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In Strengnaes.
Ein Kreuzgang vor der Universität mit Baumanpflanzungen. Im Hintergrunde eine Mauer, über der blühende Fruchtbäume von hinten emporragen.
Olaf sitzt auf einer Steinbank; vor ihm zwei Schüler, die ihre Rollen zu »Tobiae Comödia« studieren. Dann Laurentius Petri.
Erster Schüler. »In unsrer Feinde Macht wir nun stehn;
Wie wird es doch Israels Kindern gehn!«
Zweiter Schüler. »Ach lieber Bruder, was sollen wir klagen,
Da mitten wir sind in des Jammers Tagen –
Fort sind unsre Äcker und was wir ersparten,
Jetzt haben nichts Gutes wir mehr zu erwarten.
Schon lange hab' ich es gesagt und gefunden,
Daß Abrahams Gelübd' dem Gedächtnis entschwunden!«
Laurentius Petri (der inzwischen hinzugekommen ist, zu Olaf). Was treibst du da?
Olaf. Ich spiele!
Laurentius Petri. Du spielst?
Olaf. Ja, ich spiele eine kleine Comödia von den Kindern Israel und der babylonischen Gefangenschaft!
Laurentius Petri. Hast du nichts Besseres zu tun? Größere Arbeit liegt dir ob.
Olaf. Ich bin noch zu jung!
Laurentius Petri. Sage nicht, ich bin zu jung!
Olaf. Ja, denn es gibt noch viele andere, die dasselbe sagen!
Laurentius Petri (entrollt ein Papier, das er hervorgezogen hat; blickt Olaf eine Weile an und liest dann vor): »Und des Herrn Wort geschah zu Jeremias und sprach: Ich kannte dich, ehe denn ich dich im Mutterleibe bereitete; und sonderte dich aus, ehe denn du von der Mutter geboren wurdest; und stellte dich zum Propheten unter die Völker. Jeremias aber sprach: Ach Herr, Herr, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung. Der Herr aber sprach: Sage nicht, ich bin zu jung; sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen, was ich dir heiße. Denn ich will dich heute zur festen Stadt, zur eisernen Säule und zur ehernen Mauer machen im ganzen Lande wider die Könige Judas, wider ihre Fürsten, wider ihre Priester, wider das Volk im Lande, daß, wenn sie gleich wider dich streiten, dennoch nicht sollen wider dich siegen: denn ich bin bei dir, spricht der Herr, daß ich dich errette!«
Olaf (springt auf). Sagte das der Herr?
Laurentius Petri (liest weiter). »So begürte nun deine Lenden und mache dich auf; und predige ihnen alles, was ich dir heiße.«
Olaf. Warum gehst du nicht selbst?
Laurentius Petri. Ich bin zu alt!
Olaf. Du bist feig!
Laurentius Petri. Ja, denn mir fehlt die Kraft; aber du hast sie – verleihe Gott dir nun auch den Glauben.
Olaf. O ja, ich besaß einmal die Lohe des Glaubens, und sie brannte herrlich, aber die Mönchssippschaft löschte sie aus mit ihrem Weihwasser, da sie den Teufel aus meinem Körper vertreiben wollten.
Laurentius Petri. Es war Strohfeuer, welches erst verflackern mußte; aber nun wird der Herr in dir ein beständiges Feuer entzünden, das die Wohnstätten der Philister verzehren wird. Weißt du, was du willst, Olaf?
Olaf. Nein, aber mir ist, als sollte ich ersticken, wenn ich an dies arme Volk denke, welches nach Erlösung seufzt. Sie rufen nach Wasser, nach dem Wasser des Lebens, aber es ist niemand da, der welches zu geben hätte.
Laurentius Petri. Reiße erst das alte, morsche Haus nieder, das kannst du! Der Herr selbst wird ihnen dann ein neues bauen.
Olaf. Aber dann bleiben sie eine Zeitlang ohne Dach über ihrem Haupte!
Laurentius Petri. So bekommen sie wenigstens frische Luft!
Olaf. Aber einem ganzen Volke seinen Glauben rauben! Sie werden verzweifeln!
Laurentius Petri. Ja, sie werden verzweifeln!
Olaf. Und man wird Weh über mich rufen und mich schelten und vor die Obersten schleppen.
Laurentius Petri. Fürchtest du dich?
Olaf. Nein – aber das Ärgernis –
Laurentius Petri. Olaf! Du bist zum Ärgernis geboren; du bist geboren, um zu verwunden. Der Herr wird schon heilen.
Olaf. Ich fühle, welche Richtung der Strom nimmt; noch halte ich mich am Bollwerk fest, lasse ich es aber los, dann reißt der Strom mich mit sich fort.
Laurentius Petri. Laß nur los; es wird nicht an Leuten fehlen, die dich aufhalten!
Olaf. Reich mir deine Hand, Laurentius, wenn ich zu tief in den Strudel hineingerate.
Laurentius Petri. Das steht nicht in meiner Macht, und du mußt in den Strudel hinein, wenn du auch untergehen solltest.
