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Die Glocke im gotischen Saale des Earls L–e schlug halb vier, als Morton, Arm in Arm mit Flirtdown auf eine Ottomane hingestreckt, aus einem viertelstündigen Schlummer aufwachte.
»Wo sind wir, Flirtdown?«
»Pah! beim Earl L–e. Wach' auf, teures Bruderherz«, lachte der Lord. »Du träumst dich noch immer in D–ehouse. Wir sind bereits am dritten Orte.«
»Verdammtes Leben!« murmelte Morton. »Wollen zu den übrigen.«
Und sie schritten auf einen Saal zu, in dem das Delirium seinen Kulminationspunkt erreicht, alle in seine berauschenden Arme genommen hatte. Das Chaos der Stimmen glich dem brüllenden Donner, dem Crescendo des Sturmgeheules; es erhob sich auf den Fittigen des Champagnerrausches und riß alles mit sich fort im tobenden Sinnenwirbel. Alle schwammen in dem köstlichen Zustande des Halbrausches, wo der Geist, den Lockungen des Weines und der Sinne nachgebend, aller Fesseln entledigt, im fröhlichen Aufschwunge blitzartig Funken sprüht. Herzoge und Marquis, Whigs und Tories, Ultras und Radikale hatte der Champagner in die schönste Harmonie verschmolzen. Im Zustande der gänzlichen Trunkenheit war höchstens ein Drittel der dreißig Gäste, die sich im hintersten Salon der gräflichen Mansion zusammengefunden hatten; aber die Zungen der meisten begannen zu lallen; ihre Witze sprudelten nicht sehr geistreich; die Gesetze des Anstandes wurden mehr und mehr übersprungen; englische Laune hatte sich Bahn gebrochen und feierte eines ihrer bizarren Festgelage. Alles drehte sich im Wirbel. Metaphysik und Geschichte, Moralphilosophie und Poesie, Politik und Rhetorik wurden nasengestübert, gegeneinander – über den Haufen geworfen; sie bekämpften sich wie gereizte Boxer. Jeder hatte zehn Stimmen. In allen Stellungen, Lagen sah man ihre Herrlichkeiten; liegend, sitzend, stehend, lehnend, die Füße auf den Tischen, Sesseln, hüpfend, springend.
Morton und Flirtdown lachten laut auf, als sie, an der Schwelle des Saales haltend, die turbulente Gruppe übersahen.
»Ein Hurra den Yankees!« rief ihnen der junge Fregattenkapitän Lord Preble entgegen.
»Ein Damn!« schrien fünf andere.
»Hoch lebe der Herzog!« überschrie sie ein gemäßigter Tory, das Madeiraglas erhebend. »Hoch lebe der Gesetzgeber, der –!«
»Der neue Solon, der Lykurg, der uns alle zu Spartanern machen will«, lachte ein Whiglord.
»Um selbst als persischer Satrap zu prassen«, fiel ein anderer ein.
»Was schwatzt Ihr vom neuen großen Gesetzgeber?« rief ein Radikaler. »Was Gesetz? Es lebe die goldene Freiheit, das goldene Zeitalter, das wir wollen!«
»Wo die Evatöchter nackend gehen; herrliche Zeiten für die englische Peerage und Gentry«, lachte ein anderer.
»Ihr predigt Aufruhr, Rebellion, Verbrechen!« schrie ein dritter.
»Was Aufruhr, Rebellion, Verbrechen?« kreischte der Radikale. »Was ist, was nennt Ihr Verbrechen? Ein Schreckbild, das Despoten, Betrüger und winzige Geister Narren und Kindern vorhalten, ein Bugbear, der Einfaltspinsel im Zaume halten soll.«
»Verbrechen ist eine Übertretung der Schranken, gesetzt von einem höheren Willen, einer höheren Geistespotenz«, fiel ein liberaler Lord ein.
