd.

Was wollte ich machen? Ich mußte die Reise nach meinem Hause mit dem wunderlichen Mann antreten, so schwer es mir auch fiel. Und wahrlich, es fiel mir schwer! Es war ein greulicher Anblick, ein Greuel der Verwüstung. Alles sah so hinfällig, so verloren, so verdorben aus, daß mir der Ekel aufstieg. So hatte ich's nicht erwartet. – Von der Einzäunung um den Hausgarten standen bloß einzelne Fragmente; im Garten selbst trieb das liebe Borstenvieh sein Wesen. Und das Haus! Gott sei mir gnädig! Keine Scheibe ganz; alle Fensterrahmen mit alten Hosen und Kitteln und zerrissenen Weiberröcken ausgestopft. Ich konnte keine Orangen- und Zitronenlauben erwarten, ich hatte sie nicht gepflanzt; aber dies! – Nein, es war wirklich zu arg.

Jedes Gemälde sollte seine Schattenseite haben, wenn es nicht ein Freskogemälde ist; aber hier war alles Schatten – Nacht. Keine lebendige Seele zu sehen während unserer Tour vom Ufer durch die modernden Riesenstämme, zwischen denen wir uns durchzuwinden hatten. Hier endlich läßt sich etwas Lebendiges sehen. Es ist ein Trio schwarzer Ungetüme, die mit Marius und Sylla sich im Kote herumbalgen, ein halbes Hemde am Leibe, und schmutzig, wie es nur Menschenkinder sein können. Und die Affen, sie starren mich mit ihren rollenden Augen an, und galoppieren dann lachend hinters Haus. Ah! Die alte Sibylle! Sie steht vor einem Kessel, der von einer Stangenpyramide herabhängt: ein wahres Konterfei der Macbethischen Hexen. Nun starrt sie auf, ohne sich jedoch zu bewegen. Ich muß ihr schon selbst meine Aufwartung machen. Ah, nun erkennt sie mich und kommt mit ihrem ungeheuren Löffel auf mich zugewackelt. Es wundert mich, daß sie ihren Truthahnkragen noch nicht umgedreht, der mir fünfundsiebzig Taler kostete. Nun rennt sie und schreit und weint vor Freuden. Ein Wesen denn wenigstens, das Freude bei meiner Ankunft äußert. Und die Ängstlichkeit, mit der sie auf den Kessel und die drei Pfannen hinsieht, in denen Schinken und getrocknetes Schweinefleisch kochen; sie ist augenscheinlich noch nicht mit sich eins, ob sie Kessel und Pfannen oder mich im Stiche lassen soll. Doch der Kreole scheint ihren Jammer aufs höchste zu steigern. Sie erhebt ihre gellend durchdringende Stimme, niemand läßt sich jedoch blicken.

» Et les chambres«, – heult sie, » et la maison et tout, tout –«

Ich wußte nicht, was sie mit ihrer Jeremiade wollte. Sie deutete auf meinen Begleiter, krächzend: » Mais mon Dieu! Pourrais-je seulement un moment – Tenez-la, Massa!« bat sie, indem sie mir den Löffel hinhielt und eine Bewegung des Umrührens machte, und wieder auf das Haus deutete.

