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Ein Zimmer im Palast.
Banquo tritt auf.
Banquo. So hast du's also? Glamis, Cawdor, König, alles was dir die Zauberinnen versprochen haben; ich fürchte sehr, du bist auf keine gute Art dazu gekommen; und doch wurde gesagt, es sollte nicht bey deinen Nachkommen bleiben, sondern ich selbst sollte die Wurzel und der Stammvater vieler Könige seyn. Wenn Wahrheit von ihnen kommen kan, (wie ihre Anrede an dich, Macbeth, zu beweisen scheint) warum können sie nicht eben so wohl meine Orakel seyn, und mich zu Hoffnung anfrischen? Doch stille! nichts mehr hievon.
Trompeten. Macbeth als König, Lady Macbeth, Lenox, Rosse, Lords und Hofdiener.
Macbeth. Hier ist unser vornehmster Gast.
Lady. Wenn er vergessen worden wäre, so hätte es wie eine gähnende Lüke in unserm Fest ausgesehen, und alles andre entstellt.
Macbeth. Wir haben auf die Nacht ein festliches Gastmal, Sir, und ersuchen euch um eure Gegenwart.
Banquo. Nach eurer Hoheit Befehl; an deren jeden meine Pflicht durch ein unauflößliches Band auf ewig geknüpft ist.
Macbeth. Ihr verreiset diesen Nachmittag?
Banquo. Ja, mein gnädigster Herr.
Macbeth. Wir wollten uns sonst euren guten Rath (der allezeit weise und glüklich war) in der heutigen Raths-Versammlung ausgebetten haben, doch es ist morgen früh genug dazu. Geht die Reise weit?
Banquo. So weit, daß ich die ganze Zeit zwischen izt und dem Nachtessen dazu gebrauchen werde. Wenn mein Pferd nicht das beste thut, so werd' ich noch eine oder zwoo dunkle Stunden von der Nacht entlehnen müssen.
Macbeth. Bleibet ja nicht von unserm Gastmal aus.
Banquo. Mein gebietender Herr, ich will nicht fehlen.
Macbeth. Wir hören, unsre blutigen Vettern haben sich nach England und Irland gemacht, läugnen ihren grausamen Vater-Mord, erfüllen ihre Hörer mit seltsamen Erfindungen Doch, hievon morgen, mit andern Angelegenheiten, die den Staat betreffen, und unsre vereinigte Aufmerksamkeit fodern. Geht ihr zu Pferde! Adieu, bis auf die Nacht. Geht Fleance mit euch?
Banquo. Ja, gnädigster Herr, wir können nicht länger verweilen
Macbeth. Ich wünsche euern Pferden schnelle und sichre Füsse, und hiemit empfehl' ich euch ihrem Rüken. Lebet wohl. (Banquo geht ab.) Laßt bis Abends um sieben Uhr, jedermann Meister von seiner Zeit seyn; das Vergnügen der Gesellschaft desto besser zu schmeken, wollen wir selbst bis zum Abendessen allein seyn; bis dahin, sey Gott mit euch!
(Lady Macbeth und Lords gehen ab.)
Macbeth und ein Bedienter bleiben.
Macbeth. Camerad, ein Wort mit dir; sind diese Männer bey der Hand, die wir foderten?
Bedienter. Gnädigster Herr, sie warten bey der Schloß-Pforte.
