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Einen großen Theil meines Lebensglücks, ihr Lieben, verdanke ich meiner Verbindung mit Euch, und wenn ich in meinem 61sten Lebensjahre in meine Vergangenheit zurückblicke, und überall mich getrieben fühle, die Führungen meines Gottes dankbar zu preisen, so möchte ich's doch vor vielem Andern als eine sonderliche Gnade rühmen, daß er so viele junge Seelen mir zugeführt, bei denen ich mehr oder minder, als den Lämmern seiner Weide, ein Hirtenamt zu verwalten hatte.

Seht, als ich jung war, da drückte mich manchmal das Gefühl, daß ich den jugendlich leichten Sinn meiner Altersgenossen nicht theilte: ihnen gegenüber kam ich mir oft viel älter vor, als ich wirklich war. Jetzt, möchte ich sagen, ist es umgekehrt. In der Kinderwelt, die so das eigentlichste Element meines Lebens geworden, habe ich mich gleichsam verjüngt, und in Eurem Kreise fühle ich mich, obwohl mit weißen Haaren, doch jugendlich frisch und heiter. Aber in meinem Alter ist es ja wohl an der Zeit, auf den Abschied zu denken. Es kann ja sein, daß der Herr mich noch eine Reihe von Jahren in Eurer Mitte läßt; aber eben so möglich ist es doch auch, daß er mich plötzlich abruft, und wenn das auch nicht, so weiß ich doch nicht, ob sich mir noch einmal in künftiger Zeit die gleiche Gelegenheit darbieten wird, Euch einen freundlichen Scheidegruß zu senden, der mein Andenken bei Euch in Segen erhalte auch noch über das Grab hinaus.

Sollte ich einmal mein Leben beschreiben, so würde ich als Motto die Anfangsworte des 103ten Psalms wählen: Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen; lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes gethan hat, der dir alle deine Sünde vergiebt, und heilet alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöset, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit, der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst, wie ein Adler. (Ps. 103, 1-4.) Ja, fürwahr, mehr, als ich's sagen kann, hat mein Gott mich gekrönet mit Gnade und Barmherzigkeit, und da dringet mich nun ein herzliches Verlangen, von diesem reichen Segen Euch das Pflichttheil der Freundschaft zukommen zu lassen. Auf dem Gebiete des Geistlichen werden wir selbst durch solches Mittheilen ja nicht ärmer, sondern wird unser eigener Reichthum dadurch nur gemehrt.

Bei Denen unter Euch, die mich persönlich kennen, und insbesondere bei Denen, die im engeren Sinne meine Schülerinnen gewesen, glaube ich mich darauf berufen zu dürfen, daß eine trübe Verstimmung bei mir nicht leicht Raum gewinnt, daß vielmehr Frohsinn und Heiterkeit der Grundton meines Lebens sind. Nun will ich mich nicht vermessen, daß es damit nicht auch einmal anders werden könnte bei mir; ich will es nicht verkennen, wie vielen Antheil an meiner heitern Stimmung die äußern Vorzüge meiner Lage haben mögen. Sollte es dem Herrn einmal gefallen, mich aller dieser Vorzüge zu berauben, und durch schwere Leiden, namentlich Krankheitsleiden, mich zu prüfen, da würde ja freilich wohl der Ton der Freude verklingen, und in Seufzen und Wehklage sich verkehren. Aber das hoffe ich doch, daß vor finsterm Trübsinn die Gnade des Herrn mich auch dann bewahren, und mir verleihen wird, auch unter Thränen, doch fröhlich in Hoffnung der großen Zukunft des Jenseits entgegenzugehen.

Und dann noch das: ob auch die Vortheile meiner äußern Stellung ihren Antheil haben an meiner Heiterkeit: wenn nicht ein anderer, ein höherer Einfluß noch dazu gekommen, so wäre es damit doch schlecht bestellt gewesen bei mir. Oder meintet Ihr etwa, daß sie nur die Folge eines natürlich glücklichen Temperaments? Diese Voraussetzung müßte ich als eine entschieden falsche bestreiten. Man hat mir immer gesagt, daß ich, wie ein sehr eigenwilliges, so auch ein besonders mißlauniges Kind gewesen. Etwas später, in meinem 14ten Lebensjahre, hatte ich eine Periode, wo ich mit Gott und den Menschen, wie mit mir selber ganz zerfallen war, und nur in lärmenden Knabenspielen, die ich mit meinen Brüdern theilte, mich selbst zu vergessen suchte. Noch in einer spätern Zeit, nach meiner Confirmation, finde ich in meinen Tagebüchern die Spuren einer tiefen Verstimmung, und ein paarmal wird es unumwunden von mir ausgesprochen, daß ich eines geheimen Lebensüberdrusses mich nicht erwehren könne.

Eine oder die Andere von Euch, Ihr Geliebten, kennt vielleicht eine so trübe Stimmung aus eigener Erfahrung; Vielen dagegen, und namentlich den Jüngeren unter Euch, mag wohl das vor ihnen liegende Leben im rosigen Schimmer der Hoffnung sich verklären, und darum schauen sie denn auch wohl recht fröhlich und wohlgemut hinaus in ihre Zukunft. Soll ich Euch aber aufrichtig meines Herzens Meinung sagen, so sind es gerade Diese, für die ich am meisten sorge, ob sie den Frohsinn, der ihnen jetzt so gut ansteht, auch im reiferen Alter sich bewahren werden. Denn seht, Ihr Lieben, um die Hoffnungen einer jugendlichen Einbildungskraft ist es gar ein trügliches Ding, und wenn man da nun so eine nach der andern wie Seifenblasen zerplatzen sieht, da ist es nicht immer leicht, vor Mißmuth sich zu bewahren.

Weil ich aber aus eigener Erfahrung weiß, daß ein fröhlicher Sinn ein köstlicher Schatz ist, so möchte ich nun als Liebesgabe vor allen Dingen Euch etwas hinterlassen, das Euch etwa dienen könnte, diesen Schatz zu erlangen und zu bewahren. Dreierlei ist's, das mir dazu geholfen hat: der Glaube, die Entschlossenheit, die kleinen Neckereien des Lebens zu verachten, und dann ein meine Zeit ausfüllender Liebesberuf. Jene Periode einer gänzlichen Zerrissenheit meines Innern, wovon ich oben geredet, war bei mir eine Periode des entschiedenen Unglaubens.

Was wär' ich ohne dich gewesen,
Was würd' ich ohne dich nicht sein?
Zu Furcht und Aengsten auserlesen
Ständ' ich in Weiter Welt allein.
Nichts wüßt' ich sicher, das ich liebte,
Die Zukunft wär' ein dunkler Schlund,
Und wenn mein Herz sich tief betrübte,
Wem thät' ich meine Sorge kund?

Einsam verzehrt von Lieb' und Sehnen
Verging mir nächtlich jeder Tag;
Ich folgte nur mit beißen Thränen
Dem wilden Lauf des Lebens nach.
Ich fände Unruh' im Getümmel
Und hoffnungslosen Gram zu Haus;
Wer hielte ohne Freund im Himmel,
Wer hielte da auf Erden aus?

In diesen schönen Versen von Novalis liegt eine Hindeutung auf meinen damaligen Seelenzustand, wenn mir auch nicht Alles zum klaren Bewußtsein kam, und mancher trübe Eindruck durch die noch an das Kindesalter grenzende Jugend gemildert ward. Wie ich nun allmälig vom Unglauben zum Glauben, erst zum rationalistischen, dann zum evangelischen Glauben gekommen, darüber habe ich mich bei andern Gelegenheiten ausgesprochen, und würde mich das hier zu weit führen.

Nur das Eine möchte ich hier hervorheben, daß wenigstens da, wo mein besseres Selbst die Oberhand hatte, das Verlangen nach Glückseligkeit und das Verlangen nach göttlicher Wahrheit bei mir identisch war; ich fühlte, daß es für mich kein Glück geben könnte, wenn nicht mein Durst nach Erkenntniß in göttlichen Dingen gestillt würde. In dieser Zeit war es, daß die Schrift eines ganz oberflächlichen rationalistischen Autors: »Salzmanns Himmel auf Erden« Epoche machte in meinem innern Leben. Der in diesem Buche durchgeführte Grundgedanke ist die Analogie zwischen Himmel und Erde, und wie es Thorheit sei, einen Himmel jenseits zu suchen, wenn wir ihn nicht in gewisser Weise schon hienieden gefunden haben. Vom Standpunkte des evangelischen Glaubens ist unstreitig Vieles an diesem Buche auszusetzen; die Erfahrung aber, daß ich ihm in der Entwickelung meines geistigen Lebens doch entschieden etwas zu danken habe, hat mich immer vorsichtig gemacht, ein Verdammungsurtheil zu fällen über irgend ein Buch, worin ein Anderer Nahrung zu finden meint für sein geistiges Leben. Wenn nun die stärkere Speise, die wir ihm bieten möchten, für seinen dermaligen Zustand noch gar nicht paßt?

Seitdem ich diesen Gedanken recht erfaßt, stand der Entschluß bei mir fest, nicht eher zu ruhen, als bis ich den Himmel auf Erden gefunden. Die innige Verbindung zwischen Beiden gehört noch immer zu meinen Lieblingsvorstellungen, und den Gedanken an eine schroffe Abgetrenntheit des Jenseits von dem Diesseits kann ich nicht ertragen; der Glanz von oben soll unsern Erdenpfad verklären. Die Jakobsleiter, die von der Erde bis in den Himmel reicht, an der die Engel Gottes auf- und niedersteigen, ist mir ein liebliches Bild dieser Verbindung. Unser Wandel ist im Himmel, sagt Paulus, (Phil. 3, 20.) und den Ephesern schreibt er: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen, (Eph. 2, 19.) und Johannes zeuget: Wer an den Sohn glaubet, der hat das ewige Leben. (Joh. 3, 36.)

Um nun aber wahrhaftig den Himmel herabzuziehen auf Erden, suchte ich meinem ganzen Leben eine Beziehung zu geben auf das, was droben ist. Ich nahm Bedacht auf meine Ausbildung für das Himmelreich, ich suchte Alles, was mir begegnete, Angenehmes und Unangenehmes, Großes und Kleines, so recht unmittelbar als aus der Hand Gottes zu nehmen, ich fragte in Allem nach den Absichten meines himmlischen Erziehers, ich suchte und fand den Schöpfer in der Natur, und freute mich sein, ich gewöhnte mich, jeden Menschen als einen Boten Gottes an mich zu betrachten, als einen Boten, der irgend einen Auftrag an mich auszurichten, sollte es auch nur der sein, mich in der Geduld zu üben, und wie unangenehm auch seine Persönlichkeit mich berühren mochte, so suchte ich in dem Abgesandten doch Den zu ehren, der ihn gesendet.

Längere Zeit hindurch waren es freilich nur die Streifbilder der Dämmerung, die also meinen Lebensweg erhellten; aber indem ich diesem Lichte folgte, tagte es mir im Osten heller und heller, bis mir endlich erschien der Aufgang aus der Höhe, der unsere Füße richtet auf den Weg des Friedens. (Luc. 1, 78. 79.) Ich hatte das Wort Gottes meines Fußes Leuchte sein lassen, ich hatte darauf geachtet als auf ein Licht, das da scheinet an einem dunklen Ort, bis der Morgenstern aufgegangen war in meinem Herzen. (2 Petr. 1, 19.) Zu diesem Achthaben auf das Wort Gottes aber, zu diesem ernstlichen Forschen darin hatte ich mich vornemlich veranlaßt gesehen durch meinen schönen Beruf als Lehrerin.

Den Schülerinnen, die meinen ersten Cursus bildeten, gab ich freilich noch einen ganz rationalistischen Unterricht. Aber wenigstens lehrte ich sie nichts, als was meine redliche Ueberzeugung war, und damit ist, denke ich, immer schon etwas gewonnen. So unternahm ich es nicht, sie in der biblischen Geschichte zu unterrichten. Ich fand darin selbst noch zu viele Steine des Anstoßes, die ich mir nicht zurecht zu legen wußte. Diese Steine aber durch eine den Sinn der biblischen Verfasser offenbar verdrehende Auslegung aus dem Wege zu räumen, das schien mir nicht ehrlich gehandelt, und darum unterließ ich es. So hatte ich bei meinen jungen Mädchen, mit denen ich ja auch noch nach ihrer Confirmation in Verbindung blieb, den Vortheil, daß sie, als ich meine Ueberzeugung nun allmälig änderte, in die Aufrichtigkeit derselben keinen Zweifel setzten, und darum um so williger waren, auf dem Wege, der mich zum evangelischen Glauben geführt hatte, mir nachzufolgen. Ich hoffe mit Zuversicht behaupten zu dürfen, daß keine jener Seelen, die zuerst meinem Unterrichte anvertraut worden, auf dem Wege des Irrthums geblieben, aus den ich, selber im Irrthum befangen, zuerst sie geleitet.

Das ernste Gefühl meiner Verantwortlichkeit als Lehrerin der Jugend, das Bedürfniß, mich selber zu begründen in dem, was ich den Kindern als göttliche Wahrheit verkündigte, die tief empfundene Verpflichtung, bereit zu sein zur Verantwortung jedermann, der von mir Grund forderte der Hoffnung, die in mir war, (1 Petr. 3, 15.) das war es, was mich zum ernstlichen, mit Gebet verbundenen Forschen in der Schrift getrieben, und es hat dem Herrn gefallen, auf diesem Wege mich von einer Erkenntniß zur andern, aus Glauben in Glauben zu leiten.

Nun konnte ich verstehen, was Paul Gerhard singt:

Mein Herze geht in Sprüngen,
Ich kann nicht traurig sein;
In mir ist Freud' und Singen
Und lauter Sonnenschein.
Die Sonne, die mir lachet,
Ist Heiland, Jesus Christ;
Das, was mich singen machet,
Ist, was im Himmel ist.