» Que voulez-vous donc!« rief ich aufgebracht, und nun kam die Aufklärung: die Zimmer waren nicht gereinigt, nicht gelüftet, kurz, in einem Zustande, der nicht zuließ, daß ein Fremder sie betrete. Sie brauchte nichts als eine kleine Viertelstunde, sie in Ordnung zu bringen, und während dieser Zeit würde ich wohl so gut sein, der Ehre des Hauses wegen einstweilen das Gemüse und die Fleischklumpen im Kessel umzuwenden, und die Pfannen dabei nicht vergessen. Ich hieß sie zu allen Teufeln gehen und kehrte mich dem Hause zu. Einen Trost hatte ich, den nämlich, daß meines Begleiters Residenz wahrscheinlich nicht glänzender, wenn ja noch so gut war; diese Kreolen oberhalb Alexandria leben noch wie die halben Indianer. Auch schien Monsieur Menou der horrible Zustand meines Hauswesens gar nicht zu befremden. Als wir in den Salon kamen, fand ich, statt der Sofas und Sessel, Haufen von grünem und mexikanischem Kottonsamen; in einer Ecke alte Wolldecken, in der andern einen Waschkübel. Die Zimmer waren noch ärger hergenommen: in meinem Schlafkabinette hatte Bangor seine Residenz aufgeschlagen, und die Moskitovorhänge waren wahrscheinlich in Mistreß Bleaks Behausung gewandert. Ich eilte aus dieser greuelvollen Unordnung dem Hofe zu. Mein ganzes Wesen war aufgeregt.

» Mais tout cela est bien charmant!« sprach der Kreole. Ich schaute den Mann an; er war ganz ernsthaft. Ich schüttelte den Kopf, denn fürwahr, ich war nicht in der Laune, Spott zu ertragen. Der kreolische Plagegeist jedoch ergriff wieder meinen Arm und zog mich den Hütten meiner Neger und weiter den Kottonfeldern zu. Es waren die üppigsten Felder trotz der grenzenlosen Nachlässigkeit; der unglaublich fette Boden hatte die Stauden beinahe mannshoch hinaufgetrieben, und es war im Juni. Der Kreole prüfte mit Kenneraugen und schüttelte den Kopf.

Die Glocke ertönte vom Dampfschiffe her. Gott sei Dank, dachte ich.

» Monsieur!« sprach er, » la plantation est bien charmante. Mais ce Mistère Bleak ne vaut rien, et vous – vous êtes trop gentilhomme.«

Ich verbiß das derbe Kompliment, meine Zähne knirschten jedoch unwillkürlich.

» Ecoutez!« fuhr er fort, » vous irez avec moi«.

» Moi!« sprach ich. Ist der Mann toll, mir einen solchen Vorschlag zu tun, kaum zehn Minuten nachdem ich mein Haus betreten!

» Oui, oui Monsieur!« sprach er, » vous irez avec moi. J'ai des choses bien importantes à dire.«

» Mais Monsieur!« erwiderte ich ziemlich frostig, » je suis bien étonné d'une proposition si étrangère –«

Ich blickte den Mann staunend an; woher wußte er dies? Die Glocke ertönte ein zweites Mal.

» Eh bien!« fragte er, » plaît-il ou non?«

Ich stand verlegen, sinnend, ärgerlich. » J'accepte votre offre«, sprach ich endlich meiner selbst nicht bewußt, und eilte schnell mit ihm dem Dampfschiffe zu. Mister Bleaks schüttelte verwundert den Kopf. Ich bedeutete ihm, etwas mehr acht auf die Pflanzung zu haben, und wollte eben die auf das Dampfschiff führenden Bretter betreten, als meine fünfundzwanzig Neger heulend hinter dem Hause hervorgerannt kamen.

»Massa! Um Gottes willen, Massa, bleibt bei uns!« riefen die Männer. »Massa, guter, lieber Massa, nicht gehen! Mister Bleaks!« heulten die Weiber.

Ich winkte dem Kapitän, eine Weile zu halten.

»Was fehlt euch?« fragte ich ein wenig betroffen.

Einer meiner Sklaven trat vor und entblößte seine Schultern, zwei andere folgten seinem Beispiele.