»Einer Geistespotenz, die die Eurige beschränkt? Pshaw! Alles, was beschränkt, ist verdammlich«, brüllte der Radikale. »Freie Briten nennt Ihr Euch, und habt nicht einmal Stärke und Kraft genug, die Schranken niederzureißen, die Euch von Despoten vor die Nase hingepflanzt werden!«
»Despoten?« schrie ein High-Tory. »Nennt Ihr unsere Väter Despoten? Despoten die Chathams – die –?«
»Despoten. Was für Recht hatten sie, uns Gesetze zu geben, die wir noch nicht geboren waren? Und, was ärger ist, Schulden zu machen, die wir bezahlen sollen? Pah! Tyrannen und Despoten waren sie, und Punktum. Könnte Westminster und St. Paul anzünden, wenn ihre Asche brennen wollte; ist aber lauter Stein ihre Asche.«
»Ah du adorables Paris!« schrie ein Fashionable am nächsten Tische, mit seinem Lafitteglas liebäugelnd, »du Stadt aller Städte und Sitz einer Charte und vieler Karten, der Jesuiten und Grisetten, der schönen Weiber und der Hallweiber, der Ehrenlegion und der Legion der Ehrlosen und der Ohnehosen, des guten Weines und der Trüffelpasteten und der schlechten Beefsteaks und detestabeln Fische.«
»Mylords,« hob ein sechster an, der sich vom Sessel erhob und mit dem allerverlegensten Gesichte zu stammeln begann: » Mylords, allow me to say, that ist Mylords! if ever I meant – Mylords! I say, that if ever I thought – Ah – Mylords, erlauben Sie mir zu sagen – das ist, Mylords – wenn ich jemals meinte – Mylords, ich sage, daß, wenn ich jemals im Sinne hatte – Ah (Siehe Oberhaus-Debatten vom Jahre 1827.)«
Und der Lord fiel stammelnd in den Sessel zurück, und zehn Stimmen schnarrten ein lautes Bravo – Bravissimo! –
»Ah,« kicherte ein siebenter. »Bin ich nicht in meiner Inn und soll ich mir in meiner Inn nicht gütlich tun Sir John in Henry IV.?«
» Pah stuff, gehört nach Spitalfields.«
»Und ich sage Ihnen, Mylords, daß England das erste Volk der Welt ist – gewesen ist – sein wird, in alle Ewigkeit, Amen.«
»Pah, und die Juden? Sie sind das erste Volk – zur Emanzipation.«
»Hoch lebe die Emanzipation der Juden!«
»Hoch lebe Lord Enoch, Jesajas, Jeremias!«
Und alle brachen in ein lautes Gelächter aus.
»Und warum nicht?« schrie der Radikale. »Und wer war unser Lord?«
» No my Lord you must come – you must dance,« flötete eine Stimme von der Schwelle in den Saal hinein – » You must, Lord Windown only that single quadrille – you must.« Nein, mein Lord, Sie müssen kommen – Sie müssen tanzen – Sie müssen, Lord Windown; nur die einzige Quadrille – Sie müssen.
» Cut dancing,« Mag nicht tanzen. gähnte Lord Windown, der Gardekapitän.
» Then come to a game.« So kommen Sie zu einem Spiele.
» Cut gambling, Mag nicht spielen.; gähnte die Herrlichkeit wieder.
» But You must dance with Miss Harriet!« Aber Sie sollen mit Miß Harriet tanzen.
» D–n your Miss Harriet! Well, trott her in, let's look at her!« V–t sei Ihre Miß Harriet! Wohl, traben Sie sie herein – wollen sie beschauen.
» Go to, go to!« Gehen Sie zu, gehen Sie zu. schrie ein Dutzend Stimmen.
» No let's go to East-Indies!« Nun laßt uns nach Ostindien!
» To East-Indies!« Nach Ostindien!
»Nach Ostindien!« schrie es von allen Ecken und Enden, und alle taumelten auf- und durcheinander; und Lakaien und Diener flogen herbei mit Mänteln und Hüten und, ihre Herren an das Schlepptau nehmend, bugsierten sie sie durch die Hallen dem Portale der Mansion zu. Da angekommen, gaben alle nochmals ein Hurrah let's take a trip to East-Indies! und dann ließ sich das Gerassel der Equipagen hören, und die hochherrlichen Nachtschwärmer rollten Ostindien zu.
Ostindien aber war die Mansion des reichen Nabob M–, der in dieser morgenländischen Goldgrube die Sklavenpeitsche zehn Jahre hindurch geschwungen und nun, seine Schätze mit Würde genießend, sich in dieser Nacht durch einen glänzenden Fancyball verewigte.
