William Shakespeare
Antonius und Cleopatra
William Shakespeare

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Fünfte Szene

Alexandrien. Zimmer im Palast

Cleopatra, Charmion, Iras und Alexas treten auf

Cleopatra.
Gebt mir Musik; Musik, schwermütge Nahrung
Für uns verliebtes Volk! –

Diener.
He! Die Musik!

Mardian kommt.

Cleopatra.
Laßt es nur sein. Wir wolln zum Kugelspiel.
Komm, Charmion.

Charmion.
Mich schmerzt der Arm; spielt doch mit Mardian.

Cleopatra.
Ein Weib spielt mit dem Hämling wohl so gut
Als mit 'nem Weibe. Wollt Ihr mit mir spielen?

Mardian.
Fürstin, so gut ich kann.

Cleopatra.
Wo guter Will ist, käm er auch zu kurz,
Muß man dem Spieler nachsehn. Doch was anders:
Gebt mir die Angel, kommt zum Flusse; dort,
Während Musik von fern erklingt, berück ich
Den goldbefloßten Fisch, mit krummen Haken
Die schleimgen Kiefern fassend, und bei jedem,
Den ich aufziehe denk ich, es sei Anton,
Und sag: «Aha! dich fing ich!» –

Charmion.
Lustig war
Mit ihm das Wetteangeln, als Eur Taucher
Den Salzfisch hängt' an seine Schnur, den er
So eifrig aufzog.

Cleopatra.
Jene Zeit! O Zeiten!
Ich lacht ihn aus der Ruh; die Nacht darauf
Lacht ich ihn in die Ruh; den nächsten Morgen
Noch vor neun Uhr trank ich ihn auf sein Lager,
Tat meinen Mantel ihm und Schleier um,
Und ich derweil trug sein Philippisch Schwert. –
Oh, von Italien! –
Ein Bote kommt.
Stopf mir fruchtbare Zeitung in mein Ohr,
Das lange brach gelegen.

Bote.
Fürstin! Fürstin! –

Cleopatra.
Antonius tot? –
Sagst du das, Sklav, so mordst du deine Herrin: –
Doch meldst du ihn
Gesund und frei, nimm Gold, und hier zum Kuß
Die blausten Adern: eine Hand, die zitternd
Der Kön'ge Lippen küßten.

Bote.
Er ist wohl.

Cleopatra.
Hier noch mehr Gold. – Doch, Mensch, wir sagen oft,
Wohl sei den Toten: wenn du's so gemeint,
Schmelz ich das Gold, das ich dir gab, und gieß es
In deinen gottverhaßten Schlund.

Bote.
Oh, hört mich!

Cleopatra.
Nun wohl, ich will's –
Doch sagt dein Blick nichts Gutes. Wenn Anton
Frei und gesund – wozu die finstre Miene
Zu solcher frohen Post? Ist ihm nicht wohl,
Solltst du als Furie kommen, schlangumkränzt,
Und nicht in Mannsgestalt.

Bote.
Wollt Ihr mich hören?

Cleopatra.
Ich möchte gleich dich schlagen, eh du sprichst;
Doch wenn du meldst, Anton sei wohl, er lebe,
Sei Cäsars Freund und nicht von ihm gefangen,
Dann ström ein goldner Regen dir, ein Hagel
Von reichen Perlen.

Bote.
Er ist wohl.

Cleopatra.
Recht gut.

Bote.
Und Cäsars Freund.

Cleopatra.
Du bist ein wackrer Mann!

Bote.
Cäsar und er sind größre Freund' als je.

Cleopatra.
Begehr ein Glück von mir!

Bote.
Fürstin, und doch...

Cleopatra.
Ich hasse dies «und doch»: es macht zu nichts
Den guten Vordersatz: Pfui dem «und doch»:
«Und doch» ist wie ein Scherg, dem hinterher
Ein arger Missetäter folgt. Ich bitt dich,
Gieß mir die ganze Botschaft in mein Ohr,
Das Schlimm und Gute. – Er ist Freund mit Cäsar,
Gesund und frisch, sagst du, und sagst, in Freiheit?

Bote.
In Freiheit, Fürstin? Nein, so sagt ich nicht:
Octavia bindet ihn.

Cleopatra.
In welchem Sinne?

Bote.
Als Ehgemahl.

Cleopatra.
Ich zittre, Charmion.