Olaf. Welchen Sturm hast du in meiner Seele erregt! Soeben noch saß ich im Schatten der Bäume und spielte, und es war Pfingstabend und Lenz und Frieden. Und nun – warum wanken nicht die Bäume, warum umdüstert sich nicht der Himmel? Leg deine Hand auf meine Stirn und fühle, wie das Blut darin zu wallen beginnt! Verlasse mich nicht, Laurentius; ich sehe einen Engel mir entgegenkommen mit einem Kelch; dort auf der Abendwolke wandelt er dahin, blutrot ist sein Weg, und in der Hand trägt er ein Kreuz. – Nein, ich vermag es nicht, ich kehre zurück zu dem stillen Tal; laß andere kämpfen; ich will zusehen! – Nein, das doch nicht, aber ich will nachfolgen und den Verwundeten Heilung bringen und den Sterbenden Frieden ins Ohr flüstern. Frieden! – Nein, nein, ich will mitkämpfen, aber in den letzten Reihen; warum soll ich vorangehen?
Laurentius Petri. Weil du der Mutigste bist!
Olaf. Nicht der Stärkste?
Laurentius Petri. Die Starken folgen nach – und den Stärksten hast du an deiner Seite: das ist er, der dich zum Kampfe ruft!
Olaf. Hilf mir, Gott! Nun gehe ich!
Laurentius Petri. Amen!
Olaf. Und du folgst mir?
Laurentius Petri. Allein sollst du gehen mit Gott!
Olaf. Warum ziehst du dich zurück?
Laurentius Petri. Ich bin nicht zum Streiten geboren; nur dein Waffenschmied will ich sein! Gottes reines Wort soll deine Waffe werden, und du sollst sie dem Volke in die Hände geben; denn nun ist die Türe zur päpstlichen Rüstkammer eingeschlagen, und jeder, der den Namen Mensch trägt, soll selbst für die Freiheit seines Geistes kämpfen!
Olaf. Aber wo sind meine Feinde? Ich brenne vor Kampfbegierde, aber ich sehe niemand, mit dem ich kämpfen könnte.
Laurentius Petri. Du brauchst sie nicht zu rufen, sie kommen schon von selbst! Lebe wohl! Du kannst beginnen, wenn du willst! Gott sei mit dir!
Olaf. Geh nicht von mir, ich muß noch länger mit dir reden!
Laurentius Petri. Hier kommt der Vortrab – rüste dich nun. (Er geht ab.)
Die Vorigen ohne Laurentius Petri. Gert. Bürger. Weiber. Kinder. Gert und eine Schar Bürger mit Weibern und Kindern kommen zur Kirchentür rechts. Dort bleiben sie stehen, entblößen die Häupter und machen das Zeichen des Kreuzes.
Gert (in gewöhnlicher Bürgertracht). Es ist heute am Pfingstabend nicht zur Abendmesse geläutet worden – das ist sehr sonderbar!
Ein Bürger. Und die Kirchentür ist geschlossen! Vielleicht ist der Priester krank.
Gert. Oder er ist noch nicht aufgestanden!
Der Bürger. Was sagt Ihr?
Gert. Ich meine, wenn er krank ist.
Der Bürger. Aber in solchem Fall hat er doch Meßgehilfen, so daß einer von ihnen an seiner Stelle uns eine Messe lesen könnte.
Gert. Sie sind wahrscheinlich zu sehr in Anspruch genommen!
Bürger. Wodurch?
Gert. Ja, das kann man nicht gut wissen!
Bürger. Hütet Euch wohl, mein Lieber! Ihr scheint mir ein wenig zu den Lutherischen hinzuneigen! Bischof Hans Brask von Linköping ist hier in der Stadt und der König auch!
Gert. Ist Brask hier in der Stadt?
Bürger. Gewiß. Aber wir müssen doch erst an der Tür selbst versuchen, ob die Kirche wirklich verschlossen ist.
Gert (springt auf die Treppe und schlägt an die Pforte). Gottes Haus am Pfingstabend geschlossen! Die hochehrwürdige Geistlichkeit erteilt heilte bei Gott nicht Audienz, folglich muß die ehrsame Bürgerschaft nach Hause gehen und sich ohne Messe zu Bett legen. Seht her, gute Leute – hier ist eine Tür, die sicherlich nur von Holz ist, aber das macht nichts, denn sie ist mit Kupfer beschlagen – betrachtet nun einmal die Tür! Wenn ich nun sage, Gott wohnt hier drinnen, so ist es sein Haus, und wenn ich weiter sage, daß des Bischofs Diakonus oder Sekretarius oder Kanonikus oder irgendein anderer -us, denn nur die Männer des Geistes endigen auf us, wenn ich aber weiter sage, ein solcher Mann hat den Schlüssel zu dieser Tür an einem Nagel in seinem Schlafzimmer aufgehängt, dann sage ich damit nicht, daß er Gott für uns eingeschlossen und den Schlüssel auf einen Nagel in seinem Schlafzimmer aufgehängt hat, sondern ich sage nur, daß wir nicht hineinkommen können und heute abend Gottesdienst abhalten, wir, die wir die sechs Tage der Woche uns gemüht und geplagt haben, Schuhe und Wämser zu machen, und die wir gebraut und gebacken und geschlachtet haben die ganze Woche für die hochehrwürdige Geistlichkeit, auf daß sie sich herablassen möchte, am siebenten Tage für uns den Gottesdienst abzuhalten. Dies lege ich dem hochlöblichen Kapitel durchaus nicht zur Last, denn auch sie sind ja nur Menschen, und Gott allein ist imstande, sechs Tage zu arbeiten, und selbst er ruhte sich am siebenten.
