Julius Stinde
Wilhelmine Buchholz' Memoiren
Julius Stinde

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Sonntagsruhe.

Von Kinderhänden – Vom ausgesprochenen Protoplasma und Herrn Weigelts Beamtentick – Warum Wilhelmine Herrn Weigelt nicht fürchtet und in Selbstverzweiflung scherzt – Warum Zwei nach Tabak stöhnen und die Abgeordneten den Aufschnitt nicht essen – Warum Wilhelmine ein unklares Gewissen hat und Onkel Fritz Akkordarbeit annehmen will – Wie Wilhelmine ein Moschusthier entdeckt und Herr Kaulmann sauer sieht – Warum das Gesetz die Kirchthür schließt und Wilhelmine starr wird – Warum Kaulemännchen gottlob wird und Wilhelmine sich mit Proviant versieht

Ich hatte Auguste Weigelt gesagt: »Wen Du nichts Besseres vorhast, besucht mich doch Sonntags, so viele Ihr abkommen könnt. Wir sehen uns zu selten, August, und aussprechen will sich der Mensch hin und wieder einmal; es ist wie mit dem Großreinemachen, daß der Staub aus dem Geistigen kommt und sich nicht fest setzt. Dein Mann stellt sich zum Abendbrot ein, da haben wir Mädchen den Nachmittag in voller Ausdehnung für uns.«

»Machen Ihnen die Kinder auch nicht zu viel Molesten?« entgegnete sie mit der uns Frauen eigenen ablehnenden Einwilligung, worauf ich jegliche weitere Ziererei mit den Worten verhinderte: »Wozu wäre ich denn Großmutter, Auguste?«

Der Grund zog. Großmütter sind ja auch nur dazu geboren, als Polster des Lebens für die Enkel zu dienen. Großmutter hat immer Zeit, sie zu verwarten, für ihr Inneren und Aeußeres zu sorgen, ihnen das Leid aus den Augen und aus dem Sinn zu wischen und ihre kleinen Freuden immer wieder vorzuholen, als würden sie nie alle. Kinderhände sind leicht gefüllt, Großmutterhände aber auch: man braucht nur einen Enkel hineinzulegen und sie umfassen eine ganze Welt.

»Meine Mutter giebt nicht sehr um meine Beiden,« sagte Auguste.

»Sie ist nicht gesetzt genug zur Großmutter,« fiel ich ihr in die Rede. »Es gehört eben zu allem Begabung und ich glaube nicht, daß sie je die dazu nothwendige Geduld erübrigt.«

Auguste seufzte tief und wurde ganz unglücklich aussehend. »Ist etwas gefällig?« fragte ich. – Auguste schwieg und färbte sich mit Verlegenheitsröthe auf.

»Aha,« dachte ich, »die Bergfeldten steht mal ich im Begriff,« legte aber meinen Gedanken den Zaum des Schweigens an, wie mir kürzlich in einem Roman so schön gefiel. Ich bin nicht sehr für Romane, weil man heutzutage vorher nie weiß, ob man hinterher mit Anstand bekennen kann, sie gelesen zu haben, allein mitunter findet man doch ein Gedächtnisjuwel. Ehe Auguste eine Ausflucht ersinnen konnte, drängte ich: »Komm nur baldigst heran, wir haben uns zu viel zu erzählen; Du weißt, es geht nichts über so vieräugige Gemüthlichkeit.«

Sie sagte denn auch zu, was mir sehr lieb war, da mich die Bergfeldten doch ziemlich beunruhigte. Wenn ein Unglück geschehen ist, läßt sich viel darüber reden, aber mit Worten setzt man keinen Flicken auf. Und was ist labender, als ein vernunftgemäßes Zwiegespräch mit ungehindertem Fließen der Meinungen. Freilich, wie ich es denke, das weiß die Bergfeldten, warum wäre sie sonst so sparsam mit sich? Seit einem halben Jahre hat sie die Landsbergerstraße nicht mit ihrer Gegenwart beehrt.

Wenn der Mensch jedoch auf Gemütlichkeit rechnet, stimmt die Regeldetrie mehrstenteils grundfalsch, weil man sie nicht wie Kaffee trichtern kann; genug, an den Sonntag werde ich denken.

Denn erstens kam Auguste gerade, als unser Mädchen seinen Ausgehtag hatte. Das hätte sonst weiter nicht geschadet, aber da dieser Besen mir Nachlässigkeiten anthut wie er nur kann, war natürlich keine Feuerung in der Küche und das Brot vom Bäcker zu holen vergessen und absichtlich der Kaffeekuchen dazu. Für mich und meinen Karl langte das Mittagessen bis zum Abend; wir hatten Rest gemacht, da es uns ausgezeichnet schmeckte und die Donna jedes an die Seite schafft, was wieder hinauskommt und nachher behauptet, es wären blanke Knochen gewesen, ohne das Geringste daran. Aber Auguste und ihre Kinder konnten doch nicht darben.

