Moritz August von Thümmel
Wilhelmine
Moritz August von Thümmel

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Vorrede

zu der dritten Auflage.

Es ist mir des Herrn Pastors wegen nicht lieb, daß Wilhelmine, seitdem sie an ihn verheurathet ist, mit ihren Kleidern noch so oft ändert, als sie es am Hofe gewohnt war, und von jeder Leipziger Messe wenigstens mit einem Jüpon versehen wird, woran der Pastor, wie man wohl denken kann, nicht den geringsten Antheil hat.

Das sind die Sitten der großen Welt, Madame, die Sie auf dem Lande ablegen müssen! Kann man es den Leuten verdenken, wenn sie sich darüber aufhalten? »Was bildet sich denn die Frau ein?« habe ich schon hier und da sagen hören, »Trägt sie nicht Spitzen, die mehr kosten, als die Pfarre ihres Mannes in vielen Jahren kaum einträgt – da andere ehrliche Weiber, die doch wohl ein bischen mehr werth sind, züchtig und ehrbar einhergehn – Wenn sie doch an ihren Ursprung dächte, und die Spötter nicht so oft erinnerte, daß sie einmal am Hofe gewesen ist – Wie froh sollte sie doch seyn, wenn es die Leute vergäßen!« Diese Reden, Madame, zu denen Ihr prächtiger Aufzug so vielen Anlaß giebt, bringen auch mich in eine gewisse Verlegenheit, da iedermann weis, daß ich einige Freundschaft für Sie habe, und gern Ihre Aufführung zu entschuldigen suche, wo es nur möglich ist; Aber würklich – itzt gehen Sie zu weit. Sie tragen sogar, wie ich höre, noch immer seidne Strumpfbänder mit französischen Versen gestickt? – Je! zu was denn solche Strumpfbänder, Madame? An Ihrem Hochzeittage konnte zwar dieser verborgene gelehrte Staat noch mit Ehren ans Licht kommen; denn hätte nur damals das Feuer Ihre vornehmen Gäste nicht so erschreckt, so würden sie gewiß die artigste Ceremonie nicht vergessen haben – Ihre Strumpfbänder wären gewiß, noch vor der völligen Übergabe Ihrer kleinen Person, an den Herrn Pastor, von einer adlichen Hand abgeknüpft, und in guter Gesellschaft seyn verlesen worden, und ich weis, der Cammerjunker würde darbey seiner Lunge Ehre gemacht haben; Aber zu was in der Welt kann Ihnen itzt diese Mode nutzen? Ich weis mir keinen Umstand zu denken, wo Ihre Strumpfbänder noch itzt der Lectüre ausgesetzt seyn könnten, und verlöhren Sie Eins einmal auf dem Kirchwege, zu welchem Ärgernisse würde dieses Gelegenheit geben! Übrigens will ich gern eingestehen, daß Ihre Kleidung sehr artig und Ihr ganzer Anzug mit vielem Geschmacke gewählt sey; Ob ichs aber billige, ist eine andere Frage. Ja, wenn Sie noch am Hofe wären: ie nun da – aber da haben Sie in Ihrer Blüte genung gefallen, und nun thäten Sie wohl, wenn Sie sich auch denen Personen zu empfehlen suchten, die bisher nicht Ihre Freunde gewesen sind. Damit Sie dieses erreichen, rathe ich Ihnen, eine stille ehrbare Mine anzunehmen, wenn sie Ihnen auch nicht natürlich seyn sollte. Eine schwarze Stirnbinde würde gut darzu stehen! Statt der durchsichtigen Halstücher legen Sie eine schwere Sammtmantille um – Ein cannefaßner Rock – flohrne Streifgen am Hemde – So ungefehr muß Ihr Putz seyn, wenn Sie denen Herren gefallen wollen, die sich zu der dritten Auflage bisher über Ihr leichtsinniges Ansehn so geärgert haben.


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