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Erstes Capitel.
Die Conquistadoren von Mittel-Amerika

I.

Hojeda. – Amerigo Vespucci. – Die Neue Welt erhält seinen Namen. – Juan de la Cosa. – V. Yanez Pinzon. – Bastidas. – Diego de Lepe. – Diaz de Solis. – Ponce de Leon und Florida. – Balboa entdeckt den Pacifischen Ocean. – Grijalva an den Küsten von Mexico.

———

 

Die Briefe und Berichte Columbus' und seiner Gefährten, die sich wiederholt und mit offenbarer Vorliebe über den Gold- und Perlenreichthum der jüngst entdeckten Länder verbreiteten, hatten eine gewisse Anzahl begieriger Kaufleute und eine große Menge abenteuerlustiger Edelleute nicht wenig in Aufregung versetzt.

Am 10. April 1495 hatte die spanische Regierung eine allgemeine Erlaubniß zur Entdeckung neuer Gebiete ertheilt; der unglaubliche Mißbrauch derselben aber und die Beschwerden von Columbus' Seite, dessen Privilegien hierdurch empfindlich geschädigt wurden, führten am 2. Juni 1497 die ausdrückliche Zurücknahme jenes Zugeständnisses herbei, ein Verbot, das man sich später noch durch Androhung schwerer Strafen zu verschärfen gezwungen sah.

Damals herrschte in der That ein wirkliches Entdeckungsfieber, das Fonseca, der Bischof von Bajadoz, über den Columbus wiederholt Klage zu führen hatte und in dessen Hand alle Angelegenheiten Indiens ruhten, noch außerdem begünstigte.

Kaum war der Admiral zur dritten Reise von San-Lucar ausgelaufen, als schon vier Entdeckungs-Expeditionen fast gleichzeitig von reichen Rhedern, darunter in erster Linie Pinzon und Amerigo Vespucci, ausgerüstet wurden.

Von diesen Expeditionen verließ die aus vier Schiffen bestehende erste derselben den Hafen von Santa-Maria am 20. Mai 1499 unter dem Commando Alfonso's de Hojeda; als Lootse fungirte dabei Juan de la Cosa, während Amerigo Vespucci wahrscheinlich das Amt des Astronomen der Flotte vertrat.

Vor der auszugsweisen Erzählung der Geschichte dieser Reise geben wir einige Details über jene drei Männer, deren Letzterer in der Geschichte der Entdeckung der Neuen Welt eine um so hervorragendere Rolle spielt, als diese selbst später seinen Namen erhalten hat.

Hojeda, geboren in Cuenca gegen 1465, und erzogen im Hause der Herzöge von Medina-Celi, hatte sich die Sporen in den Kriegen gegen die Mauren verdient. Als einer der Abenteurer, welche Columbus für seine zweite Reise angeworben hatte, fand er Gelegenheit, sich wiederholt durch sein kaltes Blut und die Gewandtheit in der Auffindung aller möglichen Hilfsmittel auszuzeichnen. Welche Ursachen führten nun zwischen Columbus und Hojeda zu einem so vollständigen Bruche, trotz der hochwichtigen Dienste, welche der Letztere, vorzüglich im Jahre 1495, geleistet hatte, wo er die Schlacht von La Vega entschied, in der die ganzen verbündeten Karaïben vernichtet wurden? Man weiß das nicht. Jedenfalls aber fand Hojeda bei seiner Rückkehr nach Spanien in Fonseca eine Stütze und einen mächtigen Beschützer. Der Minister für Indien soll ihm sogar, wie man behauptet, das Journal der letzten Reise des Admirals und dessen Karte der neuentdeckten Gebiete ausgeantwortet haben.

Der erste Steuermann Hojeda's war Juan de la Cosa, wahrscheinlich aus Santona in Biscayen gebürtig. Er war oft längs der Küste Afrikas gesegelt, bevor er Columbus auf der ersten und zweiten Reise begleitete, wobei ihm die Functionen des Kartographen ( maestro de hacer cartas) oblagen.

Als Zeugnisse der kartographischen Geschicklichkeit La Cosa's besitzen wir zwei sehr merkwürdige Karten: die eine enthält alle Angaben über Landungen in Afrika bis zum Jahre 1500; die auf Pergament gezeichnete und sorgfältig colorirte andere aber die Entdeckungen Columbus' und seiner Nachfolger.

Der zweite Steuermann war Barthelemy Roldan, gleichfalls ein Theilnehmer an Columbus' Reise von Paria aus.

Amerigo Vespucci's Obliegenheiten schienen etwas unbestimmt gelassen zu sein; er sollte ganz im Allgemeinen »entdecken helfen« ( ajutore a discoprire lautet der italienische Text seines Briefes an Soderini).

Geboren zu Florenz am 9. März 1451, gehörte Amerigo Vespucci einer vornehmen und sehr wohlhabenden Familie an. Er hatte Mathematik, Physik und Astrologie, wie man sich damals ausdrückte, mit gutem Erfolge studirt, wogegen seine Kenntnisse in der Geschichte und Literatur nur oberflächlicher und untergeordneter Art gewesen zu sein scheinen. Gegen 1492 verließ er Florenz ohne bestimmten Zweck und begab sich nach Spanien, wo er zuerst Handelsgeschäfte betrieb. So findet man ihn in Sevilla als Geschäftsführer in dem bedeutenden Hause seines Landsmannes Juanoto Berardi. Da Columbus von eben diesem Hause die Mittel zu seiner zweiten Reise erhielt, darf man wohl annehmen, daß Vespucci den Admiral zu jener Zeit gekannt habe. Mit dem 1495 erfolgten Tode Juanoto's trat Vespucci auf Wunsch der Erben überhaupt an die Spitze des Hauses.

Entweder müde einer Stellung, die in keinem rechten Verhältnisse zu seinen Fähigkeiten stand, ergriffen von dem herrschenden Reisefieber, oder in dem Glauben, sich in den neuen, als so reich geschilderten Ländern, schnell ein Vermögen erwerben zu können schloß sich Vespucci 1499 der Expedition Hojeda's an, wie die gerichtliche Aussage des Letzteren in dem von dem Fiscus gegen Columbus' Erben angestrengten Processe bestätigt.

Die aus vier Fahrzeugen bestehende Flottille ging am 20. Mai von Santa-Maria aus unter Segel, steuerte nach Südwesten und gebrauchte nur siebenundzwanzig Tage, um den amerikanischen Continent, und zwar an einem Punkte zu erreichen, der den Namen Venezuela erhielt, weil die auf Pfählen erbauten Wohnhäuser am Strande unwillkürlich an Venedig erinnerten. Nach wiederholten vergeblichen Versuchen einer mündlichen Verständigung mit den Wilden, deren er sich vielmehr einige Male mit Waffengewalt erwehren mußte, fand Hojeda die Insel Margarita und kam nach einer Fahrt von achtzig Meilen östlich des Orinoco im Golfe von Paria in einer Bai an, welche den Namen las Perlas erhielt, weil deren Uferbewohner lebhafte Fischerei auf Perlenmuscheln betrieben.

Gestützt auf Columbus' Karten, segelte Hojeda dann durch den Drachenmund, der Trinidad vom Continent trennt, und gelangte im Westen bis zum Cap la Vela. Endlich ging er, nach einem Besuche der Karaïbeninseln, wo viele Gefangene gemacht wurden, die in Spanien verkauft werden sollten, am 5. September 1499 in Yaquimo auf der Insel Espagnola vor Anker.

Der Admiral, der die Kühnheit und den unruhigen Geist Hojeda's sehr wohl kannte und davon nur neue Störungen der Ordnung in der Kolonie befürchtete, sandte Francisco Roldan mit zwei Caravellen ab, um die Ursachen seiner Hierherkunft zu erfahren und sich im Nothfalle einer Landung zu widersetzen. Des Admirals Muthmaßungen erwiesen sich nur zu richtig. Kaum am Lande, verständigte sich Hojeda mit einer Anzahl Unzufriedener, zettelte in Navagua einen Aufstand an und beschloß, Columbus einfach zu vertreiben. Nach einigen zu seinem Nachtheil ausgefallenen Scharmützeln mußten sich Roldan, Diego de Escobar und Juan de la Cosa in's Mittel schlagen, um Hojeda zum Verlassen der Insel Espagnola zu bewegen. Er führte, sagt Las Casas, eine werthvolle Ladung Sklaven mit sich, die er auf dem Markte von Cadix für eine ganz enorme Summe verkaufte. Im Februar 1500 kehrte er nach Spanien zurück, wohin ihm die schon am 18. October 1499 angelangten A. Vespucci und F. Roldan zuvorgekommen waren.

Der von Hojeda bei dieser Reise erreichte südlichste Punkt ist der vierte Grad nördlicher Breite und es dauerte seine eigentliche Entdeckungsfahrt nicht länger als drei und einen halben Monat.

Wenn wir uns trotzdem über obige Expedition etwas ausführlicher verbreitet haben, so geschah es, weil jene die erste Reise Vespucci's war. Verschiedene Autoren, vorzüglich Varnhagen, und in der letzten Zeit noch H. Major in seiner Geschichte Prinz Heinrichs des Seefahrers, behaupten, Vespucci's erste Reise falle in das Jahr 1497, er habe folglich das Festland Amerikas eher gesehen als Columbus. Uns kam es darauf an, das Datum des Jahres 1499 festzustellen, wobei wir uns sowohl auf die Autorität Humboldt's stützen, der seiner Untersuchung der Geschichte der Entdeckung Amerikas so viele Jahre widmete, als auf Ed. Charton und Jules Codine, der diese Frage bei Gelegenheit des Major'schen Werkes im Bulletin der Pariser geographischen Gesellschaft vom Jahre 1873 eingehend behandelt.

»Doch wenn es auch wahr wäre, sagt Voltaire, daß Vespucci das eigentliche Festland zuerst entdeckt hätte, so gebührt der Ruhm ihm immer noch nicht; er kommt nur Dem zu, der das Einsehen und den Muth hatte, die erste Reise zu unternehmen, also Columbus. Der Ruhm ziert, wie Newton in seinem Streite mit Leibnitz sagt, nur den Erfinder, den Urheber einer Idee. Wie vermag man aber, sagen wir mit Codine, an eine Expedition im Jahre 1497 zu glauben, bei welcher achthundertfünfzig Meilen der Festlandküsten entdeckt worden wären, ohne daß von derselben der mindeste Beweis auf uns gekommen wäre, weder in den Aufzeichnungen der zeitgenössischen Geschichtsschreiber, noch in den gerichtlichen Aussagen, in welchen, bei Gelegenheit des Prozesses der Erben Columbus' gegen die spanische Regierung, im Gegentheil die Prioritätsansprüche jedes Expeditions-Führers auf jeden Theil der befahrenen Küste festgestellt werden?«

Endlich beweisen authentische Documente aus den Archiven der Casa de Contratacion, daß Vespucci von Mitte August 1497 bis zur Abreise Columbus, am 30. Mai 1498, in Sevilla und San-Lucar mit Ausrüstung der zu dessen dritter Expedition bestimmten Schiffe betraut gewesen ist.

Die vorhandenen Berichte über Vespucci's Reisen sind alle sehr unklar, sowohl bezüglich der Darstellung der Thatsachen, als auch der Zeitfolge derselben; sie bezeichnen die Punkte, welche jener besuchte, so oberflächlich und unbestimmt, daß ihre Beschreibung fast auf jeden beliebigen Küstenpunkt paßt, und lassen auch über die Begleiter Vespucci's so viele Zweifel übrig, daß sie dem Geschichtsschreiber keinerlei verläßlichen Anhaltspunkt bieten. Man findet keinen bekannten Namen und nichts als einander widersprechende Daten in jenen Schriftstücken, welche nur durch die große Menge Commentare, zu denen sie Veranlassung gaben, merkwürdig sind. »Es ist, sagt A. von Humboldt, als ob ein besonderes Verhängniß gewaltet habe, daß alle auf den florentinischen Seefahrer bezüglichen Dokumente sich nur durch eine seltene Unklarheit und Verwirrung auszeichnen.«

Wir erzählen die erste Fahrt Hojeda's, mit der ja Vespucci's erste Reise zusammenfällt, nach Humboldt, der die wichtigsten Ereignisse der beiden Berichte verglichen und klargelegt hat. Varnhagen nämlich behauptet, daß der am 10. Mai 1497 abgereiste Vespucci am darauf folgenden 10. Juni in den Golf von Honduras eingedrungen, dann dem Gestade von Yucatan und Mexico gefolgt und den Mississippi hinaufgesegelt sei und später, gegen Ende Februar 1498, die Spitze von Florida umschifft habe. Nach siebenunddreißigtägigem Aufenthalt an der Mündung des St. Lorenzo soll er dann im October 1498 nach Cadix zurückgekehrt sein.

Hätte Vespucci wirklich diese außerordentliche Fahrt ausgeführt, so ließe er damit freilich alle zeitgenössischen Seefahrer weit hinter sich zurück, und mit vollem Rechte verdiente der Continent den Namen Dessen, der eine so ausgedehnte Strecke seiner Küste erforscht hatte. Hierfür finden sich freilich nicht die mindesten Beweise, während Humboldt's Ansicht, nach dem Urtheile der glaubwürdigsten Schriftsteller, die größte Summe von Wahrscheinlichkeiten für sich hat.

Amerigo Vespucci unternahm drei andere Reisen. A. von Humboldt identificirt die erste derselben mit der V. Yanez Pinzon's, und Avezae mit der Diego de Lepe's (1499-1500). Gegen Ende des letzteren Jahres verhandelte Giuliano Bartholomeo di Giocondo im Auftrage des Königs Emanuel mit Vespucci und beredete diesen zum Uebertritt in portugiesische Dienste. Auf Kosten dieser Macht betheiligte sich Vespucci noch bei zwei Entdeckungsreisen. Bei der ersten nimmt er nicht wie früher die Stellung eines Führers der Expedition ein, sondern spielt an Bord nur die Rolle eines Mannes, auf dessen nautische Kenntnisse man sich unter gegebenen Verhältnissen zu stützen sucht. Die bei dieser dritten seiner Reisen untersuchte Strecke der amerikanischen Küste ist zwischen dem Cap St. Augustin und dem 52. Grade südlicher Breite zu suchen.

Bei Vespucci's vierter Expedition litt das Admiralschiff nahe der Insel Fernando de Noronha Schiffbruch, ein Umstand, der die anderen Fahrzeuge verhinderte, ihren Weg fortzusetzen und jenseits des Caps der Guten Hoffnung weiterzusegeln, sie dagegen veranlaßte, in der Bai Allerheiligen in Brasilien zu landen. Diese vierte Reise befehligte ohne Zweifel Gonzalo Coelho; dagegen ist gänzlich unbekannt geblieben, wer der Führer der dritten gewesen ist.

Diese verschiedenen Expeditionen hatten Vespucci keine Schätze eingetragen, die Verhältnisse des portugiesischen Hofes waren auch selbst so wenig glänzender Natur, daß er sich entschloß, wieder in spanische Dienste zu gehen. Bald erfolgte hier, am 22. März 1508, seine Ernennung zum »Piloto mayor«. Bei der Einträglichkeit dieser Stellung beschloß er denn seine Tage, wenn auch nicht reich, doch frei von Sorgen, und starb in Sevilla am 22. Februar 1512, ebenso wie Columbus in dem Wahne, die Küsten Asiens weiter erforscht zu haben.

Amerigo Vespucci ist vorzüglich berühmt geworden, weil die Neue Welt, statt gerechter Weise Columbia zu heißen, später seinen Namen erhalten hat, wofür ihn selbst eine Verantwortlichkeit allerdings nicht trifft. Lange Zeit und gewiß mit Unrecht hat man ihn der frechsten Dreistigkeit, des Betrugs und der Lügenhaftigkeit durch die Nachrede beschuldigt, er habe den Ruhm Columbus' verdunkeln wollen und für sich die ihm nicht gebührende Ehre einer so großartigen Entdeckung erstrebt, was doch keineswegs der Fall war. Vespucci war von Columbus und seinen Zeitgenossen geliebt und geachtet, und alle seine Aufzeichnungen liefern für jene Verdächtigungen keinen Stützpunkt. Man kennt sieben später gedruckte Documente, die von Vespucci selbst herrühren sollen. Es sind das die kurzgefaßten Berichte über seine vier Reisen, zwei andere Berichte über die dritte und vierte Fahrt in Form zweier Briefe an Lorenzo de Pier Francesco de Medici, endlich ein an denselben gerichtetes Schreiben, das sich über die Entdeckungen der Portugiesen in Indien verbreitet. Diese als Plaquettes oder Büchlein in kleinem Formate gedruckten Documente wurden schnell in verschiedene Sprachen übersetzt und fanden in Europa die weiteste Verbreitung.

Schon 1507 macht ein gewisser Hylacolymus, dessen wirklicher Name Martin Waldseemüller lautet, in einem zu St. Dié in Lothringen gedruckten Buche mit dem Titel » Cosmographiae introductio« den Vorschlag, den neuen Erdtheil »Amerika« zu nennen. Im Jahre 1509 erscheint darauf in Straßburg ein kleiner Abriß der Geographie, der Hylocolamus' Empfehlung befolgt, und 1520 wird in Basel eine Ausgabe des Pomponius Mela gedruckt, welche eine Karte der Neuen Welt mit der Bezeichnung »Amerika« enthält. Die Anzahl der Werke, in denen von jener Zeit ab die von Waldseemüller vorgeschlagene Bezeichnung Aufnahme fand, mehrt sich nun von Tag zu Tage.