Die Glocke schlug vier, als die Lords vor der hellerleuchteten Mansion ankamen und in die glänzenden – in Armidas Zaubergärten umgewandelten – Salons eintraten, die alle Ostindien in Miniatur darstellten. Der letzte und größte zeigte in grandioser Perspektive die Himalayagebirge im Norden und an deren Fuß einen durchsichtig klaren See, so täuschend, so schwellend, daß die Dattel- und Lorbeerbäume an den Ufern sich kosend in seinem Wasser spiegelten, die riesigen Steppen der Schneeberge mit ihren fliegenden Wolken sich schaukelten. Gegen Westen zackte der See in viele Buchten aus, die landeinwärts sich sanft erhoben und wieder sanken, so malerisch mit Laubwerk und Gebüsch besprenkelt, als wenn ein Zauberer diese Schöpfung sich zum Wohnsitze geschaffen hätte. In einer der Buchten lag eine zierliche Miniaturfregatte schaukelnd vor Anker, und die sechsunddreißig Schlünde ihrer metallenen Kanonen spielten in den Lichtstrahlen der reichen Beleuchtung anmutig drohend herüber.
Rechts sah man eine gewaltige Königsburg ihre Zinnen in die Wolken erheben, von deren höchster das Panier des heiligen Georg seinen gewaltigen Wimpel majestätisch über die Türme und Kastelle hinwallen ließ.
Einen Augenblick standen die Lords, das herrliche Ensemble mit ihren Lorgnons fixierend, und dann fielen ihre kecken Blicke auf die Anwesenden – nußbraune Braminen und leichte Peones, bronzierte Briten und rabenschwarze Malayen, leichtgekleidete Sepoys und girrende Parsies, die hie und da unter künstlichen Laubendächern saßen; aber im ganzen ging das Fest seinem Ende zu, alle waren mehr oder weniger müde und übersättigt. Die Ankunft der Lords brachte neues Leben in die Säle. Im wirren Sinnentaumel des Champagnerrausches schienen sich die Herrlichkeiten wirklich in dem erschlafften und erschlaffenden Ostindien zu wähnen.
»Pah, was jetzt?« fragten mehrere.
»Einen Palanquin, um nach Hause getragen zu werden. Ich fühle meine Leber bereits schwellen«, gähnte Lord Ormond.
»Müssen zuvor etwas tun, das die Leute verdrießt.«
»Etwas, das die Leute verdrießt«, riefen die Right Honourables.
»Alle Teufel!« schrie der Marquis de Mono.
»Was gibt es?«
»Eine Entdeckung – der alte Earl Wellbarn mit seiner Ehehälfte – vino somnoque sepulti.«
»Mylords! Mylords! Wollen den alten Earl zum Nizzam machen, zum Nizzam machen Dieser Fürst steht bekanntlich unter dem Schutze der ostindischen Kompagnie.«, lachten alle.
Hinter einem der Mangrovebäume saß der sehr ehrenwerte Earl Wellbarn in all der trägen Behaglichkeit eines Gastes, der, überzeugt, seinem Wirte eine besondere Ehre durch seine hochgräfliche Gegenwart zu erweisen, sich herabläßt, recht komfortabel zu sein. Der edle Lord war umgeben von mehreren Dienern in reicher Livree, die ihn sanft unter den Armen hielten, während er sich einem leichten Schlummer überließ, der nur zuweilen in ein lautes Schnarchen überging. Ihm zur Seite saß die edle Gräfin, in liebenswerter Eintracht nickend und zuweilen die Augen öffnend und einen huldreichen Blick auf die Gesellschaft werfend.
Morton und Lord Flirtdown hielten vor der Gruppe.
»Aber sage mir nur,« sprach der erstere, »ist das die neueste Fashion?«
»Pah, das alte Ledergesicht, der Nabob, hat halb Asien ausgeplündert, will nun mit aller Gewalt in fashionable Zirkel und – glaube, er reüssiert zuletzt. Er spielt hoch, und der Herzog selbst soll öfters kommen. Sollte mich nicht wundern, wenn er hier wäre.«
»Pshaw!« schrie der Marquis Mono. »Es gilt hundert Pfund, ich will den alten Earl Wellbarn zum Nizzam machen.«
»Zum Nizzam machen«, schrie ein Dutzend nach.