Macbeth. Führe sie vor uns (Der Bediente geht ab.) Das zu seyn, ist noch nichts; aber es mit Sicherheit zu seyn Wir haben grosse Ursachen, diesen Banquo zu fürchten; es herrscht ein Etwas in seiner Königlichen Seele, das gefürchtet werden will. Sein Muth reicht weit, und zu dieser unerschroknen Stählung seines Gemüths, besizt er eine Klugheit, die seinen Muth regiert, und seinen Unternehmungen Sicherheit giebt. Er ist der einzige, dessen Daseyn ich fürchte. In seiner Gegenwart allein wird mein Genius gedämpft, wie man erzählt, daß Antons seiner es vor Cäsars war. Er redte die Schwestern trozig an, da sie zum erstenmal den Königs-Titel auf mich legten, und befahl ihnen, zu ihm zu reden; und dann grüßten sie ihn, prophetisch, den Vater einer Reyhe von Königen. Auf mein Haubt sezten sie eine unfruchtbare Crone, und gaben mir einen dürren Scepter in meine Hand, damit er von einer fremden Hand mir einst entwunden werde. Ist es so, so hab ich für Banquos Nachkömmlinge meine Seele beflekt, für sie den huldreichen Duncan ermordet; für sie auf ewig den Frieden meines Herzens verlohren, und mein unvergängliches Kleinod dem allgemeinen Feind der Menschen verkauft, um sie zu Königen zu machen die Nachkommen des Banquo zu Königen: Eh diß seyn soll, eh komme der Tod in die Schranken, und fordre mich zum Kampf aufs Leben heraus! Wer ist hier?
Der Bediente kommt mit zween Mördern zurük.
Geh vor die Thüre, und warte dort, bis wir ruffen. War es nicht gestern, als wir mit einander sprachen?
Mörder. Es war so, Gnädigster Herr.
Macbeth. Wohlan dann, habt ihr meinen Reden nachgedacht? Ihr wißt nun, daß er es war, der in vergangnen Zeiten das Glük euch so ungeneigt machte; ihr bildtet euch ein, daß es unser unschuldiges Selbst wäre; aber, es ist euch in unsrer lezten Unterredung bewiesen worden, wie man mit euch umgegangen ist; was für Kunstgriffe man gebraucht, wer die Werkzeuge dazu waren, wer sie in Bewegung sezte, kurz, solche Umstände, die einer halben Seele und dem schwächsten Begriff sagen mußten: das that Banquo.
1. Mörder. In der That, wir wurden überzeugt.
Macbeth. Nunmehr komm' ich auf den andern Punct. Findet ihr eine so übermäßige Geduld in eurer Natur, daß ihr das so gehen lassen könnt? Seyd ihr so gar fromm, daß ihr für diesen wakern Mann und seine Nachkommen beten könnt für den, der euch bis ans Grab niedergebeugt, und auf immer zu Bettlern gemacht hat?
1. Mörder. Wir sind Männer, mein Gnädigster Oberherr.
Macbeth. Ja, ja, in der allgemeinen Claßification geht ihr unter diesem Namen, so wie Windhunde, Wachtelhunde, Pudel, Möpse, Bullen-Beisser, Schäferhunde, alle unter dem allgemeinen Namen Hund begriffen werden; die besondere Bestimmung unterscheidet den schnellen, den langsamen, den schlauen, den Haushüter, den Jäger, einen jeden durch eine gewisse Gabe der gütigen Natur, die seiner Art eigen ist, und ihn aus der allgemeinen Gattung auszeichnet. So ist es auch mit den Menschen. Nun, wenn ihr dann Männer seyd, und in der Reyhe der verschiednen Arten an ächter Mannheit nicht die allerlezten, so sagt es, und ich will ein Geschäft in euern Busen legen, dessen Ausführung euch von einem Feinde befreyen und zugleich an unser eignes Herz anklammern wird; indem sein Tod allein uns eine vollkommne Zufriedenheit gewähren kan.
2. Mörder. Ich bin einer, den die Streiche und Mißhandlungen der Welt dermassen aufgebracht haben, daß ich bereit bin, ihr zu Troz alles zu unternehmen.
1. Mörder. Und ich ein andrer, der es so überdrüßig ist, sich, immer zu seinem Nachtheil, mit dem Glük herumzubalgen, daß ich alle Augenblike bereit bin, mein Leben auf das ungewisseste Spiel zu sezen, und es zu verbessern, oder seiner gar loß zu werden.
Macbeth. Ihr wisset beyde, daß Banquo euer Feind war
Mörder. Ja, Gnädigster Herr.