Mehrere Jahre später, als Waldseemüller sich besser über den eigentlichen Entdecker und die Bedeutung der Reisen Vespucci's unterrichtet hatte, tilgte derselbe in seinem Werke Alles, was fälschlich mit Vespucci in Beziehung gebracht war, und setzte für dessen Namen überall den des Columbus ein. Zu spät! Der Irrthum hatte schon Bürgerrecht!

Vespucci selbst wird schwerlich viel davon erfahren haben, was man sich in Europa erzählte und was in St. Dié vorging. Die in Bezug auf seine Ehrenhaftigkeit ganz einstimmigen Zeugnisse sollten ihn doch wohl endlich von einer unverdienten Beschuldigung befreien, die so lange auf seinem Andenken lastete.

Fast gleichzeitig mit Hojeda liefen drei andere Expeditionen von Spanien aus. Die erste, welche mit einem einzigen Schiff unternommen wurde, ging Mitte Juni 1499 von Barra Saltes ab. Ihr Anführer war Pier Alonso Nino, der bei den letzten beiden Reisen des Admirals unter diesem gedient und sich jetzt mit einem Kaufmann von Sevilla, Christoval Guerra, welcher jedenfalls die Kosten der Unternehmung deckte, verbunden hatte. Diese Reise längs der Küste von Paria scheint als Hauptzweck mehr einen ergiebigen Handel als wissenschaftliche Interessen verfolgt zu haben. Eine neue Entdeckung wurde während derselben nicht gemacht; die beiden Seefahrer brachten im April 1560 nach Spanien aber eine so beträchtliche Menge Perlen mit, daß die Habgier ihrer Landsleute und der Wunsch, ähnliche Abenteuer zu versuchen, nur noch mehr erweckt wurde.

Die zweite Expedition segelte unter dem Befehle Vincente Yanez Pinzon's, des jüngeren Bruders Alonso's, des Commandanten der »Pinta«, der auf Columbus so eifersüchtig war und auch die lügnerische Devise annahm:

A Castilla y a Leon
Nuevo Mundo dia Pinzon

Yanez Pinzon, dessen treue Ergebenheit für den Admiral ebenso groß war wie der eifersüchtige Neid seines Bruders, hatte jenem zu der ersten Reise von 1492 den achten Theil der Kosten vorgestreckt und die »Nina« damals selbst befehligt.

Im December 1499 reiste er mit vier Schiffen ab, von denen Ende September 1500 jedoch nur zwei nach Palos zurückkehrten. Er traf auf den neuen Continent etwas unterhalb der, von Hojeda wenige Monate vorher besuchten Küste, segelte an derselben 700-800 (See-) Meilen hin, entdeckte unter 8° 20' südlicher Breite das Cap St. Augustin, folgte der Küste nach Nordwesten bis zum Rio Grande, dem er den Namen »Santa Maria de la Mar dulce« beilegte, und gelangte in der nämlichen Richtung bis zum Cap Vincente.

Endlich untersuchte Diego de Lepe vom Januar bis Juni 1500 dieselben Ufergebiete. Seine Fahrt ist nur wichtig durch die Feststellung der Richtung der Küsten des Festlandes jenseits des Caps St. Augustin.

Kaum war Lepe nach Spanien zurückgekehrt, als wiederum zwei Schiffe von Cadix ausliefen. Rodrigo de Bastidas, ein vornehmer und reicher Mann, hatte dieselben ausgerüstet, um neue Länder zu entdecken, vorzüglich aber zu dem Zwecke, gegen Glaswaaren und andere geringwerthige Dinge Gold und Perlen einzutauschen.

Juan de la Cosa, dessen Geschicklichkeit sprichwörtlich war und der die aufzusuchenden Gegenden schon von früher her kannte, erhielt den Oberbefehl der Expedition. Die Seefahrer erreichten das feste Land, sahen den Rio Sinn, den Golf von Uraba und gelangten nach dem Puerto del Retrete oder de los Escribanos, am Isthmus von Panama. Dieser von Columbus erst am 26. November 1502 aufgefundene Hafen liegt siebzehn Meilen von der ehedem berühmten, jetzt aber verfallenen Stadt Nombre de Dias.

Ueberhaupt wurde diese von einem einfachen Kaufmanne organisirte Expedition durch Juan de la Cosa an Entdeckungen zu einer der fruchtbarsten Reisen. Leider sollte sie ein trauriges Ende nehmen. Die Schiffe erlitten im Golf von Haragua namhafte Beschädigungen, wodurch Bastidas und la Cosa genöthigt wurden, bei St, Domingo an's Land zu gehen. Hier ließ aber Bovadilla, der Ehrenmann, dieses Muster eines Gouverneurs, dessen niederträchtiges Verfahren gegen Columbus wir schon früher schilderten, die beiden Führer unter dem erdichteten Vorwände, von den Indianern Xaragua's Gold gekauft zu haben, verhaften und sendete sie nach Spanien, wo sie nach einem entsetzlichen Sturme, bei dem ein Theil der Flotte zu Grunde ging, ankamen.

Nach dieser erfolgreichen Expedition vermindert sich die Zahl der Entdeckungsreisen während mehrerer Jahre, welche die Spanier mehr dazu benutzten, ihre Herrschaft in den Ländern, wo sie Niederlassungen gegründet hatten, zu befestigen.

Schon 1493 begann die Kolonisation Espagnolas und entstand daselbst die Stadt Isabella. Zwei Jahre später durchstreifte Columbus selbst das ganze Gebiet der Insel, unterwarf mit Hilfe seiner zur Indianerjagd abgerichteten Hunde die armen Wilden und zwang sie, die eigentlich gar nichts zu thun gewöhnt waren, in den Bergwerken zu harter Arbeit. Bovadilla und später Ovando, welche die Indianer wie eine Heerde wilder Thiere behandelten, hatten jene unter die Kolonisten vertheilt. Die Grausamkeiten gegen diese unglückliche Race wurden von Tag zu Tag abscheulicher. Durch gemeine Hinterlist bemächtigte sich Ovando der Königin von Xaragua und dreihundert Großer des Landes. Auf ein gegebenes Zeichen wurden Alle, trotzdem, daß man ihnen nicht das Geringste Vorwerfen konnte, einfach niedergemacht. »Im Verlaufe einiger Jahre, sagt Robertson, stieg die Summe Gold, welche man in den königlichen Schatz Spaniens abführte, auf ungefähr 460.000 Pesos (2,400.000 Livres tournois = 1½ Millionen Mark), eine sehr beträchtliche Summe, wenn man im Auge behält, wie sehr der Werth des Goldes zu Anfang des 16. Jahrhunderts gestiegen war.« Im Jahre 1511 erobert Diego Velasquez Cuba mit nur dreihundert Mann, und hier erneuerten sich die blutigen Auftritte und die rohe Plünderungswuth, welche dem spanischen Namen eine so traurige Berühmtheit erwarben. Man schnitt den Indianern die Hände ab, stach ihnen die Augen aus und goß siedendes Oel oder geschmolzenes Blei in ihre Wunden, wenn man sie nicht bei mäßigem Feuer briet, um von ihnen ein Geständniß bezüglich der Schätze zu erpressen, in deren Besitz man sie glaubte. Die Bevölkerung verminderte sich denn auch zusehends, so daß der Tag ihres völligen Verschwindens nicht fern sein konnte. Man muß hierüber bei Las Casas, dem unermüdlichen Vertheidiger dieser grausam mißhandelten Volksstämme, nachlesen, um aus dessen herzzerreißender und entsetzlicher Darstellung zu erfahren, welche Qualen und Mißhandlungen jene zu erdulden hatten.

Auf Cuba wurde der Cazike Hattuey gefangen und zum Feuertode verurtheilt. Als er schon an den Pfahl gebunden war, bemühte sich ein Franciscaner noch, ihn zu bekehren, indem er ihm versprach, daß er auf der Stelle alle Wonnen des Paradieses schmecken werde, wenn er den christlichen Glauben annähme.

»Befinden sich«, fragte Hattuey dagegen, »auch Spanier an demselben Orte, der diese Wonnen bieten soll«? – »Gewiß«, antwortete der Mönch, »doch nur Solche, welche gerecht und gut gewesen sind! – »Der Beste von Euch«, versetzte der empörte Cazike, »kennt ja weder Gerechtigkeit noch Güte! Nein, ich mag nimmer dahin kommen, wo ich einem einzigen Vertreter dieser verfluchten Race begegnen könnte?«

Kennzeichnet das nicht hinreichend den Grad der Verzweiflung, zu dem jene bedauernswerthen Völkerschaften getrieben waren? Jene Schreckensscenen aber wiederholten sich überall, wohin die Spanier den Fuß setzten. Doch werfen wir einen Schleier über die Schandthaten, welche Menschen vollbrachten, die sich für civilisirt hielten und andere minder wilde Völker zum Christenthume, der Religion der Vergebung und der Liebe zu bekehren trachteten.

Im Laufe der Jahre 1504 und 1505 untersuchten vier Schiffe den Golf von Uraba. Hierbei führte Juan de la Cosa zum ersten Male den unbeschränkten Oberbefehl. In die nämliche Zeit hat man auch die dritte Reise Hojeda's nach dem Gestade von Coquibacoa zu verlegen, welche, nach Humboldt, zwar bestimmt stattfand, aber sehr dunkel geblieben ist.

Im Jahre 1507 entdeckte Juan Diaz de Solis im Verein mit V. Yanez Pinzon ein ausgedehntes Land, das später unter dem Namen Jucatan bekannt wurde. Obwohl sich diese Reise durch keine besonderen Ereignisse auszeichnete, sagt Robertson, verdient sie doch der Erwähnung, weil sie zu den wichtigsten Entdeckungen führte. Aus demselben Grunde werden wir uns später auch mit einer Fahrt Diego de Orampo's beschäftigen, der, als er nach Cuba segeln sollte, zuerst mit Sicherheit erkannte, daß dieses von Columbus früher für einen Theil des Continentes angesehene Land nur eine große Insel sei.

Zwei Jahre später drangen Juan Diaz de Solis und V. Pinzon, bei einer Reise nach dem Aequator und über diesen hinaus, bis zum 40. Grade südlicher Breite vor und erkannten mit Verwunderung, daß der Continent zu ihrer Rechten diese erstaunliche Längenausdehnung habe. Sie landeten wiederholt und nahmen feierlich von dem Küstenstriche Besitz, gründeten aber aus Mangel an Hilfsmitteln nirgends eine Niederlassung. Das auffälligste Resultat dieser Reise bestand demnach einzig in der genaueren Kenntnißnahme der Länge dieses Erdtheiles.

Der Erste, der auf den Gedanken kam, eine Kolonie auf dem Festlande zu gründen, war jener Alfons de Hojeda, dessen abenteuerliche Fahrten wir im Vorhergehenden erzählten. Selbst ohne Vermögen, doch bekannt wegen seines Muthes und Unternehmungsgeistes, fand er leicht einige Teilnehmer, die ihm die nöthigen Mittel für dieses Vorhaben lieferten.

Gleichzeitig rüstete Diego de Nicuessa, ein reicher Kolonist von Espagnola, eine Expedition zu dem nämlichen Zwecke aus (1509). König Ferdinand, wie immer verschwenderisch mit Unterstützungen, wenn sie nichts kosteten, verlieh ihnen Beiden reichlich Patente und Ehrentitel, gab zu den Unternehmungen selbst aber keinen Maravedi. Er errichtete auf dem Continente zwei Gouvernements, deren eines sich vom Cap la Vela bis zum Golfe von Darien, das andere von hier aus bis zum Cap Grazias a Dios erstreckte. Das erste wurde Hojeda, das zweite Nicuessa verliehen. Die beiden »Conquistadores« bekamen es jetzt aber mit minder sanftmüthigen Bevölkerungen als die der Antillen zu thun. Entschlossen, sich der Wegnahme ihres Landes zu widersetzen, entwickelten sie den Spaniern ganz unerwartete Vertheidigungsmittel. Es kam zu erbitterten Kämpfen. In einem einzigen Gefechte fielen sechzig Leute Hojeda's von den Pfeilen der Indianer, deren Spitzen mit »Curaru« bestrichen waren, d. i. ein so heftiges Gift, daß schon die geringste Verwundung den Tod nach sich zieht. Nicuessa seinerseits hatte vollauf zu thun, sich nur zu vertheidigen, weil trotz zweier namhafter Verstärkungen aus Cuba die größte Zahl der Theilnehmer an jenem Zuge in Folge von Verwundungen, Anstrengungen, Krankheiten und Entbehrungen umgekommen war. Die Ueberlebenden begründeten unter der Leitung Balboa's dann die kleine Kolonie Santa Maria el Antiqua in Darien.

Vor der Erzählung der merkwürdigen Expedition des Letztgenannten müssen wir jedoch die Entdeckung eines Landstriches erwähnen, welcher den nördlichsten Theil des tief in das Festland eingeschnittenen Bogens bildet, der den Namen des Golfs von Mexico führt. Im Jahre 1502 war Juan Ponce de Leon, einer der ältesten Familien Spaniens angehörig, mit Ovando in Espagnola eingetroffen. Er hatte thatkräftig zur Unterwerfung dieser Insel beigetragen und 1508 die Insel San Juan de Porto-Rico erobert. Da er von Indianern hörte, daß sich auf der Insel Bimini eine Wunderquelle befinde, deren Wasser Diejenigen verjüngte, welche davon tranken, beschloß Ponce de Leon, dieselbe aufzusuchen. Man darf wohl annehmen, daß er diese Heilquelle selbst erproben wollte, obwohl er damals nur gegen fünfzig Jahre zählte.

Ponce de Leon setzte also auf seine Kosten drei Schiffe in Stand, mit denen er am 1. März 1512 aus dem Hafen St. Germain de Porto-Rico absegelte. Er wandte sich nach den Liucayen, die er ebenso wie den Bahama-Archipel eingehend durchforschte. Fand er aber auch die im naiven Glauben gesuchte Wunderquelle nicht, so entdeckte er doch ein scheinbar sehr fruchtbares Land, dem er, entweder, weil er daselbst am Palmsonntag (Blumen-Ostern) landete, oder wegen seines bezaubernden Anblickes den Namen Florida gab. Mit einem solchen Erfolge hätte sich wohl mancher andere Seefahrer begnügt. Ponce de Leon irrte aber von Insel zu Insel und trank von jeder Quelle, die er fand, ohne dadurch sein weißes Haar wieder dunkeln oder die Falten des Gesichtes verschwinden zu sehen. Dieser trügerischen Narrenfahrt müde, warf er nach sechsmonatlichen fruchtlosen Versuchen die Flinte in's Korn, überließ es Perez de Ortubia und dem Piloten Antonio de Alminos, die Nachforschungen fortzusetzen, und kehrte am 5. October nach Porto-Rico zurück. »Hier mußte er manchen Spott über sich ergehen lassen, sagt der Pater Charlevoix, als man ihn leidender und mehr gealtert als bei der Abfahrt wiederkommen sah.«

Man wäre wohl versucht, diese ihren Motiven nach so lächerliche, ihren Erfolgen nach so fruchtbare Reise unter die erfundenen Fahrten zu rechnen, wenn sie nicht durch so glaubwürdige Geschichtsschreiber wie Peter Martyr, Oviedo, Herrera und Garcilasso de la Vega bestätigt würde.

Vasco Nunez de Balboa, ein fünfzehn Jahre jüngerer Mann als Ponce de Leon, war mit Bastidas nach Amerika gekommen und hatte sich auf Espagnola niedergelassen. Dort versank er aber, wie so viele seiner Landsleute, trotz des » Ripartimento« ihm zugetheilter Indianer, so tief in Schulden, daß er sehnlichst die Gelegenheit herbeiwünschte, sich den Verfolgungen seiner zahlreichen Gläubiger entziehen zu können. Zum Unglück verbot eine Verordnung jedem nach dem Festlande bestimmten Schiffe, zahlungsunfähige Schuldner an Bord aufzunehmen. Dank seinem erfinderischen Kopfe, wußte Balboa diese Schwierigkeit zu überwinden und ließ sich in einer leeren Tonne bis auf das Schiff rollen, das Encisco nach Darien führen sollte. Wohl oder übel mußte sich der Führer der Expedition den ihm so sonderbar aufgedrängten Anschluß des vor den Häschern fliehenden, aber muthigen Abenteurers gefallen lassen. Von den Antillen her gewöhnt, keinen ernsthaften Widerstand zu finden, vermochten die Spanier doch nicht, die wilden Völkerschaften des Festlandes zu unterwerfen. In Folge innerer Streitigkeiten mußten sie sich nach St. Maria el Antigua zurückziehen, welches der, an Stelle Encisco's zum Befehlshaber ernannte Balboa in Darien gründete.

Wußte er sich bei den Indianern durch seinen persönlichen Muth geachtet zu machen, ebenso wie durch seinen, mehr als zwanzig bewaffnete Männer gefürchteten Spürhund Leocillo, der auch Soldatensold empfing, so hatte Balboa jenen durch seine Gerechtigkeitsliebe und verhältnißmäßige Mildheit, welche unnütze Grausamkeiten nicht zuließ, doch auch eine gewisse Sympathie einzuflößen gewußt. Im Laufe mehrerer Jahre erhielt er wiederholt schätzbare Nachrichten über jenes El Dorado, jenes Goldland, das er zwar selbst nicht erreichen sollte, zu dem er seinen Nachfolgern jedoch den Zugang wesentlich erleichterte.

