Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
P. Ssergij verbrachte in der Klausur noch sieben Jahre. In der ersten Zeit nahm er vieles von dem an, was man ihm brachte – Tee und Zucker, weißes Brot und Milch, Kleidung und Brennholz.
Aber je mehr Zeit verging, umso strenger gestaltete er sein Leben, auf jeden Überfluß verzichtend, und nahm schließlich nichts außer Schwarzbrot, und auch das nur einmal in der Woche. Alles, was man ihm brachte, gab er den Armen. P. Ssergij verbrachte die ganze Zelt in seiner Zelle im Gebet oder in Gesprächen mit den Besuchern, die in immer größerer Zahl zu ihm kamen. Er ging in die Kirche nur an die drei Mal im Jahre und verließ sonst die Zelle, nur wenn er Wasser oder Holz holen wollte.
Im sechsten Jahre dieses Lebens passierte die Geschichte mit der Makowkina, die bald allen bekannt geworden war, ihr nächtlicher Besuch, ihre darauf erfolgte Bekehrung und ihr Eintritt ins Kloster. Der Ruhm P. Ssergijs wurde von nun an immer größer. Es besuchten ihn immer mehr Leute, und in der Nähe seiner Zelle siedelten sich Mönche an, die eine Kirche und eine Herberge errichteten. Die Leute kamen zu ihm auch von weit her und brachten zu ihm Kranke, indem sie behaupteten, daß er die Kranken heile.
Die erste Heilung geschah im achten Jahre seines Einsiedlerlebens. Es war die Heilung eines vierzehnjährigen Jungen, den die Mutter zu P. Ssergij gebracht hatte mit der Forderung, er möchte seine Hände auf ihn legen. Der Gedanke, daß er Kranke heilen könne, war ihm nie gekommen. Er würde einen solchen Gedanken für eine große Sünde des Hochmuts halten; aber die Mutter, die den Jungen gebracht hatte, flehte ihn unaufhörlich an, lag zu seinen Füßen, beschwor ihn um Christi willen und fragte, warum er, der die anderen heile, ihrem Sohn nicht helfen wolle. Auf die Erklärung P. Ssergijs, daß nur Gott allein heilen könne, erwiderte sie, sie bitte ihn nur darum, daß er seine Hand auf den Kranken lege und für ihn bete. P. Ssergij weigerte sich es zu tun und ging in seine Zelle. Als er aber am anderen Morgen (es war im Herbst, und die Nächte waren kalt) aus seiner Zelle trat, um Wasser zu holen, erblickte er wieder die gleiche Mutter mit dem Sohn, einem blassen vierzehnjährigen Jungen, und hörte die gleiche Bitte. P. Ssergij gedachte der Parabel vom ungerechten Richter und bekam plötzlich Zweifel, obwohl er früher nicht gezweifelt hatte, ob er die Bitte abschlagen müsse; und als ihm der Zweifel kam, begann er zu beten und betete so lange, bis in seinem Herzen ein Entschluß feststand. Der Entschluß war, daß er die Bitte der Frau erfüllen müsse, daß ihr Glaube den Sohn retten könne; er P. Ssergij selbst werde in diesem Falle nur ein einfaches, von Gott auserwähltes Werkzeug sein.
Er kehrte zur Mutter zurück und erfüllte ihre Bitte, indem er die Hand dem Jungen auf den Kopf legte und für ihn betete.
Die Mutter fuhr mit dem Sohne heim, und der Junge war nach einem Monat genesen. In der ganzen Gegend verbreitete sich das Gerücht von der heiligen Heilkraft des Starez Ssergij, wie man ihn jetzt nannte. Nun verging keine Woche, wo zu P. Ssergij keine Kranke gegangen oder gefahren kamen; da er es den einen nicht abgeschlagen hatte, konnte er es auch den anderen nicht abschlagen; so legte er seine Hand auf die Kranken und betete für sie, und viele wurden gesund. Und der Ruhm P. Ssergijs verbreitete sich immer weiter.
So vergingen neun Jahre in den Klöstern und dreizehn Jahre in der Einsamkeit. P. Ssergij hatte jetzt das Aussehen eines Starez: sein Bart war lang und grau, aber das wenn auch etwas gelichtete Haupthaar noch schwarz und gelockt.