»Auguste,« sagte ich, »ein handlicher Kanten Landbrot ist noch da und gute Butter, und ein Stüllecken schmeckt zum Kaffee nicht übel, zumal auf Landpartien. Wenn Du willst, sperren wir die Fenster auf und stellen gediegenen Zug her und bilden uns ein, wir wären auf dem Pfingstberg bei Potsdam.« – »Nein, nein,« lachte sie, »das könnte uns bei dem kalten Wetter schlecht bekommen; Elsa hustet so schon seit einiger Zeit.«

Ich sah mir die Kleine darauf an. »Sie ist ein bißchen behende für ihr Alter,« sagte ich, »aber das giebt sich bei richtiger Pflege. Weißt Du, wir rühren ihr ein Eigelb in den Kaffee und dem Jungen, dem Franz, dito. Es ist nichts hygienischer als Eier, denn weil die Schale drum herum ist, können keine Bazillen hinein und außerdem haben sie ausgesprochenes Protoplasma.« – »Sie wissen auch alles, Frau Buchholz.« – »Hat man einen Arzt in der Familie, drippt eine Masse Wissenschaft vorbei, man muß sie blos sammeln. Gleich sollen die Kinder haben, in der Minute.«

Lächelnd ging ich, aber unlächelnd kam ich wieder. Kein Ei zu finden! Gewesen waren welche, ich hatte sie am Morgen mit meinen eigenen gesehen, weil ich zwei Dotter an die Blumenkohlsauce quirlte, denn ohne ißt mein Karl sie nicht so gerne, und die übrigen ließ, um nicht zu verschwenden. Nun hatte ich sie uns für die Köchin abgeknappst.

»Auguste,« sagte ich, »wir müssen uns behelfen. Du würdest mir zu Gefallen gewiß einholen gehen, allein was nützen Dein guter Wille und meine Groschen, da doch nichts verabfolgt wird. Es ist ja Sonntagsruhe.«

Auguste that so heiter wie sie konnte, aber es war doch nur oben hin, wie auch nicht anders möglich, denn wenn man sich selbst bescheiden auf Schnecken vorbereitet hat und es giebt nur simple Stullen, mit Vermeidung jeglicher Steigerung noch eine Stulle und noch eine und dazu die Sahne beschränkt, wenn auch der Kaffee reichlich und um den guten Willen zu zeigen, von beinaher Extrastärke: der gesellschaftliche Fluß stockt und die Gemütlichkeit rostet ein.

Als nun noch der Junge anfing: »Mama, wo ist der Kuchen? Du sagtest doch, bei Tante Buchholz giebt es viel Kuchen!« und die kleine Elsa herankam mit großen Frageaugen, die die versprochenen Herrlichkeiten suchten und nicht fanden und mich ansahen, als hätte ich bitteres Unrecht gethan, was half es da, daß ich das bleiche Dingelchen nahm und streichelte und küßte? Kindern ist nun einmal Kuchen lieber als Küssen. Später ändert sich das freilich.

Mein Karl war spazieren gegangen, er geht des Sonntags meistens mit unserem Schwiegersohn Schmidt ins Freie und dabei besprechen sie Geschäftliches. Häufig begleitet Berti sie und wenn die jungen Leute dann irgend ein Theater vorhaben, konzentriert mein Mann sich nach Hause, wo ihn das Abendbrot erwartet. Ich hatte für heute kalten Aufschnitt besorgt. Der Gedanke war ja recht gut, aber die Ausführung zu wenig, weil ich doch nicht auf Auguste und die beiden Kinder gerechnet hatte und nicht auf Herrn Weigelt, der jetzt kam, wobei zu bedenken war, daß von der Ackerstraße bis zur Landsberger eine ziemliche Appetitlinie ist.

Weil mein Karl den Weinkellerschlüssel stets an sich nimmt und Cigarren bei uns nicht herumstehen, da Küchengünstlinge echte Importirte nicht zu würdigen wissen, mußte Herr Weigelt trocken sitzen. Ich hätte ihm eine Stulle anbieten können, allein mir fiel kein Scherz ein, sie damit zu belegen und wo war das begleitende Getränk dazu? Jeder andere wäre mir egal gewesen, nur Herr Weigelt nicht, bei dem sich der Beamtentick mächtig ausbildet. Gleich ist er beleidigt und paßt fortwährend mit innerlichen Fühlhörnern auf, ob ihm auch die Achtung voll und ganz entgegengebracht wird, die einem Angestellten zukommt. Wähnt er sich im geringsten zurückgesetzt, wird er spitzig, das heißt was er dafür hält; feiner Empfindende nennen es schon mehr Ausfälligkeiten und Grobheiten.