So hörte er von der Existenz eines »sechs Sonnen« (d. h. sechs Reisetage) entfernten anderen Meeres, dem Pacifischen Ocean, das die Küste Perus, eines Landes mit ungeheurem Reichthume an Gold, bewässern sollte. Balboa, dessen Charakter ein eben so zäher war wie der Cortez' oder Pizarro's, der aber nicht wie diese Zeit fand, seine außergewöhnlichen Naturgaben in ihrem ganzen Umfange zu verwerthen, täuschte sich nicht über den Werth dieser Mittheilung und sah den hohen Ruhm vor Augen, den eine solche Entdeckung auf seinen Namen häufen müßte.

Er sammelte demnach hundertundachtzig Freiwillige, lauter unerschrockene Soldaten und an die Wechselfälle des Krieges und die ungesunden Ausdünstungen eines sumpfigen Landes, wo Fieber, Ruhr und Leberkrankheiten epidemisch herrschten, hinlänglich gewöhnte Leute.

Wenn der Isthmus von Darien nur sechzig Meilen in der Breite mißt, so trägt er doch eine gewaltige Gebirgskette, an deren Fuße das angeschwemmte, ungemein fruchtbare Land eine Vegetation hervorbringt, von deren Ueppigkeit Europäer gar keine Vorstellung haben. Hier wuchert ein unentwirrbares Netz von Lianen zwischen Farrenkräutern und Baumriesen, welche die Sonne vollkommen verdecken, hier grünt der echte, da und dort von sumpfigen Lachen durchsetzte Urwald mit seiner Unzahl von Vögeln, Insecten und Säugethieren, deren munteres Leben kaum jemals die Erscheinung eines Menschen störte. Die feuchte Wärme dieser Landschaft erschöpft dazu die Kräfte und knickt bald die Energie auch des kraftvollsten Mannes.

Zu diesen Hindernissen, mit welchen die Laune der Natur den von Balboa zu durchmessenden Weg versperrt hatte, treten aber auch noch die nicht minder furchtbaren, welche ihm die wilden Bewohner des ungastlichen Landes zu bereiten suchen konnten. Ohne Rücksicht auf die Gefahren, die seiner Expedition durch die immerhin zweifelhafte Verläßlichkeit seiner indianischen Führer und Hilfsmannschaften drohen mochten, brach Balboa auf unter Begleitung von etwa tausend indianischen Trägern und einer Meute jener schrecklichen Spürhunde, die schon auf Espagnola an Menschenfleisch Geschmack gefunden hatten.

Von den Volksstämmen, auf die er unterwegs stieß, entflohen einige mit Hab und Gut in die Berge, andere benutzten das schwierige zerrissene Terrain, um sich zu widersetzen. In der Mitte seiner Leute marschirend, ihre Entbehrungen theilend und stets bereit, sich selbst jeder Gefahr auszusetzen, wußte Balboa wiederholt deren gesunkenen Muth neu zu beleben und ihnen einen solchen Feuereifer mitzutheilen, daß er nach fünfundzwanzig Tagen mühevollen, durch viele Gefechte unterbrochenen Marsches, vom Gipfel eines Berges aus den ungeheuren Ocean erblicken konnte, von dem er vier Tage später, den blanken Degen in der einen Hand, in der anderen das Banner Castiliens, im Namen des Königs von Spanien Besitz ergriff.

Der Theil des Stillen Oceans, welchen er zuerst auffand, liegt südöstlich von Panama und führt noch heute den Namen des Golfs von San-Miguel, den Balboa ihm damals gegeben. Die Erkundigungen, die er von den mit Waffengewalt unterworfenen Caziken, bei denen er übrigens eine beträchtliche Beute machte, einzog, stimmten in allen Punkten mit denen vor seinem Aufbruche überein.

Gewiß lag im Süden ein großes Reich mit so ungeheuren Schätzen, »daß man die gewöhnlichsten Geräthe aus Gold herstellte«, wo eine Art Hausthiere, die Lamas, deren Erscheinung nach der Zeichnung Eingeborner der der Kameele ähneln mußte, abgerichtet wurden und schwere Lasten schleppten. Diese interessanten Einzelheiten und die ihm angebotene große Menge Perlen bekräftigten Balboa in der Ansicht, die von Marco Polo beschriebenen Gebiete Asiens erreicht zu haben und nun wirklich dem Königreiche Cipango nahe zu sein, dessen wunderbare, den Augen der habgierigen Abenteurer unablässig vorschwebende Reichthümer der venetianische Reisende so verlockend geschildert hatte.

Balboa überschritt den Isthmus von Darien wiederholt und stets auf anderem Wege. Alexander von Humboldt konnte mit Recht behaupten, daß dieser Landstrich zu Anfang des 16. Jahrhunderts besser bekannt gewesen sei als zu seiner Zeit. Noch mehr; Balboa fuhr auch auf den Ocean hinaus mit Schiffen, die auf seinen Befehl erbaut wurden, und rüstete eben eine ansehnliche Flotte und Waffenmacht, womit er Peru zu erobern gedachte, als er nach schmählichem Rechtsspruche auf Befehl Pedrarias Davila's, des Gouverneurs von Darien, zum Tode verurtheilt wurde, nur weil Letzterer auf das errungene Ansehen des Freibeuters und den weiteren Ruhm, den er sich bei dem beabsichtigten Zuge voraussichtlich erwerben würde, eifersüchtig geworden war. Die Eroberung Perus verzögerte sich also um fünfundzwanzig Jahre durch die verbrecherische Laune eines Menschen, dessen Name durch die Ermordung Balboa's fast ebenso berüchtigt worden ist, wie der des Herostratus.

Besaß man nun durch Balboa die ersten, etwas sichereren Kenntnisse von Peru, so sollte ein anderer Entdeckungsreisender nicht minder wichtige Nachrichten über Mexico liefern, dessen Herrschaft fast über ganz Central-Amerika reichte. Juan de Grijalva hatte im Jahre 1518 den Oberbefehl über eine aus vier Schiffen bestehende, von Diego Velasquez, dem Eroberer Cubas, ausgerüstete Flottille übernommen, um das, im Vorjahre von Fernandez de Cordova zuerst gesehene Yucatan näher in Augenschein zu nehmen. Grivalja führte, außer dem Piloten Alaminos, einem Teilnehmer an Ponce de Leon's Fahrt nach Florida, zweihundertundvierzig Freiwillige mit sich, unter diesen auch Bernal Dias de Castilla, den naiven Verfasser einer höchst interessanten Geschichte der Eroberung von Mexico, aus der wir noch manche Stellen entlehnen werden.

Nach dreizehntägiger Seefahrt entdeckte Grijalva nahe der Küste von Yucatan die Insel Cozumel, umschiffte das Cap Codoche und drang in die Campeche-Bai ein. Am 10. Mai ging er in Potonchan an's Land, dessen Bewohner, trotz ihres Erstaunens über die Schiffe, die sie für Meerungeheuer ansahen, und über die Blitze schleudernden Männer mit bleichem Gesicht, den Platz, wo die Spanier Wasser einzunehmen suchten, und die Stadt so standhaft vertheidigten, daß dabei siebenundfünfzig Spanier getödtet und viele verwundet wurden. Ein so warmer Empfang verlockte Grijalva natürlich nicht zum längeren Verweilen bei diesem kriegstüchtigen Volke. Nach viertägiger Rast stach er wieder in See, fuhr in westlicher Richtung längs der Küste Mexicos hin, lief am 17. Mai in einen, von den Eingebornen Tabasco genannten Fluß ein und sah sich hier sehr bald von einer, etwa fünfzig wohlbewaffnete Piroguen zählenden Flottille eingeschlossen, welche einen Kampf aufnehmen zu wollen schien. Dank der Klugheit Grijalva's und den Freundschafts-Versicherungen, mit denen man nicht sparsam war, wurde der Friede jedoch nicht gestört.

»Wir ließen ihnen sagen, schreibt Bernal Dias, daß wir Unterthanen eines mächtigen Kaisers, Namens Don Carlos, seien, den auch sie als Herren anerkennen sollten, wobei es ihnen wohl gehen werde. Sie antworteten darauf, daß sie schon einen Herrscher hätten und nicht recht verständen, wie wir, kaum hier angekommen, ihnen einen anderen anböten, ohne ihre Verhältnisse zu kennen.« Man wird zugeben, daß diese Antwort nicht verräth, daß sie von Wilden stammt.

Im Austausch gegen einige werthlose europäische Kleinigkeiten erhielten die Spanier Yuccabrot, Copalharz, Goldstückchen in Form von Fischen oder Vögeln, ebenso wie im Lande verfertigte Baumwollenstoffe. Da die bei Cap Cotoche mit an Bord genommenen Eingebornen die Sprache der Bewohner von Tabasco nicht verstanden, kürzte man den Aufenthalt daselbst ab und stach wieder in See. Man segelte am Rio Guatzacoalco vorüber, entdeckte die schneeigen Sierras von San Martin und warf Anker an der Mündung eines Flusses, der den Namen Rio de las Banderas erhielt, wegen der vielen weißen Fähnchen, welche die Eingebornen beim Erblicken der Fremden als Zeichen ihrer Friedfertigkeit schwenkten.

Bei seiner Landung wurde Grijalva mit wahrhaft göttlichen Ehren empfangen. Unter Copalräucherungen legte man mehr als fünfzehnhundert Piaster an Goldgeschmeide, ferner grüne Perlen und kupferne Aexte zu seinen Füßen nieder. Nach feierlicher Besitznahme des Landes erreichten die Spanier eine Insel, welche die Insel de los Sacrificios genannt wurde, weil man auf einer Art Altar, am oberen Ende einer hohen Treppe, fünf am Tage vorher geopferte Indianer mit geöffnetem Brustkasten, aus dem das Herz herausgenommen war, und mit abgeschnittenen Armen und Beinen vorfand. Später machte man vor einer kleinen Insel Halt, die nach dem Namen des Kalender-Heiligen jenes Tages San Juan genannt wurde, wozu man noch das Wort Culua fügte, das man die Indianer jener Gegend häufig wiederholen hörte. Culua aber war die alte Bezeichnung für Mexico und unter jener Insel San Juan de Culua ist das heutige Saint Jean d'Ulloa zu verstehen.

Nachdem er auf ein Schiff, das er nach Cuba schickte, alles hier eingesammelte Gold verladen, setzte Grijalva seine Fahrt längs der Küste fort, entdeckte die Sierras von Tusta und von Tuspa, verschaffte sich vielfache nützliche Nachrichten von diesen volkreichen Gebieten und kam beim Rio Panuco an, wo er sich von einer zahlreichen Flottille von Ruderbooten angegriffen sah, die er nur mit Mühe abzuwehren vermochte.

Die Expedition ging nun ihrem natürlichen Ende entgegen; die Schiffe waren in traurigem Zustande, die Lebensmittel nahezu erschöpft; die Freiwilligen, zum Theil verwundet oder krank, erreichten in Folge dessen eine zu geringe Zahl, um sie, selbst unter dem Schutze schnell hergestellter Befestigungen, inmitten dieser kriegerischen Stämme zurückzulassen. Auch unter den Führern herrschte keine rechte Einigkeit mehr. Kurz, nach vorläufiger Ausbesserung der Schiffe im Rio Tonala, wo Bernal Dias sich rühmt, die ersten Orangenkerne in Mexico gesteckt zu haben, schlugen die Spanier wieder den Weg nach Santiago de Cuba ein, wo sie am 15. November anlangten nach einer Kreuzfahrt von sieben Monaten, nicht von fünfundvierzig Tagen, wie Ferdinand Denis in der Didot'schen »Biographie etc.« sagt und es Ed. Charton in seinen » Voyageurs anciens et modernes« wiederholt hat.

Diese Reise hatte sehr wichtige Resultate ergeben. Zum ersten Male wurde dabei die ungeheure Küstenlinie Yucatans, die Campeche-Bai und der am meisten zurückliegende Theil des Golfs von Mexico im Zusammenhange untersucht. Jetzt wußte man nicht allein, daß Yucatan, nicht, wie man früher annahm, eine Insel sei, sondern besaß auch schon vielseitige und verläßliche Kenntnisse des mächtigen mexikanischen Reiches. Man war höchlichst erstaunt über die Anzeichen einer Civilisation, welche die der Antillen beiweitem übertraf, über die zweckmäßige Bodencultur, die Zartheit des Gewebes der baumwollenen Kleidungsstücke, über die hochentwickelte Baukunst, wie über die Vollendung des von den Eingebornen getragenen Goldschmuckes – lauter Wahrnehmungen, welche geeignet erscheinen, bei den Spaniern von Cuba den Durst nach Schätzen zu erregen und in ihnen den Entschluß reifen ließen, als moderne Argonauten zur Gewinnung dieses Goldenen Vließes auszuziehen.

II.

Ferdinand Cortez. – Sein Charakter. – Seine Ernennung. – Vorbereitungen zur Expedition und Velasquez' Versuche, jene zu hintertreiben. – Landung in Vera-Cruz. – Mexico und der Kaiser Montezuma. – Die Republik von Tlascala. – Zug nach Mexico. – Gefangennahme des Kaisers. – Narvaez' Niederlage. – Die »Noche triste«. – Schacht bei Otumba. – Zweite Belagerung und Einnahme von Mexico. – Zug nach Honduras. – Reise in Spanien. – Expeditionen im Pacifischen Ocean. – Cortez' zweite Reise in Spanien. – Sein Tod.

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Velasquez hatte die Rückkehr Grijalva's nicht abgewartet, um die reichen Produkte der von diesem entdeckten Gebiete nach Spanien zu senden, und dabei vom Rathe für Indien ebenso wie vom Bischof von Burgos um erweiterte Machtvollkommenheiten nachzusuchen, die ihm freie Hand gaben, jene nun auch zu erobern. Gleichzeitig traf er schon die nöthigen Vorbereitungen zu einem neuen Zuge in dem Maßstabe, den die Gefahren und die Wichtigkeit des geplanten Unternehmens verlangten. Fiel es ihm nun auch verhältnißmäßig leicht, das dazu erforderliche Material und ausreichende Mannschaft zusammenzubringen, so hatte Velasquez, den ein alter Schriftsteller als einen etwas geizigen, leichtgläubigen und argwöhnischen Mann schildert, weit mehr Mühe, einen Anführer zu finden. In der That mußte man bei diesem eine glückliche Vereinigung immerhin seltener Eigenschaften voraussetzen, wie großes Talent und unerschrockenen Muth, ohne welche auf einen durchschlagenden Erfolg gar nicht zu rechnen war, gleichzeitig neben der Einsicht und Unterwürfigkeit, um nichts ohne Befehl zu thun und Dem, der bei der ganzen Sache keinerlei Gefahr lief, den Ruhm der Entdeckung und ihrer Erfolge zu überlassen. Die Einen, vielleicht thatenlustige und kühne Männer, wollten sich nicht zu Werkzeugen erniedrigen; Andere, welche gefügiger oder nur minder offenherzig waren, entbehrten wieder der nothwendigsten Eigenschaften für den wichtigen Ausgang eines so weitschichtigen Unternehmens; Diese, und zwar die meisten Teilnehmer des Grijalva'schen Zuges, wollten das Obercommando ihrem Führer übergeben wissen, Jene zogen Augustin Bermudez oder Bernardino Velasquez vor. Während dieser langen Vorverhandlungen einigten sich zwei Günstlinge des Gouverneurs, Andreas de Duero, dessen Secretär, und Amador de Lares, ein Controleur auf Cuba, mit einem Hidalgo Namens Fernando Cortez, unter der Bedingung, den Ertrag des Zuges zu theilen.

»Sie drückten sich, sagt Bernal Dias, mit so schönen und honigsüßen Worten aus, erschöpften sich in Lobsprüchen über Cortez mit der Versicherung, daß nur er der geeignete Mann für diese Sache und der gesuchte unerschrockene Führer und gleichzeitig der treueste Diener Velasquez', übrigens seines Taufzeugen, sein werde, daß sie Letzteren überredeten und Cortez wirklich zum General-Kapitän ernannt wurde. Andreas de Duero, als Secretär des Gouverneurs, beeilte sich, für Cortez möglichst günstig gefaßte und vorschriftsmäßig unterzeichnete Vollmachten auszufertigen.«

Und doch wäre gerade dieser gewiß nicht der Mann gewesen, den Velasquez gewählt hätte, wenn er hätte in die Zukunft schauen können. Cortez war im Jahre 1485 zu Medellin in Estremadura von alter, aber unvermögender Familie geboren. Nachdem er in Salamanca lange Zeit den Studien obgelegen, kehrte er nach seiner Vaterstadt zurück, deren ruhiges und friedliches Leben seinem erregbaren Charakter und launischen Sinne nicht lange genügen konnte. Er reiste also bald nach Amerika, wo er unter der Protection seines Verwandten, des Gouverneurs Ovando in Espagnola, schneller vorwärts zu kommen hoffte.

Cortez fand nach seiner Ankunft wirklich bald eine ebenso ehrenhafte als einträgliche Beschäftigung, davon zu schweigen, daß er wiederholt an Streifzügen gegen die Eingebornen theilnahm. Wenn er sich hierbei mit der gewohnten Taktik der Indianer vertraut machte, so verlor er dabei leider auch alle Scheu vor den Grausamkeiten, welche den castilischen Namen später so oft besudeln sollten.