Als ich diesen Vers das erstemal las, da ergriff er mich mit fast wunderbarer Gewalt, und es stand von dem Augenblicke an bei mir fest, daß eine so selige Gemeinschaft mit dem Heilande der Zielpunkt meines Strebens sein sollte.

Aus diesen Winken über die Entwickelung meines Glaubenslebens mögt Ihr, meine Lieben, wohl erkennen, wie mein Glaube von vorn herein eine heitere Färbung gehabt. Ich suchte Freude und Lust; aber frühe habe ich es empfunden, daß Vieles von dem, was in der Welt als Glückseligkeit gepriesen wird, mir doch die rechte Befriedigung nicht geben konnte. Die Erde mochte mir nicht genügen; darum wollte ich den Himmel herabziehen auf die Erde, zuerst in die eigene Brust, und dann wollte ich auch den Himmel bauen um mich her, und jede Erdenblüthe sollte einen Himmelsodem mir zuwehen.

Das ist mein Streben gewesen, das ist es noch; ich möchte, daß alle Welt es wüßte, wie gut es hat, wer dem Dienste des Herrn sich hingiebt mit rechtem Ernste, und wie bei ihm wahrhaftig das Leben zu finden und die volle Genüge. Ein finsteres, trübsinniges Wesen kann ich bei den Gläubigen nicht wohl leiden. Wohl weiß ich, daß in den Augen der Welt Manches dafür gilt, das es doch nicht ist in Wahrheit. Bin ich doch selbst zu einer Zeit der Kopfhängerei beschuldigt, weil ich einen Ernst zeigte, den man mit heiterer Lebenslust unvereinbar hielt, weil ich hin und wieder einmal eine Einladung ausschlug zu einer Lustbarkeit, die nicht hineinpassen wollte in meinen mit Consequenz durchgeführten Lebensplan. Wohl kenne ich auch jene Traurigkeit, die da wirket zur Seligkeit eine Reue, die niemand gereuet, (2 Cor. 7, 10.) wohl weiß ich, daß bei Manchem der seligen Gewißheit, daß er Gnade gesunden bei seinem Herrn und Heiland, ein schwerer Bußkampf vorhergeht, in dem der schreckende Donner des Gesetzes die freundliche Stimme des Evangeliums, übertönt, und daß Mancher in seinem von Natur zur Schwermuth hinneigenden Temperamente viele Hindernisse zu überwinden findet, die es ihm schwer machen, zu einem recht fröhlichen Glauben hindurchzudringen. Aber das Alles, meine ich, gehört doch nur einer Vorbereitungs- oder Uebergangsperiode an. Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geist. (Röm. 14, 17.) Der vollendete Glaube, das wird ja von Allen anerkannt, führt zu einer völligen Freude; so muß denn doch aber auch schon bei den geförderten Christen eine heilige Freude der Grundton ihres Wesens sein.

Wenn ich übrigens von meinem Streben geredet, so wißt Ihr wohl, daß Ihr nicht vergessen dürft, dabei die menschliche Unvollkommenheit in Anschlag zu bringen, wornach die Ausführung oft so weit zurück bleibt hinter dem, was wir auch mit gutem, redlichen Willen zu erreichen uns vorgenommen. Aber wenn auch das Ziel hienieden nimmer von uns erreicht wird, es liegt schon in dem Hinzunahen zu diesem Ziele eine so süße Befriedigung, daß ich Alle, die mir lieb sind, auffordern möchte, in jenem Streben mit mir sich zu vereinigen.

Sind wir aber fröhlich im Glauben, wie sollten wir da durch die kleinen Neckereien und Widerwärtigkeiten des täglichen Lebens uns so leicht verstimmen lassen? Sie geringe achten, sie fallen lassen, sie der Vergessenheit übergeben, das erscheint mir als ein wesentliches Stück einer heitern Lebensweisheit. Es giebt große, tiefe, heilige Schmerzen, wie z. B. der Schmerz über unsere Sünden, der Schmerz über den Verlust der Unsrigen; darauf leidet das hier Gesagte keine Anwendung. Freilich sollen wir auch da nicht trauern als Solche, die keine Hoffnung haben; aber eben so wenig dürfen wir über solche Trauer leichtsinnig uns hinwegsetzen, oder es doch darauf anlegen, durch einen Wirbel von Zerstreuungen und Geschäften sie baldmöglichst aus unserm Herzen zu bannen. Da würde uns der Vorwurf treffen, daß wir gering geachtet die Züchtigung des Herrn, (Hebr. 12, 5.) da würde aber auch die friedsame Frucht der Gerechtigkeit, die sie uns geben soll, uns nicht reifen können. (Hebr. 12, 11.) Den Stunden ernster Trauer habe ich so manchen Gewinn für die Ewigkeit zu danken. Wie sollte ich da einen Rath Euch geben dürfen, der um solchen Gewinn Euch betrügen würde?

Aber ganz ein Anderes ist es mit den kleinen Widerwärtigkeiten des täglichen Lebens. Seht, wer ernstlich verwundet ist, der muß Hülfe suchen bei einem geschickten Wundarzte. Es ist möglich, daß derselbe mit seinem chirurgischen Messer oder durch die von ihm verordneten Mittel anfänglich die Schmerzen mehrt; aber um deswillen seiner Kur, wobei er es auf völlige Heilung anlegt, sich entziehen und irgend einem Pfuscher sich anvertrauen, der den Schaden aufs Leichte hinheilt, wobei er vielleicht sehr bald aufs Neue ausbricht, und das Letzte dann ärger wird, denn das Erste, das ist doch offenbare Thorheit. Aber nicht mindere Thorheit ist es, wenn ein Anderer sich also verweichlicht, daß ihm das Brennen einer Brennnessel, das Ritzen eines Dorns als eine Art Unglück erscheint, wofür man fremde Sympathien in Anspruch zu nehmen hat. Wenn aber ein solcher jeden Dorn, der ihn ritzt, sich selbst erst recht tief ins Fleisch drückt, um darnach recht jammern und klagen zu können, so erscheint seine Thorheit uns doch wohl als eine Art von Verrücktheit.

Seht aber, sind solchen Verrückten nun nicht Diejenigen zu vergleichen, die nicht allein die kleinen Verdrießlichkeiten des Alltagslebens viel höher aufnehmen, als sie's werth sind, sondern auch in unkluger Selbstplackerei sich dergleichen selbst schaffen, oder doch den Stachel der vorhandenen sich viel tiefer ins Fleisch drücken, als nöthig wäre, oder, um die Sache durch ein anderes Bild auszudrücken, die den Druck der kleinen Erdennoth, die ein Anderer kaum empfindet, durch angehängte Gewichte so vermehren, daß sie unter der Last beinahe erliegen.

Solcher Verkehrtheit macht sich nun Jeder schuldig, der, anstatt das Andenken an die kleinen Unannehmlichkeiten, woran es auch in dem glücklichsten Leben nicht fehlt, sobald möglich zu entfernen, dasselbe recht absichtlich bei sich unterhält, indem er nicht allein mit seinen Gedanken immer wieder darauf zurückkommt, sondern auch bei jeder Gelegenheit seinem Unmuthe darüber in Klagen gegen Andere Lust macht. Solchem unnöthigen Klagen aber möchte ich vor allen Dingen steuern, insbesondere da, wo wir, wie das ja gewöhnlich der Fall, berechtigt zu sein meinen, die uns verstimmende Widerwärtigkeit fremder Schuld beizumessen. Gar zu leicht reden wir uns daselbst tiefer hinein in unsern Verdruß, gar zu leicht tragen wir, um desto eher die Sympathien der Andern für uns zu wecken, die Sache mit zu dunklen Farben auf, und wenn sie selbst uns nachher vielleicht in milderem Lichte erscheinen möchte, so halten wir doch, weil wir uns schämen, vor unsern Freunden uns ein Dementi zu geben, eigenwillig an jener ungünstigeren Auffassung fest.

Sollte diese Unart aber nicht noch häufiger bei unserm Geschlechte sich finden, als bei den Männern? Hat nicht namentlich so mancher Ehemann darunter zu leiden? Nachdem er in ernsten Geschäften des Tages Last und Hitze getragen, hofft er auf Erholung in dem Schoß seiner Familie, und siehe, da hat die Frau fast keine andere Unterhaltung für ihn, als ihre ermüdenden Klagen über hundert Lappalien, denen sie eine eingebildete Wichtigkeit beilegt. Woraus erklärt sich diese Erscheinung vornemlich bei den Damen der höheren Stände? Ich denke aus einem Zuwenig und Zuviel: aus einem Mangel an höheren Interessen und aus einem Ueberflusse an müssiger Zeit.

Sie haben zu viel Zeit; daraus, meine ich, sind noch manche andere Uebel herzuleiten. Sie haben zu viel Zeit auch zum Kranksein, möchte ich behaupten. Ja, im Allgemeinen darf ich diese Behauptung wohl aufstellen, wenn ich auch in jedem einzelnen Falle eines unberufenen, absprechenden Urtheils mich enthalten will. Manche Krankheiten und viele Kränklichkeiten, namentlich viele Nervenleiden, würden bei den Damen der höhern Stände nicht so häufig vorkommen, wenn sie mehr zu thun hätten. Und es ist das nicht allein meine Meinung; ich habe dieselbe von mehr als einem verständigen und geschickten Arzte aussprechen hören.

Weil ihre Zeit nicht gehörig ausgefüllt ist durch eine tüchtige Berufsthätigkeit, darum überlassen sie sich so oft auch müssigen Träumereien, wodurch weder das eigene Glück, noch auch das Glück ihrer Umgebung gefördert wird. Das gehet nun Euch besonders an, Ihr, meine jüngeren Freundinnen; denn die Jugend gefällt sich ja doch vornemlich in solchen Spielen der Einbildungskraft. Darum will ich mich hier darüber noch etwas weiter verbreiten.

Ich kenne diese Klippe aus Erfahrung. Zu einer Zeit, wo die Gegenwart mich wenig befriedigte, suchte ich mich für das, was die Wirklichkeit mir versagte, zu entschädigen auf dem Gebiete romantischer Ideale. Ich spielte ganze Romane in meinem Kopfe durch, und konnte mich darein so vertiefen, daß ich stundenlang die prosaische Wirklichkeit darüber ganz vergaß. Ich darf sagen, daß der Liebe in diesen Romanen selten eine bedeutende Rolle angewiesen war. Eine verkannte, unterdrückte Unschuld, die endlich glänzend gerechtfertigt hervortritt, war mein Lieblingsthema. Konnten denn so edle und reine Bilder auch einen schädlichen Einfluß üben auf mein Leben?

Ich hätte mir das selber gern verhehlt; aber wie ich mich gewöhnt hatte zu scharfer Selbstbeobachtung, mußte ich es mir doch endlich, wiewohl unwillig, eingestehen. Abgesehen von dem damit verknüpften Zeitverluste, mußte ich insbesondere einen zwiefachen Nachtheil jener Träumereien anerkennen. Einmal söhnten sie mich mit der Gegenwart nicht aus, sondern machten mich nur unzufriedener mit ihr. Wenn ich aus dem Paradies meiner Einbildungskraft so wieder herabstieg aus die gemeine Erde, da kam mir in meiner Umgebung Alles noch prosaischer und langweiliger vor, als vorher. Und dann, die andere schlimme Folge war, daß ich von mir selber höher hielt, denn sich's gebührte zu halten. Denn es versteht sich, daß ich selber immer die Hauptperson war in meinen Romanen, und der Edelmuth, die stille verkannte Größe dieser Hauptperson rührte mich selbst oft bis zu Thränen. Nur, daß es dann gar nicht lange zu dauern pflegte, daß irgend ein Fehltritt, der mit dem Charakter jener erhabenen Tugendheldin gar schlecht zusammenpaßte, mich überführte, wie es doch ganz ein Anderes sei, ein Ideal sich zu schaffen in der Welt der Gedanken, und es darzustellen im eigenen Leben, Diese Erkenntniß nun brachte mich endlich zu dem Entschlusse allen müssigen Träumereien den Abschied zu geben, und dahin zu trachten, daß mein Ideal, wie mangelhaft immer, doch in praktischer Thätigkeit als eine Realität erscheine.

Und glaubt es mir, in dieser praktischen Thätigkeit habe ich mehr Befriedigung, mehr wahres Lebensglück gefunden, als alle meine Träume mir gewähren konnten. Das ist nun aber ein Hauptpunkt, worüber ich mich mit Euch, Ihr Lieben, noch näher besprechen möchte. Ach, daß ich insbesondere meinen jüngern Freundinnen mit unauslöschlichen Zügen die Wahrheit einprägen könnte: Ehelich werden ist nicht unumgänglich nothwendige Bedingung unsers Erdenglücks; aber ein Leben ohne Liebesberuf, das ist ein recht trauriges, und wäre es auch geschmückt mit allen Reizen weltlicher Herrlichkeit.

Ihr sollt darum nicht glauben, daß ich die Freuden einer glücklichen Ehe nicht zu schätzen verstehe. Ich durfte manchmal die nahe Zeugin sein eines stillen Familienglücks, und da will ich gerne einräumen, daß die Erde Schöneres wohl nicht leicht aufzuweisen hat. Ja, laßt mich Euch noch mehr sagen: der Sechszigjährigen mag es ja wohl anstehen, ohne blöde Zurückhaltung sich darüber ruhig auszusprechen. Wenn schon mein Herz das verzehrende Feuer der Leidenschaft nicht gekannt, so ist es doch nicht ganz unberührt geblieben von der Macht der Liebe. Es ward zu einer Zeit erfüllt von einer Neigung zu einem trefflichen jungen Manne, die einen andern Charakter hatte, als den der ruhigen Freundschaft, wenn sie auch in späteren Jahren dazu sich gestaltet.

Aber seht, selbst in der Zeit, da ich mir ja freilich kein größeres Erdenglück zu denken wußte, als daß meine stille Neigung Erwiederung gefunden, selbst damals konnte ich doch meinen Vater im Himmel fragen, wie dort Esau den Isaak: Hast du denn nur einen Segen, mein Vater? und laut und vernehmlich tönte die Antwort in meinem Innern: Nein, nicht einen Segen nur; unzählig sind die Bäche des Segens, die dem Urquell der Seligkeit entströmen. Und da hieß es denn bei mir mit rechtem Ernste: Herr, ich lasse dich nicht, du segnest mich denn! (1 Mos. 32, 26.)