»Wollen sehen, wie Mono den alten Wellbarn zum Nizzam macht«, lallte Lord Flirtdown, indem er sich mit Morton in eine Ottomane gegenüber dem alten Earl warf und die von den Dienern präsentierten Gläser ergriff.
»Trink, Bruder, trink auf die Gesundheit des alten Nizzam!«
»Pah, ich glaube, er ist ein alter Heide.«
»Aber sein Madeira ist christlich – hat die Fahrt dreimal nach Ostindien gemacht.«
Morton brach in ein lautes Gelächter aus.
»Was lachst du so toll?«
Die Augen Mortons waren auf den alten Earl gerichtet und seine fette Counteß.
»Bei meiner Seele, der alte Wellbarn ist voll und die alte Counteß nicht leer.«
»Wovon? Wasser oder Wein?«
»Glaube beiden.« Und wieder lachte er wie toll.
»Zum Teufel mit dem Roßgewieher. Kannst du nicht anständig kichern?«
»So wie ein halb Lungensüchtiger. Geh zum Teufel!«
»Pah! Schau den alten Georg und seine fette Marchioneß.«
»Du siehst doppelt. Es ist der Earl Wellbarn und seine Counteß.«
Und der Lord hob das Lorgnon, sank aber über der Anstrengung, es zu den Augen zu bringen, Morton in die Arme.
»Morton, wo bist du? Du bist in Virginien. Schau, Virginia Water. Dort der See, die Fregatte. Windsor, wie schön es herüberblinkt –«
Mortons Augen waren in Verzückung auf den Plafond gerichtet.
»Es ist wunderbar, lieber Flirtdown; aber die ganze Welt taumelt und schwirrt mir vor den Augen herum; mein ganzes Leben, die Vergangenheit, Zukunft, alles, alles steht vor mir, tanzt vor mir – ein wahrer Hexentanz.«
»Glaube es gern, wenn man so angestochen ist.«
»Du glaubst mich über Bord. Sage das nicht noch einmal. Versichere dir aber, ein wahres Guckkastenspiel, in dem die wunderbarsten Gestalten zum Vorschein kommen.«
»Sieh nur den Lord Wellbarn und Lady Well – ah!« lallte Flirtdown.
»Ist es aber nicht skandalös, daß wir in einem fremden Hause –?«
»Pah! Wenn wir ihm alle Fenster einschlügen und seiner Dame alle Flaschen an den Kopf würfen, würde er es für eine neue Fashion halten. Sieh da, Yankees! Das geschieht dir zu Ehren, Morton. Wollen ihren Spaß mit dir treiben.«
Und wirklich kamen hinter den Hecken und Gebüschen hervorgesprungen und getorkelt sonderbare Gestalten. Halb Jäger, halb Seemänner, hatten sie Teerhüte und Matrosenbeinkleider, über diese sogenannte Hunting shirts Hunting shirt – Jagdhemd, Bluse., darüber Jagd- und Patronentaschen mit Pulverhörnern und langröhrigen Stutzern. Sie sangen den Yankeedoodle, aber so mißtönig, daß die wenigen noch anwesenden Damen sich die Ohren zuhielten und aus dem Saale liefen.
»Bei meiner Seele, nicht übel!« krächzte Lord Ormond, als das greuliche Gekreische aufgehört hatte. » Let's have more of that precious yankee-song. Laßt uns mehr von diesem preziösen Yankee-Gesang hören.«
Der alte Earl rieb sich die Augen und wachte aus seinem Schlummer auf.
»Wo sind wir, mein Teurer?« stöhnte die Dame.
»Welch ein erschreckliches Getöse!« jammerte der Lord.
»Guten Abend, Hoheit!« sprach einer der Yankees.
»Hoheit!« wiederholte der alte Earl. »Was soll das bedeuten?«
Und es traten die in Yankees travestierten Lords vor. »Wollen Eure Herrlichkeit einen kleinen Bargain mit uns machen? Just einen kleinen Rest von unserem Cargo.«
»Ich hoffe, Gentlemen,« schrie der entrüstete Earl, »man treibt nicht freventlichen Spott mit einem Peer der drei Reiche?«
»Heilloser Yankee! Wie kannst du es wagen, dein schmutziges Krämergesicht vor der erhabenen Person Seiner Herrlichkeit zu zeigen?« schrie Lord Heyton in komischer Wut.