»Sie müssen nicht übel nehmen, daß ich Ihnen nichts anbiete,« sagte ich, »aber daran bin ich nicht schuld, sondern die Sonntagsruhe.«

»Ich weiß, daß man dem Volke sie nicht gönnt,« erwiderte er. »Am liebsten spannte man die Beamten auch noch Festtags in die Karre, ohne Rücksicht auf ihre geistigen Kräfte, die doch die eigentliche Stütze des Staates sind und ebenso gut der Ruhe bedürfen, wie die Köpfe der Herren Excellenzen mit den hohen Gehältern, die jeden Tag Sonntag haben. Aber wer etwas leistet, dem wir der gerechte Lohn vorenthalten... bis es anders kommt. Es ist schon mancher Große klein geworden und wen sie gering schätzen, der wurde gefürchtet.«

Ich mußte lachen. Herrn Weigelt fürchten, das kam mir komisch vor, denn wenn einer sich als Barrabas aufspielen will und hat bloß so ein Selterwassergesicht, wird der Eindruck ein durchaus umgekehrter.

»Wer zuletzt lacht, lacht am besten,« rief er laut und ärgerlich. Meine Heiterkeit verdroß ihn und überdies war der Mann ja hungerig. Welchen Segen hätte ein mittelgroßer Napfkuchen stiften können oder eine einzige Friedenszigarre.

Nun klingelte es. »Gott sei Dank, mein Karl,« dachte ich, weil man immer denkt, was man wünscht. Aber der brauchte doch nicht zu schellen? Der hatte je den Drücker. Er war es auch nicht, sondern der Schwiegersohn Wrenzchen mit Frau und Kindern, die uns den Abend zu widmen gedachten. »Dies ist zu reizend,« rief ich, »zu reizend von Euch – –« dann brach meine Freude jäh ab wie ein Stück Endenblei. Ich hatte ja nur Aufschnitt für zwei Personen und nun waren wir schon zu neunt; wenn mein Karl kam, war das Dezimaldutzend voll.

»Nur keine Umstände,« sagte der Doktor, »einige Würstchen, etwas Rührei...«

»Rührei?« fragte ich.

»Das bereiten Sie so ausgezeichnet, so sanft und so locker...«

»Ja, wenn ich Eier habe,« entgegnete ich mit einem Anflug von Grimm über die Köchin.

»Wir lassen welche holen.«

»Es ist Sonntagsruhe,« sagte ich lächelnd, »die Krämerlehrlinge üben sich im Verbrauch der freien Zeit.«

»Dann bleibt's bei Würstchen.«

»Die haben auch Sonntagsruhe.«

»Mama scherzt,« sagte meine Tochter Emmi, »sie will uns nachher um so erstaunlicher überraschen. Fritz und Franz bekommen abgekochte Milch, weißt Du, Mama. Willst Du ihnen eine Extrafreude machen, thust Du ein bißchen Chokolade hinein.«

»Die Milch...«

»... hat auch Sonntagsruhe,« lachte Emmi.

»Hat sie auch,« rief ich durchaus ohne Lachen. Es giebt Zustände, in denen der Hohn sogar verstummt.

Wir gingen hinein. Allgemein Begrüßung. Herr Weigelt rauchert, stieß ich den Doktor an, der natürlich leider keinen Tabak bei sich hatte, indem er meines Karls Colorados so vorzüglich findet, daß er den eigenen Vorrath zu Hause vergißt und jedesmal drei bis fünf mit auf den Heimweg nimmt.

Die Herren geriethen bald in ein Gespräch über den politischen Horizont; Emmi und Auguste tauschten ihre Gedanken über die Kinder aus, die sich ruhig verhielten, da ich immer gleich mit Bilderbüchern anrücke. In einigen Häusern verabreichen sie Trompeten und Trommeln, aber es sind Eltern ohne Nerven.

Ich ging in die Speisekammer und betrachtete den Aufschnitt. Selbst wenn ich ihn noch so künstlich auseinanderbreitete, wurde er nicht hinreichender. Eine Dose Ostseeheringe trieb sich noch umher und eine mit Stangenspargel: für Wilde eine geschmackvolle Zusammenstellung, für Gebildete jedoch keine Sonntagsverherrlichung. Aber der Hunger macht ja wild, scherzte ich in Selbstverzweiflung. Uebrigens mußten noch Oelsardinen da sein, sowie Sardellen. Aber wo?

Ich legte mich auf's Forschen.

Gerade als ich mit dem Schüreisen unter das Spinde fahren wollte, weil man, je eifriger man sucht, um so unbequemere Irrwege einschlägt, kam mir der beruhigende Gedanke: die Sardinen und -dellen sind auf einem Wege mit den Eiern, aber ich fuhr dennoch zu, wie man stets thut, wenn man in Rage ist und entdeckte, wie meist bei solchen Anlässen, denn auch Unerwartetes. Fischdosen kamen allerdings nicht zum Vorschein beim Steckern und Herausziehen, wohl aber hingestopfte Lappen und Papier und Brot- und Käserinden und Wurstpelle und was Mäuse sonst für Delikatessen halten und alles dies größtentheils schon angefressen und zu Müll zernagt von den lieben kleinen Thieren, die mir das größte Abscheu in der vierfüßigen Welt sind. Ich hatte der Köchin befohlen, sie sollte das althergebrachte Mauseloch in der Wand unter dem Spinde zustopfen, mit Glasscherben und Zement, wozu sie einen Auslagegroschen kriegte, aber statt dessen hatte sie dort eine förmliche Hecke anlegen wollen, daß, wenn sie unser Haus verlassen, das Mäusegesindel mich graulen sollte. Und den Zementgroschen hat sie frech aufgeschrieben.