Im Jahre 1511 begleitete er Diego de Velasquez bei einem Zuge nach Cuba und zeichnete sich dabei so sehr aus, daß er trotz gewisser Mißhelligkeiten, worüber die neueren Schriftsteller vollkommenen Aufschluß geben, als Belohnung sehr ausgedehnte Ländereien mit vielen Bewohnern verliehen erhielt.

Binnen wenig Jahren hatte Cortez durch glückliche Unternehmungen schon drei Millionen Castellanos zusammengebracht, eine für seine Verhältnisse gewiß sehr beträchtliche Summe. Obwohl er sich als Anführer noch nicht erprobt hatte, so waren es doch seine unermüdliche Thätigkeit, die von dem ungeordneten Aufbrausen der Jugendzeit übrig blieb, seine anerkannte Klugheit, seine Prudhomie, wie man früher sagte, die Entschlossenheit und das ihm in hohem Maße zukommende Talent, durch die Cordialität seines Wesens die Herzen Anderer zu gewinnen, welche ihm bei Velasquez der Empfehlung seiner Protektoren würdig erscheinen ließen. Hierzu denke man sich noch eine ansprechende äußere Erscheinung, neben hervorragender Gewandtheit in allen körperlichen Uebungen und einer selbst unter allen diesen Abenteurern seltenen Ausdauer in Entbehrungen und Strapazen.

Als er aber einmal außer den sprechendsten Zeugnissen wohlerworbener Dankbarkeit einen Auftrag, als Führer zu dienen, erhielt, zog Cortez an seinem Hause eine schwarze, goldgestickte Standarte mit einem rothen Kreuze inmitten blauer Flammen auf, unter der er die Inschrift anbrachte: »Freunde, folgen wir dem Kreuze, und wenn wir den Glauben haben, werden wir unter diesem Zeichen siegen«. Nun concentrirte er auch alle Kräfte seines erfinderischen Geistes, um den Erfolg seines Unternehmens sicher zu stellen. Getrieben von einem Enthusiasmus, den nicht einmal Diejenigen erwartet haben würden, die ihn vielleicht am besten kannten, verwendete er nicht nur alle seine baaren Mittel zur Ausrüstung der Flotte, sondern belastete auch seinen Grundbesitz und entlieh von Freunden ganz namhafte Summen, nur um Schiffe, Lebensmittel, Schießbedarf und Pferde einzukaufen. In wenig Tagen traten, angezogen von dem Ruhme des Generals und gereizt durch die verlockende und sicheren Erfolg versprechende Aussicht auf reichlichen Ertrag, dreihundert Freiwillige bei ihm ein.

Velasquez jedoch wollte, vielleicht noch immer voll Verdacht und von einigen neidischen Seelen noch angetrieben, den Zug noch in seinem Anfange verhindern. Cortez empfing von dessen Absicht, ihm in letzter Stunde noch den Oberbefehl wieder abzunehmen, durch seine Beschützer Nachricht, und schnell war sein Entschluß gefaßt. Trotz seiner noch nicht vollzähligen Mannschaft und der unzureichenden Ausrüstung, rief er seine Leute zusammen und lichtete während der Nacht die Anker. Velasquez, der sich so überlistet sah, verheimlichte zwar seinen Zorn darüber, ging aber sofort daran, Den auf seinem Wege aufzuhalten, der alle Abhängigkeit so leicht von sich geschüttelt hatte.

In Macaca vervollständigte Cortez seinen Proviant und sah viele frühere Genossen Grijalva's unter seiner Fahne zusammenströmen, wie Pedro de Alvarado und seine Brüder Christoval de Olid, Alonzo de Avila, Hermandez de Puerto-Carrero, Gonzalo de Sandoval und Bernal Diaz de Castillo, der über diese Ereignisse, quorum pars magna fuit, eine prächtige Chronik schrieb. Dann wandte er sich nach Maritima de Trinidad, einem an der Südküste Cubas gelegenen Hafen, wo er noch weitere Provisionen einnahm. Inzwischen erhielt der Gouverneur Verdugo von Velasquez briefliche Mittheilung, Cortez zu verhaften, da diesem der Oberbefehl über die Flotte wieder entzogen worden sei. Das wäre aber für die Stadt ein sehr gefährlicher Versuch gewesen, und Verdugo enthielt sich dessen klüglich. Um noch neue Anhänger zu gewinnen, begab sich Cortez nach Havanna, während sein Lieutenant Alvarado den Landweg dahin einschlug, wo die letzten Vorbereitungen getroffen wurden. Trotz des Mißerfolges seines ersten Versuches erließ Velasquez noch einen zweiten Befehl, Cortez zu verhaften; der Gouverneur Pedro Barba sah aber ohne Weiteres die Unmöglichkeit ein, diesen Auftrag auszuführen inmitten der Soldaten, die nach Bernal Diaz' Zeugniß, gern ihr Leben für Cortez gelassen hätten.

Nach Zusammenrufung seiner Freiwilligen und Einschiffung alles dessen, was er brauchte, ging Cortez am l8. Februar 1519 unter Segel mit elf Schiffen, deren größtes 100 Tonnen maß, in Begleitung von 110 Seeleuten, 553 Soldaten, darunter 13 Andalusier, 200 Indianer von der Insel und einige Frauen zur Verrichtung der häuslichen Arbeiten. Die Hauptstärke der Expedition bildeten ihre zehn Stück Kanonen und vier Falkonets mit reichlicher Munition und sechszehn Pferde, die für schweres Geld angeschafft worden waren. Mit diesen geringfügigen Mitteln, deren Aufbringung ihm doch so viel Mühe gekostet hatte, wagte Cortez den Kampf gegen einen Herrscher, dessen Besitzungen einen größeren Umfang hatten als die der Krone Spaniens – ein Unternehmen, vor dessen Schwierigkeiten er gewiß zurückgewichen wäre, wenn er nur deren Hälfte gekannt hätte. Schon vor langer Zeit sang jedoch ein Dichter: »Das Glück ist stets dem Kühnen hold«.

Nach einem heftigen Sturme gelangte die Expedition nach der Insel Cozumal, deren Bewohner entweder aus Furcht vor den Spaniern, oder weil sie die Machtlosigkeit ihrer Götter erkannten, zum Christenthum übertraten. Eben als die Flotte die Insel verlassen wollte, hatte man das Glück, noch einen Spanier, Jeromino de Aguilar, der seit sieben Jahren in Gefangenschaft der Indianer gewesen war, aufzunehmen. Dieser Mann, der die Maya-Sprache vollständig gelernt hatte und ebensoviel Klugheit als Gewandtheit besaß, sollte der Expedition als Dolmetscher bald die ersprießlichsten Dienste leisten.

Cortez segelte nach Umschiffung des Cap Cotoche in die Campeche-Bai, an Potonham vorüber und den Rio Tabasco hinaus, in der Hoffnung, hier ebenso gut wie früher Grijalva ausgenommen zu werden und eine ähnliche Menge Gold als Geschenk zu erhalten. Jetzt hatten aber die Anschauungen der Indianer eine völlige Umwandlung erfahren, so daß man gegen dieselben Gewalt brauchen mußte. Trotz ihrer großen Anzahl und ihres persönlichen Muthes wurden die Eingebornen doch in mehreren Gefechten gänzlich geschlagen, vorzüglich, weil ihnen die Detonationen der Feuerwaffen und die Erscheinung der von ihnen für übernatürliche Wesen gehaltenen Reiter einen wahrhaft panischen Schrecken einflößten. Die Indianer verloren hierbei viel Menschen, während die Spanier mit zwei Todten und vierzehn verwundeten Soldaten nebst einigen blessirten Pferden davon kamen; die letzteren verband man mit Fett, das die todten Körper der Indianer lieferten. Zuletzt wurde Friede geschlossen und Cortez erhielt Lebensmittel, Baumwollenstoffe, etwas Gold und zwanzig weibliche Sklaven, unter diesen auch jene Marina, deren alle zeitgenössischen Schriftsteller Erwähnung thun, und welche den Spaniern so hervorragende Dienste als Dolmetscherin leisten sollte.

Cortez steuerte seinen Kurs nach Westen weiter, immer bemüht, einen geeigneten Landungsplatz zu entdecken, fand aber einen solchen erst in St. Jean d'Ulloa. Kaum hatte die Flotte Anker geworfen, als sich dem Admiralschiffe ein Canot ohne jedes Zeichen von Furcht näherte. Durch Marina, welche ja selbst aztekischer Abkunft war, erfuhr Cortez, daß die Völkerstämme dieses Landes einem großen Reiche unterthan waren, dessen jüngst eroberte Provinz ihre Heimat bildete. Ihr Monarch, mit Namen Mochtheuzoma. bekannter unter dem Namen Montezuma, residirte zu Tenochtitlan oder Mexico, etwa sechzig Meilen im Innern des Landes. Cortez theilte den Indianern seine friedlichen Absichten mit, bot ihnen einige Geschenke an und landete an dem unfruchtbaren und ungesunden Strande von Vera-Cruz. Lebensmittel strömten bald in Menge herbei. Am Tage nach der Landung kam aber der von Montezuma gesendete Gouverneur der Provinz in nicht geringe Verlegenheit, was er Cortez antworten sollte, als dieser von ihm ohne Verzug zu seinem Herrn geführt zu werden verlangte. Er kannte nur zu gut die Unruhe und die Furcht, welche die Seele des Herrschers seit dem Eintreffen der Spanier erfüllten. Inzwischen ließ er jedoch feine Baumwollenstoffe, Federmäntel und verschiedene goldene Gegenstände zu den Füßen des Generals niederlegen, wodurch freilich die Habsucht der Europäer nur noch mehr gereizt wurde. Um nun den armen Indianern eine Vorstellung von seiner Macht zu geben, ließ Cortez seine Soldaten exerciren und einige Kanonen abfeuern, deren Donner jene zu Eis erstarren ließ. Während der ganzen Zeit der Verhandlungen hatten mehrere Maler auf weißen Baumwollenstoffen die Schiffe, die Truppen und Alles, was jenen in die Augen gefallen war, abconterfeit. Diese sehr geschickt ausgeführten Bilder sollten Montezuma zugesendet werden.

Bevor wir zu dem Berichte über die wahrhaft heldenmüthigen Kämpfe, welche nun bald folgen sollten, übergehen, scheint es wohl am Orte, Einiges über das mexikanische Reich mitzutheilen, das, so mächtig es auf den ersten Blick auch erschien, doch schon vielfache Keime des Zerfalls und der Auflösung in seinem Schooße barg. Sonst möchte es dieser Handvoll Abenteurern schwerlich gelungen sein, dasselbe zu überwinden.

Der unter Montezuma's Herrschaft stehende Theil von Amerika hieß Anahuac und erstreckte sich zwischen dem 14. und 20. Grade nördlicher Breite. Etwa in der Mitte dieses Gebietes, welches der wechselnden Höhenlage wegen sehr verschiedene Temperaturen bietet, findet sich, etwas näher dem Pacifischen Ocean als dem Atlantischen, in einem Umfange von fünfundsiebzig Meilen und einer Meereshöhe von 7500 Fuß ein ausgedehntes Becken, das mehrere Seen enthält und unter dem Namen des Thales von Mexico – dem Namen der Hauptstadt des Reiches – bekannt ist.

Erklärlicher Weise besitzen wir nur wenig authentische Kenntnisse über ein Volk, dessen schriftlich aufbewahrte Geschichte durch unwissende »Conquistadores« und fanatische Mönche den Flammen übergeben wurde, weil Letztere vorzüglich mit tollem Eifer Alles zu vernichten suchten, was an die religiösen oder politischen Traditionen des unterjochten Volkes erinnern konnte.

Im VII. Jahrhundert von Norden herabziehend, hatten sich die Tolteken über das Plateau von Anahuac verbreitet. Es war das ein intelligenter, mit dem Landbau, mechanischen Künsten und der Bearbeitung der Metalle vertrauter Volksstamm, der die meisten jener prachtvollen und wahrhaft riesigen Bauwerke ausgeführt hat, deren Spuren man noch heute in Neu-Spanien auffindet.

Nach einer Herrschaft von vierhundert Jahren verschwanden die Tolteken ebenso geheimnißvoll, wie sie einst gekommen waren. Ein Jahrhundert nachher wurden sie durch einen anderen, von Nordwesten herabgestiegenen wilden Volksstamm ersetzt, dem bald noch andere, auf höheren Bildungsstufen stehende Stämme nachfolgten, welche die toltekische Sprache gesprochen zu haben scheinen. Die berühmtesten dieser Stämme sind die Azteken und die Alkolhues oder Tezkukanen, welche mit Leichtigkeit den Rest von Civilisation in sich aufnahmen, der im Lande noch von den letzten Tolteken her vorhanden war. Die Azteken ließen sich, nach verschiedenen Wanderungen und Kriegszügen, seit dem Jahre 1326 im Thale von Mexico nieder, wo sie ihre Hauptstadt Tenochtitlan erbauten. In Folge eines Offensiv- und Defensiv-Vertrages zwischen den Staaten von Mexico, Tezkuko und Tlakoplan, dem man ein volles Jahrhundert lang streng nachkam, breitete sich die aztekische Civilisation, während sie sich früher nur auf die Grenzen des Thales beschränkte, bald so weit aus, wie das Land zwischen dem Pacifischen und Atlantischen Ocean reichte.

In kurzer Zeit stiegen diese Völker zu einem solchen Grade der Civilisation empor, daß sie alle Stämme der neuen Welt überragten. In Mexico gab es schon ein anerkanntes Eigenthumsrecht, der Handel stand in voller Blüthe und drei Arten verschiedener Münzen erleichterten den Verkehr. Das Polizeiwesen war geregelt und ein ganzes System mit vollkommener Sicherheit fungirender Relais vermittelte schnell die Befehle des Herrschers von einem Ende des Reiches bis zum anderen. Die Anzahl und Schönheit der Städte, die Größe der Paläste, Tempel und Festungswerke legen Zeugniß ab von einer weit vorgeschrittenen Civilisation, welche doch mit dem sonst wilden Stamm der Azteken in grellem Widerspruche stand. Man kann sich etwas barbarischeres und blutigeres als ihre polytheistische Religion kaum vorstellen. Die Priester bildeten eine sehr zahlreiche Kaste und übten, selbst bei rein politischen Fragen einen weitgehenden Einfluß aus. Neben manchen rituellen Ähnlichkeiten mit der christlichen Religion, wie z. B. bezüglich der Taufe und des Glaubensbekenntnisses, bestand die ihrige aus einem dichten Gewebe des sinnlosesten und blutigsten Aberglaubens. So kam es, daß die, zu Anfang des XIV. Jahrhunderts aufgekommenen und zuerst nur seltenen Menschenopfer bald so häufig wurden, daß man die Zahl der geschlachteten Opfer im Jahresmittel auf zwanzigtausend schätzt, welche meist von den besiegten Völkern geliefert wurden. Unter gewissen Verhältnissen ward diese Zahl sogar noch beträchtlich überschritten. So fanden z. B. im Jahre 1486, bei Gelegenheit der Einweihung des Tempels von Huitzilopchit, nicht weniger als siebzigtausend Gefangene ihren Tod an einem einzigen Tage.

Die Regierung Mexicos war eine monarchische; mit den immer ausgebreiteteren Eroberungen wuchs aber die sonst ziemlich beschränkte Macht der Kaiser mehr und mehr und artete zuletzt in eine reine Despotie aus. Der Souverän ward stets aus derselben Familie gewählt und seine Thronbesteigung durch zahllose Menschenopfer gefeiert.

Der Kaiser Montezuma gehörte der Priesterkaste an und gerade seine Machtbefugniß hatte vielerlei Erweiterungen erfahren. Durch zahlreiche Kriege hatte er die Grenzen des Landes immer weiter hinausgerückt und Nationen unterjocht, welche nun die Spanier mit Freuden empfingen, deren Herrschaft ihnen weniger drückend und minder grausam als die der Azteken erschien.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Spanier, wenn Montezuma mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften sie überfallen hätte, als sie auf der heißen und ungesunden Ebene von Vera-Cruz lagerten, einem solchen Stoße trotz der Ueberlegenheit ihrer Waffen und Disciplin nicht hätten Widerstand leisten können. Sie wären dabei Alle umgekommen oder doch genöthigt gewesen, wieder zu Schiffe zu gehen. Das Schicksal der neuen Welt wäre dann wohl ein anderes geworden.

Montezuma aber, der niemals genau wußte, was er thun sollte, fehlte vor Allem jene Entschlossenheit, die einen hervorragenden Zug in Cortez' Charakter bildet.

Inzwischen hatten sich andere Gesandte des Kaisers nach dem spanischen Lager begeben, mit dem Befehl an Cortez, das Land unverzüglich zu verlassen; auf dessen Weigerung hin aber wurden alle Beziehungen mit den Eingebornen sofort abgeschnitten. Die Situation schleppte sich hin. Cortez verstand sie auszunützen. Nach Besiegung einiges Zauderns im Schooße seiner Truppen ließ er den Grundstein zu Vera-Cruz legen, eine Festung, die ihm als Operationsbasis, im Nothfall aber wenigstens als Rückhalt dienen sollte, um eine Wiedereinschiffung zu ermöglichen. Er organisirte sofort eine Art Civilregierung, eine Junta, wie man sich heute ausdrücken würde, der er seine von Velasquez zurückgenommenen Aufträge vorlegte, und ließ sich – Alles im Namen des Königs – neben weiteren Provisionen auch die ausgedehntesten Vollmachten geben. Dann empfing er die Abgesandten der Stadt Zempoalla, welche ein Bündniß mit ihm und seinen Schutz gegen Montezuma begehrten, dessen Joch man nur mit Unwillen ertrug.

