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Sonneborn Landgut des Verfassers. im Mai 1795.
Du, die sonst nur
Dem Mäuschen glichst,
Die Mutter-Flur
Nie überschlichst! –
Wagst, trotz dem Wink
Der Häuslichkeit,
Dich jetzt so flink,
Wer weiß, wie weit.
Vom Gott des Lichts
Verführt, eilst Du,
Dem schönen Nichts
Der Dichtkunst zu.
Dein Album in
Der kleinen Hand,
Wirbst Du Gewinn
Für den Verstand;
Störst überall
Im raschen Lauf
Lied, Madrigal
Und Oden auf,
Und legst mit Wahl
Und feinem Plan
Ein Kapital
Von Reimen an.
Ach ihnen zog
Dein jüngres Ohr
Den Dialog
Der Schwalben vor.
Zu früh, wenn sich
Dein Halstuch hob,
Erschreckte Dich
Des Guckgucks Lob.
Du hörtest gern
Zur Mittagsruh,
Den Leyerern
Der Sümpfe zu.
Kein Nötchen war,
Das Dir entging,
Vom Kautz und Staar
Und Aemmerling;
Bis, wenn die Uhr
Der Wachtel schlug,
Dich die Natur
Zu Bette trug.
Doch seit Dein Wahn
Frisch weg entschied,
Dein Kikelhahn
Sey kein Ovid,
Stürmst Du den Berg
Des Helikon,
Nach jedem Zwerg
Von Musensohn,
Und fängst jetzt gar
Im Dichterhain,
Aus ihrer Schaar
Den Schlausten ein,
Den keine Fee,
Dir ähnlich, schreckt,
Den keine je
Umsonst geneckt.
Kind, du verkennst,
Was bei der Jagd
Auf dieß Gespenst
Ein Mädchen wagt!
Paßt Dein Gehör
Wohl an das Horn
Des Dorf-Homer
Von Sonneborn?
Den Kindern hold,
Die jung und schön
Noch nicht im Sold
Der Liebe stehn,
Verlockt er sie
Von Sinn zu Sinn,
Man weiß nicht, wie?
Weiß nicht, wohin?
Sieh nur! Beschlich
Sein Lied Dein Herz,
Verstrickte Dich
In Witz und Scherz;
Zög' Fantasie
Und blauen Dunst
Der Harmonie
In seine Kunst;
Zög' auf der Spur
Wo Psyche fiel,
Zög' die Natur
Mit in sein Spiel;
Prägt' alles Gift
Der Schmeichelei'n
Mit Flammenschrift
Dem Herzen ein;
Und seine Hand
Gäb' Dir Geleit
In's Feenland
Der Sinnlichkeit,
Aus dessen Bucht
Kein Talisman,
Nichts als die Flucht
Erretten kann,
Wo manche hier
Empfindungskrank
Als Opferthier
Der Dichtkunst sank:
Wie würdest Du,
Die immer klug
Ein Herz voll Ruh
Im Busen trug,
Das keinen Schlag,
Seit es sich regt,
Als im Vertrag
Der Unschuld schlägt,
Wie würde jetzt
Das arme Herz,
Zurückgehetzt
Von Dichter-Scherz,
Sich athemlos
Der Jagd entziehn,
Und in den Schooß
Der Mutter fliehn!
Wie würd' ihr Mund
Dir mit dem Hohn
Des Vaters und
Des Bruders drohn!
Ihr Mund verklagt
Dich wohl schon itzt,
Da Dich die Jagd
Umsonst erhitzt.
»Sag' an geschwind,«
Ruft sie – »Erklär'
»Von wannen Kind
»Spazierst Du her?
»Sieh wie Dein Hut
»Verschoben ist,
»Das, weiß ich, thut
»Kein Prosaist.«
Umsonst daß Du
Dein Köpfchen drehst,
Sie winkt Dir zu
Und Du gestehst,
Gestehst, es sey
Dein Morgenfang
Nur Dudelei
Und Ohrenzwang;
Mein Lied, ein Span
Gut für den Herd,
Sey ohne Plan
Und ohne Werth,
Und schwörst, für ihn
Werd' ewig Dein
Sing-Magazin
Verschlossen seyn.
Die Mutter nimmt
Das Wort: »Ist schon
»Das Lied verstimmt,
»So hat's doch Ton,
»Sey froh, daß es
»Die Wendung nahm,
»Nichts Schlimmeres
»So nah Dir kam;
»Denn Männerhirn
»Und Dichterwuth,
»Steht nie der Stirn
»Der Mädchen gut.
»Und hast Du nicht
»Schon oft gehört,
»Was das Gedicht
»Von Daphne lehrt?
»Apollo bat,
»Die Schöne floh;
»Nach meinem Rath
»Mach's jede so.
»Der Musengott
»War hitzig – Doch
»Ihr leichter Trott
»Entschlüpft ihm noch.
»Doch hat sie ihn
»Vor ihrer Flucht,
»Um zu entfliehn
»Nicht erst gesucht.
»Was Du nun bist
»Beweiset klar,
»Wenn man ermißt
»Was Daphne war.«
Dank sey der Frau,
Die Dich erzog,
Sie wägt genau
Was ich erwog.
Lohnt meinen Sang
Und hebt sein Nichts
Bis zu dem Rang
Des Lehrgedichts.