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Bei Sidonien traf Ferdinand, wie gewöhnlich, viele ihrer Verehrer und Bewunderer. Da sie, ihre Schönheit und ihren Verstand, ihre Art, durch welche sie den meisten Männern gefiel, abgerechnet, auch noch eine reiche Erbin war, so war es nicht zu verwundern, wenn junge wie ältere Männer sich um ihre Gunst bewarben. Ein stiller, einfacher Mann, der Rath Elsen, der die Versammlung mehr beobachtete, als Theil an ihren Gesprächen nahm, setzte sich zu Ferdinand und erkundigte sich theilnehmend nach seinem Befinden. Sie sehen nicht wohl, nicht heiter aus, mein Freund, fuhr er fort, und es thut mir immer weh, wenn junge Männer durch Grillen oder Verwöhnungen es versäumen, den schönsten Theil ihres Lebens auf die rechte und würdige Weise zu genießen.
Ferdinand von Linden, so sehr er den Freund achtete und liebte, war über diese Anrede und Bemerkung verdrüßlich; er antwortete nur kurz, daß er sich nicht unwohl fühle und der heitere Genuß des Lebens oft durch Umstände und Verhältnisse verkümmert würde, die der Mensch nicht immer beherrschen oder umgestalten könne.
Lassen Sie, lieber Elsen, sagte Sidonie, welche herbeigekommen war, den poetischen Träumer in seiner behaglich melankolischen Ruhe. Diesen hochgesinnten Poeten ist in ihrer Trübseligkeit am wohlsten. Heiterkeit und Freude, Scherz und Witz sind nur geringe Zustände, aber Walddunkel, Thränenweiden, Cypressenschatten und Young's Nachtgedanken mit recht wehmüthigen Kupferstichen, diese 483 Genüsse sind es, die sie allem menschlichen Treiben vorziehn.
O mein Fräulein, erwiederte Ferdinand mit bewegter Stimme, daß ich immerdar der Gegenstand Ihres Spottes seyn muß, ist mein größter Schmerz. Wie soll ich mich Ihnen verständlich machen, wenn es Ihr fester Wille ist, mich immerdar mißzuverstehn?
Giebt es denn so überschwänglich viel Verstand in der Welt, rief sie in ihrem Uebermuth aus, daß ein falsches Verstehen so häufig seyn könnte? Ich verstehe Sie, und so geschieht es mir natürlich mit allem, was ich sehe und höre, auf meine Weise. Darüber kann kein Mensch hinaus, und so faßt ein gerader, einfacher Sinn in der Regel die Dinge besser, als diejenigen, welche sich durch Grübeln und Spitzfindigkeit die richtige Perspektive verrückt haben. Glauben Sie mir nur, mein Werther, aus den Fenstern des Marktes hier sieht man klarer und richtiger, als in jener Waldeinsamkeit, in welcher Sie immer Ihr Observatorium aufstellen wollen.
Waldeinsamkeit? rief Ferdinand aus: wie gerathen Sie nur auf diese Waldeinsamkeit?
Ei, erwiederte sie, das alberne Wort verfolgt mich ordentlich seit einigen Tagen. Der Herr Helmfried las mir neulich ein Mährchen vor, der blonde Eckbert, wo die paar Verse von dieser berüchtigten und beliebten Waldeinsamkeit stehn. Ein verzauberter Vogel singt:
Waldeinsamkeit,
Die mich erfreut
und so weiter. – Der alte Baron Wangen, der schon seit lange den Autor des Mährchens kennt, hat unserm Helmfried bei der Gelegenheit noch eine hübsche Anekdote erzählt. Kommen Sie, Freund (so wendete sie sich zum entfernt stehenden 484 Helmfried), erzählen Sie den Scherz, über den ich so herzlich habe lachen müssen.