Ich warf einen durchbohrenden Blick auf Mister Bleaks, der grinsend lächelte. Es war für meine Ehre und mein Gewissen ein wahrhaft rettender Moment, der meine armen Neger herbeigeführt hatte. In der Tollheit meines Wesens wäre ich dem Kreolen gefolgt, ohne mich auch nur im mindesten um das Los von fünfundzwanzig Menschen zu erkundigen, die ich unter so schlechten Händen gelassen. Ich entschuldigte mich kurz beim Kreolen, versprach einen baldigen Besuch, um nähere Aufklärung über seine rätselhaften Worte zu erhalten, und verbeugte mich. Der Mann erwiderte kein Wort, rannte über die Bretter, wisperte dem Kapitän etwas in die Ohren und verschwand in dem Staatssalon.

Ich hatte weder Zeit noch Lust mich länger mit ihm zu befassen, war schweigend, umgeben von meiner schwarzen Bevölkerung, dem Hause zugegangen. Das Dampfschiff ging soeben ab, als mich etwas am Arme anfaßte, – es war der Kreole. Nun bei Gott, das ist zu toll! Es fehlte nur noch, daß er seine beiden Demoiselles auch mitbrachte. Der Mann jedoch sprach ganz trocken: » Vous aurez besoin de moi avec ce coquin-là. Nous nous arrangerons, demain viendra mon fils et après-demain vous irez avec moi.«

Ich schwieg und ließ den Mann reden, denn wirklich, seine Zudringlichkeit schien an Narrheit zu grenzen.

Meine armen Neger und Negerinnen weinten und lachten vor Freude; die Kinder schmiegten sich an ihre Eltern; alle aber hingen mit erwartendem Blick an mir. Ich befahl ihnen, in ihre Hütten zu gehen, von woher ich sie rufen lassen würde.

» Damn these blackies!« G–tt verdamme diese Schwärzlinge, Schwarzköpfe. sprach Mister Bleaks, als sie den Rücken gewandt hatten: »Sie haben schon lange nicht wieder die Peitsche gekostet.«

Ich gab dem Manne keine Antwort, bedeutete der alten Sibylle, Beppo und Miza zu rufen, und winkte ihm, sich zu entfernen.

»Das soll wohl gar ein Verhör sein?« höhnte Mister Bleaks; »da wollen wir auch dabei sein.«

»Keine Eurer Unverschämtheiten, Mister Bleaks!« sprach ich; »erwartet meine Verfügungen und entfernt Euch!«

»Und keine Ihrer Vornehmheiten«, erwiderte der Mister. »Wir sind in einem freien Lande, und Sie haben keine Neger vor sich.«

Der Mann trieb mir's ein wenig zu bunt. »Mister Bleaks,« sprach ich mit so vieler Fassung, als ich vermochte, »Ihr seid hiemit entlassen. Eure Anstellung geht bis 1. Juli; wir haben noch zwanzig Tage, sie sollen Euch bezahlt werden.«

»Ich setze keinen Fuß von der Schwelle, bis ich meinen Gehalt und Auslagen und Vorschüsse empfangen«, erwiderte der Mann trocken.

»Bringt mir Eure Rechnungen«, erwiderte ich. Das Blut fing an in meinen Adern zu kochen.

Der Mann hatte durchs Fenster seinem Weib zugerufen, die zur Türe hereinkam; nachdem sie einige Worte miteinander gewechselt hatten, entfernte sie sich wieder.

Ich hatte unterdessen meinen Koffer geöffnet und einige Rechnungen, Briefe, Quittungen durchgesehen.

Das Weib kam mit den Rechnungsbüchern herein und stellte sich mit gespreizten Armen hin. Ihr Mann ging ganz gemächlich in die nächste Stube, brachte zwei Sessel, und die beiden Eheleute setzten sich.

Wahrlich, unsere liebe Freiheit hat doch auch verwünscht viel Unbequemes!

»Den 20. Dezember fünfundzwanzig Ballen Kotton, vier Fässer Tabak in Blättern an Mr. M–n abgeliefert«, begann er; »den 24. Januar dito fünfundzwanzig Ballen und ein Faß Tabak in Blättern.«

»Richtig!« erwiderte ich.

»Das war unsere ganze Ernte«, fuhr der Mann fort.