Bürger. Ihr lästert Gott, Meister!
Gert. Wohl möglich, aber er kann es ja nicht hören, da die Türe verschlossen ist.
Ein Weib. Jesus Maria! Das ist ein Antichrist!
Gert (donnert an die Tür). Hört ihr, wie leer das tönt! – Es steht in der Bibel, der Vorhang zum Allerheiligsten riß einmal entzwei, und das mag wahr sein, aber ob die Hochehrwürdigen ihn später wieder zusammengenäht haben, davon steht nichts in der Bibel, und darum braucht es keine Lüge zu sein.
(Die Leute stürzen auf Gert zu, die Kinder schreien.)
Der Bürger. Wehe dir, du Lutheraner, denn ein solcher bist du. Wir haben uns versündigt, darum hat der Herr sein Haus uns verschlossen. Hörst du nicht, wie selbst die Kinder bei deinem Anblick schreien, du unreiner Geist!
Gert. Ja, weil ihr ihnen auf die Zehen tretet, lieben Freunde!
Das Weib. Rührt ihn nicht an, er ist vom Teufel besessen!
Der Bürger. Nieder mit ihm! Nieder mit ihm!
Gert. Rührt mich nicht an, denn auf diesem Platz stehe ich in Gottes Schutz!
Der Bürger. Gott schützt den abgefallenen Engel nicht!
Gert. Wenn Gott es nicht tut, so tut es die heilige Kirche, und ich stehe hier innerhalb ihrer geweihten Mauern.
Mehrere Bürger. Zieht ihn aus den Kirchenmauern heraus!
Gert. Fürchtet ihr nicht Gott, so fürchtet zum mindesten den Fluch des heiligen Vaters!
Das Weib. Schleppt ihn von der Türe fort; denn sein unreiner Geist ist es, der die Kirche behext hat!
Der Bürger. Ja, ja! Gott öffnet seine Kirche nicht dem Teufel!
(Sie stürzen auf Gert zu.)
Des Bischofs Sekretarius tritt im selben Augenblick herein; vor ihn: geht ein Diakonus, der Stille gebietet.
Die Vorigen. Der Sekretarius, ein Diakonus.
Sekretarius (liest). »Alldieweil unsere Stiftsstadt ihre Abgabe für den Bischofsstuhl nicht berichtigt hat und also die Stadt noch weiterhin sich widerspenstig gegen selbige Entrichtung erweist, hat das Domkapitel es für gut befunden, mit Bezugnahme auf seine Gerechtsame und die Bestätigung der Kurie, die Tür der Kirche zu schließen und mit Opfern und Messe aufzuhören, bis obengenanntes Mißverhältnis geordnet worden, und drohen einem jeden, so sich hiernach nicht richtet, mit unserer höchsten Ungnade.
Datum vigilia assumptionis Mariae.
Kapitel zu Strengnaes.«
(Er geht ab mit dem Diakonus.)
Die Vorigen ohne Sekretarius und Diakonus.
Gert. Was sagt ihr nun, gute Leute?
Der Bürger. Keine Messe am Pfingstabend! Das ist schändlich!
Gert. Nehmt Euch in acht und sagt nichts Böses von den Priestern; es ist wohl nicht ihre Schuld.
Der Bürger. Wessen denn?
Gert. Der Kirche! Der unsichtbaren, allmächtigen Kirche! Es ist die Kirche, seht Ihr, die die Kirche geschlossen hat!
(Das Volk äußert sein Mißfallen.)
Olaf (ist vorgetreten und läutet die Vesperglocke mit Hilfe eines Strickes, der vom Turm herniederhängt). Ist es euch Ernst mit eurem Gottesdienst, so werde ich euch eine Messe abhalten!
Der Bürger. Dank, Meister Olaf, aber wißt Ihr nicht, welche Folge das haben kann?
Olaf. Laßt uns Gott mehr fürchten als die Menschen.
(Die Anwesenden fallen auf die Knie.)
Olaf. Liebe Freunde, Brüder und Schwestern in Christo Jesu! Da wir nun versammelt sind –
Der Bürger. Meister Olaf ...
Olaf. Was gibt es?
Der Bürger. Wir wollen unsere richtige Messe haben und keine neue Menschenerfindung.
Gert. Lieber Meister Olaf, es muß natürlich auf Latein sein, sonst verstehen wir nicht, was Ihr sagt!
Der Bürger. In der heiligen Sprache muß es sein, sonst kann ja jeder Beliebige die Messe lesen.
Olaf. Ja, du, gerade so soll es werden. Jeder einzelne für sich und mit Gott!
Volk. Ein Lutherischer! Ein Lutherischer! Ein Antichrist!