Macbeth. Er ist auch der meinige, und mit einem so blutigen Hasse, daß eine jede Minute, die sein Daseyn verlängert, das meinige in Gefahr sezt; und ob ich gleich Macht genug hätte, ihn öffentlich aus meinem Gesicht wegzutilgen, so mag ich's doch um gewisser Freunde willen nicht thun, die auch die seinigen sind, und deren Zuneigung ich nicht gerne verscherzte; die Klugheit fordert, daß ich den Fall desjenigen beweine, den ich selbst zu Boden geschlagen habe; und daher kommt es, daß ich euern Beystand nöthig habe, um die Sache, aus besondern wichtigen Ursachen, vor dem öffentlichen Auge zu verbergen.
2. Mörder. Gnädigster Herr, wir sind zu allem entschlossen, was ihr uns befehlen könnt.
1. Mörder. Wenn gleich unser Leben
Macbeth. Eure Geister scheinen durch euch hervor. Binnen einer Stund', aufs längste, will ich euch über Zeit, Ort und Augenblik den nähern Unterricht geben, denn es muß bey Nacht gethan werden, und in einiger Entfernung von dem Palast aber das muß noch genauer bestimmt werden und mit ihm soll, um reine Arbeit zu machen, auch Fleance, sein Sohn, der ihm Gesellschaft leistet, und dessen Hinwegräumung mir nicht weniger wichtig ist, als seines Vaters, das Schiksal dieser finstern Stunde theilen. Bedenket euch nun allein, ich will gleich wieder zu euch kommen.
Mörder. Wir sind schon entschlossen, Gnädigster Herr.
Macbeth. Gut, so will ich euch wieder ruffen lassen; geht indeß auf die Seite (die Mörder gehen ab.) Es ist beschlossen Banquo, wenn deine Seele dem Himmel zufliegen will, so muß sie ihn in dieser Nacht ausfindig machen.
Ein andres Zimmer im Palast.
Lady Macbeth und ein Bedienter.
Lady. Ist Banquo schon abgereist?
Bedienter. Ja, Gnädigste Frau, aber er kommt auf die Nacht wieder zurük.
Lady. Sage dem Könige, ich möchte, wenn's ihm gelegen ist, ein paar Worte mit ihm sprechen.
(Der Bediente geht.)
Alles ist verlohren, und nichts gewonnen, wenn wir das Ziel unsrer Wünsche nicht mit unsrer Zufriedenheit erkauft haben
Macbeth tritt auf.
Wie steht's, Milord? warum so viel allein? wozu soll es dienen, daß ihr die verdrieslichsten Einbildungen zu eurer Gesellschaft macht, und euch mit Gedanken unterhaltet, die mit denen, an welche sie denken, gestorben seyn sollten? An Dinge die nicht zu ändern sind, sollt' auch nicht gedacht werden; was gethan ist, ist gethan.
Macbeth. Wir haben die Schlange zerstükt, nicht getödtet Sie wird wieder zusammenwachsen, und sie selbst seyn; indeß daß unsre arme einfältige Boßheit der Gefahr ihrer vorigen Zähne ausgesezt bleibt. Aber ehe sollen beyde Welten aus ihren Angeln fallen, und alle Wesen unter ihrem Gewicht zertrümmern, eh wir unser Brod mit Zittern essen, und in der Beängstigung dieser schreklichen Träume schlafen wollen, die uns bey nächtlicher Weil' erschüttern. Besser bey dem Todten seyn, (den wir, diesen Plaz zu erhalten, in seine Ruhe gesandt haben,) als auf dieser Folter des Gemüths in rastloser Pein zu ligen Duncan ligt in seinem Grabe; auf das unruhvolle Fieber des Lebens, schläft er wohl; Verrätherey hat ihr ärgstes gethan; nun kan weder Gift, noch Stahl, weder einheimische Boßheit, noch auswärtiger Anfall, nichts kan ihn mehr berühren.
Lady. Kommt, kommt, mein liebster Lord, heitert diese finstern Blike auf; seyd munter und Jovialisch, unter euern Gästen, auf die Nacht.