Helmfried sagte: Sie wissen, wie unser alter Baron von je die Bekanntschaft der Literaten gesucht hat, so war er denn auch in Jena, als Wilhelm Schlegel, der feinwitzige, dort lebte, und unter den Freunden um 1800 sich auch unser Verfasser des Eckbert dort befand. Die Freunde neckten sich oft geistreich und witzig, und niemals empfand einer den Einfall des andern übel oder erwiederte mit Bitterkeit. Schlegel sagte: So oft hört man, wie dieser und jener wünschte, wegen Geschäfte und Zeitmangel, nur das Beste, Allerbeste eines Dichters zu lesen und ihn in kürzester Zeit ganz kennen zu lernen; er wünscht gleichsam die Quintessenz seines ganzen Wesens, wie den Saft einer Citrone, schnell und für immer sättigend zu genießen. Genoveva und noch mehr der Lovell sind zu weitläufig, nicht weniger der Zerbino, Kater und verkehrte Welt mystisch und unverständlich, und selbst der blonde Eckbert füllt mehr als einen Bogen: aber die wahre Quintessenz Deiner Dichtung, Freund, die man jedem Verehrer als den Inhalt Deines Wesens zum Genuß und Verständniß reichen kann, sind diese Verse:
Waldeinsamkeit,
Die mich erfreut,
So morgen wie heut
In ewiger Zeit:
O wie mich erfreut
Waldeinsamkeit!
Wem das noch zu weitläufig ist, diesem Freunde der Literatur möchte nicht zu helfen seyn. So scherzte der liebenswürdige Wilhelm Schlegel, und so hat mir neulich der Baron Wangen diese Anekdote erzählt. –
Der schon verstimmte Linden nahm jedes Wort mit 485 Empfindlichkeit auf. Er war so verdrüßlich, daß er den Scherz nicht fühlte, oder nicht sehen wollte. Was soll es nur, fuhr er auf, mit allen diesen Erörterungen? Kann man selbst nicht unter Freunden ruhig und friedlich leben? Ich bin oft in einer Stimmung, daß ich mich in die Klause eines Eremiten hineinflüchten möchte, um nur gar nichts mehr von der Welt und ihrem verwirrten Geplauder zu hören und zu erfahren.
Der ältere Freund Elsen suchte ihn zu beruhigen, und als das Gespräch eine andere Wendung genommen hatte und ein Stillstand und Schweigen eingetreten war, entfernten sich nach und nach die Besuchenden. Nur Linden blieb, und als er verdrossen im Winkel saß, schweigend vor sich hinbrütend, näherte sich ihm die Freundin, klopfte ihm auf die Schulter und sagte nur das eine Wort, stark betonend: Nun?
Er sah jetzt in ihren klaren, lächelnden Blick hinein, und antwortete auch, verlegen und langsam: Nun?
Das kann ein interessanter Discurs werden, sagte sie, wenn wir so fortfahren. Aber, Lieber, warum denn immer diesen finstern Launen nachgeben? Sich selber so für alle Geselligkeit verderben und untauglich machen?
Ach! Sidonie! rief er aus, Sie kennen ja, keiner so gut als Sie, meine Leiden, meinen Kummer, meinen Verdruß! In Ihrer Hand, in Ihrem Blick und Wort liegt es ja, mich zufrieden, mich glücklich zu machen. Können Sie es denn über sich gewinnen, wollen Sie den Vorsatz fassen, mich und mein Wesen zu verstehen, zu billigen, in meine Wünsche einzustimmen?
Und die sind? fragte Sidonie, schon wieder in ihren etwas schnippischen Ton fallend.
Was anders, sprach der junge Mann lebhaft, als daß Sie mich lieben, daß Sie die meinige werden? Daß wir 486 uns dann, wenigstens auf eine Zeitlang, ganz aus der geschwätzigen überlästigen Welt zurückziehen, uns in einer schönen Einsamkeit selber leben, ungestört von sogenannten Freunden und überlästigen Klüglern und allwissenden jungen Burschen, oder jung thuenden veralteten Menschen. Daß man es endlich einmal überdrüßig wird, das eintönige Reden und die faden Komplimente dieser sich verliebt stellenden Narren anzuhören! O wie holdselig tritt uns die Natur in ihrer Lieblichkeit und heiligen Gesinnung entgegen! Das grüne junge Laub des neuen Frühlings mit seinem Balsamduft, der kühle Schatten des dunkeln Haines, die rieselnden muntern Quellen und Bäche und der muthige Athem der Gebirge, der entzückende Morgen, der wehmüthige sehnsuchtvolle Abend mit ihren spielenden Lichtern und leuchtenden Farben –
Nicht wahr? fiel sie lachend ein – hauptsächlich die vielgepriesene ächt deutsche Waldeinsamkeit?