Der Bürger. So! – Auch Ihr, Meister Olaf, der Ihr noch so jung seid und so voll Eifer, seid von dem deutschen Teufel angesteckt! Ich bin ein alter Mann und kenne die Welt, ich will Euer Wohl; kehret um, da Ihr noch so jung seid – fügt Euch uns und lest die alte Messe.
Olaf. Nein, nun ist's vorbei mit diesem Narrenspiel! – Im Geist und in der Wahrheit sollt ihr beten, und nicht mit Worten, die ihr nicht versteht.
Der Bürger. Glaubt Ihr nicht, mein junger Freund, daß Unser Herr Latein versteht?
Gert. Aber Schwedisch kann er nicht einen Muck!
Der Bürger. Meister Olaf, wollt Ihr das Volk von Euch gehen lassen ohne ein Wort der Erbauung – seht Ihr nicht, wie es sich nach seinem Gott sehnt? Bringt Euren eignen sündigen Willen zum Opfer und laßt das Volk nicht gehen, als wenn es keinen Hirten hätte!
Olaf. Ihr nennt meinen Willen sündig?
Der Bürger. Ihr seid ein harter Mann!
Olaf. Sagt das nicht! Wißt Ihr, was dieses Glockenläuten mich kostet?
Gert. Und Euren Frieden! Denn es ist die Sturmglocke, die zum Kampfe läutete! Hei, nun beginnt er! Bald werden Stockholms Glocken Antwort geben, und dann wird Hussens, Ziskas, dann wird Tausender Bürger Blut über die Fürsten und Päpstlichen kommen.
Das Weib. Weh' uns, er rast!
Der Bürger. Kennt Ihr den Mann, Meister Olaf?
Olaf. Nein!
Gert. Olaf! Du kennst mich! Verleugne mich nicht! Fürchtest du diese elenden Bedauernswürdigen, die ihr eigenes Bestes nicht wollen – die niemals das Wort Freiheit gehört haben!
Olaf. Wie heißest du?
Gert. Wenn ich es sagte, würdet ihr erbeben! Ja, es ist wahr, erbeben müßt ihr, auf daß ihr aus eurem Schlafe erwachet! Ich heiße der verworfene Engel, der tausend und aber tausendmal umgehen soll, ich heiße der Befreier, der zu früh kam, ich heiße der Satan, weil ich euch mehr liebte, als mein Leben, ich habe Luther geheißen, nun heiße ich Anabaptista!
Volk (fährt zusammen und bekreuzigt sich). Anabaptista!
Gert (wirft die Verkleidung ab und erscheint nun bedeutend älter). Kennst du mich nun, Olaf?
Olaf. Vater Gert!
Der Bürger. Er nennt ihn Vater!
Volk (zieht sich zurück). Anabaptista! Anabaptista!
Das Weib. Seht ihr nicht, das ist der verfluchte –
Der Bürger. Gert Bokprenter! Brasks Buchdrucker!
Zweiter Bürger. Er, der den Luther gedruckt hat.
Das Weib. Weh' uns und unserer Stadt! Weh' über unsere Priester, daß sie Umgang Pflegen mit dem Antichrist.
Der Bürger. Er verleugnet die Taufe!
Das Weib. Er verleugnet Gott!
Alle (gehen ab bis auf Olaf und Gert).
Olaf. Gert.
Olaf. Vater Gert, du führtest eine gefährliche Sprache!
Gert. Glaubst du, sie war gefährlich, Olaf? Gott segne dich dafür!
Olaf. Gefährlich für dich, meine ich!
Gert. Nicht auch für einen andern?
Olaf. Hoffen wir es!
Gert. Du hast Luther gekannt?
Olaf. Ja. Und nun will ich seine Tat in meinem Vaterland vollbringen.
Gert. Weiter nichts?
Olaf. Wie meinst du?
Gert. Das ist zu wenig! Luther ist tot! Er hat den Anfang gemacht! Wir müssen das Begonnene weiterführen!
Olaf. Wo willst du mich hinführen?
Gert. Weit, weit fort, Olaf!
Olaf. Ich fürchte mich vor dir, Vater Gert!