Ehe ich mich fassen konnte, riß wieder einer an der Thürklingel. »Gewiß brennt es oben,« dachte ich, »wundern sollte es mich nach dem Bisherigen nicht.« – Es war aber bloß Onkel Fritz mit noch jemand, den ich nicht kannte.

»Mein Freund Kaulmann,« stellte er vor. »Sangesgenosse aus dem Verein Keuchhusten.« – Ich verbeugte mich, aber nicht tief, denn Singefreundschaft schätze ich nicht besonders hoch. – »Meine Schwester Wilhelmine,« fuhr er fort, »unübertroffen in Herzensgüte und Menschenverpflegung. Den Alkohol dazu liefert mein Schwager.« – »Tenor oder Bierbaß?« fragte ich mit einem Anflug von Abneigung. – »Kassirer ohne Stimmbänder,« entgegnete Onkel Fritz, »im bürgerlichen Leben Zigarrenmensch.«

»Seien Sie herzlich willkommen,« rief ich. »Ganz gewiß haben Sie welche bei sich; drinnen sind zwei, die stöhnen nach Tabak und mein Karl ist nicht hier. Bitte treten Sie näher.«

Herr Kaulmann hatte denn auch die Taschen voll Zigarrenproben, und da ich ausgezeichnete Zündhölzer liefern konnte, war die Gardinenräucherei bald auf das lebhafteste im Gange. Tabak soll ja den Hunger stillen, wie die Mediziner dadurch beweisen, daß wer ihn nicht gewohnt ist, sich gerade so beträgt, wie einer, der sich im Essen und Trinken übernommen hat, und ich war froh, daß die Herren vorläufig nicht auf Abendbrotgedanken kamen.

Aber die Kinder! Ich konnte ihnen doch nicht kalten Stangenspargel zu lutschen geben?

Und dann fiel mir ein, daß die Herren immer sagen, Rauchen trocknet die Trinkorgane aus. Wasser ist zwar ein gesundes Getränk und in der Leitung ist viel davon, aber in gastlichen Häusern wird es doch nur auf persönliches Verlangen vorgesetzt. Höchstens geht es noch als Thee und den mögen die wenigsten Herren im gesunden Naturzustande.

Endlich kam mein Karl, ich horchte ja wie ein Osterhase auf jedes Geräusch an der Flurthür, und draußen war ich.

»Karl,« fragte ich in halblauter Eile, »wo um Himmels willen bleibst Du?«

»Wie so Schatz? Ich war sehr satt von heut mittag und wollte mir etwas Appetit laufen.«

»Karl,« entgegnete ich vorwurfsvoll, »am Sonntag sich häuslichen Appetit laufen, ist für mich geradezu unbegreiflich. Bedenke, wir sind jetzt ein rund gerechnetes Dutzend zu zwölf Personen, und nichts im Hause als zwei Portionen Aufschnitt, eine Dose Heringe, eine Dose Stangenspargel und ein Kanten Landbrot, mit dem Onkel Fritz allein fertig wird. Und Herr Weigelt macht auf mich den Eindruck, als wäre er hohl bis in die Hacken. Und Du rennst Dir noch Extra-Appetit an! Unglaublich!«

»Laß doch irgendwas herum holen.«

»Karl, in welchem Zeitalter lebst Du? Von wo herum? Aber so geht es: Ihr Männer macht die Gesetze und wir Frauen müssen darunter leiden. Wählt doch Leute in den Reichstag, die was vom Hausstand verstehen.«

Mein Mann war nun auch hungrig und infolgedessen übelnehmerisch. »Warum sorgst Du nicht rechtzeitig für Eßbares,« murrte er, »dann kommst Du nicht in Verlegenheit.«

»Ha ha,« lachte ich kurzweg, denn ich hatte Ursache verdrießlich zu sein. »Wenn mir für zwölf Personen Aufschnitt den Sonntag über verdirbt und ich schicke ihn am Montag in den Reichstag, wo sie doch die Sonntagsruhe gedeichselt haben und lasse sagen, nun möchten die Herren Abgeordneten ihn essen: den Antrag lehnen sie mit einstimmiger Majorität ab.«

»Wozu hast Du Dein Eisspinde?«

»Feiertags blos als Kunstschrein. Wenn der Eisbolle sich verspätet und Du stehst und langst schon hin nach dem bißchen gefrorenen Rummelsburg, sowie die Uhr den letzten Schlag gethan hat, protekolliert ihn der Schutzmann wegen Sonntagslästerung. Und Du bist der Mitstaatsverbrecher und hast den ganzen Tag ein unklares Gewissen, aber kein Eis. I bewahre!«