Und o, wie überschwänglich hat der Herr mich gesegnet! Wie hat er mein Leben so reich gemacht an Freude und Lust! Das will ich nicht in Abrede stellen, daß die glückliche Gattin und Mutter wohl Augenblicke eines seligen Entzückens kennt, die mir fremd geblieben. Aber ich denke, bei Schätzung eines Lebensglücks ist eine ruhige, über alle unsere Tage sich verbreitende Heiterkeit doch mehr, als einzelne Entzückungen, denen so oft auch tiefe Betrübnisse zur Seite stehen, Stunden, wo ein Schwert durch die Seele gehet, wie es kaum empfunden werden mag von Solchen, die ihr Her; nicht verschenkt haben an Einen, sondern an Viele, um des Herrn willen. Jedenfalls finde ich bei meinem Rückblicke auf mein 60jähriges Leben, eine solche Summe des Glücks, daß ich kühnlich jedermann auffordern möchte, ob er darin mit mir sich messen kann.

Doch ist es ja eigentlich Thorheit, von solchem Abmessen zu reden. Wo fänden wir den Maßstab, darnach das Mehr und Weniger mit einiger Sicherheit sich bestimmen ließe? Ich wollte es Euch nur in recht starken Ausdrücken aussprechen, wie ich mich während meiner Erdenwallfahrt glücklich und befriedigt gefühlt, um dadurch Euch die Ueberzeugung zu geben, daß es möglich sei, auch im unvermählten Stande eine Bestimmung zu finden, die den Bedürfnissen unsers Herzens genügt.

Da möchte ich nun aber Euch, meinen lieben jungen Mädchen, rathen, nach solcher Bestimmung, nach einem Liebesberufe, recht frühzeitig Euch umzusehen. Habt Ihr denselben schon gefunden im elterlichen Hause, dann werdet Ihr es um so ruhiger erwarten können, ob Ihr nach Gottes Rath die Lebensgefährtin eines wackern Mannes werden sollt, oder nicht. Hat der Herr Euch dazu bestimmt, so wird gewiß die frühe Gewöhnung zu einem Wirken für Andere Euch um so geschickter machen, die Pflichten der Gattin und Mutter zu erfüllen. Sollte das aber nicht der Fall sein, – wie es ja nach der jetzigen Gestaltung der socialen Verhältnisse nicht fehlen kann; es werden Tausende, die wir doch wohl dafür befähigt halten möchten, die gewöhnliche Bestimmung des Weibes nicht erreichen, – nun, da werdet Ihr doch fröhlich und getrost bleiben, und werdet auch das von Vielen so gefürchtete 30ste Jahr ohne Schrecken herannahen sehen, nur etwa darauf Bedacht nehmend, Eurem Liebesberufe dann einen bestimmter ausgeprägten Charakter und eine größere Ausdehnung zu geben.

Oder meinet Ihr etwa, daß es Zeit genug sei, dann allererst um einen solchen Beruf Euch zu bekümmern? O glaubet das ja nicht. Sagt mir, solltet Ihr's nicht für eine große Thorheit halten, wenn jemand den Genuß eines Glückes, das ihm dargeboten wird in der Gegenwart, nur aus Trägheit, die Hand auszustrecken darnach, auf viele Jahre hinausschöbe, ja noch mehr, wenn er es darauf anlegt, während dieser Jahre des Aufschubs die Fähigkeit des Genusses bei sich zu vermindern?

So thöricht handelt gleichwohl manches junge Mädchen, das das Glück einer nützlichen, geregelten Berufsthätigkeit sich verspart für die »traurigen« Tage des reiferen Alters, und ihrer Jugend meint nicht besser genießen zu können, als indem sie Bälle und andere gesellschaftliche Vergnügungen, Besuche geben und empfangen, die Sorge für ihre Toilette, Stickereien u. dgl. zu ihrer Hauptbestimmung macht. Sagt nicht, daß ich mich hierin der Uebertreibung schuldig mache. Ich habe mit Absicht den Ausdruck Hauptbestimmung gebraucht. Wohl mag es nicht leicht ein junges Mädchen geben, das alle ihre Stunden mit solchen Beschäftigungen ausfüllt; aber das glaube ich behaupten zu dürfen, daß es Viele giebt, die ihnen doch den bei Weitem größten Theil ihrer Zeit, ihrer Kräfte und Gedanken widmen, und sie also zum eigentlichen Mittelpunkte ihres Lebens machen. Wie arm, wie leer, wie schal aber erscheint mir ein solches Leben, in dem alle Arbeit nur ein dem Götzen des geselligen Vergnügens geweihter Cultus ist!

Es werden die Freuden des geselligen Vergnügens von mir gewiß nicht verachtet. Gar manche Stunde meines Lebens gehört ihnen an, besonders seit 1839, da ich nach dem in diesem Jahre erfolgenden Tode meiner guten alten Pflegemutter nicht mehr so sehr, wie früher, ans Haus gebunden bin. Aber es soll nur nicht zur Hauptsache gemacht werden; wer das, was zur Würze der Speisen bestimmt ist, zu seiner Hauptnahrung machen wollte, würde sich ja gewiß den Magen verderben; eben so gewiß aber wird der Mensch, der das, was ihm als Erholung gegönnt ist, zu seinem Geschäft, zu seinem Berufe macht, Schaden leiden an der Gesundheit seiner Seele.

Wenn aber ein junges Mädchen in dieser Weise seine Zeit vergeudet hat, ist es wahrscheinlich, daß sie eine gute Hausfrau, eine treue Mutter werden wird? Die Möglichkeit soll ja natürlich nicht geleugnet werden; hat doch die ewige Liebe der Mittel so viele, auch das verirrte Gemüth wieder zurecht zu bringen! Aber bei der Anlegung unsers Lebensplans müssen wir doch immer die wahrscheinlichen und naturgemäßen Resultate im Auge haben. Und wahrscheinlich ist es da doch nicht, einmal, daß ein ernstgesinnter junger Mann, einer von Denen, mit denen ich meine jungen Freundinnen am liebsten verbunden sähe, weil ich an ihrer Seite ihr höheres Lebensglück am meisten gesichert glaube, daß ein Solcher den Muth haben wird, seine Hand einer jungen Dame anzutragen, die so große Ansprüche mitbringt und so wenig Sinn für stille Häuslichkeit, so wenig Geschick für Erfüllung der Pflichten, die hier von ihr gefordert werden. Und wahrscheinlich ist es ferner auch nicht, daß sie, zumal wenn sie die Lebensgefährtin eines ihr gleichgesinnten Mannes wird, in ihrem neuen Berufe mehr Ernst und Treue, als in ihren früheren Lebensverhältnissen, beweisen werde. Sie wird es sich damit vielmehr so bequem machen wie möglich, von den Lasten ihres Berufs, so viel immer thunlich, von sich abwälzen auf die Schultern ihrer Untergebenen, nicht bedenkend, daß sie dadurch zugleich seiner größten Süßigkeiten sich beraubt.

Aber wir setzen nun den andern Fall, daß ein junges Mädchen, das sich nicht frühe gewöhnt hat, seine Zeit gewissenhaft auszukaufen, dessen Leben dem des Schmetterlings gleicht, der von Blume zu Blume flattert, ohne doch, wie die Biene, Honig einzutragen fürs Haus und für künftigen Bedarf, daß, sage ich, ein solches Mädchen unverehelicht bleibt, sollte sie nicht in spätern Jahren, wenn sie nun mit Salomo die Eitelkeit alles Irdischen erkennt, dahin kommen, sich einen alle ihre Zeit und Kräfte in Anspruch nehmenden Liebesberuf zu erwählen? Vielleicht; aber das Gewöhnliche ist es nicht. So weit meine Beobachtungen reichen, ist der gewöhnliche Hergang ein ganz anderer.

Das bleibt freilich nicht aus, wenn's auch bei der Einen früher, bei der Andern später kommt: zuletzt werden doch für Alle die Freuden der Welt einen großen Theil ihres Reizes, ihrer Anziehungskraft verlieren. Aber was sie von der Seite verlieren, das gewinnen sie auf der andern wieder durch die Macht der Gewohnheit. Ihr Genuß giebt keine Befriedigung mehr; aber ihre Entbehrung würde doch eine schmerzlich empfundene Lücke machen. Diese Lücke aber auszufüllen durch eine ernste Thätigkeit, dazu fehlt es an der nöthigen Energie; denn das ist ja eben die schlimme Folge des Weltlebens, daß der Geist dabei seine Spannkraft verliert. Diese Erschlaffung nimmt natürlich mit der Zeit immer zu, und namentlich wird bei fortgesetztem Haschen nach den Freuden der Welt die Liebeskraft immer schwächer. Es ist ein trauriger Anblick, ein armes Mädchen sehen, dessen Jugendblüthe längst verwelkt, wie sie sich abmüht, Genüssen nachzujagen, die, wenn sie sie auch ergreift, ihr doch keine Freude mehr geben, oft nur ihr eine geheime Bitterkeit bereiten. Die Welt, der sie einen abgöttischen Dienst geweiht, tritt mehr und mehr von ihr zurück; aber ihr Verlangen auf etwas Höheres zu richten, das hat sie verlernt; so empfindet sie etwas von der Qual des Tantalus, der die Fluth, aus der er seinen Durst stillen möchte, immer zurückweichen, den mit saftigen Früchten beladenen Zweig, wenn er darnach greift, emporschnellen sieht. Wenn nun so ihr Leben eine Kette wird von schmerzlichen Täuschungen, was Wunder denn, wenn ihr Herz bitter wird gegen die Menschen, denen sie die Schuld davon beimißt? Woher sollte ihr da der Entschluß kommen, ihnen in aufopfernder Thätigkeit den Rest ihrer Kräfte zu widmen?

Nicht wahr, Ihr Lieben, diesem traurigen Bilde soll Euer Leben, wie immer es sich äußerlich gestalten möge, doch nimmer gleichen? Nicht wahr, Ihr wollt meine Bitte erfüllen, Ihr wollt Euch frühzeitig nach einem Liebesberufe umsehen? Aber da wollt Ihr nun vielleicht noch meinen! Rath, was Ihr darin zu thun habt, wie ein solcher Beruf bei Euch sich gestalten soll. Ich will versuchen, Euch darüber einige Winke zu geben, wenn ich gleich, was das Specielle betrifft, Vieles Eurem eigenen Urtheile überlassen muß, da ja darin so Vieles verschieden bestimmt wird nach den verschiedenen Verhältnissen einer Jeden. Stellt Euch nur dem Herrn dar mit dem innigen Wunsche, ein Werkzeug des Segens zu werden in seiner Hand; prüft Eure ganze Stellung in der Welt als vor seinem Angesichte, und er wird Euer Bitten nicht unerhört lassen, er wird Euch schon zeigen, wie er Euch brauchen will zum Ausbau seines Gottesreichs.

Zunächst gehören Eure Kräfte natürlich Eurem Hause an, Eurer Familie. Und ich denke da zuvörderst an die Jüngsten in dem Kreise Derer, denen ich diese Mittheilungen als ein Vermächtniß hinterlasse, an die jungen Mädchen, die eben confirmirt sind. O gewiß, Ihr könnt viele Freude bereiten in dem Kreise der Eurigen, wenn Ihr recht Acht habt auf jede Gelegenheit, ihnen Liebe und Freundlichkeit zu beweisen! Wenn, wie das ja Eurem Alter angemessen, ein sanfter Frühlingssonnenschein sich ausbreitet über Euer ganzes Wesen, wenn Ihr jede Wolke trüber Verstimmung bald zerstreut durch die Macht des Glaubens und der Liebe, dann wird der Blick der Eltern auf Euch ruhen mit innigem Wohlgefallen, dann werdet Ihr auch mit der sanften Gewalt der Liebe auf die Geschwister wirken können. Auch aus den wilden Bruder übt der Zauber sanfter Weiblichkeit, wenn er in der Schwester ihm entgegentritt, einen großen, nicht zu berechnenden Einfluß. Ich weiß einen kräftigen jungen Mann, der aus einer großen Stadt des südlichen Frankreichs, wo er Zutritt hatte zu den angesehensten Familien, seinem Vater schrieb: Ich habe hier viele liebenswürdige junge Damen kennen gelernt; aber keine von ihnen hält doch den Vergleich aus mit unserer Caroline (seiner etwas ältern Schwester). O wie viel ist doch damit gewonnen, wenn dem Jünglinge bei seinem Hinaustreten in die Welt ein solches Bild weiblicher Liebenswürdigkeit vorschwebt! Wie liegt darin ein so starker Talisman, ihn zu schützen gegen Frivolität und Gemeinheit! – Dazu gehört denn aber auch das, daß die Schwester die Interessen des Bruders zu theilen verstehe, daß ihr Beispiel ihm ein ermunternder Sporn werde in seinen Bestrebungen, daß sie im verkommenden Falle gerne Belehrung bei ihm suche und Schutz, aber dann auch freundlich bereit sei, in seinen kleinen Verlegenheiten ihm hülfreich beizustehen, und wo er vielleicht durch seinen Ungestüm etwas versehen, sanft vermittelnd einzutreten.