»Braucht Ihr einen Cockwain, einen Boatwain für diese Eure Fregatte?« rief der quasi Yankee.
Der Lord sah den Fragenden wie träumend an.
»Ich verstehe seine Sprache nicht; sie klingt englisch, aber so gedehnt.«
»Sehr gedehnt«, bemerkte Lord Heyton. »Es ist die Yankeedehnung.«
»Barbarisch«, fiel die alte Counteß ein.
»Braucht Ihr eine kräftige Hand, eine Yawl zu rudern? Hört Ihr, habt Ihr nie in Whitehall eins abstoßen gesehen?«
»Whitehall?« wiederholte der Earl brummend. »Was spricht der Junge von Whitehall? Eine gefährliche, eine sehr gefährliche Sprache.«
»Was meinst du mit deinem Whitehall?« fragte Lord Heyton.
»Wißt nicht, was Whitehall ist – wißt das nicht?« schrie der quasi Yankee. »Habt Ihr je so etwas in Euerm Leben gehört? Wissen nicht, was Whitehall ist. Ah, da wißt Ihr auch nicht, was die Batterie und Castelgarden ist. Whitehall ist, wo England die Zeche bezahlt hat. Wollt Ihr eine Lustfahrt von Whitehall nach Hoboken anstellen? Die ganze schöne Neuyorker Welt sollt Ihr sehen.«
Der Earl schüttelte ungeduldig das Haupt.
»Eure Herrlichkeit,« sprach Lord Heyton mit sehr ernsthafter Miene, »ich halte es für meine Pflicht und Schuldigkeit, Ihnen zu sagen, daß der Mann, den Sie vor sich sehen und der auf eine so unbegreifliche Weise bis vor Ihre Herrlichkeit gedrungen ist, dem Volke angehört, das halsstarrig und zänkisch, weder vor Gott noch seinem Gesalbten noch irgend jemand Respekt hat, sehr verstockten Herzens ist, kurz Yankees, die wir nur dadurch beschwichtigen konnten, daß wir ihnen unseren westindischen Handel überließen.«
»Nicht unter unserer Administration. Ah, Huskisson, haben Sie gelesen, was er sagt?«
»Yankees,« fuhr der Lord fort, »die der Herrschaft des höchstseligen Vaters Seiner gegenwärtig regierenden Majestät, Georg III., zu spotten sich erkühnt, und das ganze Land, welches einst ihrem beglückenden Zepter unterworfen gewesen, nun auf eigene Rechnung verwalten; daher Ihre Herrlichkeit so schonend mit ihnen umgehen muß als nur immer möglich, zumal sie stark von Knochen und noch stärkere Zungenhelden sind.«
»Morton, hörst du die Komplimente?« lachte Lord Ormond.
Morton stierte auf den Plafond.
»Also einer der Yankees,« versetzte der Earl gähnend, »derselben Yankees, die Schweinefleisch dem Rostbeef vorziehen und mit dem Messer statt mit der Gabel essen, und mit der Gabel die Zähne ausstochern, statt ihre Zahnstocher von Mister Leeds, dem patentierten Zahnstocherfabrikanten, zu nehmen, die Tabak kauen und auf die Teppiche spucken.«
»Aber bei dem allen ein seltsames Geschlecht launiger Hunde sind«, versicherte Lord Ormond.
»Ihre Herrlichkeiten«, wandte er sich an die Lady, »erinnern sich, wie unvergleichlich unser Mathews sie in seinem All's well in Natchitoches Alles steht wohl in Natchitoches; die bekannte Posse. parodierte; wenn es nun Eurer Herrlichkeit gefällig wäre, könnten wir jetzt eine sehr vergnügte Stunde genießen und uns bei dieser Gelegenheit überzeugen, inwiefern Mathews wahr oder outré darstellt.«
»Lassen Sie den Yankee nähertreten, mein Teurer!« lispelte die Dame dem Earl zu.