Macbeth. Das will ich, meine Liebe, und ich bitte, seyd es auch. Sonderheitlich habt eine immer geschäftige Achtung für Banquo; thut ihm mit Bliken und Worten, alle ersinnliche Ehre an; noch erheischt es die Zeit, daß wir unsre Würde vergessen, uns zu Schmeicheleyen herablassen, und unsre Gesichter zu lächelnden Masken unsrer Herzen machen.
Lady. Denkt nicht an das.
Macbeth. O, mein Gemüth ist mit Scorpionen angefüllt, theures Weib! du weißt, daß Banquo und sein Fleance leben!
Lady. Aber in beyden ist der Abdruk der Natur nicht unsterblich.
Macbeth. Das ist noch der Trost, daß sie zerstörbar sind; also, sey du gutes Muths. Eh noch die Fledermaus ihren einsiedlerischen Flug beginnen wird, eh auf der schwarzen Hecate Ruf, der Scherben-gebohrne Käfer, mit seinem schläfrigen Sumsen die gähnende Nacht einläutet, soll eine That von furchtbarem Inhalt gethan seyn.
Lady. Was soll dann geschehen?
Macbeth. Sey lieber unwissend, mein liebstes Hühnchen, bis du der vollbrachten That zujauchzen kanst. Komm, blendende Nacht, schliesse das zärtliche Auge des mitleidigen Tags, durchstreiche mit deiner blutigen und unsichtbaren Hand, und zerreiß in Stüken diesen grossen Schuldbrief, der mich so bleich aussehen macht. Die Nacht wird diker, und die Krähe fliegt dem dohlen-vollen Gehölze zu; alle guten Tag-Geschöpfe fangen an zu niken und einzuschlummern, indeß daß die schwarzen Hausgenossen der Nacht auf ihren Raub ausgehen. Du erstaunst über meine Reden; aber sey ruhig; Dinge, die einen bösen Anfang haben, können nur durch Uebelthaten fortgeführt werden. Begnüge dich hiemit, und folge mir.
(Sie gehen ab.)
Verwandelt sich in einen Parc; in einiger Entfernung von dem Schlosse.
Drey Mörder treten auf.
1. Mörder. Aber wer befahl dir, zu uns zu stossen?
3. Mörder. Macbeth.
2. Mörder. Wir haben keine Ursache, Mißtrauen in ihn zu sezen, da er dasjenige was wir zu thun haben, an den rechten Mann berichten wird.
1. Mörder. So stehe zu uns. Der Westen schimmert noch von einigen verlohrnen Stralen; der verspätete Wandrer verdoppelt izt die Schritte, um zeitig in die Herberge zu kommen, und der Gegenstand unsrer Wache nähert sich.
3. Mörder. Horcht, ich höre Pferde.
Banquo
(hinter der Scene.)
Gebt uns Licht, hier, he!
2. Mörder. So ist ers: die andern, die erwartet wurden, sind alle schon bey Hofe.
1. Mörder. Seine Pferde machen einen Umweg.
3. Mörder. Schier um eine halbe Stunde: aber er und fast jedermann pflegt den Weg von hier bis zur Schloßpforte zu nehmen, weil er durch den Park angenehmer ist.
Banquo und Fleance treten auf, mit einer Fakel.
2. Mörder. Ein Licht, ein Licht.
3. Mörder. Er ist's.
1. Mörder. Macht euch fertig.
Banquo. Es giebt einen Regen auf die Nacht.
1. Mörder. Laß ihn nur fallen. (Sie fallen über Banquo her.)
Banquo. O, Verrätherey! Flieh, Fleance, flieh, flieh, flieh; du kanst mein Rächer seyn. O! Sclave.
(Banquo stirbt, Fleance entflieht.)
3. Mörder. Wer löschte das Licht aus?
3. Mörder. Es ist nur eins gethan, der Sohn ist entwischt.
2. Mörder. Wir haben die beßre Hälfte unsers Geschäfts verlohren.
1. Mörder. Gut, wir wollen gehn, und sagen, was gethan ist.
(ab.)
Verwandelt sich in einen prächtigen Saal im Schlosse.
Eine aufgerüstete Tafel, mit Speisen. Macbeth, Lady Macbeth, Rosse, Lenox, Lords und Gefolge treten auf.