Sind Euch jüngere Geschwister geschenkt, o so danket dem Herrn dafür als ein sonderliches Glück; aber verkennet auch nicht die Aufforderung, die er dadurch an Euch ergehen läßt, Euch zu üben in einer gesegneten, erziehenden Thätigkeit, die vielleicht in Eurem späteren Leben Euer Beruf wird nach einem größeren Maßstabe. Ist es Euch vergönnt, Eure kleinen Brüder und Schwestern in diesem oder jenem Stücke förmlich zu unterrichten, oder doch ihre Nachübungen, ihre Arbeiten für die Lehrer zu überwachen, so sei Euch das ein wichtiges Geschäft, das von Euch mit rechter Treue und Sorgfalt ausgerichtet werden muß. Es heißt oft, daß es damit keine rechte Art habe unter Geschwistern, und ich verkenne es nicht, besonders, wenn der Unterschied der Jahre nur geringe ist, daß die Sache ihre besondern Schwierigkeiten hat; aber sollten diese nicht zu überwinden sein? Sollte das Haupthindernis; nicht in einem Mangel an Geduld, Treue und Liebe auf Seiten der jungen Lehrerinnen und Aufseherinnen liegen? Ich kenne ein 8jähriges Mädchen, das in ihrer freien Zeit nicht nur so einmal zum Spaß, sondern fortgesetzt und mit vollem Ernste sich mit der Unterweisung ihrer jüngern Geschwister beschäftigt, und die Kleinen lernen von niemand lieber und mit besserm Erfolge, als von ihr. Sollt Ihr nun aber auch nicht eigentlich lehren, so ist doch jedenfalls Euer Einfluß auf die jüngern Geschwister durch die Macht des Beispiels und den sanften Zug der Liebe von der allergrößten Wichtigkeit, und nie komme es Euch aus dem Sinn, wie Ihr in dieser Beziehung von dem Weltrichter dereinst werdet zu strenger Verantwortung gezogen werden.

Ueber dem Lehren soll aber jedenfalls das Lernen nicht vergessen werden. Ihr habt noch Manches zu lernen, um Eure künftige Bestimmung würdig zu erfüllen, und auf einen Liebesberuf sich vorbereiten, heißt doch in gewisser Weise schon ihn üben. Ihr habt da zuvörderst gewiß noch Manches zu lernen in dem Fache der eigentlichen weiblichen Geschicklichkeiten. Ihr habt noch manche Kenntniß zu erlangen, die von der Hausfrau gefordert wird. Wie viele Zeit Ihr nun aus diese Uebungen zu verwenden habt, wie weit Ihr mit den Details der Haushaltung, z. B. der Küche und Wäsche, Euch beschäftigen sollt, das hängt ja von der Bestimmung Eurer Mütter, und diese meistens wieder von den häuslichen Verhältnissen ab. Im Allgemeinen möchte ich Euch da nur den Rath geben: Laßt zu dem, was in dieser Hinsicht von Euch gefordert wird, Euch nie verdrossen finden; vielmehr sei jede Gelegenheit, für das Fach der häuslichen Arbeiten Euch auszubilden, Euch willkommen. Am Können und Wissen trägt man nie zu schwer; vielleicht gestalten Eure künftigen Lebensverhältnisse sich also, daß Ihr nicht berufen seid, selbstthätig in alle Details der Haushaltung einzugreifen: immer ist es ein großer Gewinn, wenn die Hausfrau mit diesen Details gründlich bekannt ist, und selbst, wenn Ihr die Bestimmung der Hausfrau nie erreichen solltet, so würdet Ihr doch die Zeit, die Ihr auf die Erlangung solcher praktischen Geschicklichkeiten gewendet, nie bereuen; auch im Leben der Unvermählten giebt es tausend Fälle, wo sie ihnen wohl zu Statten kommen, und jedenfalls ist es ein großer Vortheil, wenn sie dadurch im Allgemeinen eine praktische Tüchtigkeit erlangen.

Aber daneben versäumt doch auch ja nicht die fernere Ausbildung Eures Geistes durch Kunst und Wissenschaft. Ueber die schönen Künste brauche ich mich wohl nicht weitläuftig zu verbreiten. Wo irgend Talent, da pflegt es auch an Lust und Trieb nicht zu fehlen, und in der Regel geschieht ja eben dafür verhältnißmäßig recht viel, besonders für die Musik, die neben der Befriedigung, die sie durch sich selbst gewährt, auch so manchen Vortheil bietet in Beziehung auf gesellschaftliche Verbindungen. In manchen Fällen sogar möchte es vielleicht der Warnung bedürfen, daß der Sache nicht allzu viel Zeit gewidmet werde. Wo ein ausgezeichnetes Talent, und doch kein Beruf, sich zur eigentlichen Künstlerin auszubilden, da ist die Gefahr vorhanden, daß die Vorliebe für künstlerische Beschäftigung einen zu großen Theil der Zeit in Anspruch nimmt, und dadurch die harmonische Entwickelung und Berufsthätigkeit des jungen Mädchens nach andern Seiten beeinträchtigt. Umgekehrt aber, wo gar kein Talent, da werden auch bei dem größten Aufwand an Zeit und Kräften so unverhältnißmäßig geringe Resultate erzielt, daß jener Aufwand kaum anders, denn als Verschwendung mag bezeichnet werden.

Anders verhält es sich mit der fortgesetzten wissenschaftlichen Ausbildung: dafür geschieht viel eher zu wenig, als zu viel. Ein recht trauriger Anblick, der mir aber nicht selten aufgestoßen, ist es mir, wenn ein junges Mädchen nach vollendetem Schulunterrichte meint, jetzt sei es an der Zeit, jede Beschäftigung mit ernstern, wissenschaftlichen Dingen ganz bei Seite zu setzen, so daß es scheinen möchte, sie habe, was sie von der Art in sich aufgenommen, nur gelernt, um es wieder zu vergessen, – wenn sie meint, in ihrer Lektüre nun ganz ihrem Geschmacke folgen zu dürfen, daß es ihr erlaubt sei, jedes langweilige Buch ungelesen zu lassen, und nun nach dem zu greifen, wovon sie sich eine leichte Unterhaltung verspricht. Ihr begreift leicht, daß bei dieser Richtung die Romane bald ihre Hauptlektüre bilden werden, und je mehr dieser Geschmack bei ihr überhand nimmt, desto mehr wird ja das Buch, das keine pikante Nahrung für die Einbildungskraft enthält, ihr langweilig erscheinen.

Möchtet Ihr doch meiner Warnung vor unmäßiger Romanleserei Gehör geben! Ich halte sie für die Quelle unsäglichen Unheils; ich halte mich überzeugt, daß Tausende und aber Tausende eine schöne und würdige Bestimmung, die sie hätten finden können, nur durch die Schuld der Romanschreiber verfehlt. Seht, was ich oben über die Gefahren müssiger Träumereien gesagt, das findet auch hier seine Anwendung, zum Theil wohl noch in erhöhtem Maße. Die eigene Einbildungskraft wird nemlich wohl selten so fruchtbar sein, daß sie uns eine solche Menge interessanter Verwickelungen produciren könnte, wie wir sie in den Romanen finden, und dabei haben wir es noch bequemer; die eigene Geistesthätigkeit wird noch weniger in Anspruch genommen; wir schaffen die Bilder da nicht selber, wir lassen sie nur an unserm Geiste vorübergehen, und vergnügen uns an ihrem Beschauen.

Damit will ich nun nicht über jeden Roman den Stab brechen, will nicht jede Romanlektüre zur Sünde machen. Es giebt gute Romane, deren Lesung mir selbst nicht allein manchen Genuß verschafft, sondern hin und wieder einen wirklichen moralischen Gewinn gebracht hat. Nur meine ich, daß diese Lektüre nie, wie es leider bei so vielen jungen Damen geschieht, zur Hauptlektüre gemacht werden sollte. Ich will Euch sagen, wie es mir in dieser Hinsicht gegangen.

Bis zu meiner Confirmation war ich, Dank sei es vornemlich der strengen Ueberwachung von Seiten eines ältern Bruders, mit diesem Zweige der Litteratur fast ganz unbekannt geblieben. Darnach aber kam für mich eine Periode einer wirklichen Romanenwuth. Was ich von Schriften der Art erlangen konnte, das ward von mir heißhungrig verschlungen, und namentlich weiß ich mich leider manches Sonntags zu erinnern, an dem ich fast nichts Anderes that, als Romane lesen. Lange aber dauerte diese Periode zum Glücke nicht. Ich ward der losen Speise bald überdrüssig; ich fühlte mich, wenn ich von solchem Buche aufstand, so leer in meinem Innern, so unzufrieden mit der mich umgebenden Außenwelt, daß ich wohl die Nothwendigkeit erkennen mußte, mich nach einer gesunderen, kräftigeren Geistesnahrung umzusehen. Ich habe später noch manchen Roman gelesen, namentlich zur Erheiterung meiner alten Pflegemutter an den langen Winterabenden; aber ich war seitdem auf meiner Hut, dieser Lust keine höhere Interessen aufzuopfern.

Solltet Ihr nun aber etwa meinen, daß Ihr es wollt auf eine ähnliche Probe ankommen lassen, so möchte ich Euch davon doch abrathen. Sehen wir auch, wie Einer, der in einen gefährlichen Strudel hineingerathen, vor dem Ertrinken bewahrt geblieben, so wird uns das doch kein Grund sein, uns in denselben Strudel hinabzustürzen. Gar Viele haben sich gleich mir mit einer Art Passion in eine seichte Romanenlektüre vertieft; aber nicht so gar Viele sind davon noch in Zeiten wieder zurückgekommen. Und seht, ich hatte dabei auch einen großen Vortheil, nemlich den, daß ich schon vorher einen Geschmack gewonnen hatte an ernster und gehaltvoller Lektüre.

Wenn die beständige Gewöhnung an eine leichte, unterhaltende Lektüre auch keinen andern Nachtheil für uns hätte, als den, daß wir dabei mehr und mehr die Lust verlieren, uns mit den unsere Denkkraft mehr in Anspruch nehmenden Zweigen der Litteratur zu beschäftigen, so wäre das schon ein nicht unbedeutender Schaden.

Eine einseitige Verstandesbildung giebt gewiß keine liebenswürdige Frauen. Jede Einseitigkeit soll in dem Werke unserer Ausbildung möglichst vermieden, es soll von uns eine möglichst harmonische Ausbildung aller uns verliehenen Kräfte und Anlagen angestrebt werden. Aber da meine ich nun, daß für die Entwickelung der Intelligenz bei unserm Geschlechte oft zu wenig geschieht. Woher sonst bei den Frauen oft so viel Mangel an Logik, so viel Unklarheit und Verwirrung der Begriffe?

Oder sollte etwa, wie Einige das wirklich zu meinen scheinen, ein klarer und mit manchen Kenntnissen ausgeschmückter Verstand ein Hinderniß sein in Erfüllung des weiblichen Berufs? O gewiß nicht; im Gegentheil halte ich ihn für ein nicht geringes Förderungsmittel. Nur müssen wir hier eine Verbildung und Verschrobenheit, wobei es dem Menschen an dem rechten Gleichgewichte fehlt, weil er gleichsam nur auf einem Beine stehen will, nicht verwechseln mit jener gesunden, naturgemäßen Ausbildung, die auf der breiten und festen Basis des Glaubens gegründet ist. Ein also ausgebildeter Verstand, bei dem es, meine ich, auch nie an einer praktischen Richtung fehlen kann, erscheint mir nun als ein wesentliches Erforderniß für die würdige Erfüllung des weiblichen Berufs, wie auch derselbe sich gestalten möge. Ich habe Frauen gekannt, die bei all ihrer Kenntniß von den Details der Haushaltung doch keine gute Hausfrauen waren, weil es ihnen an Urtheil und Ueberblick fehlte. Und dagegen weiß ich manche Frau, manches Mädchen, die bei richtig gebildetem Verstande durch die Macht der Verhältnisse in beschränkte Verhältnisse versetzt, sich schnell in ihre neue Lage finden, und auch solche häusliche Geschäfte, wozu sie früher vielleicht keine Anleitung gehabt, mit Leichtigkeit und Freudigkeit verrichten lernten.

Als ich im Jahre 1831 ins Cholerahospital ging, die Pflege der dortigen Kranken zu leiten, die Wärter und Wärterinnen zu überwachen, da meinten gar Manche, von meinem Wirken sich nichts versprechen zu dürfen, da ich mich ja doch schon eine Reihe von Jahren hauptsächlich nur mit Büchern und dem Unterrichte der Kinder beschäftigt hatte. Der junge, bei jenem Hospitale angestellte Arzt hatte jene ungünstige Meinung getheilt, sah aber nun zu seiner Verwunderung, daß er sich in seiner Voraussetzung geirrt, da ich denn doch ganz tüchtig anzugreifen und in Alles, was zur Hospitalwirthschaft gehörte, mich hineinzufinden wußte. Freilich aber hatte ich in früheren Jahren trotz meiner Vorliebe für die Bücher doch meine Ausbildung für häusliche Geschäfte auch nicht versäumt: ich hatte z. B. schneidern und auch etwas kochen gelernt, Gartenarbeit war meine Liebhaberei, und einen Sommer setzte ich meinen Ehrgeiz darein, die eigene Wäsche ganz ohne fremde Hülfe zu besorgen.

Nun aber, Ihr Lieben, die Meisten unter Euch, wenn sie auch gewissenhaft Alles ausrichten, was das Haus und das Werk ihrer Ausbildung von ihnen fordert, werden doch immer noch manche Stunde übrig haben, und diese Stunden möchte ich nun bei Euch in Anspruch nehmen für das, was ich einen freien Liebesberuf nennen will, im Gegensatz nemlich gegen das, was die häuslichen Verhältnisse von uns fordern. Freilich, manche junge Mädchen kenne ich, die meinen würden, dafür auch nicht eine einzige Stunde erübrigen zu können; aber was füllt ihre Zeit denn aus? Visiten geben und empfangen, Sorge für die Toilette und künstliche Handarbeiten.

Darüber muß ich mich nun noch gegen Euch aussprechen, ob ich wohl weiß, daß vielleicht Mancher unter Euch meine Ansichten in dieser Beziehung zu strenge scheinen, sie vielleicht auch bei meiner Geistesrichtung mein Urtheil über diese Dinge nicht als kompetent wollen gelten lassen. Ihr wißt es aber wohl, es ist nicht meine Weise, blinde Unterwerfung unter meine Aussprüche zu fordern. Alles, was ich Euch bitten möchte, ist dies: Was ich Euch über jene Punkte zu sagen habe, verwerft es nicht ungeprüft; lasset Eure Prüfung aber geschehen als vor dem Angesichte Gottes, und dann sehet zu, wenn Ihr meine Meinung auch nicht in ihrem ganzen Umfange unterschreiben könnt, ob Ihr doch nicht erkennen müßt, daß etwas Wahres darin, das wohl Eurer Beherzigung werth.