Gert. Ja, ja! Du sollst dich auch fürchten, denn ich will dich auf einen hohen Berg hinaufführen, von dem du über die Welt hinausblicken sollst. Siehst du, Olaf, wir haben jetzt Pfingsten. Da war es, als der heilige Geist herniederstieg und sich über die Apostel, nein, über die ganze Menschheit ausgoß. Du kannst den heiligen Geist erhalten, ich habe den heiligen Geist erhalten, denn ich glaubte daran! Gottes Geist ist auf mich heruntergestiegen, das fühle ich, und darum hat man mich als einen Wahnsinnigen eingesperrt, aber nun bin ich frei, und nun werde ich reden, denn siehst du, Olaf, nun stehen wir auf dem Berge! Siehst du, wie das Volk auf seinen Knien zu den beiden Männern hinkriecht, die auf seinen Stühlen sitzen. Der größere von ihnen hat zwei Schlüssel in seiner einen Hand, einen Donnerkeil in der andern, das ist der Papst. Nun erhebt er den Donnerkeil, und Tausende von Seelen verfallen der Verdammnis, und die andern küssen seinen Fuß und singen Gloria Deo – und er auf dem andern Stuhle wendet sich um und lächelt. Betrachte nun den andern. Er hat ein Schwert und ein Zepter. Beuge dich vor dem Zepter, oder dich trifft das Schwert. Er runzelt seine Augenbraue, und alles Volk erbebt. Da wendet er sich an seinen Nachbar auf dem andern Stuhl, und beide lächeln. Das sind zwei Bilder Baals. Aber dann hört man ein Getöse in der Luft gleichwie das Murren des Volkes. Wer muckt da? ruft der Papst und schüttelt seinen Donnerkeil. Wer murrt? und der Kaiser schwingt sein Schwert. Niemand antwortet. Aber es tönt noch immer in der Luft, und es saust und ruft: »Denket!« Und der Papst fährt zusammen, und der Kaiser erbleicht und fragt: »Wer war es, der da rief: Denket? Ergreift ihn, und ich nehme ihm das Leben!« Und der Papst ruft: »Führt ihn hierher und ich nehme ihm die Seele!« Es war die Luft, welche rief, es war niemand, der rief; aber die Stimmen wachsen, und ein Sturmwind fährt über die Alpen daher und bricht über das Fichtelgebirge herein, und erweckt die Ostsee aus ihrem tiefen Schlaf, und es gibt einen Widerhall an den Küsten, und tausendfältig geht der Ruf über die Welt hinaus: Freiheit! Freiheit! Und der Papst wirft die Schlüssel ins Meer, und der Kaiser steckt sein Schwert in die Scheide, denn sie vermögen nichts wider den Ruf! – Olaf! Du willst den Papst treffen, aber du vergissest den Kaiser! Den Kaiser, der sein Volk in zahlloser Menge mordet, weil es zu seufzen wagt, wenn man ihm auf die Brust tritt. Du willst den Papst in Rom treffen, aber wie Luther ihnen einen neuen Papst in der Heiligen Schrift geben. Höre mich! Höre mein Wort! Binde die Geister mit keiner Fessel, welcher Art sie auch sei! Vergiß nicht den großen Pfingsttag, vergiß nicht das große Ziel: Geistiges Leben und geistige Freiheit. Gehorche nicht dem Rufe des Todes: »Siehe, alles ist sehr gut!« denn dann kommt nicht das tausendjährige Reich, das Reich der Freiheit, und das ist es gerade, was jetzt beginnt!
Olaf (schweigt).
Gert. Erzitterst du?
Gert. Der Tag wird kommen, da man mich Papist nennen wird! Ziele nach dem Himmel und du triffst den Waldessaum!
Olaf. Kehre um, Gert! Du bringst Unglück über dich selbst und das Reich! Siehst du nicht, wie das Land noch im Wundfieber seit den letzten Kriegen erbebt, und doch willst du Bruderkrieg säen – das ist gottlos!
Gert. Nein, das Messer steckt nun einmal im Fleische – schneide zu, dann kann der Körper gerettet werden.
Olaf. Ich gebe dich als Landesverräter an!
Gert. Es frommt dir nicht, solches zu tun, du, der heute für ewig mit der Kirche gebrochen hat! Und übrigens –
Olaf. Sprich aus, Gert! Du siehst in diesem Augenblicke wie der Satan aus.
Gert. Du sollst mein Geheimnis erfahren; gebrauche es, wie du willst! Siehst du, der König reist heute nach Malmö; übermorgen ist Stockholm in Aufruhr.
Olaf. Was sagst du?
Gert. Kennst du Rink und Knipperdollink?
Olaf (entsetzt). Die Wiedertäufer?
Gert. Ja! Warum so erschrocken? Das ist ja nichts weiter, als lumpiges Bürgerpack. Ein Kürschner und ein Krämer, die den Nutzen der Taufe an einem vernunftlosen Kinde leugnen und einfältig genug sind, sich einem vorsätzlichen Meineid zu widersetzen, der einem unvernünftigen Wesen abgezwungen wird.
Olaf. O, es handelt sich um noch mehr!
Gert. Was sollte das sein?
Olaf. Sie sind besessen.
Gert. Vom Geiste, ja! Es ist der Sturm, der durch sie ruft! Hüte dich, dazwischen zu treten!
Olaf. Das muß verhindert werden! Ich gehe zum König.
Gert. Olaf! Wir sollten Freunde sein! Deine Mutter wohnt doch in Stockholm?
Olaf. Das weißt du ja.
Gert. Weißt du, daß meine Tochter Christina bei deiner Mutter wohnt?
Gert. Ja, bis auf weiteres. Siegen wir, wird deine Mutter um meiner Tochter willen sicher sein, siegen die Katholischen, ja, dann ist meine Tochter um deiner Mutter willen sicher. Und du fürchtest ja für Christina?
Olaf. Gert! Gert! Wo bist du so klug geworden?
Gert. Im Irrenhause!
Olaf. Verlaß mich! Du stürzest mich ins Unglück!