»Du bist ja ausnehmend rosenfarbig.«

»Was soll Herr Kaulmann von uns denken? Zum erstenmal, daß er uns besucht, muß er seine Zigarren für die anderen hergeben und ihm wird nicht Fest noch Flüssig angeboten. Wie der sich wohl als unser Gast vorkommt? Ich will für mein Theil gern bis morgen früh fasten, aber es langt trotzdem nicht. Ob man mit elfen oder mit zwölfen in die vorhandenen Nährwerthe hineindividirt... satt wird keiner. – Geh, mein Karl, sorg' für Trinkbares, ich stelle mittlerweile die Gläser auf, es sieht dann wenigstens aus, als wenn was hinterher käme.«

Mein Karl holte von dem herrlichen Johannitergarten herauf, den wir von Beckers Söhne am Dönhoffsplatz nehmen, und den mochten sie alle und mir wurde auch leichter zu Sinn, obgleich mir die Mausehecke nicht aus dem Kopfe wollte. So ein Pfalzwein kommt aus einem fröhlichen Lande, da sitzt Sonnenschein und Lust in der Flasche und außerdem ist es beruhigend, den Mann wieder zu Hause zu haben, wenn sich während seiner Abwesenheit eine Notlage ausbildete.

Ganz beruhigt war ich, als mein Karl mit einem scherzhaften Hinweis auf die Sonntagsgesetze alle bat, unsere Gäste außerhalb des Hauses zu sein. Gläseranstoßend willigten sie ein und ich pries im stillen die goldene Arznei des Gemüthes, die in den Trauben heranwächst und auch hier Besänftigung erzielte, indem Herr Weigelt seine beleidigte Beamtenmiene glättete. Nur Onkel Fritz mußte wieder mit einer Randbemerkung ruinirend wirken. Was sollte es, daß er ausrief: »Wir fahren miteinander zu Dressel, das Couvert fünf Mark, Gurkensalat mit Schlagsahne, Champagner als Tischwein, Zahnstocher zum Dessert; der russische Handelsvertrag bezahlt alles.«

Kaum hatte Auguste diesen Unsinnsvorschlag gehört, als sie aufstand: sie müßten jetzt nach Hause. – »Auguste,« sagte ich, »ungegessen lasse ich Euch nicht nach der Ackerstraße, das wäre noch schöner. Das nächste Mal schreibt Ihr vorher...«

»Das sähe doch sehr unverschämt aus,« antwortete sie. – »Oder ich schreibe eine Sechserkarte und dann wird nicht gekargt. Allerdings, früher konnte man sich am Sonntag besuchen wie man wollte und war hochwillkommen, je mehr, je besser, weil man schicken konnte und bewirthen und vergnügt mit den Seinigen und guten Freunden sein und Bekannten. Anjetzt hingegen muß man fürchten, verquer zu kommen und in eine Hungerbude zu fallen, wie heute bei mir und da kriegt die alte Berliner Geselligkeit einen häßlichen Riß. Gerade die war des Sonntags und es war hübsch, von beiden Seiten ohne Gene, recht zur Befestigung des Familienlebens und der Freundschaft. Wenn man eigens einladet, muß es gleich vollaufer hergehen; wenn auch keine Mastgesellschaft, so doch mit einem Braten und dergleichen, mindestens mit Umständen, wenn man nicht auf Tadelblicke hinarbeiten will und entzweiende Nachrede. Man blieb am häuslichen Herd und fühlte sich wohl im Heim. Das ist nun vorbei.«

»Sei gut Wilhelmine,« unterbrach mich Onkel Fritz.

»Das ist eine nette Art von Reformation, die den Menschen in die Kneipen jagt,« ereiferte ich mich weiter. »Früher trieben doch höchstens quängelige Weiber die Männer hinein.« – »Als wenn sie nicht von selbst hinfinden könnten,« kam Onkel Fritz wieder dazwischen. »Siehste, in der Koppenstraße ist eine Wirthschaft mit der Inschrift: »Hier werden Biertrinker auf Sonntagsarbeit angenommen.« Was meinst Du, wenn wir uns da auf Akkord meldeten?«

»Ich gehe nicht in Lokale, wo man sich selbst um so mehr zu verabscheuen anfängt, je länger man drin bleibt.«

»Wir haben in der Nähe eine Restauration,« nahm mein Karl das entscheidende Word, »und wenn es just nicht so ist, wie meine Frau kocht« – ... »Das soll ihnen schwer fallen,« schaltete ich ein... – »hat man doch allen Grund, zufrieden zu sein.« – »Margarine ist auch Butter,« bemerkte Onkel Fritz und wandte sich zu den Kindern: »Nu man allat, Ihr kleinen Schluckhälse, die Hauptfütterung beginnt.«

Das verschnupfte Herrn Weigelt; so etwas zu Beamtenkindern sagen! Und Emmi ward auch spitznäsig aussehend; ihre Kinder mit Weigelts in einen Topf zu werfen! Wozu hat man denn die Vornehmheit, wenn Nahestehende ihr die Schleppe abtreten? Aber Onkel Fritz ist einmal so.