Zuerst nun von den vielen Visiten. Paulus schilt die jungen Wittwen: Sie sind faul, und lernen umlaufen durch die Häuser; nicht allein aber sind sie faul, sondern auch schwätzig und vorwitzig, und reden, das nicht sein soll. (1 Tim. 5, 13.) Nehmt es mir nicht übel: ich meine, wenn der Apostel zu unserer Zeit, in unserm Lande lebte, er würde denselben Vorwurf gegen manche junge Mädchen richten, die er damals freilich im Morgenlande nicht treffen konnte, da ihnen zum Mißbrauche der Freiheit die Freiheit selber fehlte. Das weiß ich aber, wenn ich Mutter wäre, ich würde die Freiheit der Töchter in diesem Stücke doch beschränken, und solche Besuche in der Regel wenigstens nicht gestatten am Vormittage, den ich aber rechne bis um 4 oder 5 Uhr, der in Hamburg gewöhnlichen Essenszeit. In der Regel, meine ich, gehört der Morgen der Arbeit, und nur der Nachmittag und Abend mag wenigstens häufig dem geselligen Verkehr gewidmet sein.

Wißt Ihr nun aber, welche Besuche ich besonders beschränken möchte? – Wenn ein paar Freundinnen zusammen kommen, denen es wirklich Bedürfniß, Gedanken und Gefühle gegen einander auszutauschen, das kann ich ja nicht tadeln, und eben so wenig, wenn mehrere junge Mädchen zusammen kommen mit dem bestimmten Zwecke, mit einander zu lernen oder zu arbeiten. Aber manche junge Dame bildet sich ein, so viele Freundinnen zu haben, wie sie Bekannte hat, und meint, diese alle der Reihe nach besuchen zu müssen, Besuche, die denn natürlich auch erwiedert werden, und daneben hält sie sich dann noch verpflichtet zu einer Menge anderer, sogenannter Convenienzbesuche.

Sagt mir doch aufrichtig, was kommt bei solchen Visiten heraus? Bringt Ihr davon irgend einen Gewinn heim für Geist und Herz? Liegt darin nicht so oft etwas Geisttödtendes, oder doch den Geist Ausleerendes? Was ist denn da der gewöhnliche Gegenstand der Unterhaltung? Sind es nicht meistens nur Stadtneuigkeiten und Moden, die kleinlichen Angelegenheiten der Toilette, Bemerkungen über den Anzug dieser oder jener Dame auf dem oder dem Ball, in der oder der Gesellschaft und ähnliche oft noch minder unschuldige Topics? Erinnert Euch des ernsten Wortes unsers Heilandes: Ich sage euch, daß die Menschen müssen Rechenschaft geben am jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben. (Matth. 12, 36.) Glaubt Ihr nun wohl, daß Ihr das Geschwätz, das bei jenen Visiten das vorherrschende zu sein pflegt, werdet verantworten können? Sollte Euer Gewissen nicht oft Euch strafen, daß Ihr bei solchen Gelegenheiten Manches geredet, das nicht sein soll?

Da ich nun aber einmal aufs Schwatzen gekommen, so muß ich Euch doch auch darüber noch einmal meine Herzensmeinung sagen. Ich muß Euch gestehen, daß die ungemäßigte Schwatzlust mir als ein Hauptgebrechen erscheint unserer Zeit und unsers Geschlechts, und zwar bei Jungen und Alten. Bei der Jugend halte ich sie für ein wesentliches Hindernis; ihrer Ausbildung, in allem geselligen Verkehr für die vornehmste Ursache, daß er so selten einen wirklich fördernden Austausch der Gedanken herbeiführt. Versteht mich recht: ich will damit nicht jede leichte Plauderei verdammen. Ist sie der natürliche, freundliche Erguß eines kindlich fröhlichen Herzens, so hat sie ihren eigenthümlichen Reiz, ja auch ihren eigenthümlichen Werth, und darf gewiß nicht jenen Worten beigezählt werden, die in den Augen des Herrn verwerflich sind.

Allein Alles hat seine Zeit: Reden hat seine Zeit, und Schweigen hat seine Zeit. (Pred. Sal. 3, 1. 7.) Es giebt aber wirklich Damen, die zu meinen scheinen, daß die Zeit des Schweigens für sie nimmer vorhanden. Wie oft hat es mich verdrossen, wenn in einem kleinen Kreise von einem bedeutenden Manne eine interessante Mittheilung gemacht wurde, mich in meinem Aufmerken gestört zu sehen durch die flüsternde Frage oder Bemerkung meiner Nachbarin über irgend einen mir ganz gleichgültigen Gegenstand, wodurch sie eine Privatunterhaltung mit mir anzuknüpfen suchte! Von wie Wenigen wird es erkannt, daß zu dem Charakter eines angenehmen Gesellschafters eben so wohl die Kunst des Hörens, wie die des Redens erforderlich ist! Wie manchmal ist mir selbst in gebildeten Kreisen ein wüstes Durcheinander, da Viele reden, und Keiner hört, recht unangenehm aufgefallen!

Einem jungen Mädchen scheint mir nun in größeren Kreisen ein bescheidenes Schweigen besonders wohl anzustehen, wobei es ihr jedoch gar wohl mag gestattet sein, in vorkommendem Falle auch ihren Beitrag zur Unterhaltung zu liefern, wozu sie um so mehr befähigt sein wird, je besser sie sich auf die Kunst des Schweigens und Zuhörens versteht. Es ist mir manchmal aufgefallen, wie junge Damen, denen, wenn sie unter sich sind, der Mund fast nicht stille steht, doch sich verlegen und unbeholfen zeigen, wenn sie einmal vor älteren Personen ihre Meinung über irgend einen ernsteren Gegenstand abgeben, oder auch nur etwas selbst Erlebtes der Ordnung nach erzählen sollen. Dasselbe Ungeschick aber werden wir in der Regel bei Denen finden, die wohl gelernt haben zu schweigen, aber nicht zuzuhören. Denn das ist noch zweierlei.

Manches junge Mädchen ist frühe gelehrt worden, bei den Unterredungen älterer Personen stille zu sein; aber es fällt ihr darum nicht ein, Acht zu haben auf das, was gesprochen wird. Es scheint ihr das so langweilig und uninteressant; warum sollte sie denn darauf ihre Aufmerksamkeit wenden? Dafür beschäftigt sie sich lieber mit ihren eigenen Gedanken. Diese Berechtigung möchte ich ihr aber nur zugestehen für den Fall, daß der Gegenstand des Gesprächs wirklich ihr Fassungsvermögen übersteigt, und also ihr Bestreben, zum Verständniß desselben zu kommen, ein vergebliches Bemühen sein würde. In allen andern Fällen halte ich dafür, daß wir in der Gesellschaft suchen sollen, von der Gesellschaft zu lernen, und daß das das beste Mittel ist, uns vor der Langenweile zu bewahren, worüber gerade in Beziehung auf größere gesellschaftliche Zusammenkünfte oft so bittere Klage geführt wird.

Ich hatte eine treffliche Tante, die mir einmal, als ich noch jung war, eine Regel gab, die sich mir tief eingeprägt. Ich erlaube es keinem jungen Mädchen, sagte sie, in der Gesellschaft über Langeweile zu klagen; es ist das immer ihre Schuld; es ist keine Gesellschaft, in der sie nicht etwas lernen könnte, und wenn sie den langweiligsten Tischnachbar hätte, er wird doch irgend ein Lieblingsthema haben, in dem er wohl zu Hause ist: darauf muß sie ihn zu bringen suchen; so hat sie den doppelten Vortheil, in seinen Augen liebenswürdig zu erscheinen, und von ihm das Beste zu erlangen, was er zu geben im Stande ist; man muß die Menschen eben nehmen, wie sie sind. – Diese Regel wußte die Tante nun freilich auch anschaulich zu machen durch ihr eigenes Beispiel, da sie in ganz seltenem Grade die Kunst besaß, auch aus dem anscheinend trockensten Menschen Funken des Geistes hervorzulocken. Erzählen will ich Euch doch noch, wie ich in früheren Jahren längere Zeit hindurch mir Alles anzumerken pflegte, was ich so im täglichen Leben im Gespräch mit Andern Neues lernte. Das gab denn freilich ein wahres Quodlibet: Haushaltungsregeln, Naturhistorisches, Geographisches, Politisches u. s. w., Alles bunt durch einander. Habt Ihr Zeit dazu, und wollt es nachmachen, so wird Euch das nicht gereuen; es ist, denke ich, ein Mittel mehr, dem alltäglichen Leben ein gewisses Interesse zu leihen.

Wir sind von den Besuchen auf die eigentlichen Gesellschaften gekommen. Wie viel nun von Eurer Zeit diesen gehören soll, das hängt wohl in den meisten Fällen nicht von Euch ab, sondern von der Bestimmung Eurer Eltern. So ferne aber darin etwas von Eurer Entscheidung abhängt, so möchte ich Euch zu Eurem Besten doch gar sehr eine gewisse Beschränkung anrathen, nicht allein, weil ich meine, daß sonst ein unverhältnißmäßiger Theil Eurer Zeit ernsteren Zwecken entzogen wird, sondern auch, weil ich Euch den rechten Genuß des geselligen Vergnügens gönne, einen Genuß, der bei zu häufiger Wiederholung leicht seinen Reiz für uns verliert.

Aber das Hauptbedenken ist mir doch der zu große Zeitverlust. Ja, wenn man der Gesellschaft nur die Stunden zu opfern hätte, die man wirklich in ihren Kreisen zubringt! Aber dem jungen Mädchen kostet die Sorge für ihre Toilette ja oft das Doppelte und Dreifache von ihrer Zeit. Da komme ich nun aber auf einen schwierigen Punkt. Ich möchte meinen jungen Freundinnen auch in dieser Beziehung so gern den richtigen Weg vorzeichnen, auf dem sie sich in der Mitte halten zwischen dem Zuviel und Zuwenig; aber ich fühle es wohl, wie es kein leichtes Unternehmen, hier irgend allgemein anwendbare Regeln zu geben.

Seht, es gab eine Zeit in meinem Leben, wo mir alle unsere raffinirten Gesellschaftszustände als eine Abweichung von dem einfachen, gesunden Naturzustande verhaßt waren, wo jede reiche Toilette mir als ein Unsinn erschien, wo es mir am liebsten gewesen, wenn alle Damen sich in grobe Leinewand gekleidet hätten. Rein und ordentlich, hieß es bei mir, das ist genug; was braucht es mehr? Es versteht sich, daß diese cynische Die Cyniker waren bekanntlich griechische Philosophen, deren Hauptgrundsatz: Der Gottheit am ähnlichsten ist der Mensch, der am wenigsten bedarf. Der bekannte Diogenes von Sinope gehörte zu ihnen. Richtung sich nicht allein auf die Kleidung erstreckte, sondern auch auf das Ameublement und andere Gegenstände des Luxus.

Ich bin davon zurückgekommen, und wißt Ihr, was mich vornemlich zur Erkenntniß des darin liegenden Irrthums gebracht? Der tiefere Blick in unsere socialen Verhältnisse überhaupt, und insbesondere die nähere Berührung, in die ich mit unsern Armen getreten. Da habe ich erkennen lernen, daß der Luxus der Reichen ein nothwendiges Glied ist in der Kette, die das Gemeinwesen zusammenhalten soll. Ist es nicht zu leugnen, daß der erhöhte Kulturzustand eines Volkes eine gewisse Demoralisation in ihrem Gefolge hat, so hängt auf der andern Seite die ganze Entwickelung des Menschengeistes damit so unverkennbar zusammen, daß wir einen Raub an der Menschheit begehen würden, wenn wir es darauf anlegten, jenem Fortschritt einen Hemmschuh anzulegen, was nun freilich auch für den Einzelnen ein unmögliches Unternehmen.

Und wenn unsere Reichen in ihren Ausgaben sich nur auf das strict Nothwendige beschränken wollten, was sollten da die mittleren und unteren Klassen anfangen? Wo sollten sie ihren Unterhalt finden? Sollten die Reichen etwa die Summen, die sie bei Vermeidung alles Ueberflüssigen ersparten, unter sie vertheilen? – Aber dem thatkräftigen Manne das Bewußtsein rauben, in eigener Thätigkeit für sich und die Seinigen zu sorgen, heißt das nicht in Wahrheit ihn herabwürdigen? Mehr, als ich mich je in meinen Kinderjahren über eine mir geschenkte Puppe gefreut, – denn, mit Brüdern erzogen, habe ich am Spiel mit Puppen nie Geschmack gefunden, – freue ich mich bei den von unserm Verein für Armen- und Krankenpflege veranstalteten jährlichen Ausstellungen der von unsern Armen geschmackvoll gekleideten Puppen, freue mich, wenn irgend eine neue Luxusarbeit von ihnen producirt ist, nach Anleitung eines der thätigsten Mitglieder unserer Arbeitscommittee, die in solchen Arbeiten wohl erfahren ist. Aber wenn sich nun für solche Artikel des Ueberflusses keine Käufer fänden, so wäre es ja doch mit dieser Freude nichts, so bliebe der Fleiß unserer Armen ja unbelohnt.

Aber nun wollten wir insbesondere von der Toilette reden. Seht, das will ich Euch zugestehen: nicht allein scheint es mir erlaubt, sondern ich halte es sogar für eine Art Pflicht der höhern Klassen, darin nach Verhältniß ihres Vermögens und ihrer Stellung in der Welt einen gewissen Aufwand zu machen. Aber das, muß ich sagen, erscheint mir als etwas recht Trauriges, wenn junge Mädchen und Frauen der Sorge für ihren Anzug den ersten Rang einräumen, und ein armes Herz, das über einen kostbaren Schmuck in das höchste Entzücken gerathen kann, das möchte ich immer so recht von Grund meiner Seele bedauern. Wie dürftig, denke ich da, wie leer an höheren Interessen muß das Leben sein, wo einer so kleinlichen Freude ein so übermäßiger Werth beigelegt wird! Und wo das geschieht, da wird gewiß auch das richtige Maß in den Ausgaben für die Toilette überschritten.