Gert. Ja, wenn es ein Unglück ist, alles irdischen Glückes beraubt, ins Gefängnis geworfen zu werden, Armut zu erleiden, gehöhnt und verspottet zu werden – um der Wahrheit willen. Dann verdienst du ein so großes Unglück nicht. Ich glaubte, du würdest mich verstehen, ich baute auf deine Hilfe, denn du hast noch Feuer in dir, aber ich sehe, daß die Welt dich lockt; geh mit dem Strome und werde glücklich!
Olaf. Ein Mann kann nicht seine Zeit umschaffen!
Gert. Luther tat es doch!
Olaf. Man kann sich nicht dem Strom entgegenstellen!
Gert. Tor! Leite den Strom, denn der Strom – das sind wir; die Alten sind stillstehende Sumpflöcher, gegen sie brauchst du wahrlich nicht zu streiten; aber laß sie nicht in Fäulnis übergehen oder austrocknen; schaffe ihnen Abfluß, und auch sie werden mitströmen!
Olaf. O, ich verstehe dich; du hast einen Gedanken in meiner Seele erzeugt, aber ich muß ihn bei der Geburt erwürgen, sonst tötet er mich!
Gert. Glaube mir, du sollst ein Daniel werden, der den Fürsten die Wahrheit sagen soll, und sie werden dir nach dem Leben trachten, aber der Herr wird dich beschützen. Nun gehe ich ruhig von hinnen, denn ich sehe die Flamme in deinem Auge leuchten und die Feuerzunge über deinem Haupte sich regen. Frohe Pfingsten, Meister Olaf! (Im Abgehen.) Hier kommen die Fliegen des Königs; laß sie nicht deine reine Seele beschmutzen!
Olaf. Jesus hilf mir!
Bischof Hans Brask und Bischof Mogens Sommar (treten auf).
Olaf. Bischof Brask und Bischof Mogens. Mogens geht zu Olaf hin; Brask hält sich zurück und betrachtet die Umgebung.
Mogens (zu Olaf). Kanonikus! Wer hat zur Vesper geläutet?
Olaf (sanftmütig, aber fest). Das habe ich getan!
Mogens. Kanntet Ihr nicht den Befehl?
Olaf. Das Verbot kannte ich wohl!
Mogens. Und Ihr habt es gewagt zu trotzen?
Olaf. Ja! Als das Volk losgelassen wurde, wie das Schaf ohne Hirten, habe ich es sammeln wollen!
Mogens. Ihr tadelt unsere Handlungen, glaube ich? Ihr seid in Wahrheit tollkühn.
Olaf. Die Wahrheit ist stets tollkühn.
Mogens. Ich glaube, der junge Mann möchte den Wahrheitszeugen spielen; dafür werdet Ihr keinen Dank erhalten!
Olaf. Ich begehre nur Undank.
Mogens. Geht mit Euren Wahrheiten sparsam um; sie sind nicht mehr im Handel.
Olaf (heftig). Ein Rat, des Vaters der Lüge würdig! – (Mild.) Vergebt mir!
Mogens. Wißt Ihr, mit wem Ihr redet?
Olaf (erregt). Mit servus servi servorum Mogens Sommar!
Brask (hinzukommend). Wer ist der Mann?
Mogens. Er gehört zu den Dienern der Kirche.
Brask. Wie heißt er?
Mogens. Olaf Pederson, alias Olaus Petri.
Brask (blickt Olaf scharf an). Bist du Meister Olaf?
Olaf (verneigt sich und blickt Brask an).
Brask. Du gefällst mir. Willst du mein Sekretarius sein?
Olaf. Ich danke Euer Gnaden, aber ich habe kein Zeugnis.
Brask. Bischof Mogens! Was sagt Ihr?
Mogens. Er soll von Doktor Luther sehr gerühmt worden sein.
Brask. So habe ich gehört! Jugendlicher Übermut, weiter nichts! Wir werden ihn erziehen!
Olaf. Ich fürchte, es ist zu spät dazu!
Brask. Junge Weiden biegen sich!
Mogens. Euer Gnaden werden doch nicht eine Schlange an Ihrem Busen nähren wollen. Unser Kanonikus neigt stark zur Ketzerei hin und hat heute gewagt, sich unserm Befehl zu widersetzen.
Brask. So?
Mogens. Wir proklamierten aus vollgesetzlichen Gründen Ausfall der Messe, und er hat sich vermessen, Messe abzuhalten, und was schlimmer ist: eine lutherische Messe, und dadurch das Volk erregt.
Brask. Hüte dich, junger Mann! Weißt du, daß der Bann den trifft, der Luther verkündigt?
Olaf. Das weiß ich! Aber ich fürchte keinen andern Gott, als Gott!
Brask. Überlege deine Worte! Ich wollte dein Wohl, und du stößt mich zurück!
Olaf. Ihr wolltet meine Kraft erkaufen, um eure sieche Sache zu erretten, und ich war frech genug, mich nicht verkaufen zu wollen.
Brask. Ich glaube, beim heiligen Georg, du bist von Sinnen.
Olaf. Wenn es so ist, so gebraucht nicht dieselbe Kur gegen mich, wie gegen Gert Bokprenter, den Ihr ins Irrenhaus einsperren ließt. Er wurde dort zu klug, fürchte ich.