Angezogen war sich rasch. »Hast Du Geld genug beigestochen?« fragte ich meinen Karl. – »Es wird nicht zu theuer werden.«

»Gelinde gerechnet dreimal mehr als im Hause und das von Staatswegen. Bei der nächsten Steuereinschätzung ziehst Du diesen Abend ab, das ist nicht mehr als recht.«

Wir sagten dem Portier, wohin wir gingen, damit er schicken könnte, wenn Feuer ausbräche oder sonst ein Malheur, der Sonntag war noch nicht um. Dann gingen wir.

Sonst sind die Wirthe sehr gehorsamst, wenn ein kompletes Dutzend auf einmal anrückt, aber da die Räume gestrichen voll waren, das Untere mit Menschen, das Obere mit Hecht, machte es den geehrten Herrn Kellnern kein Vergnügen, uns zusammengehörigen Platz zu verschaffen. Nach langem Gestehe und Gegehe und Hinundher unter Belästigung der Sitzenden gelang es, uns im Nebensaale anzusiedeln, wo die Menschheit dünner vertheilt war und zwar aus Gründen des Zugs von der einen und des Geruchs von der anderen Seite. Wenn jedesmal, wenn Jemand durchgeht, Einem ein Gemisch von Karbol mit Stalldunst zufliegt,. kann das ebensowenig gesund sein wie Alles, was sonst abscheulich ist, wie z. B. der moderne Moschusgestank, mit dem sich die Menschen verpesten und ihn nicht merken, weil sie hartnäsig sind.

»Wer kann das Moschusthier hier in der Nähe sein?« wollte ich schon fragen, als ich es auch bereits entdeckte und mir das Wort im Munde versteinerte.

Unsere Köchin war es. Sie saß uns schrägüber an einem Tische mit einem Kommisengel von ungefähr doppelter Feldwebelstatur und sah mich an, als wenn sie sagen wollte: vor der Sonntagsruhe sind wir gleich, da ist das Wirthshaus unser Aller Asyl!

Mein Naturgefühl war aufstehen und abgehen; mit dieser Mausefabrikantin dieselbe Karbol- und Menschenluft athmen, das ging über meine Nervenkräfte. Da der Kellner aber schon das Bier gebracht hatte und die Herren die Speisen bestellten, mußte ich mich dem Schicksal beugen. Aber Stunden rinnen, selbst die längsten; einmal schlägt die Nachhausegehuhr doch.

Wir ließen kommen, was es gab; der Eine von einem todten Kalb, der Andere von einem todten Schwein, Emmi Frikassee von Huhn für sich und die Kinder und diesem Beispiele folgten Weigelts. Ich nahm einfach ein Paar Jauersche, worin wahrscheinlich todtes Pferd vorwaltete, so daß so ziemlich das gesammte genießbare Thierreich vertreten war.

Die kleinen Weigelts trinken ihr Bier wie die Großen, das ist so Mittelstandssitte; der Doktor hält es aber für Kinder schädlich.

»Bringen Sie zwei Glas Milch für die Knaben,« sagte Emmi zu dem Kellner. Der entgegnete weder Ja noch Nein, sondern wand sich durch die Gäste hinweg.

Nach und nach kam das Essen. Wie es eigentlich war, ließ sich nicht entscheiden, es schmeckte in dieser Atmosphäre alles überein nach Karboldunst und Tabaksrauch. Ich kostete das Frikassee, mein Urtheil war: Krebsbutter von vorjährigem Nierenfett.

Onkel Fritz hatte ein Rumpsteak, das nicht zu beißen war. Nachdem er es halb hinter hatte, schob er es weg und rief: »Sonntagsarbeit ist verboten. Kellner, einmal Harzer, aber durchen!« – Herr Kaulmann begnügte sich mit einer Schinkenstulle. »Sag' mal, Mensch, Kaulemännchen, was hast Du?« fragte ihn Onkel Fritz, »Du siehst ja wie der Proppen auf der Essigflasche.«

»Wovon soll ich vergnügt sein?« erwiderte Herr Kaulmann, den genauer zu überlegen ich bis jetzt noch nicht genügend Besinnung gehabt hatte. Er ist einer von denen, an die man sich bald gewöhnt: Durchschnittsgröße, daß er fertig aus dem Laden gekleidet werden kann, milder Gesichtsausdruck mit einem verwegen hochgespitzten Schnurrbart darin, offene, braune Augen und das schwarze Haar wie auf neu gebügelt, was nach den Schädelkundigen auf Ordnungssinn deutet und insofern stimmt, als er Vereinskassirer ist, wozu nur ordentliche Leute gebraucht werden können. Außerdem hat er Onkel Fritzens Freundschaft und die würde schon hinreichend bürgen, wenn er sich nicht obendrein mit den Zigarren hilfreich und gut erwiesen hätte.