Einen allgemein anwendbaren Maßstab dafür zu geben, das ist ja unmöglich. Nur das möchte ich in dieser Beziehung feststellen: die eitle Weltdame wird gern jede andere Ausgabe, auch die Ausgabe für wohlthätige Zwecke, beschränken, um möglichst viel auf ihren Putz wenden zu können; die Jüngerin des Herrn dagegen wird sich die Frage vorlegen: Wie viel muß ich auf meine Toilette verwenden, um den billigen Anforderungen der Gesellschaft, in der ich lebe, zu entsprechen? Sie wird sich darin gern an einem Minimum genügen lassen, um so zu sparen für andere Zwecke, die ihr mehr am Herzen liegen.

Möchte es indessen immer noch hingehen, wenn manche junge Dame mehr, als sie billig sollte, von ihrem Taschengelde auf ihren Anzug wendet; wenn sie ihm nur nicht auch einen so großen Theil ihrer Zeit und ihrer Gedanken opferte! Seht, was mich mit der reichen Toilette der vornehmen Damen am meisten aussöhnt, ist der Gedanke, daß sie hauptsächlich das Werk ist ihrer Kammerjungfern, der Schneiderinnen und Putzmacherinnen, die davon ihren Unterhalt haben. Aber wenn junge Mädchen und Frauen, deren Mittel beschränkt, immer in ausgesuchter Toilette erscheinen, so macht das auf mich einen traurigen Eindruck. In der Welt werden sie bisweilen darum bewundert, daß sie durch Fleiß und Geschicklichkeit mit einem verhältnismäßig geringen Aufwande von Geldmitteln doch immer einen gewissen Anstrich von Eleganz zu behaupten wissen. Ich kann diese Bewunderung nicht theilen; denn mir ist es doch immer lieber, wenn dem Götzen der Mode und der Eitelkeit ein Stück todtes Metall geopfert wird, als wenn er die Zeit verschlingt, und die edelsten Kräfte Derjenigen meines Geschlechts, die doch wahrhaftig einen höheren Beruf erfüllen könnten.

Seht, wenn die Schneiderin, die Putzmacherin von früh Morgens bis spät Abends für die Toilette der Damen arbeitet, so verdient ihr Fleiß gelobt zu werden. Es ist das einmal ihr Beruf, es ist ihr diese Arbeit als Mittel des Unterhalts angewiesen, und sobald sie ihre Bestimmung treu erfüllt, so ist sie ein ehrenwerthes Mitglied der menschlichen Gesellschaft. Aber Ihr, meine jungen Freundinnen, habt Ihr nicht einen andern Beruf? Ist darum so viel für die Ausbildung Eures Geistes geschehen, daß Ihr Euch nur mit der Nadel beschäftigen sollt? Und zwar zu welchem Zwecke? Daß Ihr auf diesem oder jenem Balle, in dieser oder jener Gesellschaft Mancher Eurer Gespielinnen es zuvorthuet in geschmackvoller Anordnung Eurer Toilette, daß Ihr dadurch eine gewisse Aufmerksamkeit erregen, und vielleicht einige fade Komplimente erlangen möget. Sagt mir doch, kann Euch denn das eine Befriedigung geben, die solches Zeitaufwandes werth?

Seid Ihr, meine Lieben, in der Lage, daß Eure Toilette ganz durch den Fleiß, durch die Geschicklichkeit Eurer Hände geschafft werden soll, ach, da möchte ich Euch so recht dringend bitten, daß Ihr Euch darin der größten Einfachheit befleißiget. Kann nicht Geschmack auch in der Einfachheit bewiesen werden? Ist nicht der einfache Schmuck oft der allerkleidsamste? In der Frische der Jugend braucht's nicht viel, ihre Reize zu heben; durch einen überladenen Putz werden sie oft nur mehr verhüllt, und sind diese Reize einmal verblüht, so werden sie durch alle Künste der Toilette doch nicht ersetzt.

Ich möchte Euch da noch auf Eines aufmerksam machen, wodurch Ihr die Arbeit für Euren Anzug Euch sehr erleichtern könnt. Schafft Euch nicht zu viele Kleider an. Je öfter Ihr damit wechseln könnt, desto länger werden sie ja natürlich vorhalten, und da überdauern sie denn wohl die Moden der Zeit, da sie neu waren. In altmodischem Kleide wollt Ihr doch nicht gern erscheinen; so muß denn geändert werden, und diese Aenderungen kosten viel Zeit. Habt Ihr dagegen nur wenige Kleider, so fällt das weg; wenn da eine Mode ihr tyrannisches Scepter einer andern übergiebt, so werden sie schon meist aufgetragen sein.

Aber so oft mit demselben Kleide in der Gesellschaft erscheinen, das, meint Ihr, geht doch nicht? Warum nicht, Ihr Lieben? Heißt das nicht den eigensinnigen Forderungen der Gesellschaft zu viel einräumen, wenn wir durch sie uns bewegen lassen, einer Einschränkung uns zu schämen, die uns doch bei verständiger Erwägung unserer Stellung von der Vernunft geboten ist? Und wer sind denn Diejenigen, die über die Einfachheit und Einförmigkeit Eurer Toilette etwa die Nase rümpfen mögen? Wahrhaftig, das sind nicht Die, an deren Urtheil Euch viel gelegen sein darf. Eitle Thoren sind's, die nur auf die Schale sehen, nicht auf den Kern. Oder sind's junge Männer, so fordern sie vielleicht bei ihrem Geschlechte allerdings gediegenere Eigenschaften; aber bei dem sogenannten schönen Geschlechte erscheint ihnen als Hauptsache, was den Sinnen wohlgefällt. Sagt aber, ist das nicht eine tiefe Herabwürdigung unsers Geschlechts, und könntet Ihr den Gedanken ertragen, daß Ihr nichts anders sein solltet, als schön ausstaffirte Spielpuppen? Dem verständigen jungen Manne wird bei dem unbemittelten Mädchen die einfachste Toilette die liebste, die kostbare und oft wechselnde dagegen ein Stein des Anstoßes sein. Trägt doch mancher junge Mann ein nicht ungegründetes Bedenken, sich zu verehelichen, weil er fürchtet, daß die Ansprüche einer jungen Frau für ihre Toilette, und was natürlich damit in Einklang stehen muß, für ihre ganze häusliche Einrichtung seine Mittel übersteigen würden.

Ich kenne eine junge hübsche Wittwe, die mehrere Jahre in dem Hause eines Gesandten in London lebte, und zwar so, daß sie immer mit zur Gesellschaft gezogen ward. Diese kleidete sich allezeit in schwarz, weil man, sagte sie, in der Farbe am leichtesten immer anständig erscheinen könne, und sie versicherte mir, daß sie nur zwei Kleider besitze, eines für täglich, und eines für größere Gelegenheiten. Und ich kann Euch versichern, daß diese Dame nicht über die Achsel angesehen ward, sondern vielmehr in dem ganzen Kreise, dem sie angehörte, in Ansehen stand. Dagegen weiß ich ein junges Mädchen, dessen Eltern keinesweges wohlhabend, das zu einer Reise von einigen Monaten einer Aussteuer von 16 Kleidern zu bedürfen meinte. Quel embarras de richesse! möchte ich da ausrufen. Ja, embarras in Wahrheit! Sollte ich durchaus eine so große Garderobe haben, so müßte man mir auch ein eigenes Garderobenmädchen schaffen, auf deren Schultern ich diese Sorge wälzen könnte.

Zu dem, was manchem jungen Mädchen einen unverhältnißmäßig großen Theil ihrer Zeit raubt, rechnete ich erst auch noch die künstlichen Handarbeiten. Darüber laßt mich Euch noch ein paar Worte sagen. Doch erst möchte ich hier einen Andern reden lassen: Adalbert Stifter, indem ich eine Stelle aus seinen »Studien« abdrucken lasse. Da der Schriftsteller zugleich Künstler ist, so möchte sein Urtheil über den Kunstwerth der hier in Rede stehenden Arbeiten doch wohl ein nicht ganz unbedeutendes Gewicht haben.

»Das Sticken, sagte ihr Lehrer, sei die sündenvollste Zeitverschwendung; denn das endlich fertige Ding sei kein Kunstwerk; ist es schön, so ist das Vorbild Schuld, nicht die Nachmacherin; meist aber bleibt es hinter dem mittelmäßigsten Gemälde zurück, und kann solches auch seiner Verfertigung zufolge nicht erreichen, kostet aber so viel Zeit und Mühe, daß man mit derselben ein wahrer Künstler in Farben werden könnte; – ferner als Geräthe dient die Stickerei nicht, da zu viel Zeit und Geld daran heftet, als daß man sie sofort ohne Umstände gebrauchen könnte, da man Polster, Teppiche u. s w. sehr geschmackvoll haben kann, und um weit geringere Mühe und Preise. Das Machen, – und dies ist das Traurigste, – gewährt auch nicht das geringste Ersprießliche; denn man denke, wie viel schöne Gedanken und Empfindungen könnten in der Zeit durch das Herz der Jungfrau gehen und ihr geläufig werden, während sie zusammengebeugt und eingeknickt die mechanische Arbeit verrichtet, und in den gefärbten Wollknäueln wirthschaftet. Ja, dieses langsame, todte Nachstechen von Form in Form verödet das Herz, und der Geist wird dumpf und leer. Die Nachwelt wird einmal staunen, daß die Töchter der ausgezeichnetsten Geschlechter drei Viertheile ihrer Jugend auf so geistloses Thun verwenden konnten, wodurch ein Zwitterding von Kunstwerk und Prunkstück zu Stande kommt, daran das Verdienst eine Million Stiche war.« Studien von Adalbert Stifter, 3te Auflage, 1ster Band, S. 177.

Wenn in diesen Behauptungen Stifters auch Manches etwas stark aufgetragen ist, so sehe ich doch nicht wohl ein, wie sie im Wesentlichen könnten widerlegt werden, namentlich in Beziehung auf die so beliebte Tapisseriearbeit. Da aber doch so ziemlich dasselbe gilt von allen andern künstlichen Handarbeiten, so könnt Ihr Euch schon denken, daß ich ihnen in dem Leben der jungen Mädchen und Frauen gern einen möglichst geringen Theil ihrer Zeit eingeräumt sähe. Ich will hier nicht zu strenge sein, um die junge Welt nicht gar zu sehr gegen mich aufzubringen; ich will jene Arbeiten nicht ganz verbieten, vor allen Dingen freilich, weil ich voraussehe, daß Ihr solches Verbot doch nicht respectiren würdet. Aber so viel, meine ich, könnte ich doch wohl bei Euch erlangen, daß Ihr einsehen lernt, es gebühre jenen Arbeiten bei dem Entwurfe Eurer Lebensbestimmung nur ein sehr untergeordneter Rang. Mögt Ihr immerhin eine leichte Stickerei zur Hand nehmen in geselligen Kreisen, oder auch allenfalls des Abends am häuslichen Theetische; aber einer großen Tapisseriearbeit oder dergleichen Eure besten Morgenstunden opfern, das erscheint mir geradezu als ein Unrecht, und was Ihr auch Schönes in der Art zu Stande bringen mögt, ich kann es doch nur seufzend bewundern, seufzend, daß Ihr einen so großen Theil Eurer Zeit und Kräfte auf einen verhältnißmäßig so geringfügigen Gegenstand gewendet.

Aber, wendet Ihr vielleicht ein, wir müssen doch Geburtstags- und Hochzeitsgeschenke machen. Ja, müßt Ihr das wirklich, in dem Umfange, wie es jetzt zu geschehen pflegt? Es ist das in neuerer Zeit gewaltig eingerissen; früher geschah daran viel weniger, und ich würde es wünschenswerth halten, wenn wir zu dieser Beschränkung wieder zurückkämen. Die Franzosen haben eine sprichwörtliche Redensart: Les présents cimentent l'amitié. Aber sollte dieses Sprichwort unserm deutschen Sinne zusagen? Das scheint mir doch eine klägliche Freundschaft zu sein, die eines solchen Cements bedarf.

Indessen, setzen wir einmal den Fall, daß Ihr Euch von solchen Verpflichtungen wirklich nicht ganz frei machen könnt, lassen sich denn nicht Mittel und Wege finden, die Sache zu vereinfachen und weniger zeitraubend zu machen? Müssen es denn immer so große künstliche Arbeiten sein, die Ihr liefert? Nach der Größe Eurer Gaben werden Eure Freundinnen doch hoffentlich nicht das Maß Eurer Freundschaft bestimmen? Und mit dem Ruhme, den Ihr dafür einernten mögt, ist es doch auch nichts, wenn Ihr darüber das Wichtigere versäumt, und also etwas einbüßet von dem Ruhme, dem Ihr nachtrachten sollt bei Gott, in gewissenhafter Verwendung Eurer Zeit und Kräfte. Müssen es denn nun auch immer nothwendig Stickereien sein, die Ihr verschenkt? Wißt Ihr mit dem Pinsel umzugehen, so würde ich Euch immer rathen, öfters einmal etwas Hübsches zu malen für solchen Zweck. Da wird denn doch wirklich eine Kunst geübt. Sonst aber, könnt Ihr nicht auch einmal ein Buch schenken oder eine schöne Blume? Die Ausgabe wird nicht eben größer sein, als die Auslage bei jenen künstlichen Arbeiten, zumal bei den bunten Arbeiten in Wolle und Seide. Ja, heißt es da aber oft, ein Geschenk hat doch nur dann Werth, wenn wir es selbst gearbeitet haben. Warum denn das? Von dem Bruder erfreut uns doch die kleine Gabe, woran er nicht mit eigenen Händen gearbeitet, als ein Zeichen seiner Aufmerksamkeit, seines Bestrebens, uns Freude zu machen. Und ihn sollte als Gegengabe nur ein Gegenstand des Ueberflusses erfreuen können, worauf wir einen so großen Theil unserer Zeit, unsers kostbarsten Kapitals, verwendet haben? Ach, daß der Werth dieses Kapitals bei unserm Geschlechte manchmal so geringe angeschlagen wird, das ist es, was oft so tief mich schmerzt.