»Ein ziemlicher Abstand vom vorletzten Jahre,« bemerkte ich, »fünfundneunzig Ballen und fünfzig.«

»Wenn's dem Gentleman nicht recht ist, so hätte er nicht in der halben Welt herumvagieren sollen«, fuhr Mister Bleaks heraus.

»Und uns da in diesem Fieberpfuhle verschmachten lassen, ohne Geld und alles«, bemerkte Mistreß Bleaks.

»Weiter!« sprach ich zu ihrem Manne.

»Das ist alles; davon habe ich von Mr. M–n empfangen als Besoldung sechshundert Dollars, kommen mir noch dreihundert Dollars zu.«

»Gut!« erwiderte ich.

»Ferner«, fuhr der Mann fort, »für Welschkornmehl und Schinken und gesalzenes Schweinefleisch und Wolldecken und Kottonzeuge ausgelegt vierhundert Dollars, macht siebenhundert; ferner viertausend Zaunpfosten zu Fenceriegeln Fence: Zaun.: Summa siebenhundertvierzig Dollars.«

Ich rannte um Schreibzeug und Feder nach der Stube, wo die Trümmer meines Sekretärs standen, schrieb einen Gutschein an meinen Bankier, und kehrte zurück. Diesen Menschen wollte ich um keinen Preis länger im Hause haben.

»Erlauben Sie«, – sprach der Kreole, der dem Vorgange als stummer Zeuge zugesehen hatte, indem er nach dem Papiere griff.

»Vergebung, mein Herr!« erwiderte ich beinahe aufgebracht über des Mannes Zudringlichkeit; »in diesen Angelegenheiten wünsche ich mein eigener Herr und Ratgeber zu sein.«

»Halten Sie ein, und erlauben Sie mir einige Fragen an Mister Bleaks«, fuhr der Mann fort, ohne sich durch meine Abweisung irre machen zu lassen. »Will Herr Bleaks seine Rechnung nochmals lesen?«

»Wüßte nicht warum! Kümmert Euch ums Eurige!« war die Antwort.

»Dann will ich's für Herrn Bleaks tun«, sprach der Kreole.

»Den 20. Dezember fünfundzwanzig Ballen Kotton und vier Fässer Tabaksblätter an Mr. M–n abgeliefert. Ist's nicht so?«

Mister Bleaks gab keine Antwort.

»Den 23. Dezember zwanzig Ballen Kotton und ein Faß Tabak an Mr. G–g abgeliefert. Ist's nicht so?«

Die beiden Eheleute fingen an die Farbe zu verlieren.

»Den 24. Januar fünfundzwanzig Ballen Kotton und ein Faß Tabak abgeliefert,« fuhr der Kreole fort, »und den 10. Februar wieder zweiundzwanzig Ballen Kotton und zwei Fässer Tabak an Mr. G–g abgeliefert. Ist's nicht so?«

»Verdammte Lüge!« platzte der Aufseher heraus.

»Die wir sehr bald zu beweisen gedenken«, fuhr der Kreole fort. »Herr Howard, Sie haben an diesen Mann eine Anforderung von netto zweitausendfünfhundertzehn Dollars, um die er Sie schändlich betrogen; fünfhundert Dollars werde ich später nachweisen.«

Das Ehepaar schnaubte vor Wut; ich war wie aus den Wolken gefallen.

»Wir müssen eilig mit diesen Menschen sein,« wisperte mir der Kreole zu, »sonst sind sie verschwunden, ehe man es sich versieht. Senden Sie sogleich zum Friedensrichter M. wegen des Verhaftbefehls, und geben Sie dem Scherif und beiden Konstablern einen Wink. Unten kann er nicht hinaus; er wird es aber oben versuchen.«

Ich traf sogleich die Anstalten und sandte Bangor, meinen gewandtesten Burschen, ab. Der Junge hüpfte vor Freude.