Macbeth. Ihr kennt euren Rang, Milords, sezt euch, alle, vom ersten zum lezten, herzlich willkommen!
Lords. Wir danken Eu. Majestät.
Macbeth. Wir wollen uns selbst bald hier bald da unter die Gesellschaft mischen, und den aufwartsamen Gastwirth machen; Unsre Wirthin scheint ihre Rolle zu vergessen, aber wir wollen sie bey Gelegenheit ersuchen, ihre Gäste willkommen zu heissen.
(Sie sezen sich.)
Lady. Thut Ihr's an meiner Statt, Sir, gegen alle unsre Freunde; mein Herz wenigstens heißt sie alle willkommen.
(Der erste Mörder kommt an die Thüre.)
Macbeth. Sieh, wie ihre dankbaren Herzen dir entgegen wallen! Beyde Seiten sind besezt; hier will ich mich in die Mitte sezen; seyd munter, wir wollen bald den Becher rund um die Tafel gehen lassen (er erblikt den Mörder, geht gegen die Thüre zu, und sagt leise:) Es ist Blut in deinem Gesicht
Mörder. So ist es Banquo's.
Macbeth. Ist er geliefert?
Mörder. Gnädigster Herr, ich erspart' ihm die Mühe, sich die Gurgel selbst abzuschneiden.
Macbeth. Du bist der Erste unter allen Gurgel-Abschneidern; und der nächste an dir ist, der dem Fleance das nehmliche that; Wenn du der wärst, so hast du deines gleichen nicht.
Mörder. Königlicher Herr, Fleance ist entronnen.
Macbeth. So kommt mein Fieber wieder; sonst wär' ich vollkommen gesund gewesen; ganz wie Marmor, gegründet wie ein Fels, unumschränkt und allgemein, wie die umgebende Luft: Nun bin ich eingeschlossen, angebunden, und meinen alten Zweifeln und Besorgnissen überliefert. Aber Banquo ist doch sicher?
Mörder. Ja, mein Gnädigster Herr: Denn er ligt in einem Graben, mit zwanzig tiefen Wunden in seinem Kopfe, wovon die kleinste tödtlich war.
Macbeth. Ich danke dir; hier liegt die erwachsne Schlange; der Wurm, der entflohen ist, hat die Fähigkeit, mit der Zeit Gift zu zeugen, aber keine Zähne für die dermalige. Geh du izt, morgen wollen wir's noch einmal hören.
(Der Mörder geht ab.)
Lady. Mein Königlicher Herr, ihr reguliert eure Freunde nicht wohl; wenn man bey einem Gastmal nur essen soll, so könnte man das zu Hause bequemer thun; ausser Hause sind Unterhaltung und gemeinschaftliche Frölichkeit das Gewürz, ohne welches die besten Schüsseln unschmakhaft sind.
(Banquo's Geist steigt empor, und sezt sich an den Plaz, den man für Macbeth leer gelassen.
Lenox. Gefällt es Eu. Hoheit, Plaz zu nehmen?
Macbeth. Hier hätten wir nun die Zierden unsers Vaterlandes beysammen, wenn die verdienstvolle Person unsers Freundes Banquo nicht mangelte; gebe der Himmel, daß seine Abwesenheit eher von einem Mangel an Gefälligkeit gegen uns, als von einem Unglük, das ihm zugestossen, herrühre!
Rosse. Seine Abwesenheit, Sire, macht sein Versprechen tadelhaft. Gefällt es Eu. Hoheit, uns mit Ihrer königlichen Gesellschaft zu beglüken?
Macbeth
(mit Entsezen, indem er den Geist erblikt, den sonst niemand sieht.)
Die Tafel ist voll!
Lenox. Hier ist ein aufbehaltner Plaz, Sire.
Macbeth. Wo?
Lenox. Hier, mein Gnädigster Herr Was bewegt Eu. Hoheit so sehr?
Macbeth
(ausser sich.)
Welcher von euch hat das gethan?
Lords. Was dann, Gnädigster Herr?
Macbeth
(zum Geist.)