Gewiß war es ein besonderes Glück, schon in den ersten Tagen nach der Landung solche Verbündete zu finden. Cortez wollte sich auch diese gute Gelegenheit nicht entgehen lassen und nahm die Totonaken möglichst freundlich auf, begab sich nach deren Hauptstadt und beschloß, nachdem er eine Befestigung in Quiabislan am Meeresufer erbaut, die Zahlung von Zöllen zu verweigern. Seinen Aufenthalt in Zempoalla benutzte er auch' dazu, das Volk zur Annahme des Christenthums zu ermahnen, und stürzte ihre Götzenbilder um, wie er es schon in Cozumal gethan hatte, um den Bewohnern die Ohnmacht ihrer Götter vor Augen zu führen.

Währenddem wurde in seinem eigenen Lager ein Complot geschmiedet, und da er die Ueberzeugung hatte, daß er ebenso lange gegen die Lässigkeit und Unzufriedenheit seiner Soldaten anzukämpfen haben werde, als noch eine Möglichkeit vorlag, nach Cuba zurückzukehren, ließ Cortez seine Schiffe auf den Strand setzen unter dem Vorgeben, daß sie alle in zu schlechtem Zustande seien, um noch ferner Dienste zu leisten. Gewiß ein Act wahrhaft unerhörter Kühnheit, der seinen Begleitern nur noch die Wahl ließ, zu siegen oder zu sterben.

Da er nun von dem Ungehorsam seiner Leute nichts mehr zu fürchten hatte, brach Cortez am 16. August von Zempoalla aus mit fünfhundert Soldaten, fünfzehn Pferden und sechs Stück Feldgeschützen auf, ungerechnet zweihundert indianische Träger, welche die niederen Arbeiten verrichten sollten.

Bald erreichte er die Grenzen der kleinen Republik Tlascala, deren wilde Eingeborne als Feinde jeder Knechtschaft schon lange mit Montezuma im Streite lagen. Cortez schmeichelte sich, daß seine so vielmal öffentlich erklärte Absicht, die Indianer Mexicos zu befreien, ihm die Tlascalanen in die Arme führen und zu seinen Verbündeten machen würde. Er begehrte also den Durchzug durch ihr Gebiet, um nach Mexico zu gelangen. Seine Abgesandten wurden aber einfach zurückgehalten, und als er in das Innere eindrang, mußte er vierzehn Tage hintereinander Tag und Nacht die unablässigen Angriffe mehrerer Heerhaufen von zusammen 30.000 Tlascalanen aushalten, die eine solche Kühnheit und Zähigkeit entwickelten, wie sie den Spaniern in der Neuen Welt noch niemals vorgekommen war.

Die Waffen dieser Wackeren waren aber gar zu primitiver Art. Was vermochten sie auszurichten mit ihren Pfeilen und mit Obsidian oder Fischknochen besetzten Lanzen, mit ihren getrockneten Pfählen und hölzernen Schwertern und vorzüglich mit ihrer unausgebildeten Taktik? Als sie gewahr wurden, daß in allen den Gefechten, welche das Leben einer so großen Zahl ihrer besten Krieger gekostet hatten, kein einziger Spanier getödtet worden war, fingen sie an zu glauben, daß die Fremden Wesen höherer Art sein müßten, vorzüglich da sie sich über Menschen nicht klar wurden, welche die in ihrem Lager gefangenen Spione mit abgeschnittenen Händen zurückschickten und nach jedem Siege die Gefangenen nicht nur nicht aufzehrten, wie es die Azteken gethan haben würden, sondern sie gar noch beschenkten – und so baten sie um Frieden.

Die Tlascanen bekannten sich also als Vasallen Spaniens und schwuren, Cortez bei jedem Zug Heerfolge zu leisten. Er seinerseits sollte sie dafür gegen ihre Feinde beschützen. Uebrigens war es hohe Zeit, daß es zu einem Friedensschlusse kam. Viele Spanier lagen verwundet, krank oder doch von Anstrengung erschöpft darnieder. Ihr Siegeseinzug in Tlascala aber, wo sie gleich übernatürlichen Wesen empfangen wurden, ließ sie bald alle früheren Leiden vergessen.

Nach zwanzigtägiger Rast in genannter Stadt nahm Cortez mit einem Hilfscorps von 6000 Tlascanen seinen Marsch nach Mexico wieder auf. Er wandte sich zunächst nach Cholula; der Aussage der Indianer nach eine sehr gesunde Stadt, gleichzeitig ein heiliger Ort und bevorzugter Sitz ihrer Götter. Montezuma freute sich nicht wenig darüber, die Spanier dorthin gelockt zu sehen; mochte er nun darauf rechnen, daß die Götter selbst die Verletzung ihrer Tempel rächen würden, oder sagte er sich, daß eine Ermordung der Eindringlinge in dieser volkreichen und fanatischen Stadt leichter auszuführen sein werde.

Cortez jedoch war von den Tlascanen schon gewarnt worden, den Freundschafts- und Ergebenheits-Versicherungen der Cholulanen Glauben zu schenken. Trotzdem wählte er seine Quartiere ganz im Innern der Stadt, denn sein Ansehen verlangte wenigstens den Schein, daß er nichts zu fürchten brauche. Als ihn die Tlascanen aber benachrichtigten, daß die Weiber und Kinder aus der Stadt weggeschleppt worden seien, und Marina, daß sich eine beträchtliche Truppenmenge an den Thoren der Stadt sammle, sowie daß man in den Straßen Fußangeln gelegt und Gräben eingeschnitten habe, während nach allen erhöhten Stellen Steine gebracht würden, da kam Cortez seinen Feinden zuvor, ließ die Vornehmsten der Stadt ergreifen, fesseln und richtete unter der erschrockenen und ihrer Führer beraubten Einwohnerschaft ein entsetzliches Blutbad an. Volle zwei Tage lang waren die armen Cholulanen allen Schrecken preisgegeben, welche die Wuth der Spanier und die Rache der Tlascanen, ihrer Alliirten, nur erfinden konnten. Sechstausend Einwohner ermordet, die Tempel eingeäschert und die halbe Stadt zerstört – das war freilich ein grausames Beispiel und gewiß geeignet, Montezuma und seinen Untergebenen die nöthige Furcht einzuflößen.

Auf den zwanzig Meilen, die ihn noch von der Hauptstadt trennten, wurde Cortez überall als Befreier begrüßt. Es gab keinen einzigen Caziken, der sich nicht über den kaiserlichen Despotismus zu beklagen gehabt hätte, was Cortez noch mehr in dem Glauben bestärkte, er werde mit einem, im Innern so zerspaltenen Reiche leicht genug fertig werden.

Je weiter sie von den Bergen von Chalco herabstiegen, desto lieblicher entrollte sich das Thal von Mexico, sein umfangreicher Binnensee, der weite Buchten bildete und mit großen Städten besetzt war, die auf Pfählen gebaute herrliche Hauptstadt selbst nebst ihren wohl angebauten Feldern, vor den entzückten Augen der Spanier.

Ohne sich um die fortwährenden Winkelzüge Montezuma's zu kümmern, der bis zum letzten Augenblick noch schwankte, ob er die Spanier als Feinde oder Freunde empfangen sollte, zog Cortez mit seinen Leuten auf der künstlichen Straße weiter, welche quer durch den See nach Mexico führt. Kaum eine Meile befand er sich von der Stadt entfernt, als sich mehrere durch ihre prächtige Kleidung als hervorragende Persönlichkeiten ausgezeichnete Indianer näherten und ihm die Ankunft des Kaisers meldeten.

Bald darauf erschien Montezuma, auf einer reich mit Gold und Federn geschmückten Tragbahre, welche auf den Schultern seiner Günstlinge ruhte, während ihn gleichzeitig ein prächtiger Thronhimmel gegen die Strahlen der Sonne schützte.

Wo er auf der Straße dahinzog, warfen sich die Indianer vor ihm nieder und verbargen ihr Gesicht, als seien sie unwürdig, des Herrschers Antlitz zu sehen. Dieses erste Zusammentreffen wurde ein sehr herzliches, und Montezuma führte in eigener Person seine Gäste nach dem für sie hergestellten Quartiere, einem ausgedehnten, mit einer Mauer umgebenen und von hohen Thürmen vertheidigten Palaste. Cortez traf sofort die nöthigsten Vertheidigungsmaßregeln und ließ seine Geschütze so aufstellen, daß sie die hierher führenden Straßen bestrichen.

Bei der zweiten Zusammenkunft wurden dem General und seinen Soldaten werthvolle Geschenke angeboten. Montezuma erzählte auch, daß die Vorfahren der Azteken, einer alten Sage nach, einst unter Anführung eines weißen und, ebenso wie die Spanier, bärtigen Mannes in's Land gekommen seien. Nachdem dieser ihre Macht begründet, habe er sich auf dem Ocean eingeschifft, unter dem Versprechen, seine Nachfolger würden dereinst wieder erscheinen, sie zu besuchen und ihre Gesetze zu verbessern. Wenn er sie (die Spanier) heute nicht als Fremde, sondern als Freunde aufnähme, so geschehe das, weil er überzeugt sei, in ihnen die Abkömmlinge jenes alten Häuptlings zu sehen, und er bitte sie deshalb, sich als die Herren seiner Staaten zu betrachten.

Die nächsten Tage widmeten die Spanier einer genaueren Besichtigung der Stadt, die sie größer, volkreicher und schöner fanden als irgend eine bis jetzt in Amerika gesehene andere. Als ganz besondere Eigenthümlichkeit erschienen die Straßen, die sie mit dem Festlande verbanden, nämlich eine Art Dämme mit verschiedenen Durchlaßöffnungen, um den auf dem See dahinsegelnden Fahrzeugen unbehinderten Durchgang zu gewähren. Uebrigens schlossen leicht zerstörbare Brücken jene Oeffnungen ab. In der Richtung nach Osten fehlte es jedoch an einem solchen Straßendamme, und konnte man auf dieser Seite nur mittelst Canots nach der Stadt gelangen.

Diese eigenthümliche Lage der Stadt Mexico flößte Cortez, der hier, ohne einen Ausweg zu haben, unerwartet eingeschlossen werden konnte, doch einige Unruhe ein. Er beschloß also, um jedem verrätherischen Putsche zuvorzukommen, sich des Kaisers als Geisel zu bemächtigen. Die ihm eben zukommenden Nachrichten lieferten dazu den geeignetsten Vorwand: der mexicanische General Qualpopoka hatte von den Spaniern schon unterworfene Gebiete angegriffen und dabei Escalante und sieben Soldaten tödtlich verwundet.

Cortez benutzte diese Vorkommnisse, den Kaiser des Verrathes zu beschuldigen. Er behauptete, daß jener seinen Soldaten nur freies Spiel gewähre, um sie auch die erste günstige Gelegenheit ergreifen zu lassen, ihnen gegenüber hier ebenso wie gegen Escalante aufzutreten, ein Verfahren, das eines mächtigen Herrschers unwürdig wäre und sich sehr von dem guten Vertrauen unterscheide, mit dem Cortez zu ihm gekommen sei. Im Fall der Verdacht der Spanier aber unbegründet sei, habe der Kaiser ja ein einfaches Mittel, sich zu rechtfertigen, indem er Qualpopoka empfindlich bestrafen lasse. Um die Wiederkehr gewaltthätiger Auftritte zu verhindern, welche dem bisherigen guten Einvernehmen doch nur schaden konnten, und um seinen Mexicanern zu zeigen, daß er selbst gegen die Spanier keinerlei böse Absichten hege, blieb Montezuma keine andere Wahl übrig, als mitten unter Letzteren seine eigene Wohnung aufzuschlagen. Es liegt auf der Hand, daß sich der Kaiser hierzu nur sehr ungern entschloß, doch mußte er wohl oder übel der Uebermacht und den Drohungen seiner ungebetenen Gäste nachgeben. Als er seinen Unterthanen den Beschluß der Residenzverlegung kundgab, mußte er ihnen wiederholt versichern, daß er sich freiwillig und aus eigener Wahl unter die Spanier begebe, und sie durch seine Worte zu besänftigen suchen, da jene nicht übel Lust zeigten, über die Fremdlinge herzufallen.

Cortez' gewagter Streich gelang also weit über Erwarten. Qualpopoka, sein Sohn und fünf Hauptanführer bei jenem Angriffe wurden von den Mexicanern selbst verhaftet und einem spanischen Tribunal – Richter und Partei in einer Person – übergeben, das sie verurtheilte und lebendig verbrennen ließ. Nicht zufrieden damit, die Männer grausam bestraft zu haben, welche nur ihres Kaisers Befehle ausführten und sich dem Raube ihres Landes mit bewaffneter Hand widersetzten, bereitete Cortez Montezuma noch eine weitere Erniedrigung, indem er diesen unter dem Vorwände, von den Verurtheilten im letzten Augenblicke schwer angeschuldigt worden zu sein, in Ketten legen ließ.

Sechs Monate hindurch übte der »Conquistador« so im Namen des zum bloßen Scheinherrscher degradirten Kaisers die oberste Gewalt aus, entsetzte ihm mißliebige Gouverneure, ließ Zölle und Steuern eintreiben, bekümmerte sich um alle Einzelheiten der Verwaltung und entsendete Spanier in die verschiedenen Provinzen des Reiches, um sich Kenntnisse von deren Erzeugnissen zu verschaffen und vorzüglich die Bergbau-Districte auszukundschaften, sowie die bei der Goldgewinnung üblichen Verfahrungsweisen zu studiren.

Endlich machte sich Cortez die Neugier Montezuma's, der gern einmal europäische Schiffe sehen wollte, zu Nutze, und ließ von Vera-Cruz Takelage nebst anderem Ausrüstungsmateriale kommen, um zwei Brigantinen erbauen zu lassen, die ihm die Verbindung mit dem Festlande sichern sollten.

Ermuntert durch die Beweise von Furcht und Unterwürfigkeit, ging Cortez noch weiter und verlangte von Montezuma, daß er sich als Vasall und Tributärfürst Spaniens bekennen solle. Die Leistung des Lehenseides ging, wie man sich leicht denken kann, unter Darbringung zahlreicher und kostbarer Geschenke, sowie unter Auflegung einer starken Contribution vor sich. Durch letztere wollte man alles von den Indianern erpreßte Gold und Silber zusammenhäufen, das mit Ausnahme weniger, ihrer schönen Bearbeitung wegen verschonter Stücke eingeschmolzen werden sollte. Alles in Allem kamen aber nicht mehr als 600.000 Pesos (= 1,600.000 Mark) zusammen. Obwohl die Spanier also ihre ganze Macht aufboten und Montezuma seine eigenen Schätze leerte, um sie zu befriedigen, so erreichte das Ergebniß doch nur obige lächerliche Summe, die den Vorstellungen der Eindringlinge von den Reichthümern des Landes herzlich schlecht entsprach.

Nach Absetzung eines Fünftels für den König, eines Fünftels für Cortez und nach Abzug der für die Heeresausrüstung aufgewendeten Unkosten betrug der Antheil jedes Soldaten noch nicht hundert Pesos. Statt so arge Strapazen durchzumachen, sich so großen Gefahren auszusetzen und so schwere Entbehrungen zu erleiden für – erbärmliche hundert Pesos, wäre Jeder gewiß lieber auf Espagnola geblieben! Liefen Cortez' prahlerische Versprechungen auf dieses armselige Resultat hinaus, wenn anders die Theilung gerecht zugegangen war, worüber man sich allerdings leise Zweifel erlaubte, so erschien es wahrhaft lächerlich, noch länger in einem so elenden Lande auszuharren, während man unter einem, mit Versprechungen mehr haushälterischen, aber freigebigeren Führer an Gold und Edelsteinen reiche Länder erobern konnte, wo für brave Kriegsleute wenigstens eine entsprechendere Belohnung ihrer Mühen zu erwarten war. So etwa murmelten die beutegierigen Abenteurer unter einander; die Einen nahmen ihren Antheil höchstens unwillig in Empfang, Andere schlugen ihn verächtlich ganz aus.

Gelang es nun Cortez, auch bei Montezuma bezüglich aller politischen Angelegenheiten seinen Willen durchzusetzen, so war das bezüglich der Religion doch ganz und gar nicht der Fall. So konnte er ihn niemals dazu bewegen, das Christenthum anzunehmen, und als er, wie in Zempoalla, einen Versuch machte, die Götzenbilder umzustürzen, entstand sofort ein Aufruhr, der gewiß ein sehr ernstes Aussehen angenommen hätte, wenn er nicht staatsklug genug gewesen wäre, von seinem Vorhaben sofort abzustehen. Ertrugen die Mexicaner auch fast ohne Widerstand die Einkerkerung und Herabwürdigung ihres Monarchen, so beschlossen sie jetzt doch, den ihren Göttern angethanen Schimpf zu rächen, und bereiteten heimlich eine allgemeine Empörung gegen die Eindringlinge vor.