»Und an das Haus G–gs«, bemerkte der Kreole, »muß sogleich geschrieben werden.«

In einer Stunde war alles geschehen. Der Montezouma kam soeben den Fluß herab. Wir riefen den Kapitän ans Land, gaben ihm einige Winke wegen des Vorgefallenen, empfahlen ihm unsere Briefe, und waren soeben im Begriffe, ihn zu seinem Boote zu begleiten, als eine Gestalt sich durch die Baumstämme hinschob und wand, und längs dem Holzstoße sich dem Dampfschiffe zu schlich. Es war Mister Bleaks, soeben im Begriffe, eine Exkursion nach Neuorleans zu machen. Wir fanden den ehrlichen Mann unter den Schiffsleuten und bereits zum halben Neger mittels Kohlenruß geschwärzt. Natürlich unterblieb die Reise, und vier handfeste Gesellen beförderten ihn wieder in seine Wohnung. Für ein zweites Reißaus hatten wir gesorgt, und am folgenden Morgen wanderte der Mister in festeren Gewahrsam.

»Aber lieber Monsieur Menou!« fragte ich den Mann, als wir bei Tische saßen, und er soeben die zweite Bouteille von seinem Chambertin öffnete; denn auch diesen hatte der gute Mann nicht vergessen –, »wie kommt es doch, daß Sie so viele unverdiente Teilnahme an mir bewiesen?«

»Ei, ei! Ihr gebornen Bürger-Aristokraten, sollte ich sagen,« versetzte der Mann halb lächelnd, halb ernst, »ihr könnt dies freilich nicht begreifen in eurem echt republikanischen, starren, stolzen Egoismus, der nur auf sich selbst denkt und vornehm auf uns Kreolen und die übrige Welt herabschaut, als Wesen einer untergeordneten Rasse; aber wir vergessen uns auch nicht, gedenken jedoch auch unserer Nachbarn. Ihre Affären, sowohl des Herzens – als der zeitlichen Güter – sind mir ganz genau bekannt, und wie Sie sehen, weiß ich guten Gebrauch davon zu machen.«

Ich drückte dem Manne herzlich und schweigend die Hand.

»Wir lieben euch nordische Herren nicht sonderlich, aber Sie machen eine Ausnahme; Sie haben etwas von der französischen Etourderie im Geblüte, und vieles von unserer Generosität.«

Ich lächelte über den vorgehaltenen Sittenspiegel.

»Sie haben sich von Ihren Freunden lange zum besten halten lassen, und man amüsiert sich über den Korb, den Sie für bloßes Beschauen empfangen.«

Ich sprang von der Tafel auf. »Bei allen T–n!«

»Ja, ja, mein Herr! Lassen Sie das gut sein; Emilie Warren ist ein treffliches Mädchen, aber doch eine Yankeein, für Sie zu gescheit.«

»Danke für's Kompliment.«

»Morgen kommt mein Sohn; Ihre Pflanzung bedarf nur einer festen Richtung, und eines kleinen Kapitals von acht- oder zehntausend Dollars, dann kann sie sich in ein paar Jahren mit jeder am Mississippi messen. Mein Sohn wird ihr diese Richtung geben, und Sie bleiben einige Monate bei mir.«

»Aber Mister Menou!«

»Keine Aber, Herr Howard! Sie haben die nötigen Summen; Sie schaffen noch zwanzig Hände herbei – für gute wollen wir sorgen. Morgen das weitere.«

Am Morgen kam der junge Menou, ein schlichter, gewandter Jüngling von etwa zwanzig Jahren. Der Tag verging in Besichtigung der Pflanzung. Der junge Mensch hatte mein volles Zutrauen in wenigen Stunden gewonnen. Ich empfahl ihm die Meinigen, und am Abend schifften wir uns nach seines Vaters Pflanzung in Ploughboy Ploughboy, der Name eines Dampfbootes. ein.


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