Du kanst nicht sagen, ich hab es gethan: schüttle deine blutigen Loken nicht so gegen mich!
Rosse. Meine Herren, wir wollen aufstehen; seine Hoheit ist nicht wohl.
Lady. Bleibet sizen, lieben Freunde, Milord ist oft so, und ist von Jugend an so gewesen. Ich bitte euch, behaltet eure Pläze. Der Anstoß daurt nur einen Augenblik, in einem Gedanken wird er wieder wohl seyn. Wenn ihr viel Aufmerksamkeit auf ihn habt, so macht ihr ihn böse und verlängert dadurch sein Uebel. Esset und gebt nicht acht auf ihn. (Bey Seite zu Macbeth.) Seyd ihr ein Mann?
Macbeth. Ja, und ein herzhafter dazu, weil ich den Muth habe etwas anzuschauen, das den Teufel erblassen machen könnte.
Lady
(bei Seite.)
O vortrefliches Zeug! das ist wieder die Mahlerey eurer Furcht; das ist der in der Luft gezükte Dolch, der euch, sagtet ihr, zu Duncan leitete O! diese Einfälle und Erscheinungen würden sich besser in ein von der Großmutter geerbtes Weiber-Mährchen bey einem Winter-Feuer schiken Schämt euch! Was macht ihr für Gesichter? Wenn alles vorbey ist, so seht ihr weder mehr noch weniger als einen Stuhl.
Macbeth. Ich bitte dich, sieh hieher! Sieh! Schau! he! was sagt ihr? (Er zeigt mit dem Finger auf den Geist.) Wie? was frag ich darnach? wenn du niken kanst, so red' auch! Wenn Beinhäuser und Gräber diejenigen, die wir begraben, zurüksenden müssen: So sollen künftig die Magen der Geyer unsre Grabmäler seyn.
(Der Geist verschwindt.)
Lady
(immer bey Seite.)
Wie? noch immer so unmännlich thöricht!
Macbeth. So wahr ich hier stehe, ich sah ihn
Lady. Fy, schämt euch!
Macbeth. Es ist von jeher Blut vergossen worden, schon in jenen alten Zeiten, eh noch menschliche Sazungen das gemeine Wesen säuberten; ja, und von dort an bis izt sind Mordthaten verübt worden, die zu entsezlich sind, um angehört zu werden. Es war immer so, daß wenn einem das Hirn heraus war, so starb der Mann und dann war's aus; aber izt steigen sie mit zwanzig tödlichen Wunden auf ihrem Kopfe wieder hervor, und vertreiben uns aus unsern Stühlen; das ist weit seltsamer als ein solcher Mord.
Lady
(laut.)
Mein liebster Gemahl, eure Freunde vermissen euch.
Macbeth. Ich vergaß mich (laut.) Gebt nicht acht auf mich, meine würdigste Freunde, ich bin einer wunderlichen Schwachheit unterworfen, aber es ist nichts für diejenigen, die ihrer gewohnt sind Kommt, ich will erst auf eure Gesundheit trinken, und mich dann sezen: Gebt mir Wein, füllt den Becher voll ich trinke auf das Wohlseyn der ganzen Tafel und unsers theuren Freunds Banquo, den wir vermissen; ich wollt' er wäre hier! auf seine und aller Gesundheit!
Lords. Wir danken unterthänigst.
(Der Geist steigt wieder empor.)
Macbeth. Hinweg, aus meinem Gesicht! Laß die Erde dich verhüllen! Deine Beine sind marklos, dein Blut ist kalt, du hast keine Seh-Kraft in diesen Augen, mit denen du mich so drohend anstarrest.
Lady. Haltet das, meine edlen Lords, für nichts als eine gewöhnliche Sache; es ist nicht anders; das einzige ist, daß es das Vergnügen unterbricht, das wir gehabt hätten.
