William Shakespeare
Das Leben und der Tod des Königs Lear
William Shakespeare

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Fünfter Auftritt.

Edmund zieht mit Lear, und Cordelia, als Gefangenen im Triumph auf.

Edmund. Einige Officiers können sie hinweg führen. Bewachet sie genau, bis uns der hohe Wille derjenigen, die über sie zu entscheiden haben, bekannt seyn wird.

Cordelia. Wir sind nicht die ersten, die sich mit der besten Absicht das schlimmste Glük zugezogen haben. Nur um deinetwillen, unterdrükter König, bin ich niedergeschlagen. Träfe unser Unglük mich allein, ich würde ihm Troz bieten – – – Werden wir diese Töchter, und diese Schwestern nicht zu sehen kriegen?

Lear. Nein, nein, nein, nein! komm, laß uns ins Gefängniß gehen; Wir beyde allein wollen singen wie Vögel im Keficht: Wenn du mich um meinen Segen bittest, will ich niederknien, und dich um deine Verzeihung bitten. So wollen wir leben, und beten und singen, und uns alte Mährchen erzehlen, und über vergüldete Sommer-Fliegen lachen, und armselige Schurken von Hofneuigkeiten reden hören, und dann wollen wir mit ihnen schwazen, wer gewinnt, wer verliehrt, wer drinnen ist, wer draussen, und so zuversichtlich von den geheimen Angelegenheiten reden, als ob wir Gottes Kundschafter wären. Und so wollen wir in einen Kerker eingemaurt, die Banden und Secten der Grossen überleben, die, gleich der Ebbe und Fluth, je nachdem das Glük wächst oder abnimmt, sich zusammendrängen oder zurükfliessen.

Edmund. Führt sie hinweg.

Lear. Auf solche Opfer, meine Cordelia, möchten die Götter selbst Weyhrauch herabstreuen. (Er umarmt sie.) Hab ich dich in meinen Armen? Der uns trennen will, muß einen Brand vom Himmel bringen, und uns wie Füchse von einander feuern. Wische deine Augen; ehe soll der Aussaz ihnen das Fleisch von den Knochen nagen, eh sie uns weinen machen sollen. Wir wollen sie eher verhungern sehen.

(Lear und Cordelia werden abgeführt.)

Edmund. Tritt näher, Hauptmann, und höre. Nimm dieses Papier; geh, folge ihnen ins Gefängniß. Ich habe dich erst um eine Stuffe befördert; wenn du thust, was dich dieses anweißt, so machst du deinen Weg zu einem glänzenden Glük. Wisse, daß die Menschen sind wie die Zeit ist; ein zärtliches Herz schikt sich nicht zu einem Degen an der Seite – – der wichtige Auftrag der dir gemacht wird, leidet keine Einwürfe; versprich entweder, daß du es thun willt, oder suche dein Glük auf einem anderen Wege.

Hauptmann. Ich will es thun, Mylord.

Edmund. So beschleunige dich, und schreibe mir in dem Augenblik da du es gethan hast. Merke daß ich sage, im gleichen Augenblik, und führe die Sache aus, wie ich's aufgesezt habe.

(Der Hauptmann geht ab.)


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