Spotten Sie nur nicht, antwortete Linden, was kann es Schöneres für ein liebendes Gemüth geben, als diese deutschen Wälder, vorzüglich wo Buchen, Linden und Eichen gemischt sind mit Eschen und Ulmen? Ja, ein solches Wesen besitze ich selbst, ein kleines Gut zwar, aber ein herrlicher Forst, eine Gegend, die uns alle Bequemlichkeit und allen Genuß bieten würde, den genügsame Menschen zum eigentlichen Glücke nur verlangen können.
So? sagte das Fräulein mit gedehntem Ton, indem sie seine Hand plötzlich fallen ließ, in welcher er die ihrige während seiner eifernden Rede gefaßt hatte. Ja, fuhr er hastig fort, und immer habe ich es am wenigsten begreifen können, wenn ich sehen mußte, wie auch gute gefühlvolle Menschen, und gar Mädchen und zarte Frauen gegen sich selbst die größte Untreue begehen. Sie sind entzückt, gerührt, innigst 487 erschüttert und hingerissen, sei es durch die Natur, ein Buch, Musik, oder von der Wahrheit einer furchtbaren Begebenheit in ihrer Nähe, in allen Nerven getroffen. Sollen diese Eindrücke nicht wie ewig, wenigstens bleibend, in uns seyn? Sollen sie nicht den Geist und das Gemüth stimmen und uns eine dauernde Weihe geben? und gleich darauf – wieder das alberne Geplauder, die nichts sagenden Geschichtchen, das gedankenlose Lästern und Verleumden. Alles Edle, Erhabene, Tragische, das Göttliche selbst wird nur wie in ein Sieb geschüttet, in dem bloß die groben Schlacken der Verworfenheit als feste Spreu oben liegen bleiben.
O mein Tugendheld, sagte Sidonie mit ihrem ironischen Lächeln, ereifern Sie sich nicht so sehr über die Gebühr, sein Sie mäßig in Ihren Nutzanwendungen und nüchtern im Behaupten. Ein Leben, wie Sie es schildern und von uns erwarten, möchte ein sonderbares, vielleicht ganz unausstehliches seyn. Soll es denn nicht auch verderblich, wohl gar lasterhaft seyn, in diesen geistigen Entzückungen zu schwelgen? Kann das jemals unser Beruf werden? Ich will das Lästern und Verleumden nicht vertheidigen, das leider nur zu sehr in unsern Zirkeln vorwaltet, auch das Geschwätz der Dummheit und Langeweile nicht lobpreisen, – aber, mein poetischer Herr, das alltägliche Leben, das scheinbar geringe Wesen unsers Daseins und alle die Aufgaben, die uns Pflicht, Stand, Verhältniß auflegen, sind nicht so unbedingt geringe zu schätzen. Stellt euch, so hoch ihr wollt, am Gewöhnlichen müßt ihr euch immer wieder zerstreuen und erholen, um zu Athem zu kommen und die Luft, die feine des Parnasses, wieder ertragen zu können. Und wenn Witz und Scherz auf jener Galeere der Gewöhnlichkeit die Ruder führen, wie es doch oft geschieht, was könnt ihr, schiefrennenden Poeten, dann noch an diesen Sklaven der Alltagswelt 488 aussetzen? – Doch lassen wir das. – Ist es denn wahr, daß Sie eine große Reise vorhaben, die eine lange Abwesenheit erfordert? Und, wenn dies seyn sollte: was haben dann alle Ihre hyperbolischen Reden zu bedeuten?
Ferdinand fuhr zurück. Er betrachtete die Geliebte lange Zeit mit immer wachsendem Erstaunen. Wie kommen Sie, rief er dann mit lauter Stimme, zu diesem Glauben, oder dieser Vermuthung?