»Habe just noch ein paar Artikel von meinem Cargo übrig«, lachte der quasi Yankee. »Wollt Ihr kaufen?«
»Morton! Morton! Yankeewaren«, lachten alle; »Morton, wollen Sie nicht kaufen?«
Und der quasi Yankee holte zwei Schnüre Zwiebeln unter seiner Bluse hervor; ein zweiter brachte einen Schinken zum Vorschein, ein dritter einen Sack mit Mehl.
Ein brüllendes Gelächter erhob sich im Saale.
»Also Yankee-Schinken?« fragte der Earl.
»Echte virginische Schinken, Mann!« versicherte der Yankee, »besonders berühmt.«
»Wollen einen zur Probe versuchen; John, nehmt diesen Schinken, und es ist unser ausdrücklicher Befehl, daß er morgen auf unserer Tafel serviert werde.«
»Eure Herrlichkeit dürften dabei einige Schwierigkeiten haben«, bemerkte Lord Ormond.
»Werdet verdammt zu beißen haben«, meinte der Yankee.
»Zumal er mehr Kunst als Natur besitzt,« lachte Ormond, »kurz, eine Yankeeware ist.«
»Wieso?« fragte der verblüffte Earl.
»Weil dieser Schinken bloß mit einer geräucherten Schweinshaut überzogen und übrigens von echtem Wallnußholze ist.«
»Mein Gott, der Mann sollte vor Sir Richard gebracht werden«, versicherte die Counteß.
»Dank Eurer Herrlichkeit!« lachte der Yankee, während er das empfangene Goldstück sorgfältig auf dem Tisch probierte. »Dank Euch für den guten Bargain; by Jingo! will Euch dafür eine herrliche story Geschichte, Märchen, Erzählung. von der Seeschlange zum besten geben.«
»Pah!« schrie Morton, »wie die Wahnsinnigen in geckenhafter Narrheit ihre Steckenpferdchen für Araber halten! Bei meiner Seele, Ihr spielt mit dem Feuer, bis Ihr Euch verbrennt.«
»Was ist's, was gibt's, was fehlt Ihnen, Morton?« riefen mehrere Lords laut lachend.
»Mir ist zumute, als wollten Eure adeligen Mansions über Euren Häuptern zusammenstürzen; ich muß reden.«
Und mit diesen Worten sprang er mitten in den Kreis der tollen Lords, zum Entsetzen des alten Earls.
»Morton will uns einen reellen Yankee zum besten geben«, schrien die einen herumtaumelnd.
»Morton, Sie müssen uns einen Yankee zum besten geben«, stammelten die anderen.
»Seid ein verdammt braver Junge, Morton! Wollt uns eine Yankeestory zum besten geben, etwas von der Seeschlange.«
»Nur einen Gesang.«
Morton sah sie einen Augenblick mit leuchtenden Augen an und sprach dann: »Will Euch einen Gesang und eine story zum besten geben.«
Die Satire auf seine Landsleute hatte einen Zug schneidenden Hohnes um die Lippen des Jünglings gelegt; es war etwas wild Originelles über ihn gekommen, etwas bizarr Geistreiches sprach sich in seinen Bewegungen aus. Die Champagnerdünste waren auf einmal dem luciden Intervalle gewichen, der seinem ganzen Wesen etwas Eigentümliches verlieh, das noch außerordentlich gehoben wurde, als er nun ausholte und aus voller Brust den Yankee doodle sang. Und während die langen Kadenzen heraufstiegen aus tiefer Brust und die wilden Töne lang und langsam wie Orgeltöne hinschwellten durch die prachtvollen weiten Säle, kam ein unbeschreibliches Etwas über den Jüngling; die Begeisterung eines Sehers funkelte aus seinen Augen; dabei schwenkte sich seine elastische Gestalt mit so wunderbarer Schnelligkeit, und seine Hände hoben sich und fielen mit einer so seltsam ungelenken Grazie, daß die sämtlichen Lords in atemlosen Staunen dem sonderbaren Schauspiel zusahen. Ein einstimmiges Bravo! Give it a second time Geben Sie es ein zweites Mal.! erschallte. Morton hatte sich unterdessen in eine Ottomane geworfen, und mit der Hand winkend, begann er:
»Wohl, so will ich Euch denn eine story zum besten geben.«