Eben als die Dinge im Innern des Landes einer minder günstigen Wendung entgegen gingen, empfing Cortez von Vera-Cruz her die Nachricht, daß mehrere Schiffe vor dem dortigen Hafen kreuzten. Zuerst glaubte er. diese als eine von Carl V. gesendete Hilfsflotte ansehen zu dürfen, und als Antwort auf einen Brief, den er durch Karrero und Monteja am 16. Juli 1519 an den König abgeschickt hatte. Bald erkannte er seine Täuschung und er erfuhr, daß diese Flottille, ausgerüstet von Velasquez, welcher wohl erfahren hatte, mit wie leichtem Herzen sein Unterbefehlshaber alle Bande des Gehorsams gegen ihn gesprengt hatte, den Auftrag habe, ihn abzusetzen, gefangen zu nehmen und nach Cuba zu schaffen, wo ihm der Proceß gemacht werden sollte.

Diese, unter dem Commando Pamphilo de Narvaez' stehende Flotte zählte nicht weniger als achtzehn Schiffe und trug vierhundert Reiter, hundert Fußsoldaten, darunter achtzig Musketiere nebst hundertzwanzig Armbrustschützen und zwölf Kanonen.

Narvaez landete, ohne Widerstand zu finden, in der Nähe des Forts San Juan d'Ulloa. Als er aber an Sandomal, den Gouverneur von Vera-Cruz, das Ansuchen stellte, ihm die Stadt auszuliefern, verhaftete dieser einfach die Leute, welche sich zur Ueberbringung jener unverschämten Zumuthung hergegeben hatten, und schickte dieselben nach Mexico. Cortez setzte sie hier sofort wieder in Freiheit und zog von ihnen eingehende Erkundigung über die Absichten und Streitkräfte Narvaez' ein. Die ihm persönlich drohende Gefahr war gewiß nicht gering. Außer ihrer überlegenen Anzahl besaßen die von Velasquez aufgebotenen Truppen auch bessere Waffen und reichlichere Munition als die seinigen; was ihn aber vorzüglich beunruhigte, war nicht etwa die Aussicht, selbst zum Tode verurtheilt zu werden, sondern die Furcht, die Erfolge seiner Mühen wieder verloren gehen zu sehen und die vor dem schlechten Eindruck, den solche Differenzen in Spanien hervorrufen mußten. Die Lage wurde kritisch. Zuletzt, nach reiflicher Ueberlegung und Abwägung des Für und Wider, entschloß sich Cortez trotz des Mißverhältnisses zwischen seinen und den entgegenstehenden Kräften doch, lieber den Kampf aufzunehmen, als seine Eroberungen und die Interessen Spaniens aufzugeben.

Bevor es jedoch zum Aeußersten kam, entbot Cortez an Narvaez seinen Kaplan Olmedo, der eine sehr schlechte Aufnahme fand und alle seine überbrachten Vermittelungsvorschläge kurzer Hand abgewiesen sah. Mehr Erfolg hatte Olmedo bei den Soldaten, die ihn meist von früherher kannten und unter denen er eine Menge Kettchen, Goldringe und andere Schmuckgegenstände vertheilte, Geschenke, welche nur zu sehr geeignet waren, bei jenen eine hohe Meinung von den Reichthümern des kühnen Eroberers zu erwecken. Narvaez, der hiervon hörte, wollte seine Soldaten aber nicht länger der Verführung ausgesetzt wissen; er setzte einen Preis aus auf den Kopf Cortez' und seiner ersten Officiere und zog jenem entgegen. Der Letztere war viel zu kriegsgewandt, um unter ungünstigen Verhältnissen eine Schlacht anzunehmen. Er suchte nur Zeit zu gewinnen, ermüdete Narvaez und dessen Truppen, die sich nach Zempoalla zurückzogen, und traf so ausgezeichnete Vorbereitungen, daß er durch eine nächtliche Überrumpelung, bei der Erstaunen und Schrecken das Mißverhältniß der Streitkräfte ausglichen, seinen Gegner mit allen Truppen gefangen nahm, während er selbst nur zwei Soldaten verlor.

Der Sieger behandelte die Besiegten mild und ließ ihnen die Wahl, entweder nach Cuba zurückzukehren, oder sich seiner Fahne anzuschließen. Der letztere Ausweg erschien durch Cortez' Geschenke und Versprechungen den neuen Ankömmlingen am verlockendsten, so daß jener sich heute an der Spitze von 1000 Mann befand, wo er gestern so nahe daran war, Narvaez in die Hände zu fallen.

Diese unerwartet günstige Wendung seiner Verhältnisse benutzte Cortez mit diplomatischer Gewandtheit und beeilte sich zunächst, nach Mexico zurückzugehen. Die hier unter dem Befehle Almarado's zurückgelassenen Truppen zur Bewachung seiner Schätze und des kaiserlichen Gefangenen befanden sich in harter Bedrängniß. Die Eingebornen hatten nicht wenige derselben getödtet und verwundet und hielten den Rest, unter fortwährender Bedrohung mit einem allgemeinen Sturmangriff eng eingeschlossen. Uebrigens muß hierzu bemerkt werden, daß das unkluge, vor keinem Verbrechen zurückscheuende Verfahren der Spanier und vorzüglich die Ermordung der hervorragendsten Personen der Stadt, während eines Festes, den Aufruhr erst hervorgerufen, dem die Spanier dadurch hatten zuvorkommen wollen.

Nachdem er sich durch zweitausend Tlascalanen verstärkte, wandte sich Cortez in Eilmärschen nach der Hauptstadt, wo er glücklich eintraf, bevor die Indianer die Brücken der Landstraßen und Dammwege, welche Mexico mit dem Lande verbanden, zerstört hatten. Trotz Eintreffens dieser Verstärkung besserte sich aber die Lage noch nicht. Tagtäglich kam es zu Gefechten und mußten die Straßen, die nach dem von den Spaniern besetzten Palaste führten, mit Waffengewalt gesäubert werden.

Cortez erkannte jetzt den Fehler, den er begangen hatte, sich in einer Stadt festzusetzen, wo er in jedem Augenblicke angegriffen werden konnte, während der Abzug aus derselben mit ganz besonderen Schwierigkeiten verknüpft war. Da wandte er sich an Montezuma, der durch seine Autorität und den Einfluß, den er noch immer übte, die Wogen der Empörung glätten, jedenfalls aber den Spaniern eine Zeit der Ruhe verschaffen konnte, um ihren Rückzug vorzubereiten. Als der unglückliche, zu Cortez' bloßem Spielballe herabgesunkene Kaiser aber, geschmückt mit den Abzeichen seiner Würde, auf der Mauer erschien und seinen Unterthanen anrieth, die Feindseligkeiten einzustellen, erhob sich ein Murren der Unzufriedenheit und wurden verschiedene Drohungen laut; die Feindseligkeiten begannen von Neuem, und bevor die Soldaten Zeit gewannen, ihn mit ihren Schilden zu decken, wurde der Kaiser durch mehrere Pfeile verwundet und von einem Steine so an den Kopf getroffen, daß er zusammenbrach.

Bei diesem Anblick stellten die Indianer, erschrocken über das begangene Verbrechen, augenblicklich den Kampf ein und stoben nach allen Richtungen auseinander. Montezuma aber, der nun erst begriff, zu welch' niedriger Rolle Cortez ihn herabgewürdigt hatte, riß sich den Verband seiner Wunden ab, verweigerte jede Aufnahme von Nahrung und gab, mit einem Fluche gegen die Spanier auf den Lippen, den Geist auf.

Nach so unseligen Ereignissen war auf die Wiederherstellung freundschaftlicher Beziehungen zu den Mexicanern natürlich nicht ferner zu rechnen, und es galt nur, schnell und um jeden Preis eine Stadt zu räumen, in der man fürchten mußte, eingeschlossen und ausgehungert zu werden. Cortez sah das ein und traf im Geheimen seine Vorbereitungen. Seine Truppen hielten sich stets so eng als möglich beisammen, und er selbst mußte häufig zum Degen greifen und fechten wie ein gemeiner Soldat. Solis erzählt sogar, ohne daß seine Quelle bekannt geworden ist, daß zwei junge Mexicaner bei einem Angriffe auf ein, das Quartier der Spanier beherrschendes Gebäude, als sie Cortez, der seine Soldaten anfeuerte, erkannten, den Beschluß faßten, sich aufzuopfern, um den Urheber des Unglücks ihres Vaterlandes umzubringen. Sie näherten sich ihm mit flehenden Geberden, als suchten sie Schutz und Hilfe, faßten ihn dann aber mitten um den Leib und schleppten ihn nach den Zinnen des Daches, von welchen sie sich herabstürzten, während sie ihn dabei mit sich zu reißen versuchten. Cortez verdankte es nur seiner außerordentlichen Körperkraft und Gewandtheit, daß er sich von ihnen loswand, und nur die muthigen Mexicaner bezahlten ihre heldenhafte, aber nutzlose That mit dem Leben.

Nachdem der Rückzug einmal beschlossen war, fragte es sich, ob man ihn am Tage oder in der Nacht bewerkstelligen sollte. Am hellen Tage konnte man dem Feinde erfolgreicher Widerstand leisten, etwa in den Weg gelegte Hindernisse erkennen und leichter Anstalt treffen, die von den Mexicanern voraussichtlich zerstörten Brücken wieder herzustellen. Andererseits wußte man aus Erfahrung, daß die Indianer sich nach Sonnenuntergang kaum in ein Gefecht einließen; vorzüglich aber entschied sich Cortez zu einem nächtlichen Rückzuge, weil ein Soldat, der etwas Astrologie trieb, seinen Kameraden einen guten Ausgang vorausgesagt hatte, wenn man die Nacht zum Abzüge benutze.

Um Mitternacht ward also der Abmarsch angetreten. Außer den spanischen Truppen standen unter Cortez' Befehle auch Heerhaufen aus Tlascala, Zempoalla und Cholula, zusammen, trotz der erheblichen, im Laufe der Zeit erlittenen Verluste, eine Stärke von 7000 Mann. Sandoval commandirte den Vortrab; Cortez befand sich mit dem Gepäck, den Kanonen und den Gefangenen, darunter ein Sohn und zwei Töchter Montezuma's, in der Mitte; Alvarado und Velasquez de Leon führten den Nachtrab. Man hatte vorsorglicher Weise auch eine fliegende Brücke hergestellt, um den Uebergang über etwaige zerstörte Stellen der Straße zu ermöglichen. Kaum drängte sich das Heer aber aus dem nach Tacuba führenden, nämlich dem kürzesten Dammwege zusammen, als es auch schon von vorn, von den Seiten und von rückwärts her durch dichte feindliche Massen angegriffen wurde, während es eine unzählbare Bootsflottille mit einem Hagel von Steinen und Geschossen überschüttete. Bestürzt und unfähig, etwas zu sehen, wissen die Alliirten nicht, nach welcher Seite hin sie sich vertheidigen sollen. Die hölzerne Brücke giebt unter der Last der Cavallerie und der Kämpfenden nach. Eingekeilt in eine schmale Chaussee, außer Stande, von ihren Feuerwaffen Gebrauch zu machen, oder die Cavallerie, der es an Terrain zur Bewegung gänzlich fehlt, zu verwenden, untermengt mit Indianern, die sie Mann gegen Mann überfallen, und ohne Kräfte, um einen Feind Niederschlagen zu können, weichen die von allen Seiten umringten Spanier nebst ihren Verbündeten vor der immer wachsenden Uebermacht der Angreifer zurück. Führer und Soldaten, Infanterie und Cavallerie, Spanier und Tlascanen, Alles wälzt sich durcheinander; Jeder wehrt sich seiner Haut, so gut er eben kann, ohne sich um Disciplin und die Rettung des Ganzen zu bekümmern.

Alles schien verloren, da gelingt es Cortez mit etwa hundert Mann einen Dammeinschnitt über die ihn fast ausfüllenden Leichen der Gefallenen zu überschreiten. Er ordnet seine Soldaten, so gut das im Drange des Augenblickes möglich ist, und schiebt sich an der Spitze der noch kampffähigsten Mannschaften wie ein Keil in das Gewirr ein, wodurch es ihm gelingt, einen Theil der Seinigen zu befreien. Noch vor Tagesanbruch fanden sich Alle, denen es gelungen war, dem Blutbade dieser » noche triste«, wie jene entsetzliche Nacht bezeichnet ward, zu entrinnen, in Tabuca zusammen. Thränenden Auges musterte Cortez seine letzten Soldaten, die alle fast ohne Ausnahme verwundet waren, und übersah die fürchterliche Größe des erlittenen Verlustes; 4000 Indier, Tlascanen und Cholulanen, und fast sämmtliche Pferde waren getödtet; die ganze Artillerie nebst Munition und fast alles Gepäck verloren; verschiedene hervorragende Officiere, Velasquez de Leon, Salcedo, Morla, Laros und noch manche Andere zählten zu den Gefallenen; Alvarado lag an den schwersten Wunden darnieder.

In Tacuba hielt man sich nicht auf, sondern marschirte auf gut Glück, unbekümmert um den dort zu gewärtigenden Empfang, nach Tlascala zu. Von den Mexikanern unablässig beunruhigt, mußten die Spanier in der Gegend von Otumba auch noch eine große Schlacht gegen zahlreiche feindliche Heerhaufen annehmen, deren Stärke manche Geschichtsschreiber auf 200.000 Mann angeben. Mit den wenigen, ihm übrig gebliebenen Reitern gelang es Cortez jedoch, Alles niederzurennen, was im Wege stand, und sich bis zu einer Gruppe an den goldverzierten Federbüschen und der prachtvollen Kleidung erkennbarer hoher Persönlichkeiten durchzuschlagen, unter der sich auch der das Banner tragende General befand. Cortez stürzte sich also mit einigen Reitern auf jene Gruppe und war glücklich oder geschickt genug, den mexikanischen Officier mit einem Lanzenstiche zum Falle zu bringen, während ein Soldat, Namens Juan de Salamanca, demselben mit dem Degen vollends den Garaus machte. Mit dem Augenblicke, wo das Banner verschwand, war die Schlacht entschieden, und die von panischem Schrecken ergriffenen Mexikaner flohen nach allen Seiten. »Noch niemals vorher«, sagt Prescott, »waren die Spanier so schwer bedroht gewesen, und ohne Cortez' Glücksstern würde kaum Einer am Leben geblieben sein, um der Nachwelt von der blutigen Schlacht bei Otumba zu berichten.« Die Siegesbeute war sehr beträchtlich und entschädigte die Spanier doch theilweise für die beim Auszuge aus der Stadt Mexico erlittenen Verluste, denn die geschlagene Armee bestand aus den vornehmsten Kriegern des Volkes, die sich, überzeugt von der Unfehlbarkeit des Erfolges, mit ihren reichsten Zierrathen geschmückt hatten.

Am folgenden Tage betraten die Spanier das Gebiet Tlascalas.

»Ich lenke jetzt die Aufmerksamkeit des Lesers«, sagt Bernal Dias, »auf die Thatsache, daß unsere eigene Gesammtstärke, als wir zum Entsatze Alvarado's nach Mexico marschirten, 1300 Mann betrug, darunter siebenundneunzig Reiter, achtzig Armbrust- und ebenso viele Büchsenschützen, neben mehr als 2000 Tlascanen und reichlicher Artillerie. Unser zweiter Einzug in Mexico erfolgte am Johannistage 1520 und unsere Flucht am 10. Juli. Die denkwürdige Schlacht bei Otumba lieferten wir am 14. Juli. Weiter richte ich hiermit die Aufmerksamkeit auf die Anzahl Menschen, welche sowohl in Mexico, bei dem Zuge über die Dammstraße und deren Brücken, als auch bei Otumba und anderen Gefechten unterwegs den Tod fanden. Im Zeitraume von fünf Tagen verloren wir 860 Mann, darunter 70 Soldaten, die in dem Dorfe Rustepeque niedergemacht wurden, und außerdem fünf castilische Frauen; in derselben Zeit fielen auch 1200 Tlascalanen. Es verdient auch erwähnt zu werden, daß. wenn von Narvaez' Truppen mehr Leute als von den Cortez'schen Soldaten umkamen, das deshalb geschah, weil sie sich bei dem Ausmarsche mit vielem Golde beladen hatten, dessen Gewicht sie verhinderte, zu schwimmen und sich aus den Dammdurchstichen wieder heraufzuarbeiten.«

Cortez' Truppen waren jetzt auf 400 Mann mit 20 Pferden, 12 Armbrust- und 7 Büchsenschützen zusammengeschmolzen, welche keine Ladung Pulver mehr besaßen, Alle verwundet und an Armen und Beinen gelähmt waren; sie erreichten also dieselbe Stärke wie bei ihrem ersten Einzug in Mexico, freilich mit dem nennenswerthen Unterschiede, daß sie jetzt als Besiegte die Hauptstadt geräumt hatten.