Brask (zu Mogens). Kennt Ihr Gert?
Mogens. Nein, Euer Gnaden!
Brask. Das ist ein verrückter Mensch, der meine Druckpresse benutzte, um Luthers Schriften zu drucken, wenn ich ihm antilutherische zu setzen gab. Und dann schwärmte er von der Apokalypse und dem tausendjährigen Reiche. (Zu Olaf.) Hast du ihn gesehen?
Olaf. Er war soeben hier, und von ihm habt Ihr wenig Gutes zu erwarten!
Brask. Ist er freigekommen?
Olaf. Er wird bald in Stockholm sein, und dann werdet Ihr schon von ihm hören! Hütet Euch, Herr Bischof!
Brask. Oho, noch ist keine Gefahr!
Olaf. Die Wiedertäufer sind in Stockholm!
Brask. Was sagst du?
Olaf. Die Wiedertäufer sind in Stockholm!
Brask. Die Wiedertäufer?
König Gustav Wasa (tritt schnell herein).
Die Vorigen. König Gustav Wasa.
Gustav. Was geht hier vor? Die Stadt ist in Gärung! Volk zieht in den Gassen umher und fordert die Messe! Was bedeutet das?
Brask. Entartung, Euer Gnaden!
Gustav. Bischof Mogens!
Mogens. Die Stadt hat ihre Abgaben nicht bezahlt –
Gustav. Und darum weigert ihr euch Gottesdienst abzuhalten? Tod und Teufel!
Brask. Euer Gnaden belieben zu bedenken –
Gustav. Bischof Mogens! Antwort!
Mogens. Euer Gnaden belieben zu bedenken, daß Angelegenheiten, wie diese, unter die Gerichtsbarkeit der Kirche gehören.
Gustav. Ich befehle euch, euern Dienst wahrzunehmen.
Brask. Die Bischöfe des Schwedischen Reiches empfangen Befehle nur von ihrer höchsten Obrigkeit, dem Papst und dem kanonischen Gesetze!
Gustav (beherrscht). Das weiß ich, aber wenn nun der Papst euch nicht immer im Auge haben kann?
Brask. Das bleibt unsere Sache!
Gustav (fährt auf, aber beherrscht sich). Ihr habt recht, ehrwürdiger Bischof. Das soll eure Sache bleiben.
Brask. Um von diesem Thema abzubrechen: Stockholm soll im Begriff stehen, Aufruhr zu machen.
Gustav. Wer sagt das?
Mogens. Unser Kanonikus.
Gustav. Euer Schulmeister? Wo ist er? Bist du es? Wie heißt du?
Gustav. Meister Olaf! Du bist ein Ketzer? Und nährst Pläne gegen die heilige Kirche? Das ist eine gefährliche Sache!
Brask. Er hat heute die Maske abgeworfen und sich vermessen, offen das Verbot des Kapitels betreffs des Ausfalls der Messe zu übertreten, woher wir Euer Gnaden Zustimmung erbitten, ihn in gehöriger Weise bestrafen zu dürfen.
Gustav. Das Strafen fällt nicht unter die Botmäßigkeit des Domkapitels, sondern geht mich an. Aber was ist das für ein Aufruhr in Stockholm, von dem du sprichst?
Olaf. Die Wiedertäufer!
Gustav. Weiter nichts!
Brask. Wissen Euer Gnaden, was diese verrückten Menschen in Deutschland getrieben haben! Wir wollten vorschlagen, daß Euer Gnaden selbst mit Kriegsvolk dorthin zurückkehren möchten.
Gustav. Die Sache untersteht meiner Begutachtung!
Brask. Aber der Bürgerkrieg!
Gustav. Das bleibt meine Sache! Olaf, ich ernenne dich zum Ratsschreiber in Stockholm. Du reisest sofort dorthin. Sprich zum Volke! Ich verlasse mich auf dich!
Brask. Um der Wohlfahrt des Vaterlandes willen bitte ich Euer Gnaden, zu bedenken, wie töricht es ist, zu Toren zu reden.
Gustav. Man kann die Geister nicht mit dem Schwerte unterdrücken! Bedenkt das, ihr Herren Bischöfe!
Brask. Die Kirche hat niemals –
Gustav. Ja, auch nicht mit Schlüsseln! Geh zu meinem Kanzler, dann bekommst du deine Vollmacht!
Brask. Der Kanonikus ist so gut, einen Augenblick zu warten!
Gustav. Unser Sekretarius gehorcht euerm Gebote nicht vor dem meinigen.
Brask. Erst soll die Kirche ihr Recht haben. – Olaf Pederson!
Gustav (verbessert ihn). Sekretarius –
Brask. Sekretarius Olaf Pederson verlaßt nicht die Stadt, bevor das Kapitel sein Urteil gefällt hat.
Gustav. Das Kapitel fällt kein Urteil, bevor es untersucht hat.
Brask. Das ist unsere Sache.
Gustav. Das ist nicht Eure Sache, Herr Bischof Brask! Ein Kanonikus in Strengnaes wird nicht vom Bischof in Linköping verurteilt. Bischof Mogens, was habt Ihr zu sagen?