»Wovon Du vergnügt sein sollst?« fragte Onkel Fritz. »Du sollst Dich des Sonntags erfreuen. Prost Kaulemännchen.

»Das kann ich nicht,« entgegnete Herr Kaulmann. »Bisher verdiente ich am Sonntage so viel wie in der ganzen übrigen Woche und konnte meinem Hauswirt gerecht werden, und der Steuer und was sonst dran hängt und kam vorwärts. Das ist nun wie mit einem Schlage vorbei. Meine Wohnung muß ich aufgeben, die wird mir zu theuer...« – »Deshalb kam ich eben mit Kaulemännchen,« erklärte Onkel Fritz. »Ihr habt ja in dem Fabrikgebäude die Stuben für den Werkführer, die Ihr nicht gebraucht, die könntet Ihr billig an meinen Freund vermieten, daß er mit seiner Einrichtung zu bleiben weiß, bis die Zeiten wieder besser werden.«

»Sie sind möbliert?« fragte ich. – »Vollständig für zwei bis mehrere,« erwiderte Onkel Fritz. »Kaulemännchen wollte heiraten, nettes Mädchen sage ich Dir, Wilhelm, aber er ist nicht so leichtsinnig, daß er die Gefährtin seines Lebens mit in den Geschäftsrückgang hineinschliddern läßt. Denke Dir: Alles parat zum fröhlichen Ehestande – schrumm macht ihm die Sonntagsruhe einen Strich dadurch.« – »Dies ist unerhört,« rief ich, »so etwas kann das Gesetz doch unmöglich wollen. Das ist ja höherer...« – »Wilhelmine,« sagte mein Karl und zwickte mich, »wir sind in einem öffentlichen Lokale, rede Dich nicht vor den Staatsanwalt.« – Mein Mann kennt meinen Schauder vor jeglichem Gerichtlichen; schon ein Referendar macht mich beklommen, obgleich er nur so zu sagen der Stift der Jurisprudenz ist und lange lauern muß, ehe er von oben herab verknacken darf, und seine Warnung bewahrte ich vor Festung oder was darauf steht, denn ich war geladen und das mit Recht. Oder war es etwa besänftigend, daß man in dem Gestank bei dem miserablen Futter sitzen mußte, wo es zu Hause hätte so gemütlich sein können und billiger? Und war Herrn Kaulmanns zerstörtes Glück so gar nichts? Ist er nicht Onkel Fritzens Freund? Und seine Braut? So dicht vor der Kirchenthür und dann mit einem Male zugeklappt und auf Wartezeit gesetzt; das muß ja empören. Aber so ein Staatsanwalt.

Ich beherrschte mich und sagte: »Sprechen Sie dieser Tage mit meinem Mann, Herr Kaulemännchen, wenn es irgend geht, sollen Sie die Zimmer haben. Und nun seien Sie vergnügt.«

»Das kann ich nicht,« erwiderte Herr Kaulmann. »Wenn ich sehe, wie der Wirt an seine Gäste Zigarren verkauft, so viel sie wollen und ich denke, das ist doch mein Geschäft, aber ich darf nicht am Sonntag, was er darf, dann giebt es mir jedesmal einen Stich.« – »Das habe ich noch nicht bemerkt,« entgegnete ich und sah überzeugungshalber um mich. Dann aber stockte meine Gehirnthätigkeit.

»Was hast Du, Wilhelmine. Was starrst Du?« fragte mein Karl. »Siehst Du Gespenster?«

»Eier!« Weiter konnte ich nichts hervorbringen.

War dies denkbar? Da saß meine Köchin mit dem Grenadier und holte ein Ei nach dem anderen aus ihrer Handtasche und er klopfte sie auf und ließ sie gleiten ohne eine Miene zu verziehen.

Meine Eier!

Daß ich nicht in Lachkrämpfe verfiel war ein Wunder und auch nicht passend für die Umgebung; nur den Trost hatte ich: gesättigt kriegte sie den Vierschrot nicht mit den Eiern, für dieses Grabmal meiner Sardinen ist eine Mandel bloß ein Kosthappen.

Zum Glück fingen weiter hinten in dem Tabaksnebel welche an Radau zu verüben, mit Gelächter und Gelärme, mehr als volkstümlich. – »Schöne Sonntagsruhe!« sagte ich. – »Was willst Du?« lachte Onkel Fritz, »die bezahlen auch ihre Steuern.« –

Ich weiß aber wie er es meinte, ich kenne ihn. Er war froh, daß er seine Frau nicht mit hatte.