Beim Uebertritt auf tlascalanisches Gebiet legte es Cortez seinen Leuten und vorzüglich denen von Narvaez' Heere übernommenen dringend an's Herz, sich gegenüber den Einwohnern ja keinerlei Uebergriffe zu erlauben, da jetzt das allgemeine Wohl auf dem Spiele stand, und die einzigen, ihnen noch verbliebenen Verbündeten auf keine Weise zu reizen. Zum Glück erwiesen sich auch die wegen der Treue der Tlascalanen gehegten Befürchtungen als grundlos. Die Spanier wurden mit theilnehmender Anhänglichkeit empfangen; die Bewohner dachten dagegen nur daran, ihre von den Mexikanern hingemordeten Brüder zu rächen. In ihrer Hauptstadt traf Cortez auch die Nachricht von dem Verluste zweier weiterer Detachements, doch waren alle diese harten Schläge nicht im Stande, seinen Muth zu beugen. Unter seinem Befehle standen ja noch kriegsgewohnte Truppen und treue Bundesgenossen; Vera-Cruz war unversehrt; noch einmal konnte er ja sein Glück versuchen.

Bevor er jedoch einen neuen Feldzug unternahm und sich auf eine wiederholte Belagerung einließ, galt es, Unterstützung zu finden und Vorbereitungen zu treffen. Cortez versäumte das auch nicht. Er sandte vier Schiffe nach Espagnola, um Freiwillige zu werben und Pferde, Pulver und Munition aufzukaufen; gleichzeitig ließ er in den Wäldern von Tlascala das nöthige Holz zur Erbauung von zwölf Brigantinen fällen, welche stückweise nach dem See von Mexico geschafft und dort zu geeigneter Zeit vom Stapel gelassen werden sollten.

Nach Unterdrückung einiger Meuterei-Versuche, vorzüglich unter den mit Narvaez hierher gekommenen Leuten, marschirte Cortez wieder vorwärts und band, mit Hilfe der Tlascalanen, mit den Bewohnern von Tepeaka und anderen Provinzen an, was den Vortheil hatte, seine eigenen Truppen wieder an den Sieg, seine Alliirten aber an den Krieg zu gewöhnen.

Inzwischen fielen Cortez zwei mit Munition und Verstärkungen beladene Brigantinen in die Hände, welche Velasquez an Narvarez, ohne Kenntniß von dessen Mißgeschick, abgesendet hatte, gleichzeitig schloß sich ihm noch eine Anzahl, von Franz de Garay, Gouverneur von Jamaica, hierher geschickter Spanier an. Cortez' Armee bestand nun, nach Ausscheidung aller, ihm nicht genehmer Anhänger Narvaez' aus 500 Mann Fußvolk, darunter 80 Musketiere, nebst 40 Reitern. Mit diesem schwachen Heere, dem als Unterstützung noch 1000 Tlascalanen zur Seite standen, brach er denn am 28. December 1520 wiederum nach Mexico auf, sechs Monate nachdem er dasselbe gezwungen verlassen hatte.

Trotz des Interesses, welches er bietet, gehen wir über diesen Feldzug in Kürze hinweg, da dessen Schauplatz in schon vorher bekannten Gegenden zu suchen, unsere Aufgabe aber nicht die ist, hier eine Geschichte der Eroberung Mexicos zu liefern. Es genüge hier also die Bemerkung, daß nach Montezuma's Tode dessen auf den Thron erhobener Bruder Quetlavaca alle durch die strategische Kunst der Azteken gebotenen Vertheidigungsmaßregeln getroffen hatte. Er starb aber an den Blattern, jenem traurigen Geschenke, das die Spanier der Neuen Welt gemacht hatten, gerade in dem Augenblicke, wo seine vorsorgliche Klugheit und sein entschlossener Muth am nöthigsten gewesen wären. Sein Nachfolger wurde Guatimozin, ein wegen seiner Talente und persönlichen Werthes bekannter Neffe Montezuma's.

Sobald Cortez nur den Fuß auf mexicanischen Boden setzte, hatte er auch zu kämpfen. Er eroberte bald Tezcuco, eine zwanzig Meilen von Mexico und am Gestade des Binnensees gelegene Stadt, auf welch' letzterem die Spanier nach Verlauf von drei Monaten eine achtunggebietende Flotte besitzen sollten. In diese Zeit fällt auch die Anzettelung einer Verschwörung, welche die Ermordung Cortez' und seiner obersten Anführer bezweckte, und deren Haupturheber hingerichtet wurde. Im Uebrigen lächelte Cortez jetzt allseitig das Glück; er erhielt Nachricht von weiteren, in Vera-Cruz eingetroffenen Verstärkungen, und der größte Theil der unter Guatimozin's Herrschaft stehenden Städte unterwarf sich der Gewalt seiner Waffen. Die wirkliche Belagerung (Mexicos) nahm im Mai 1521 ihren Anfang und dauerte, unter wechselnden Erfolgen und Mißerfolgen, bis zu dem Tage, da die Brigantinen flott wurden. Die Mexikaner schreckten jedoch nicht vor einem Angriffe auf dieselben zurück, vier- bis fünfhundert von je zwei Mann besetzten Boote bedeckten plötzlich den See und fuhren gegen die spanischen Schiffe, welche eine Bemannung von drei- bis vierhundert Soldaten hatten, heran. Die neun mit Kanonen bewaffneten Brigantinen hatten die feindliche Flotte zwar sehr bald zerstreut oder vernichtet, doch führten weder dieser Erfolg noch auch einige andere Vortheile, die Cortez gleichzeitig gewann, zu einer merklichen Aenderung der Situation und die Belagerung zog sich noch weiter in die Länge. Der General beschloß also, die Stadt mit Sturm zu nehmen. Leider fand der Officier, der die Rückzugslinien auf den Dammwegen decken sollte, während die Spanier in die Stadt eindrangen, diesen Posten seiner nicht würdig und verließ denselben also, um sich am Kampfe zu betheiligen. Sobald Guatimozin von diesem Fehler hörte, beeilte er sich, daraus Nutzen zu ziehen. Er griff die Spanier von allen Seiten mit einer solchen Heftigkeit an, daß er sehr viele derselben tödtete und zweiundsechzig Soldaten gefangen nahm. Cortez selbst, der am Schenkel eine schwere Verwundung trug, wäre bald lebend in seine Hände gefallen. Während der Nacht ward der große Tempel des Kriegsgottes zur Feier des Sieges festlich erleuchtet und mit tiefster Trauer hörten die Spanier die Töne der großen Trommeln der Mexikaner. Von ihren Stellungen aus konnten sie die letzten Augenblicke ihrer gefangenen Landsleute beobachten, denen man die Brust öffnete, um das Herz herauszureißen, und deren die Altartreppen hinabgestürzte Leiber vollends von den Azteken zerstückelt wurden, welche sich noch darum stritten, um sie bei einem schauerlichen Gastmahle zu verzehren.

Diese furchtbare Niederlage trug noch mehr dazu bei, daß sich die Belagerung in die Länge zog und bis zu dem Tage dauerte, wo Guatimozin, nachdem die Stadt schon zu drei Viertheilen eingenommen oder zerstört war, durch seine Rathgeber veranlaßt wurde, sich nach dem festen Lande zu begeben und hier den weiteren Widerstand zu organisiren. Die Barke, welche ihn trug, wurde jedoch abgefangen und er selbst ergriffen Während seiner Haft bewies er übrigens mehr Charakterstärke und Selbstachtung als sein Oheim Montezuma.

Jetzt hatte nun aller Widerstand ein Ende und Cortez konnte von der, zur Hälfte in Trümmern liegenden Stadt Besitz nehmen. Nach heldenmütiger Verteidigung, während welcher 120.000 – wie die Einen sagen – oder 240.000 Mexicaner – nach anderen Berichten – den Tod fanden, nach einer Belagerung, welche nicht weniger als fünfundsiebzig Tage dauerte, unterlag Mexico, und mit der Hauptstadt auch das ganze Reich, weniger den Streichen der Spanier, als vielmehr dem alten Hasse, der Empörung der unterworfenen Volksstämme und der Eifersucht der Nachbarstaaten, welche bald das neue Joch schwer beklagen sollten, dem sie sich so bereitwillig gebeugt hatten.

Dem Siegesrausche folgte bei den Spaniern bald der Aerger und die Wuth. Die ungeheuren Schätze, auf welche sie gerechnet hatten, waren nicht vorhanden oder in den See versenkt worden.

Cortez, der seine Unzufriedenen auf keine andere Weise zu beruhigen vermochte, sah sich genöthigt, den Kaiser und seinen ersten Minister der Tortur zu unterwerfen. Einige Geschichtsschreiber, in erster Reihe Gomorra, erzählen, daß der letztere, während die Spanier das Feuer unter dem Roste schürten, auf dem die beiden unglücklichen Opfer ausgestreckt lagen, den Kopf nach seinem Herrn gewendet habe, wie um ihn zum Reden und dadurch zur Beendigung seiner Qualen zu bewegen; Guatimozin aber habe jede Anwandlung von Schwäche unterdrückt durch die wenigen Worte: »Und ich, bin ich etwa hier zum Vergnügen oder im Bade?« eine Antwort, welche poetischer in: »Und ich, bin ich hier etwa auf Rosen gebettet?« umgewandelt wurde.

Die Geschichtsschreiber schließen ihren Bericht über die Eroberung Mexicos gewöhnlich mit der endgiltigen Einnahme der Hauptstadt ab; uns bleibt jedoch noch übrig, von einigen anderen, von Cortez zu verschiedenen Zwecken unternommenen Expeditionen zu sprechen, welche ein ganz neues Licht über verschiedene Theile Central-Amerikas verbreitet haben; endlich wollen wir uns auch von diesem Helden, der in der Entwickelung der Civilisation und in der Geschichte der Neuen Welt eine so hochwichtige Rolle spielt, nicht verabschieden, ohne dem Ende seiner merkwürdigen Laufbahn einige Worte zu widmen.

Mit der Hauptstadt war, im eigentlichen Sinne, das mexicanische Reich gefallen; leisteten die Bewohner auch da und dort, vorzüglich in der Provinz Oaxaca noch einigen Widerstand, so blieb dieser doch vereinzelt und reichten geringe Truppenabtheilungen hin, die letzten Widerstrebenden zu entwaffnen, welche überdies erschreckt waren durch die schrecklichen Strafen, mit denen man andere Aufständische in Panucco belegt hatte. Gleichzeitig schickten die Bewohner der entferntesten Gegenden des Reiches Abgesandte, sich von der Wahrheit dieses wunderbaren Ereignisses, der Einnahme von Mexico, zu überzeugen, die Ruinen der verwünschten Stadt in Augenschein zu nehmen und ihre Unterwerfung anzuzeigen.

Cortez, der endlich seine Stellung gesichert sah nach so vielen Zwischenfällen, daß deren Aufzählung hier zu vielen Raum beanspruchen würde, und von denen er selbst sagte: »Es hat mir mehr Mühe gekostet, gegen meine eigenen Landsleute zu kämpfen als gegen die Azteken«, blieb nun nur noch übrig, sein erobertes Land zu organisiren. Er begann damit, den Sitz seiner Herrschaft in dem wieder aufgebauten Mexico zu errichten. Viele wußte er durch Landschenkungen herbeizulocken, die Indianer aber dadurch zu gewinnen, daß er ihnen zunächst ihre gewohnten Häuptlinge ließ, obwohl er, mit Ausnahme der Tlascalanen, durch das abscheuliche, in den spanischen Kolonien gebräuchliche System der repartimientos im Grunde sie zu Sklaven gemacht hatte. Verdient aber Cortez auch den Vorwurf, daß er alle politischen Rechte der Indianer schmählich mißachtet habe, so muß man doch anerkennen, daß er für ihr geistiges Wohlsein eine lobenswerthe Sorgfalt an den Tag legte. So ließ er z. B. Franziskaner in's Land kommen, die durch ihren Eifer und ihre theilnehmende Liebe sich bald die Achtung der Eingebornen errangen und binnen zwanzig Jahren die ganze Bevölkerung zum Christenthume bekehrten.

Gleichzeitig schickte Cortez kleinere Truppenabtheilungen nach Mechoacan, welche bis zum Pacifischen Ocean vordrangen und bei ihrer Rückkehr einige der reichen, im Norden des Landes gelegenen Provinzen besuchten. Ueberall, wo ihm das von Vortheil schien, gründete er Niederlassungen, so in Zacatula, am Gestade des Stillen Oceans, bei Coliman in Mechoacan, in Santesteban bei Tampico, in Medellin, nahe Vera-Cruz u. s. w.

Nach der völligen Pacification des Landes vertraute Cortez Christoval de Olid eine beträchtliche Streitmacht an, um auch in Honduras eine Kolonie zu gründen. Gleichzeitig sollte Olid die Südküste des Landes aufnehmen, und nach einer Straße suchen, welche den Atlantischen Ocean mit dem Pacifischen verbände. Bethört durch den Stolz als Anführer und Befehlshaber, hatte Olid indeß kaum sein Ziel erreicht, als er sich auch schon für unabhängig erklärte. Cortez sandte sofort einen seiner Verwandten, um den Ungehorsamen zu verhaften, und brach dann auch selbst noch, begleitet von Guatimozin, hundert Reitern und fünfzig Fußsoldaten, am 12. Oktober 1524 zur Verfolgung auf. Dieses Detachement zog unter Strapazen aller Art durch die Provinzen Gratzocoalco, Tabasco und durch Yucatan, ein höchst mühseliger Marsch durch sumpfiges, sozusagen bewegliches Terrain, durch einen Ocean wogender Wälder, und näherte sich jetzt der Provinz Aculan, als Cortez der Plan einer, wie man behauptete, von Guatimozin und den vornehmsten Indianerhäuptlingen angezettelten Verschwörung hinterbracht wurde. Dieser lief darauf hinaus, den Anführer und die Soldaten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu ermorden, wonach man weiter nach Honduras ziehen, die dortigen Anlagen zerstören und sich endlich nach Mexico zurückbegeben wollte, wo es einer allgemeinen Erhebung ohne Zweifel leicht genug gelingen müsse, sich der Unterdrücker zu entledigen. Da half Guatimozin freilich keine Betheuerung seiner Unschuld, obwohl diese so gut wie am Tage lag, er wurde an den Aesten eines »Ceyba«, der die Straße beschattete, nebst mehreren vornehmen Azteken einfach gehenkt. »Die Hinrichtung Guatimozin's«, sagt Bernal Diaz del Castilla, »war gewiß ein Act der Ungerechtigkeit, den wir Alle fast einstimmig tadelten.« Aber auch, »wenn Cortez«, äußert sich Prescott hierüber, »nur seine Ehre und das Interesse seines Rufes befragt hätte, so mußte er sich jenen als lebende Trophäe, als unwiderlegliches Siegeszeichen erhalten, wie man etwa Gold im Futter des Rockes ausbewahrt«.

Endlich erreichten die Spanier Aculan, eine blühende Stadt, wo sie sich in ausgezeichneten Quartieren gütlich thaten, und wandten sich von hier nach dem See von Peten hin, dessen Uferbevölkerung ohne Schwierigkeit zum Christenthume bekehrt wurde. Wir übergehen das Elend und die Leiden der Expedition in diesen menschenarmen Gegenden und bis nach San Gil de Buena-Vista am Golfe Dolce, wo sich Cortez nach Empfang der Nachricht von Olid's Hinrichtung und der Wiederherstellung der gesetzlichen Gewalt einschiffte, um nach Mexico zurückzukehren.

Jetzt übergab Cortez an Alvarado ein Commando über dreihundert Fußsoldaten, hundertsechzig Reiter und vier Kanonen nebst einem indianischen Hilfscorps. Alvarado marschirte nach Süden, zur Eroberung von Guatemala aus. Er unterwarf die Provinzen Zacatulan, Tehuantepec, Soconusco und Utlatlan, gründete die Stadt Guatemale la Vieja und wurde, auf einer Reise, die er später in Spanien machte, vom Kaiser Karl V. zum Statthalter der von ihm eroberten Gebiete ernannt.

Kaum drei Jahre nach den ersten Eroberungsversuchen war ein Territorium mit über vierhundert Meilen Küstenausdehnung am Atlantischen und über fünfhundert am Pacifischen Ocean der Krone Castiliens unterthan und erfreute sich, mit nur sehr wenigen Ausnahmen, der ungestörten Ruhe.

Nur wenige Tage nach seiner Rückkehr von der nutzlosen Expedition nach Honduras, welche den Spaniern fast eben so viel Zeit und Anstrengung gekostet hatte als die Eroberung Mexicos, erhielt Cortez die Nachricht seiner vorläufigen Entsetzung und den Befehl, sich zur Vertheidigung wegen verschiedener Anschuldigungen nach Spanien zu begeben. In der Hoffnung, diese Anordnung widerrufen zu sehen, beeilte er sich nicht allzusehr, ihr nachzukommen; seine unermüdlichen Verleumder und erbitterten Feinde in Spanien wie in Mexico aber trieben es so weit, daß er sich genöthigt sah, seine Vertheidigung selbst in die Hand zu nehmen, seine Beschwerden auseinander zu setzen und eine öffentliche Gutheißung seiner Maßnahmen zu erwirken.