Mogens. Nachdem, was geschehen ist – hm!
Brask. – dürfte jede weitere Erklärung überflüssig sein.
Gustav. Bischof Brask habe die Güte, zu schweigen oder sich zu entfernen; ich rede ausschließlich mit Bischof Mogens – ausschließlich! – Redet aus, Herr Bischof!
Mogens. Ich kann nichts anderes sagen – als – nachdem seine Hochehrwürden Bischof Brask –
Gustav. Jetzt ist von Meister Olaf die Rede. Ihr könnt die Untersuchung aufschieben. Seid so gut, uns zu verlassen.
Die Bischöfe (gehen ab).
Gustav. Olaf.
Gustav (zu Olaf). Willst du mein Mann werden?
Olaf. Euer Gnaden Sekretarius?
Gustav. Nein, du sollst meine rechte Hand sein, unter der Bedingung, daß die linke bis auf weiteres nicht weiß, was die rechte tut. Reise nach Stockholm.
Olaf. Das Kapitel wird mich reklamieren und in den Bann tun.
Gustav. Sobald es soweit kommt, sollst du auf mich die Schuld schieben dürfen. Aber bis dahin mußt du dich selbst schützen, so gut du kannst.
Olaf. Was wollen Euer Gnaden?
Gustav. Du sollst zu den Schwärmern in Stockholm reden.
Olaf. Und dann?
Gustav. O, das genügt vorläufig! Ich wage es noch nicht, die Sache zu Ende zu denken. Laß sie nur predigen, es kann den Stumpfsinnigen nichts schaden, ein neues Wort zu hören, wenn es auch falsch ist; aber es dürfen keine Gewalttätigkeiten stattfinden, sonst kommt das Schwert und mischt sich ins Spiel. Lebe wohl, Olaf! (Er geht ab.)
Olaf (allein). Der Kaiser will nicht Frieden halten mit dem Papst!
Die Schüler (die sich indessen in einer Allee im Hintergrunde aufgehalten haben, treten hervor).
Die beiden Schüler. Dann Laurentius Petri.
Erster Schüler. Sollen wir nun das Spiel fortsetzen, Meister Olaf?
Olaf. Nun ist es mit dem Spiel zu Ende, Kinder!
Erster Schüler. Wollt Ihr uns verlassen, Meister Olaf?
Olaf. Ja, und wahrscheinlich für immer.
Erster Schüler. Ihr könntet doch wenigstens noch die Pfingsten über hier bleiben, so daß wir unsere Komödie aufführen könnten.
Zweiter Schüler. Und ich darf den Engel Gabriel spielen.
Erster Schüler. Erfüllt unsere Bitte, Meister Olaf! Ihr wart der einzige, der gut gegen uns war und uns von den schrecklichen Fastentagen befreite.
Zweiter Schüler. Ach Meister Olaf, zieht nicht von uns!
Olaf. Kinder, ihr wißt nicht, was ihr verlangt. Der Tag wird kommen, wo ihr Gott danken werdet, daß ich von euch zog! Doch nein! Möchte der Tag niemals kommen! Laßt uns den Abschied kurz machen. Lebe wohl, Nils! Lebe wohl, Wilhelm! (Er umarmt sie.)
Die Schüler (küssen ihm die Hand).
Laurentius Petri (ist hereingekommen und betrachtet sie aufmerksam).
Erster Schüler. Kommt Ihr niemals wieder, Meister Olaf?
Laurentius Petri (tritt hervor). Bist du jetzt bereit zu reisen?
Olaf (zu den Knaben). Nein, ich komme niemals wieder.
Die Schüler. Lebt wohl, Meister Olaf! Vergeßt uns nicht! (Sie gehen ab.)
Olaf (sieht ihnen nach).
Olaf. Laurentius Petri. Dann Morten und Nils.
Laurentius Petri. Ich habe den König getroffen.
Olaf (zerstreut). So?
Laurentius Petri. Weißt du, was er sagte?
Olaf. Nein.
Laurentius Petri. »Ich habe einen flinken Jagdhund bekommen; nun werden wir sehen, ob er zurückkommt, wenn ich pfeife.«
Olaf. Sieh, nun sitzen sie zwischen den Gräbern und spielen und pflücken Blumen und singen Pfingstgesänge.
Laurentius Petri (faßt ihn am Arm). Kind!
Olaf (fährt zusammen). Was sagst du?
Laurentius Petri. Ich glaubte, du hättest heute einen so entschiedenen Schritt vorwärts getan, daß es zu spät ist, dich umzusehen!
Olaf (winkt den Schülern).
Laurentius Petri. Du träumst noch?
Olaf. Es war der letzte lichte Morgentraum, der nun entschwand; habe Nachsicht mit mir – nun bin ich erwacht!
(Sie gehen nach rechts hinaus; ehe Olaf in den Kulissen verschwindet, wendet er sich noch einmal um, um den Schülern nachzusehen. Inzwischen sind aber dort, wo die Schüler abgingen, die beiden Dominikaner Marten und Nils hervorgetreten.)
Olaf (stößt einen Schrei aus und fährt mit der Hand über die Stirn).
Laurentius Petri (zieht ihn mit sich).