Nun werden meine lieben jungen Freundinnen denn aber auch wohl verlangen, daß ich mich näher gegen sie erkläre über das, was ich erst einen freien Liebesberuf nannte, und wofür ich eben die Stunden in Anspruch nehmen möchte, die gewonnen werden bei gehöriger Beschränkung der Visiten, der Sorge für die Toilette und der künstlichen Handarbeiten. Ja, eine leichte Aufgabe ist das nun freilich wieder nicht, darüber irgend etwas so im Allgemeinen hinzustellen, da in jedem besondern Falle das Meiste ja durch die besondern Umstände bestimmt werden muß. Vor allen Dingen möchte ich einer Jeden von Euch zurufen: Sehet Euch um in Eurem Kreise; habet sorgfältig Acht auf jede sich Euch darbietende Gelegenheit, Andern Gutes und Liebes zu erweisen.

Als ich in meiner Jugend einmal gelesen, daß der römische Kaiser Titus einen jeden Tag für verloren geachtet, an dem er nicht jemanden eine Wohlthat erzeigt, da nahm ich mir auch vor, keinen Tag hingehen zu lassen, an dem ich nicht irgend jemanden, in oder außer dem Hause, einen Liebesdienst erwiesen, den er nicht geradezu von mir zu fordern berechtigt war. Meine Kräfte und Mittel waren damals freilich sehr geringe, und so waren es allerdings auch die von mir geleisteten Dienste. Aber es hatte die Sache doch ihr sehr Gutes, und darum möchte ich Euch wohl zur Nachahmung rathen. Es ist schon viel gewonnen, wenn unser Auge sich öffnet für jedes kleine Bedürfniß unserer Umgebung, für jede uns geschenkte Gelegenheit, Andern zu dienen. Seht, das verleiht unserm ganzen Leben ein erhöhtes Interesse, das dem kalten Egoisten immer fremd bleiben wird. Ihr wißt es, Ihr Lieben, wie der Herr mir eine Thür nach der andern geöffnet hat, meine Kräfte nützlich zu verwenden; es wäre dazu aber doch wohl schwerlich gekommen, wenn ich nicht im Kleinen angefangen.

Nur beispielsweise will ich so Einiges Euch hinstellen, was Euch etwa eine Gelegenheit darbieten könnte zu solcher Liebesthätigkeit. Ihr habt vielleicht einen alten Großvater, eine Großmutter oder sonst alte Verwandte, denen Ihr durch Euren Besuch Freude machen könnt. Der Großvater hätte es vielleicht gern, wenn Ihr ihm die Zeitung vorläset, die Großmutter ist taub, und dadurch sehr abgeschlossen von der übrigen Welt: daher jede Mittheilung ihr willkommen ist. Eine Eurer Bekannten ist krank, und Ihr könnt sie pflegen, oder doch sie erheitern durch Euren Besuch; kommt da doch, so oft es irgend sich machen läßt. Eine Dame Eurer Bekanntschaft hat ein krankes Kind, dessen Pflege sie so in Anspruch nimmt, daß es ihr willkommen wäre, wenn Ihr eine Aufsicht übernähmet über die andern Kinder. Einer andern würde wegen eines Umzugs oder sonst in einem außerordentlichen Falle Eure Hülfe im Häuslichen sehr nützlich sein. Vielleicht ist es Euch vergönnt, zu gewissen Stunden arme Kinder in einer Freischule zu unterrichten, oder Ihr wüßtet etwa ein kleines Mädchen, das zwar nicht von ganz geringem Stande, dessen Eltern aber doch zu unbemittelt, ihr musikalisches Talent auszubilden, und Ihr könntet Euch da anbieten, ihr wöchentlich ein paar Musikstunden zu geben. Wird es Euch von Euren Eltern irgend gestattet, o so laßt doch auch die Wohnungen der Armen nicht unbesucht. Ich könnte Euch hier in Hamburg namentlich mehrere arme Blinde nachweisen, denen es eine rechte Wohlthat wäre, wenn ein liebes junges Mädchen so wöchentlich ein paarmal zu ihnen käme, ihnen etwas vorzulesen.

Es kann nun gar wohl sein, Ihr Lieben, daß Eines und das Andere von dem, was ich Euch hier vorgeschlagen, Euch gar nicht recht zusagen will. Um gleich bei dem Ersten stehen zu bleiben: ich meinte, Ihr könntet dem Großvater vielleicht einen Gefallen erzeigen, indem Ihr ihm die Zeitung vorläset; da mögen vielleicht von Zehnen unter Euch Neune klagen, daß das so langweilig und uninteressant sei. Aber seht, das kann dabei gar nicht in Betracht kommen. Ihr müßt es Euch nur recht einprägen, daß Ihr bei Liebesdiensten ja nicht Euer Amüsement suchen sollt, sondern vielmehr die Freude und den Nutzen der Andern. Was wäre denn ein Liebeswerk ohne alle Selbstverleugnung? Aber glaubt es mir, diese Selbstverleugnung ist ein für unser Lebensglück wohl angelegtes Kapital, das seine reichen Zinsen trägt. Wer in Allem nur sich selber sucht, sein eigenes Vergnügen, seine eigene Bequemlichkeit, dessen Leben wird immer ärmer werden an wahrer, edler, reiner Freude; wer aber nach der Vorschrift des Evangeliums nicht allein auf das Eigene siehet, sondern vielmehr auf das, was des Andern ist, (Phil. 2, 4.) der wird eine süße Befriedigung finden, wie die eitle Weltlust sie nimmer gewähren kann. Wie wahr ist auch in dieser Hinsicht der Ausspruch unsers Heilands: Wer sein Leben erhalten will, (sein natürliches Leben, mit all den Gütern, die dem natürlichen Menschen wünschenswerth erscheinen) der wird's verlieren; wer es aber verlieret um meinetwillen, der wird es finden. (Matth. 16, 25.)

Ihr werdet Euch erinnern, daß ich Euch oben sagte, wie die Unvermählte bei reiferem Alter wohl das Bedürfniß empfinden möchte, ihrem Liebesberufe einen bestimmter ausgeprägten Charakter und eine größere Ausdehnung zu geben. Dies Bedürfniß scheint mir in der Natur der Sache zu liegen. Denn seht, in dem Leben des jüngern Mädchens wird ein großer Theil ihrer Zeit ja noch in Anspruch genommen durch die Sorge, die sie auf ihre eigene Ausbildung zu wenden hat. Das ist nun aber doch eine Sache, die in den weiter vorgerückten Jahren etwas von ihrer früheren Bedeutung verliert, und jedenfalls eine andere Gestalt gewinnt. Gewiß, so lange wir leben, sollen wir nicht aufhören zu lernen und unsern Geist mit nützlichen Kenntnissen auszuschmücken. Aber die Art und Weise, wie das geschieht, ist doch verschieden nach den verschiedenen Altersstufen. Mit der Confirmation pflegt ja der Schulbesuch ein Ende zu haben; aber sorgfältige Eltern, denen die Mittel dazu irgend zu Gebote stehen, werden darum gewiß noch nicht sogleich alle Lehrstunden aufhören lassen: es pflegt für die jungen Mädchen namentlich der Unterricht in den schönen Künsten und in fremden Sprachen fortgesetzt zu werden. Aber auch das hört zu seiner Zeit auf, und was in reiferen Jahren noch für unsere geistige Ausbildung geschehen soll, das bleibt in der Regel der eigenen Sorge einer Jeden überlassen, und die Hauptmittel sind da Lektüre, Umgang und Erfahrung, Bildung durchs Leben.

Es ist auch recht so. Die Lehrstunden sollen für die jungen Mädchen Reiz und Bedeutung haben, so lange sie fühlen, daß ihre geistige Ausbildung noch nicht so entwickelt ist, wie es für sie wünschenswerth nach der Stellung, die sie in der Gesellschaft jetzt schon einnehmen oder künftig einzunehmen hoffen. Aber dieses Ziel liegt doch nicht in unerreichbarer Ferne, und wenn es nun nach Jahren erreicht ist, dann scheint es mir ganz natürlich, daß die mit jenen Lehrstunden verknüpften Beschäftigungen dem jungen Mädchen nicht mehr dieselbe Befriedigung gewähren. Ich selbst habe noch nach meinem 50sten Jahre Unterricht genommen im Französischen, und großes Interesse daran gefunden; aber ich hatte dabei auch den bestimmten Zweck, mein in der Jugend gelerntes veraltetes Französisch aufzufrischen, die Sprache in ihrer so sehr veränderten neuen Gestaltung gründlicher kennen zu lernen, um dadurch in den Stand gesetzt zu werden, meinen Schülerinnen auch in dieser Hinsicht nützlich zu sein.

Das ist es, meine ich: wir bedürfen für unsere Thätigkeit, wenn sie uns recht befriedigen soll, einen praktischen, ins Leben eingreifenden Zweck, und dies Bedürfniß macht sich bei uns in reiferen Jahren immer mehr geltend. Und nun wende ich mich insbesondere an Euch, Ihr lieben älteren Mitschwestern, die Ihr den Wunsch habt, thätig zu sein für das Reich Gottes, und wißt vielleicht nicht recht, wie Ihr es anfangen sollt. Ihr steht mehr oder weniger einsam da; ach, selbst im elterlichen Hause kann ja ein Gefühl der Einsamkeit über uns kommen, wenn das Haus doch nur einen verhältnißmäßig geringen Theil unserer Zeit und Kräfte in Anspruch nimmt. Wie soll ich Euch nun rathen?

Da möchte ich mich beinahe versucht fühlen, Euch zuzurufen, was Paulus einst aussprach, da er sich zu verantworten hatte vor Agrippas und Festus. Agrippas hatte ihm gesagt: Es fehlt nicht viel, du überredest mich, daß ich ein Christ würde. Paulus aber erwiederte: Ich wünschte vor Gott, es fehlte an viel oder wenig, daß nicht allein du, sondern Alle, die mich heute hören, Solche würden, wie ich bin, ausgenommen diese Bande. (Apg. 26, 28. 29.) Auf den vorliegenden Fall übertragen, würde es heißen: Ich wollte, daß Ihr Alle Solche würdet, wie ich bin: Lehrerin der Jugend und Pflegerin der Armen, ausgenommen die vielen, vielen Versäumnisse und Untreuen, deren ich mich in meinem schönen Berufe schuldig gemacht.

Ich müßte nicht so innig durchdrungen sein von dem Glücke dieses Berufes, wie ich es bin, wenn ich Euch nicht Allen einen Antheil wünschen sollte daran. Aber wohl weiß ich es, daß er sich nicht bei Allen auf dieselbe Weise gestalten kann, und daß es auch noch gar manchen Liebesberuf giebt, der mit meiner Lebensaufgabe nichts weiter gemein hat, als den letzten Zweck: die Förderung des Reiches Gottes. So sehet Euch nun um, Ihr Lieben, eine Jegliche in ihrem Kreise, in treuer Erwägung der Euch verliehenen Mittel, Kräfte und Gelegenheiten, und fragt den lieben Herrn, wie er Euch brauchen will in seinem Reiche: er wird Euch gewiß nicht ohne Antwort lassen auf Eure Frage, wenn sie ernstlich gemeint ist.

Steht Ihr unabhängig da in der Welt, so möchte ich Euch rathen: betrachtet Euch ganz als Gebundene des Herrn; ich meine, wählt Euch einen Liebesberuf, der alle Eure Kräfte und Eure ganze Zeit in Anspruch nimmt. In den letzten Jahrzehnden sind die Beispiele, daß Damen der höheren Stände sich solcher Thätigkeit geweiht, ja Gottlob! keine Seltenheit mehr, und darin sehe ich das Morgenroth einer schöneren Zeit, die für unser Geschlecht anbricht. Ach seht, ein unabhängiger Stand ist gerade für ältere Mädchen ein gefährlicher Stand! Da gerathen sie so leicht in jene Dienstbarkeit, die mir schlimmer erscheint, als die gedrückteste, abhängigste äußere Lage. Sie werden, meine ich, dienstbar ihrem Eigenwillen, ihren Launen, ihren Gewöhnungen, und mehr und mehr verengt sich dabei der Kreis ihres Liebens, bis sie endlich vielleicht nichts mehr zu lieben verstehen, als das eigene armselige Ich. Ach, das ist eine traurige Isolirung, vor der der Herr uns Alle in Gnaden bewahren wolle! Schön und wahr ist das Wort, das Göthe seiner Iphigenie in den Mund legt: Gehorsam fühl' ich mich am schönsten frei. Es liegt darin der Ausdruck eines Gefühls, das, däucht mir, keiner edeln Weiblichkeit ganz fremd sein kann, und wo sie also nicht durch das Gesetz des Gehorsams an den Mann gebunden ist, da wird es ihr Bedürfniß sein, ihre ganze Lebenseinrichtung einem höhern Gesetze zu unterwerfen.

Die meisten unter Euch werden aber nicht so äußerlich unabhängig dastehen. Wenn auch nicht durch das Band der Ehe, so seid Ihr doch wohl durch andere Familienverhältnisse gebunden, vielleicht auch in freier Liebesthätigkeit gehemmt durch sehr beschränkte Vermögensumstände. Was nun in solchem Falle thun? So viel irgend möglich, möchte ich Euch doch bitten, Euch an irgend einem bestimmten Liebeswerke zu betheiligen, das neben Euren sonstigen Pflichten in regelmäßiger Wiederkehr einen gewissen Theil Eurer Zeit und Kräfte in Anspruch nimmt. Könnt Ihr Euch dabei irgend einer Vereinsthätigkeit anschließen, so scheint mir das für Euch besonders rathsam: die gemeinsam übernommene Verpflichtung ist ein Hebel, der manche Steine des Anstoßes leichter aus dem Wege schafft, und wenn's bei Euch an Geldmitteln fehlt, so mag dieser Mangel denn ja aus der Vereinskasse erstattet werden.