Bote.
Fürstin, er ist Octavien vermählt.

Cleopatra.
Die giftigste von allen Seuchen dir! (Schlägt ihn.)

Bote.
Geduld, o Königin!

Cleopatra.
Was sagst du? Fort,
Elender Wicht! Sonst stoß ich deine Augen
Wie Bälle vor mir her; raufe dein Haar,
Lasse mit Draht dich geißeln, brühn mit Salz,
In Lauge scharf gesättigt.

Bote.
Gnädge Fürstin,
Ich meldete die Heirat, schloß sie nicht!

Cleopatra.
Sag, 's ist nicht so: ich schenke dir ein Land,
Daß du im Glücke schwelgest; jener Schlag
Sei Buße, daß du mich in Wut gebracht,
Und ich gewähre jede Gunst dir noch,
Die Demut wünschen mag.

Bote.
Er ist vermählt.

Cleopatra.
Schurke, du hast zu lang gelebt...

(Zieht einen Dolch.)

Bote.
Dann lauf ich –
Was wollt Ihr, Fürstin, 's ist nicht mein Vergehn! (Ab.)

Charmion.
O Fürstin, faßt Euch! seid nicht außer Euch! –
Der Mann ist schuldlos!

Cleopatra.
Wie manch Unschuldgen trifft der Donnerkeil!
Der Nil ersäuf Ägypten! Werdet Schlangen,
Ihr sanftesten Geschöpfe! – Ruft den Sklaven;
Bin ich auch toll, ich beiß ihn nicht. – Ruft ihn.

Charmion.
Er fürchtet sich vor dir.

Cleopatra.
Ich tu ihm nichts.
Ihr Hände seid entadelt, weil ihr schlugt
Den Mindern als ich selbst: denn nur ich selbst
Gab Ursach meinem Zorn. – Hieher denn, komm.
    Bote kommt zurück.
Obwohl es redlich ist, war's nimmer gut,
Die schlimme Nachricht bringen: Freudenbotschaft
Verkünd ein Heer von Zungen, doch die schlimme
Mag selbst sich melden, wenn man sie empfindet.

Bote.
Ich tat nach meiner Pflicht.

Cleopatra.
Ist er vermählt?
Ich kann nicht mehr dich hassen, als ich's tu,
Sagst du noch einmal ja.

Bote.
Er ist vermählt.

Cleopatra.
Fluch über dich! So bleibst du stets dabei?

Bote.
Sollt ich denn lügen?

Cleopatra.
Oh, daß du es tätst!
Und wär mein halb Ägypten überschwemmt,
Ein Pfuhl für schuppge Nattern! Geh, entflieh.
Hättst du ein Antlitz wie Narziß, für mich
Schienst du ein Ungeheuer! – Er vermählt? –

Bote.
Ich bitt Euch um Vergebung...

Cleopatra.
Er vermählt?

Bote.
Zürnt nicht, daß ich Euch nicht erzürnen will;
Mich dafür strafen, was Ihr selbst verlangt,
Scheint höchst unrecht. – Er ist Octaviens Gatte.

Cleopatra.
Oh, daß dein Frevel dich zum Schurken macht,
Der du nicht bist! Weißt du's sicher? Fort!
Die Ware, die du mir von Rom gebracht,
Ist mir zu teuer; bleibe sie dir liegen
Und möge dich verderben. (Bote ab.)

Charmion.
Faßt Euch, Hoheit.

Cleopatra.
Antonius zu erheben, schalt ich Cäsarn...

Charmion.
Oft, gnädge Fürstin.

Cleopatra.
Dafür lohnt er nun! –
Führt mich von hier!
Mir schwindelt. Iras, Charmion! – Es ist nichts!
Geh zu dem Boten, mein Alexas, heiß ihn
Octaviens Züge schildern, ihre Jahre,
Ihr ganz Gemüt; er soll dir nicht vergessen
Die Farbe ihres Haars: gib schnell mir Nachricht.
(Alexas ab.)
Er geh auf immer! – Nein doch! liebe Charmion,
Wenn er auch Gorgo gleicht von einer Seite,
Ist von der andern er ein Mars. – Alexas
Soll melden mir, wie groß sie ist. Hab Mitleid,
Doch sag nichts, Charmion. – Führt mich in mein Zimmer.

(Alle ab.)


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