Macbeth. Was ein Mann darf, darf ich auch Komm du in der Gestalt eines Russischen Bären auf mich zu, eines gewafneten Nashorns, oder eines Hyrkanischen Tygers; komm in einer jeden andern Gestalt, als dieser, und meine starken Nerven sollen nie erzittern: Oder lebe wieder auf, und fordre mich in eine Wüste auf den Degen aus; wenn ich's zitternd abschlage, dann nenne mich die Puppe eines Mädchens. Hinweg, schreklicher Schatten! Unwesentliches Schrek-Bild, weg! (Der Geist verschwindet.) Wie, so sobald du fort bist, bin ich wieder ein Mann: (Die Lords stehen auf.) Ich bitte euch, bleibt sizen.
Lady. Ihr habt durch diese ungewohnten fieberhaften Anstösse unsre gute Gesellschaft aus der Fassung gebracht, und die Frölichkeit verbannt. Kan man denn solche Dinge nicht wie eine Sommer-Wolke vorbey gehen lassen, ohne so ausser sich selbst zu kommen?
Macbeth. Ihr sezt mich in ein noch grössres Erstaunen, als worinn ich vor war, wenn ich denke, daß ihr solche Erscheinungen anschauen, und die natürliche Rubin-Farbe eurer Wangen behalten könnt, wenn die meinigen vor Entsezen weiß werden!
Rosse. Was für Erscheinungen, Gnädigster Herr?
Lady. Ich bitte euch, redet nicht; er wird immer schlimmer und schlimmer; Fragen machen ihn vollends rasend: Gute Nacht, allen auf einmal. Wartet nicht auf Befehl zum Aufstehen, sondern geht alle zugleich.
Lenox. Wir wünschen Sr. Majestät gute Nacht, und bessere Gesundheit.
Lady. Gute Nacht, allerseits.
(Die Lords gehen ab.)
Macbeth. Es will Blut haben, sagen sie; Blut will Blut haben; ich weiß Exempel, daß Steine sich gerührt, und Bäume geredt haben. Wahrsager, welche die geheimen Verhältnisse der Dinge kennen, haben schon durch Krähen und Dolen den verborgensten Mörder ans Licht gebracht Wie weit ist die Nacht schon?
Lady. So weit, daß sie bereits mit dem Morgen streitet, wer von ihnen Nacht, und wer Morgen sey.
Macbeth. Was sagst du dazu, daß Macduff sich weigert, auf unsern Befehl zu erscheinen?
Lady. Schiktet ihr nach ihm?
Macbeth. Ich hör es vor der Hand; aber ich will nach ihm schiken; es ist kein Than unter ihnen allen, in dessen Hause ich nicht einen Bedienten in meinem Solde habe. Morgen früh will ich zu den Zauber-Schwestern; sie müssen mir mehr sagen; dann nun bin ich schon gezwungen, zu meinem Besten, durch die schlimmsten Mittel, das Aergste zu wissen. Ich bin so tief in Blut hineingestiegen, daß wenn ich izt nicht weiter fortwatten wollte, das Zurükgehen so gefährlich wäre als jenes; ich habe wunderbare Dinge im Kopf, die meine Hand fordern, und ausgeführt werden müssen, eh sie nur vermuthet werden können.
Lady. Es mangelt euch an dem, was alle Wesen nöthig haben, an Schlaf.
Macbeth. Komm, wir wollen auch schlafen gehen; mein Fehler ist nur die Furcht eines Neulings, der durch Uebung noch nicht abgehärtet ist: wir sind in solchen Thaten noch Kinder.
(Sie gehen ab.)
Verwandelt sich in die Heide.
Donner und Bliz. Die drey Hexen treten auf, und begegnen der Hecate.
Hecate beschilt die drey Schwestern, daß sie sich eigenmächtig unterfangen, den Macbeth durch räthselhafte Vorhersagungen zu verführen, ohne sie, als ihre Vorsteherin, daran Antheil nehmen zu lassen. Sie bestellt sie hierauf auf Morgen an den Acherontischen Brunnen, und befiehlt ihnen, alle ihre Gefässe und Zauber-Materialien bereit zu halten; sie selbst, sagt sie, sey im Begriff gewisse Dünste aus dem Mond zu hohlen, durch deren magische Zubereitung sie gesonnen sey, so künstliche Phantomen vor Macbeths Augen zu bringen, daß er, zu seinem Verderben von ihnen betrogen, in tollkühner Sicherheit, sich über alle Zufälle des Glücks und den Tod selbst hinweggesezt glauben werde. Hierauf hört man eine Musik und einen Gesang. Hecate sagt, daß ihr kleiner Spiritus familiaris sie abruffe, und die Zauberinnen fliegen allerseits davon.