Der Doktor war mit seiner Atzung fertig. »Liebe Schwiegermutter,« redete er, »die Sonntagsruhe ist eine Nothwendigkeit. Sie giebt dem Arbeitenden die erforderliche körperliche und geistige Erholung.« – »Wir erholen uns hier prachtvoll,« höhnte ich. – »Der Mensch muß empfinden, daß ihm bei der Last des Lebens die Lust nicht verkümmert wird, daß er auch sein Vergnügen hat.«

»Erlauben Sie,« unterbrach ihn Herr Kaulemännchen lebhaft, »Meine Arbeit ist mein Vergnügen. Ich bin nicht für Landpartien mit vollgestopften Stadtbahnen und überfüllten Kneipen oder Skat bis zum Stumpfsinn, das ist mir mehr Strapaze als die Kunden im Laden bedienen, woran ich meine Freude habe, indem jeder Groschen mein Glück bauen hilft. Und gerade Sonntagsnachmittags blühte das Geschäft. Warum darf der Wirth verkaufen, warum wird dem die Sonntagsruhe nicht auch gegönnt?« – »Das geht einmal nicht anders,« sagte der Doktor. – »Hätt' ich das vorher gewußt, wäre ich Kneipier geworden,« erwiderte Kaulemännchen, »dann könnt' ich das Fett vom Sonntag abschöpfen und heirathen. Wie schrecklich die Feiertage jetzt für mich sind, das vermag ich kaum zu sagen.«

»Sie können ja auch in die Kirche gehen,« suchte ich ihn zu beruhigen. – »Das that ich sonst gern, aber was soll ich jetzt darin? Zu danken hab' ich nichts, weil mein Geschäft zurückgeht und bitten nützt nichts, weil Gesetze eben Gesetze bleiben. Es heißt bete und arbeite, aber mir wird das Arbeiten verboten, was soll ich da beten? Und mit Gewalt treibt mich keiner in die Kirche. Wenn ich mich verheirathe: bloß auf dem Standesamt und damit Punktum.«

»Herr Kaulemann,« sagte ich, »wenn man vor lauter Gesetz und Recht das Rechte nicht mehr sieht, darf man nicht tücksch mit dem lieben Gott werden. Wer weiß, wie es noch kommt und wie Ihr Leben sich gestaltet? Sehen Sie sich die Stuben erst man an!« – Er seufzte. An dem Tisch nebenan versorgten sich junge Leute mit Zigarren. – Ich seufzte auch; der Soldat klopfte wieder ein Ei auf.

Weigelts waren sehr schweigsam. Auguste schien es peinlich zu sein, uns mit der ganzen Familie in der Kneipe zur Last zu fallen und ihm war die Verpflegung sichtlich nicht flott genug. Aber was konnte ich gegen diese Festruhestimmung machen?

Emmi hatte wiederholt Milch für die Kinder verlangt, aber sie kam nicht. Schließlich ward der Doktor ärgerlich und fragte fest und bestimmt: »Kellner, wo bleibt die Milch?« – »Hier ist nur Bierwirthschaft,« antwortete der anzüglich, als wenn er sagen wollte: »Kinder geben ja doch kein Trinkgeld.« – In dem Augenblicke als der Doktor eine Anstandsbelehrung für Kellner begann, stürzte unser Portier heran, der Herr Doktor möchten sogleich nach der Frobenstraße kommen, der Bote warte draußen.

»Dir hilft alle Lobpreisung der Sonntagsruhe nichts,« sagte Onkel Fritz, »Du mußt an die Arbeit. Kurire Deinen Patienten und dann verklage ihn wegen Sonntagsgesetzübertretung. Wetten, daß ein schneidiger Richter ihn beisteckt?«

Der Doktor hatte keine Zeit hinzuhören und da Einer ging, brachen wir Alle auf. Mein Karl berappte; Weigelts konnten die Pferdebahn benutzen, Emmi und die drei Knaben wurden in eine Droschke gepackt. Onkel Fritz und Herr Kaulemann blieben hocken. »Wir feuchten den sündigen Erdenstaub an,« sagte er, »das ist die richtige vom Staat gestattete Sonntagsthätigkeit.«

Ich war froh als ich draußen war. Die Luft, der Lärm, die Köchin, die Eier, die grenzenlose Unbehaglichkeit, das lag zentnerschwer auf mir. Und so was mußte man obendrein theuer bezahlen. Dazu über die Bergfeldten nichts erfahren.

Die Köchin mußte ich mir morgen angeln. Aber man ist auch hier so gut wie machtlos; läßt man sich hinreißen, wer garantirt für den Richterspruch?

»Warum bist Du so still, Alte?« fragte mein Karl besorgt. »Schön war der Abend allerdings nicht.«

»Karl, ich philosophire, wie die alte Häuslichkeit vor dem Untergange in der Sonntagsruhe gerettet werden kann. Man muß sich nämlich mit allem möglichen Proviant versehen, eingemachten Dosen, Schiffszwieback, Backobst, Dörrgemüse und was es nur giebt und ich schreibe dazu ein ›kaltes Kochbuch für die Sonntagsruhe‹. Du sollst sehen, dann kann es trotzdem noch einigermaßen wieder gemüthlich werden.«

 


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