Daneben mag doch wohl noch manche besondere Gelegenheit zur Liebesthätigkeit sich Euch darbieten; es kommt nur darauf an, daß Ihr recht Acht haben lernt auf jeden Wink und Ruf des Herrn. Ich las in meiner Jugend einmal einen Roman, in dem das Leben einer alten Jungfer so recht von seiner unerfreulichen Seite sollte dargestellt werden, und da ward unter Anderm denn auch besonders das hervorgehoben, wie sie in der ganzen Verwandtschaft zum Lückenbüßer gemacht, und gewissermaßen als der Packesel angesehen würde, dem man jede Last, die den Andern zu unbequem, aufbürdete. Ich konnte aber das halb Lächerliche, halb Bemitleidenswerthe, das nach dem Sinne des Verfassers in einer solchen Stellung liegen sollte, nicht begreifen. Warum, dachte ich, warum sollte doch eine gute, alte, unvermählte Tante, die immer freundlich bereit ist, helfend einzuschreiten, wo man ihrer Hülfe bedarf, warum sollte sie doch nicht auch in ihrer Familie einer gewissen Liebe, eines gewissen Ansehens genießen, und dabei in dem Bewußtsein, nach dem Maß ihrer Kräfte zu nützen, Befriedigung finden? Ihr Lieben, es war mir damals schon eine Ahnung aufgegangen, daß der Beruf dienender Liebe, wie immer er sich gestalten möge, ein schöner und seliger Beruf sei, und diese Ahnung hat mich nicht betrogen.

Wie sehr ein solcher Beruf beglücken kann auch in den anscheinend schwierigsten Verhältnissen, darüber ward mir neulich ein schönes Zeugniß. Ich habe eine liebe Freundin, die seit 6 Jahren die Pflege der armen Kranken in einer großen Irrenanstalt beaufsichtigt. Nicht wahr, das Unternehmen erscheint Euch doch wohl als ein recht schwieriges, und unter Tausenden möchte wohl kaum Eine sich finden, die in freier Wahl und Liebe dafür sich bestimmte. Meine Freundin hat's gethan, und wahrlich nicht bereut. Vor einiger Zeit war sie einmal in Hamburg, um Verwandte und Freunde wieder zu sehen. Sie freute sich auch dieses Wiedersehens; aber lange währte es doch nicht, so fühlte sie schon eine Art Heimweh nach ihrer Anstalt, und in dem ersten Briefe, den sie von dorther wieder nach der Vaterstadt geschrieben, findet sich, möchte ich sagen, ein jubelnder Erguß der Freude und des Glücks.

Doch ich kehre zu Denen zurück, die nicht ihr ganzes Leben, sondern nur einen Theil ihrer Zeit und Kräfte solchem selbsterwählten Liebesberufe widmen können, und ihnen möchte ich nun die Frage vorlegen, ob es nicht möglich, dafür noch einige Stunden mehr zu erübrigen. Glaubt es mir, Ihr Lieben, es kommt für den Zeitgewinn recht viel an auf eine vernünftige Zeiteintheilung, und bei dem Mangel daran, wie manche Viertelstunde wird da versplittert ohne Gewinn für Euch oder für Andere! Ich weiß sehr wohl, daß, wer in abhängigen Verhältnissen lebt, keinen Plan der Art mit eiserner Consequenz durchführen kann; aber Vieles läßt sich da doch ausrichten durch einen ruhig festen Willen, und wer sich nur recht einzurichten versteht, der wird auch manche nicht von ihm abhängende Zufälligkeiten in seinen Plan mit aufnehmen; zum Beispiel, um nur einen Wink zu geben, was ich hier meine, er wird die Viertelstunden, da er auf Andere warten muß, nicht müssig zubringen, sondern für den Fall etwa ein Buch zur Hand haben, das ihn so lange beschäftigt. Ich habe durch dieses Mittel die Langeweile des Wartens, worüber Manche Klage führen, wenigstens im eigenen Hause nie empfunden.

Ein Mittel noch, das ich Euch sehr empfehlen möchte, Eure Zeit gleichsam auszudehnen, ist das frühe Aufstehen. Seit einer langen Reihe von Jahren habe ich mich gewöhnt, im Winter wie im Sommer Morgens um 5 Uhr aufzustehen, und ich befinde mich dabei sehr wohl. Mangel an Zeit trieb mich aber zuerst zu dieser Gewöhnung; die Stunden des Tages wollten mir nicht ausreichen für das, was ich auszurichten hatte; da dachte ich darauf, meinen Tag zu verlängern, indem ich ihn früher anfing, und wenn ich erwachte, so trieb mich die Vorstellung der auf mich wartenden Obliegenheiten auch bald aus dem Bette. Versucht's doch auch einmal damit! Ich will es zugeben, daß einige Naturen wirklich etwas mehr Schlaf bedürfen, als andere. Aber in sehr vielen, und ich möchte behaupten, in den meisten Fällen wird in den höheren Ständen der nächtlichen Ruhe ein größerer Theil der kostbaren Lebenszeit, als eigentlich nöthig wäre, geopfert, und gar Manche würden, wenn sie sich derselben des Morgens früher entrissen, weniger über Schlaflosigkeit zu klagen haben. Oft ist es nur der erste Entschluß, der Ueberwindung kostet. Wird er nur mit Muth durchgeführt, so wird die Sache uns bald leichter, dann zur Gewohnheit, endlich zur andern Natur.

Bei sorgfältiger Benutzung aber und vernünftiger Eintheilung ihrer Zeit, sollte da nicht auch die vielbeschäftigte Hausfrau und Mutter immer noch Stunden übrig haben für die Armen und Nothleidenden, für einen Liebesberuf also auch außerhalb der engen Grenzen ihres Hauses, der doch nach meiner innigen Ueberzeugung, wenn er treulich abgewartet wird, eben auch für das Haus, für die Familie einen reichen Segen einbringt? Wie es möglich ist, die Pflichten der Hausfrau und Mutter mit denen der treuen Armenpflegerin zu vereinigen, das stellt sich uns dar in dem Beispiele der lieben Professorin P. Sie ist keine Hamburgerin, und ich habe nicht die Freude, als Augenzeugin von ihrem Wirken reden zu können; aber was ich Euch hier darüber mittheile, habe ich aus guter Quelle, von einer Dame, die Wochen lang in ihrem Hause gewohnt.

Die Professorin ist glückliche Gattin und Mutter von fünf Kindern, vier Knaben und einem Mädchen, deren Unterricht zum Theil von ihr geleitet wird. Bei beschränkten Mitteln hält die Frau es für ihre Pflicht, auch mit der Nadel thätig zu sein, und beschafft namentlich auch für die Garderobe des Mannes und der Knaben Manches, was andere Frauen dem Schneider zu überlassen pflegen. In dem Hause geht Alles, wie man zu sagen pflegt, am Schnürchen; überall herrscht Ordnung und Sauberkeit, und das wird ausgerichtet nur mit der Hülfe von zwei Dienstboten. Dabei steht das Haus in dem Rufe einer angenehmen Gastfreiheit; der Mann bringt bald des Mittags, bald des Abends einen Fremden mit, der bei der Hausfrau immer auf einen freundlichen Empfang rechnen kann, wenn sie es auch nicht für nöthig hält, seinetwegen besondere Umstände zu machen. Nachmittags aber hat sie sich eine Stunde reservirt, oft werden's auch anderthalb, da sie sich in das Studirzimmer ihres Mannes zurückzieht; diese Zeit ist der Ausbildung ihres Geistes gewidmet, durch eine ernste, wissenschaftliche Lektüre, da sie entweder mit dem Manne zusammen liest, oder wenn es diesem an Zeit fehlt, für sich allein. Und bei dem Allen ist die Professorin P. eine der thätigsten Armenpflegerinnen, und in dem weiblichen Vereine, dem sie angehört, macht keine Dame mehr Armenbesuche, als eben sie.

Ich weiß wohl, daß diese Darstellung in den Ohren Vieler wie eine Fabel klingen wird; aber ich glaube meiner Sache gewiß zu sein, und kann den Zweiflern Ort und Namen nennen. Und was wollte ich lieber, denn daß sie hinreisten, und sich durch den Augenschein überzeugten, was eine tüchtige Frau ausrichten kann, wenn sie ihre Kräfte concentrirt auf das, was wirklich ihr Beruf!

Daß aber jeder Beruf, und also auch der Beruf der freien Liebe, auch seine Beschwerden, seine Schattenseiten hat, daran wird niemand zweifeln, der die Unvollkommenheit dieses Erdenlebens überhaupt, und seine eigene Unvollkommenheit insbesondere erkennt. Und darum mag es ja wohl geschehen, daß selbst bei Denen, die als auserwählte Rüstzeuge des Herrn bezeichnet werden müssen, Zeiten und Stunden vorkommen, wo es mit der Freude an ihrem Werke nicht so recht fort will, wo sie sich verdrossen fühlen dazu. Das kommt aber vor Allem daher, weil wir so schwach sind im Glauben und im Lieben. Ja, wer sähe sich nicht gar oft veranlaßt zu klagen und zu bitten:

Du kennest meiner Liebe Schwäche:
Nur auf des Herzens Oberfläche
Ist sie, und mein Herz willst du.
All meine Lieb' ist, Gott, dein Wille:
O ströme mir aus deiner Fülle
Der Liebe Seligkeiten zu!

Was aber machen, wenn wir uns nun verdrossen fühlen? Etwa die Hand ablassen von unserm Werke? O nein, fortmachen müssen wir, im Gehorsam gegen das Gebot des Herrn, wenn nicht in Kraft, doch in Schwachheit, wenn nicht in jener Brunst der Liebe, welche der Triumph des Glaubens, so doch in jener Furcht Gottes, welche der Weisheit Anfang ist. Und wenn wir nur treulich so gleichsam im Dunkeln fortwirken, so wird der Herr auch bald wieder das Licht der Freude uns aufgehen lassen.

Und dabei bleibt es doch! Einen schönern Beruf, als den Beruf einer im Glauben geübten dienenden Liebe giebt es auf Erden nicht. Ist es nicht auch der Beruf der seligen Bewohner des Himmels? Sind nicht die Engel selbst dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um Derer willen, die ererben sollen die Seligkeit? (Hebr. 14.) Laßt uns streben, Ihr Geliebten, ihnen ähnlich zu werden, gleich ihnen Botinnen des Friedens, Werkzeuge des Segens in der Hand des Herrn für unsere Brüder und Schwestern. Das ist unsere schöne, unsere selige Mission: es ist die Mission der Fürstin auf dem Throne, wie der Aermsten und Geringsten unter uns, und wer sie treulich erfüllt, der mag bisweilen schon hienieden seinen Vorschmack des Himmels haben. Dieser Beruf verleiht uns eine milde Würde, er stillt das Bedürfniß des liebebedürftigen Herzens: er lehrt uns schöpfen aus dem Urquell alles Erbarmens Gnade um Gnade, und unter den Menschen: – Liebe empfangen ist schön, Liebe geben noch schöner; wer aber recht zu geben versteht, der wird auch nehmen: die Liebe bleibt nicht ungeliebt; und dereinst, dereinst an dem Tage des Herrn, da vernehmen dann auch wir aus dem Munde der ewigen Liebe das süße Gnadenwort: Was ihr gethan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir gethan. (Matth. 25, 40.) Ihr seid über Wenigem getreu gewesen, ich will euch über Viel setzen: gehet ein zu eures Herrn Freude. (Matth. 25, 21.)

Mein Herz ist warm geworden, Ihr Geliebten, und hat sich weit aufgethan gegen Euch, indem ich den Beruf, der das Glück meines Lebens gemacht, Euch angepriesen. Sehet, das ist mein Vermächtniß an Euch! O achtet's nicht gering! Wie die Apostel segnend die Hände legten auf das Haupt ihrer Jünger, so möchte ich Euch Alle einsegnen zu dem Werke, zu dem der Herr Euch bestimmt, dadurch Ihr auch an Eurem Theile das Reich Gottes sollt bauen helfen. Der Abend meines Lebens ist hereingebrochen, und mit Petrus kann ich sagen: Ich weiß, daß ich meine Hütte bald ablegen muß. Mit ihm will ich denn aber auch hinzufügen: Ich achte es billig zu sein, so lange ich in dieser Hütte bin, euch zu erwecken und zu erinnern. Darum will ich Fleiß thun, daß ihr allenthalben habet, nach meinem Abschied Solches im Gedächtniß zu halten. (2 Petr. 1, 13-15.)

Ich war noch jung, als mich schon manchmal der Anblick der bei so Vielen unsers Geschlechts vorherrschenden Frivolität, des Mangels an höheren Interessen tief betrübte, und ich wagte es zu glauben, daß der Herr mich bestimmt, für die Veredlung meines Geschlechts zu wirken. An Euch ist es nun zu erweisen, daß ich meine Lebensaufgabe richtig verstanden, und wenn schon in großer Schwachheit, doch mit redlich ernstem Willen zu lösen gesucht. Ihr sollt mir zeugen davon, daß mein Dasein auf Erden nicht spurlos verschwunden. Manch köstlich Samenkorn des Glaubens und der Liebe, das der Herr mir anvertraut, hab' ich in Eure Brust gelegt. O laßt es nun unter dem Beistande seines heiligen Geistes in Euch wachsen und reifen und Frucht bringen, dreißigfältig und sechszigfältig und hundertfältig, Euch zu einer reichen Segensernte. Dann werden wir dereinst mit einander Freudengarben bringen, und mit einander jauchzend rühmen vor dem Thron des Ewigen: Der Herr hat Großes an uns gethan; deß sind wir fröhlich!

 


 


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