Ich habe es, sagte sie leichthin, in verschiedenen Gesellschaften gehört, und zwar als eine ausgemachte Sache, man spricht noch allerhand von Ihnen und den Motiven zu dieser wichtigen Reise.
Theilen Sie mir Alles mit, sagte der junge Mann fast athemlos.
Verlobung, Brautschau, Hochzeit, eine große, schöne Gräfin, weit von hier, am Rheinstrom, große Besitzungen mit Feldern und Weinbergen, mehr als eine beträchtliche und einträgliche Waldeinsamkeit. – Sie lachte laut auf. Aber Ferdinand gerieth um so mehr in Zorn und schrie beinah: Nun wahrlich! was zu toll ist, ist zu toll! Und Sie können auf solch verrücktes Geschwätz nur hinhören? –
Warum nicht? antwortete sie etwas höhnisch, wenn gute, unpartheiische Menschen mir alles dies als Gewißheit, nicht als Gerücht erzählen? Wer kennt den Menschen ganz, vollends den schwachen Mann? Wer kann die Gelüste des verwöhnten Herzens ermessen? Ich weiß ja, daß Sie, Vortrefflichster, nur allzu oft von den wundersamsten Launen regiert werden, und daß ein geniereicher Mann auch wohl zwei Wesen, wegen ihrer ganz verschiedenen Eigenschaften, zu gleicher Zeit lieben könne, haben wir ja in mehr als einem Roman gelesen.
Sidonie! rief Linden aus und war tief erschüttert; 489 können Sie noch nach diesen schmerzhaften Wochen und Monden an meiner Liebe zweifeln? Und genügt es Ihnen nicht, wenn ich Ihnen mein Ehrenwort gebe, daß Alles, was Sie von mir gehört haben, sei es von Freund oder Feind, die elendeste Verleumdung ist? Mögen Sie Ihr Herz denn nicht zu mir neigen und endlich, endlich wahr und treu und einfach mit mir umgehen, ohne alle jene Ausschmückungen der Coquetterie und eines gesuchten Putzes, der Ihrem edeln Wesen nicht immer gut ansteht?
Mit einem sonderbaren forschenden Blick sah ihn das Fräulein aus ihren großen braunen Augen an. Der strenge Blick milderte sich, da seine Verlegenheit wuchs, endlich ging er in einen sanften und heitern Ausdruck über, indem sie zugleich laut auflachte und ihm vertraulich auf die Schulter schlug. Verdient nur, sagte sie mit leiser Stimme, daß man Euch vertraut, so wird alles Andere sich wohl leicht finden. –
Er küßte ihr zitternd die Hand und entfernte sich, da der Bediente einen fremden Besucher meldete.
Ferdinand wandelte in tiefen Gedanken nach dem Park und sah die Menschen nicht, die an ihm vorübergingen, er hörte weder Reden, noch das Schlagen der Thurmuhr, noch die Trommel der Wache, so sehr war er in Sinnen verloren, so daß einige seiner Bekannten, die ihn grüßten, ohne daß er es bemerkte, seine Zerstreuung nicht begreifen konnten. An einem einsamen, kühlen Plätzchen setzte er sich unter einen großen Lindenbaum und beobachtete den Gang seiner Empfindungen und Träume. Augen! so sagte seine innere Stimme, – was können sie bedeuten, mit diesen Blicken, in welchen zuweilen eine Ewigkeit herausschaut, und tausend unnennbare unbeschreibliche Gefühle. – O dieser letzte, tiefsinnige, vieldeutige Blick! – Sie hat Augen wie Sonnen! und die scharfen Pfeile, vor denen man immer die geblendeten Augen 490 niederschlagen muß! – Warum wurden wir gestört? Ihr Herz ging auf, das konnte ich deutlich in diesen sanften Strahlen lesen, von denen die weiche Seele die Spitze abgelöst hatte. Ja, warum blieb nur mein eignes Auge so dumm, so nichtssagend, so ganz in Erstaunen und alltägliche Wehmuth aufgelöset? Führte mein Blick nicht zum ihrigen, der ganz Geist, Seele, Gefühl war, den allerordinärsten Diskurs der schwatzenden Gesellschaft? Ich konnte in der Eile, womit dieser süße Blitz mich traf, gar kein ächtes Gefühl auftreiben, denn alle Geister in mir hatten die Wache verlassen und das Wort der Aufforderung kam zu spät. – O weh! kein Mensch, kein Wort, kein Blick zu Hause! Alles in mir wie ausgestorben! So ist es mir schon so oft ergangen; ich existire nicht in den wichtigsten Momenten meines Lebens. Woher dieser Seelenschlaf, der mich um mich selbst betrügt? Ich fühle es, ich weiß es, jetzt hätte ein Wort, ein Seelenblick das Schicksal meines Lebens entschieden. Aber diese Dämmerung, die, wie schwarze Gewitterwolken, meinen Geist so oft beschattet! Ein langes Liebesgedicht, mit Zorn, Mißtrauen, Frage, Haß, Versöhnung und Liebe, dazwischen gaukelnde Träume, süße Ahndung, Scham und Lust, Verwegenheit und Furcht, Aufforderung wie Scheu, – alles, alles dies lag in diesem ihrem himmlischen langen Blicke und dem treuestrahlenden Auge.