Verwandelt sich in ein Zimmer.
Lenox und ein andrer Lord.
Lenox. Was ich sagte, war nur, euch auf die Spur zu bringen; ihr könnt nun selbst weiter gehen ich sage nur, die Sachen sind wunderlich gegangen. Der huldreiche Duncan wurde von Macbeth betraurt das denk' ich wohl, er war ja todt und der tapfre rechtschaffne Banquo reisete zu spät in der Nacht. Ihr könnt, wenn es euch so beliebt, auch sagen, Fleance hab' ihn umgebracht, denn Fleance nahm ja die Flucht: Man sollte eben nicht so spät in der Nacht reisen. Wo ist der Mensch, dem jemals der Gedank eingefallen wäre, daß Malcolm und Donalbain solche Ungeheuer seyn sollten, ihren so gütigen Vater zu ermorden? Eine verdammte That! Wie schmerzte sie nicht den ehrlichen Macbeth! Tödtete er nicht augenbliklich in frommer Wuth die beyden Thäter, die vom Wein und Schlaf überwältiget, zu Boden lagen? War das nicht edel von ihm gehandelt? Gewiß; und weislich dazu, denn wer hätte ohne Verdruß anhören können, wenn die Buben es geleugnet hätten? So daß er also, wie ich sagte, in der ganzen Sache sich sehr fein betragen hat; und ich zweifle nicht, hätte er Duncans Söhne unter seinem Schlüssel, (wie er sie, wenn uns der Himmel gnädig ist, nicht haben soll) sie sollten finden, was es auf sich hat, einen Vater zu ermorden; und so auch Fleance. Doch Stille! denn um etlicher freymüthiger Worte willen, und weil er bey des Tyrannen Gastmal nicht erschienen ist, fiel, wie ich höre, Macduff in Ungnade. Könnt ihr mir sagen, Sir, wo er sich dermalen aufhält?
Lord. Duncans Sohn, dessen angebohrnes Recht der Tyrann vorenthält, lebt am Englischen Hof, und empfängt von dem frommen Eduard so viele Freundschaft und Ehren-Bezeugungen, daß die Mißgunst des Glüks ihm nichts von seinem hohen Ansehen entwendet zu haben scheint. Dahin ist nun auch Macduff abgegangen, um den König zu bitten, daß er Northumberland und den tapfern Siward zu seinem Beystand weken möchte, damit wir, nächst dem, der über uns seinen allmächtigen Beyfall dazu geben wird, mit ihrer Hülfe unsern Tischen wieder Speise, und unsern Nächten Schlaf geben, mördrische Dolche von unsern Festen und Gastmählern entfernen, einem rechtmäßigen Herrn dienen, und ehrenvolle Belohnungen empfangen mögen. Die Nachricht von allem diesem hat den Tyrannen so erbittert, daß er schleunige Kriegs-Zurüstungen macht.
Lenox. Schikte er nach Macduff?
Lord. Ja, und mit einem unbedingten »Sir, ich nicht«, dreht mir der mißvergnügte Abgeschikte seinen Rüken und murmelt, als wollt' er sagen: ihr werdet euch die Stunde reuen lassen, da ihr mich mit dieser Antwort beladen zurükschiktet.
Lenox. Er mag sich das zu einer Erinnerung dienen lassen, sich so weit zu entfernen, als er immer kan. Irgend ein heiliger Engel fliege nach Englands Hof, und entfalte sein Anbringen eh er kommt; damit schleunige Rettung diesem unserm leidenden Vaterland zu Hülf eile, dem eine verfluchte Hand Verderben droht.
Lord. Ich will ihm mein Gebet nachsenden.
(Sie gehen ab.)