Er stand auf und verbarg sich noch tiefer im Gehölz. Er erwachte aus seiner Träumerei, weil er in der Nähe singen hörte. Sein Freund Helmfried kam ihm auf dem einsamen Fußsteige entgegen. Du hier? rief Linden. Die Hitze, antwortete jener, die heut unleidlich ist, hat mich in diese kühle, ferne Einsamkeit getrieben.
Die verdammte Waldeinsamkeit! rief Linden, mit der ihr mich heut alle ärgert!
491 Ich habe das Wort nicht gebraucht, sagte Helmfried ruhig, Du scheinst mir aber ebenso aufgeregt, als zerstreut. Was ist Dir zugestoßen, liebster Freund?
Ach! sagte jener im Verdruß, Vieles, Alles, Nichts. Vergieb mir, wenn ich Dir als ein Thor erscheine, der ich auch wirklich bin.
Ich beklage Dich nur, sagte Helmfried mit inniger Theilnahme: denn Du weißt es selbst am besten, wie Dein Glück auch das meinige ist.
Ferdinand drückte ihm die Hand, dann umarmte er ihn, sah ihm forschend in das Auge und sagte dann: Nicht wahr, Du kannst mich nicht verrathen? Niemals?
Deine Frage setzt mich in Verwunderung, erwiederte jener.
So hast Du auch niemals, fuhr Linden fort, eine Absicht, einen Plan gehabt, um Sidonien zu besitzen? Du weißt ja, wie ich sie liebe, nächst ihr liebe ich Dich am meisten auf dieser Welt. Ich vertraue Dir in diesem Augenblick mein ganzes Herz. Was Du mir sagst, will ich Dir glauben, denn es ist kein Falsch in Dir, und Du wirst mich nicht hintergehen wollen.
Liebster, sagte Helmfried, wohin führt Dich Deine erhitzte Phantasie? Es ist mir niemals, seit ich sie kenne, eingefallen, diese Sidonie anders als mit den Augen eines gleichgültigen Bekannten anzusehen. Da Du mein Vertrauter bist, weißt Du es ja mehr und besser als irgend ein andrer Sterblicher, daß meine Liebe nach ganz andern Gegenden hinschaut. Was kann mir diese Coquette seyn, der ich kein Herz zutraue und von der ich Dich gern befreien möchte?
Schilt sie nicht, sagte der Liebende, – aber Du, kannst Du mir feierlich Dein Wort geben, als Freund, als Ehrenmann, daß Deine Wünsche sich niemals auf diese Straße in mein Eigenthum begeben wollen? –
492 Mein Ehrenwort! rief Helmfried, mein feierliches Versprechen, daß ich niemals, unter keinen Umständen auch nur den fernsten Gedanken, den leisesten Wunsch dahin richten will. Du mein Herzensfreund, und sie mir gleichgültig! Wo wäre da ein Verhältniß?
Sie umarmten sich herzlich. Ferdinand war beruhigt, Helmfried heiter und gesprächig, und so gingen sie in erneuertem und verstärktem Vertrauen unter frohen Gesprächen zur Stadt zurück.