Cortez reiste also in Begleitung seines Freundes Sandoval, Tapia's und mehrerer Azteken-Häuptlinge, unter letzteren auch eines Sohnes Montezuma's, ab. Im Mai 1528 landete er in Palos, an derselben Stelle, wo Christoph Columbus fünfunddreißig Jahre früher den Boden der Heimat zum ersten Male wieder betreten hatte, und wurde mit demselben Enthusiasmus und ebenso lauten Freudenbezeugungen empfangen wie der Entdecker der Neuen Welt. Hier begegnete er Pizarro, der, im Anfange seiner Laufbahn stehend, sich bei der spanischen Regierung um Unterstützung seiner Pläne bewarb. Von Palos aus begab er sich nach Toledo, dem dermaligen Aufenthaltsorte des Hofes. Schon die einfache Nachricht von seinem Eintreffen hatte die Gemüther völlig umgestimmt. Durch die kaum erwartete Rückkehr fanden seine angeblichen Pläne zur Empörung gegen und zur Unabhängigmachung von der spanischen Krone das gebührende Dementi. Karl V. begriff, daß die Stimme des Volkes sich einmüthig dagegen erheben würde, wenn er einen Mann bestrafen wollte, der zur Krone Castiliens die werthvollsten Juwelen beigesteuert hatte. Cortez' Reise gestaltete sich zu einem ununterbrochenen Triumphzuge mitten durch unerhörte Menschenmengen. »Die Häuser und Straßen der großen Städte«, berichtet Prescott, »strotzten von Zuschauern, welche ungeduldig dem Anblicke des Helden entgegenharrten, dessen Arm gewissermaßen allein Spanien ein ganzes Kaiserreich erworben hatte, und der, um die Worte eines alten Geschichtsschreibers zu gebrauchen, nicht mit dem Pompe und Ruhme eines Vasallen, sondern gleich einem unabhängigen Monarchen dahinzog.«

Nachdem er ihm mehrere Audienzen bewilligt und besondere Zeichen seiner Gunst erwiesen, welche seitens der Hofbeamten als sehr beträchtliche bezeichnet wurden, geruhte Karl V. das von Cortez eroberte Reich und die prächtigen Geschenke, die jener mitbrachte, entgegen zu nehmen. Uebrigens glaubte er ihn aber genug belohnt zu haben, indem er ihn mit dem Titel eines Marquis della Valle de Oajaca und der Würde eines General-Kapitäns von Neuspanien belohnte, ohne ihm die Civilregierung, welche er von der Junta von Vera-Cruz früher erhalten hatte, wieder zuzugestehen. Cortez, der jetzt die Nichte des Herzogs von Bejar, aus einer der ersten Familien Castiliens, geheiratet hatte, begleitete nun den Kaiser, der sich nach Italien begab, bis zum Hafen, bald aber machte er sich, dieses thatlose, mit seinen übrigen Gewohnheiten so wenig entsprechenden Lebens müde, 1530 wieder auf den Weg nach Mexico, wo er in Villa-Rica landete.

Er schlichtete zuerst einige Zänkereien der Behörde, welche in seiner Abwesenheit die Zügel der Regierung geführt und früher die gegen ihn erhobenen Anklagen hervorgesucht hatte, kam aber auch wegen militärischer Angelegenheiten mit der Civil-Junta in Conflict. Bald ekelten ihn diese Zwistigkeiten so sehr an, daß sich der Marquis della Valle auf seine ungeheuren Besitzungen nach Cuernavaca zurückzog, um sich mit Landbau zu beschäftigen. Auf diesem Gebiete verdankt man ihm die Einführung des Zuckerrohres und des Maulbeerbaumes, die Anregung zur Cultur des Hanfes und Leinsamens und die in größerem Maßstabe getriebene Zucht des Merinoschafes.

Dieses friedliche Leben ohne jedes Abenteuer konnte jedoch dem unternehmenden Geiste eines Cortez nicht lange genügen. In dem Jahre 1532 und 1533 rüstete er zwei Geschwader aus, welche im Nordosten des Pacifischen Oceans eine Entdeckungsreise unternehmen sollten. Die letzteren gelangten bis zum Südende der kalifornischen Halbinsel, ohne dasjenige Resultat zu erzielen, auf welches ihr Haupt-Augenmerk gerichtet war, nämlich auf die Entdeckung einer Wasserstraße zwischen dem Atlantischen und Pacifischen Ocean. Nicht mehr Erfolg hatte er selbst im Jahre 1536 im »Purpurmeere« (Busen von Californien). Endlich, drei Jahre später, drang eine letzte Expedition bis zum Grunde des Golfs ein, folgte dann der äußeren Küste der Halbinsel und segelte bis zum 29. Grade der Breite hinauf. Von hier aus sandte der Chef der Expedition eines seiner Schiffe an Cortez zurück, während er selbst weiter nach Norden vordrang; man hörte jedoch später kein Wort mehr von ihm.

Das war das unglückliche Ende von Cortez' Expeditionen, die, ohne ihm einen Ducaten einzubringen, einen Kostenaufwand von über 300.000 Goldpesos verursacht hatten. Immerhin verdankt man denselben die Kenntniß der Küste des Pacifischen Oceans von der Bai von Panama bis zum Colorado. Es wurde ferner dabei die kalifornische Halbinsel umschifft und festgestellt, daß die vermeintliche Insel einen Theil des Festlandes bildete. Alle Einbuchtungen des Purpurmeeres, oder der Cortez-See, wie es die Spanier mit Fug und Recht bezeichnten, wurden sorgfältig untersucht, wobei man eben erkannte, daß jenes, statt, wie vorausgesetzt, einen Ausgang nach Norden zu haben, nur einen tief in den Continent eingeschnittenen Golf darstellte.

Die erwähnten Expeditionen hatte Cortez freilich nicht in's Werk setzen können ohne Conflict mit dem Vicekönig Don Antonio de Mendoza, den der Kaiser mit diesem, für den Marquis della Valle beleidigenden Titel nach Mexico geschickt hatte. Ermüdet von den unaufhörlichen Streitigkeiten und verletzt in seiner Würde, seine Vorrechte als General-Kapitän, wenn auch nicht gänzlich mißachtet, so doch immer wieder angefochten zu sehen, reiste Cortez noch einmal nach Spanien. Freilich sollte diese Fahrt der ersten nicht im Mindesten gleichen. Gealtert, thatenmüde und vom Glücke verlassen, wie der »Conquistador« jetzt auftrat, hatte er von der Regierung nichts mehr zu erwarten und sollte das auch nur zu bald gewahr werden. Eines Tages drängte er sich durch die Menge, welche die Sänfte des Kaisers umgab, und stieg auf das Trittbrett derselben. Karl V. stellte sich, als erkenne er ihn nicht wieder, und fragte, wer dieser Mann sei? »Der, antwortete Cortez stolz, der Euch mehr Reiche geschenkt hat, als Eure Väter Euch Städte hinterließen!« Die öffentliche Meinung beschäftigte sich jetzt im Ganzen weniger mit Mexico, das den zuerst überspannten Erwartungen nicht entsprochen hatte, und alle Köpfe waren schon von den an's Wunderbare grenzenden Reichthümern Perus verdreht. Von dem obersten Rathe für Indien ehrenvoll empfangen, setzte Cortez seine Beschwerden vor diesem Tribunal auseinander; die Verhandlungen zogen sich jedoch in die Länge und er konnte keine Genugthuung erlangen. Im Jahre 1541 verlor Cortez, bei Gelegenheit von Karl's V. unglücklichem Zuge gegen Algier, an dem er als Freiwilliger theilnahm, obwohl man seiner abmahnenden Stimme kein Gehör geschenkt hatte, drei künstlich geschnittene Smaragden hervorragender Größe, deren Werth für ein Königreich als Lösegeld hingereicht hätte. Nach der Rückkehr brachte er seine Beschwerden wiederholt an maßgebender Stelle, doch ohne besseren Erfolg an. Solche Ungerechtigkeit und die vielfachen Enttäuschungen bereiteten ihm so bitteren Kummer, daß seine Gesundheit ernstlich darunter litt. Fern von dem Schauplatze seiner Großthaten, starb er am 10. November 1547 in Castilleja de la Cuesta, eben als er sich zur Rückkehr nach Amerika rüstete.

»Er war ein irrender Ritter, sagt Prescott. Unter dem ganzen glorreichen Heere von Abenteurern, das im 16. Jahrhundert von Spanien aus auf Entdeckungen und Eroberungen auszog, war keiner so tief erfüllt von dem Geiste dieser romantischen Unternehmungen wie Fernand Cortez. Der Kampf war seine Lust und er liebte es, seine Aufgaben womöglich von der schwierigsten Seite anzufassen ...«

Die Vorliebe für das Romantische könnte den Eroberer von Mexico wohl leicht zu der Rolle eines gewöhnlichen Abenteurers erniedrigen; Cortez war aber sicherlich auch ein weitsichtiger Politiker und großer Anführer, wenn irgend ein Mann nur diesen Namen verdient, der so weitumfassende Unternehmungen allein durch sein Genie ausführte. Die Geschichte kennt kein zweites Beispiel, daß solche Großthaten mit so unzulänglichen Mitteln vollbracht worden wären, und man kann in der That behaupten, daß Cortez Mexico nur mit eigener Hilfe unterjocht hat.

Sein Einfluß auf den Geist der Soldaten gründete sich gewiß auf deren Vertrauen zu seiner Geschicklichkeit, doch wird man auch sein leutseliges Auftreten dabei mit in Anschlag bringen müssen, das ihn mehr als einen Anderen zur Führung einer Bande von Abenteurern geeignet machte. Als er zu hohem Range emporgestiegen, sich mehr Aufwand gestattete, büßten wenigstens seine alten Kriegskameraden ihr vertrauliches Verhältniß zu ihm keineswegs ein. Zur Vollendung dieses Bildes des »Conquistadors« schließen wir uns vollständig dem an, was der ehrenwerthe und wahrheitsliebende Bemal Dias von ihm sagt: »Er gab seinem einfachen Namen Cortez stets den Vorzug vor allen Titeln, die ihm zu Theil wurden, und gewiß hatte er allen Grund dazu, denn der Name Cortez ist noch heute so berühmt wie der Cäsar's bei den Römern oder Hannibal's bei den Karthagern«. Der alte Chronist schließt mit einem Satze, der die religiöse Geistesrichtung des 16. Jahrhunderts recht charakteristisch kennzeichnet: »Vielleicht sollte er, heißt es nämlich an der betreffenden Stelle, seinen Lohn erst in einer besseren Welt empfangen, und das glaube ich gewiß; denn er war ein sehr ehrenwerther Ritter, voll ernstlicher Ergebung gegen die heilige Jungfrau, den Apostel St. Petrus und gegen alle Heiligen«.

III.

Die Tripelallianz – Franz Pizarro und seine Brüder – Don Diego d'Almagro. – Die ersten Versuche. – Peru, seine Ausdehnung, Bevölkerung und seine Könige. – Gefangennahme Atahualpa's, sein Lösegeld und sein Tod. – Peter d'Alvarado. – Almagro in Chili. – Kämpfe zwischen den Eroberern. – Prozeß und Hinrichtung Almagro's. – Expeditionen Gonzalo Pizarro's und d'Orellana's. – Ermordung Franz Pizarro's. – Empörung und Hinrichtung seines Bruders Gonzalo.

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Kaum gewannen die Berichte Balboa's von den Schätzen der im Süden von Panama gelegenen Länder einige Ausbreitung in Spanien, als auch schon mehrere Expeditionen ausgerüstet wurden, um deren Eroberung zu versuchen. Alle aber scheiterten, entweder weil ihre Führer der übernommenen Aufgabe nicht gewachsen waren, oder wegen Unzulänglichkeit der zu Gebote stehenden Hilfsmittel. Man darf auch nicht vergessen, daß die von den ersten Abenteurern – jenen Pionieren, wie man sich heute ausdrücken würde – erforschten Länder keineswegs dem entsprachen, was spanische Habsucht von ihnen erwartete. In der That hatten sich alle nach jenen Gebieten begeben, welche man damals das »Festland« nannte, nach jenen sumpfigen, gebirgigen und ungesunden, waldbedeckten Küstenländern, deren zwar verstreute, aber sehr kriegslustige Ureinwohner den Fremden zu den schon von Natur vorhandenen Hindernissen noch manche neue in den Weg legten. So erkaltete nach und nach der frühere Enthusiasmus und man erwähnte der wunderbaren Berichte Balboa's höchstens noch, um sie in's Lächerliche zu ziehen.

In Panama aber befand sich noch ein Mann, der von der Wahrheit der Gerüchte über die Reichthümer der von dem Pacifischen Ocean bespülten Länder genugsam überzeugt war, Francisco Pizarro, ein früherer Begleiter Nuñez de Balboa's im südlichen Meere, der sich nun mit zwei anderen Abenteurern, Diego de Almagro und Fernand de Luque, in Verbindung setzte.

Zuerst einige Worte über die Führer der Unternehmung. Franz Pizarro, geboren in der Nähe von Truxillo zwischen 1471 und 1478, war der natürliche Sohn eines Kapitäns Gonzalo Pizarro, der ihn weiter nichts erlernen ließ, als Schweine zu hüten. Bald eines solchen Lebens müde, wurde Pizarro, der sich die Gelegenheit zu Nutze machte, wegen eines unter seiner Obhut gestandenen Schweines, das sich verlaufen hatte, nicht wieder in das väterliche Haus zurückzukehren, wo er gleich bei dem geringsten Versehen mit Stockschlägen bestraft ward, Soldat, verbrachte mehrere Jahre als Söldner in Italien und folgte Columbus im Jahre 1510 nach Espagnola. Hier diente er ebenso wie auf Cuba mit Auszeichnung und begleitete Hojeda, dessen Günstling er geworden war, nach Darien, bei der Eroberung des unter dem Namen des »Goldenen Castiliens« benannten Gebietes.

War Pizarro ein außereheliches Kind, so war Diego de Almagro ein Findling, der im Jahre 1475 aufgefunden wurde, entweder, wie die Einen sagen, in Aldea del Rey, oder, wie Andere behaupten, in Almagro, von welchem Orte er auch den Namen angenommen haben soll. Mitten unter Soldaten ausgewachsen, gelangte er bei Zeiten nach Amerika, wo es ihm glückte, ein kleines Vermögen zu erwerben. Fernand de Luque endlich war ein begüterter Weltgeistlicher aus Tabago, der sich in Panama als Schulmeister beschäftigte.

Der jüngste der drei Abenteurer zählte schon mehr als dreißig Jahre und Garcilasso de la Vega berichtet, daß jene, als man ihre Absichten erfuhr, zum Gegenstand des allgemeinen Gelächters wurden; vorzüglich spottete man über Fernando de Luque, der bald den Namen Hernando el Loco, Ferdinand der Narr, erhielt.

Schnell geschlossen war der Bund jener drei Männer, von denen Zwei wenigstens ohne Furcht, wenn auch alle Drei nicht ohne Tadel waren, Luque schoß die nöthigen Geldmittel zur Ausrüstung der Schiffe und zur Besoldung der Soldaten vor; auch Almagro betheiligte sich hierbei; Pizarro freilich, der nichts besaß als seinen Degen, mußte seinen Beitrag aus andere Weise liefern. Er übernahm den Oberbefehl bei dem ersten Zuge, den wir etwas eingehender erzählen wollen, weil jeder Tag für die Ausdauer und unbeugsame Hartnäckigkeit des »Conquistadors« Beweise beibringt.

»Nach eingeholter und erhaltener Erlaubniß Pedro Alias d'Avila, berichtet Augustin de Zarate, einer der Geschichtsschreiber der Eroberung von Peru, bemannte Franz Pizarro mit ziemlicher Mühe ein Fahrzeug, auf dem er sich mit 114 Mann einschiffte. Fünfzig Meilen von Panama entdeckte er ein kleines und ärmliches Land, Namens Peru, was von der Zeit ab die Ursache zur unrichtigen Benennung der ganzen Küstenstrecke wurde, die man hier in einer Längenausdehnung von 1200 Meilen verfolgte. Weiterhin entdeckte er ein anderes Land, das die Spanier das Gebiet »des Verbrannten Volkes« nannten. Hier tödteten ihm die Indianer so viel Leute, daß er sich gezwungen sah, in größter Unordnung nach Chinchama zurückzuziehen, das von seinem Ausgangspunkte nicht gar zu fern liegt. Inzwischen bemannte der in Panama zurückgebliebene Almagro ein zweites Schiff, auf dem er mit siebzig Spaniern an Bord ging, und fuhr hinab bis zum San Juan-Flusse, gegen hundert Meilen von Panama. Da er Pizarro nicht fand, segelte er bis zum Lande des Verbrannten Volkes, wo er, da ihm mehrere Zeichen verriethen, daß der Gesuchte hier gewesen sei, mit seinen Leuten an's Ufer ging. Die Indianer aber, durch ihren über Pizarro davon getragenen Sieg nur zuversichtlicher gemacht, widersetzten sich herzhaft, stürmten die Verschanzung, durch welche Almagro sich zu schützen versuchte, und zwangen ihn, wieder zu Schiffe zu gehen.

Er kehrte nun, immer dicht an der Küste hinsegelnd, um, bis er nach Chinchama kam, wo er Franz Pizarro antraf. Beide waren über das Wiedersehen sehr erfreut, und da sie ihre Mannschaft jetzt auch durch mehrere neu geworbene Soldaten verstärken konnten, fuhren sie noch einmal längs der Küste hinab. Dabei litten sie jedoch so sehr von Mangel an Nahrungsmitteln und den Angriffen der Indianer, daß Don Diego nach Panama zurückging, um daselbst neue Rekruten zu werben und Proviant einzukaufen. Er führte auch wirklich weitere achtzig Mann hinzu, mit denen sie nun gleichzeitig mit den ihnen übrig gebliebenen bis zu einem Lande, Namens Catamez, kamen, einem nur mäßig bevölkerten Gebiete, wo sie jedoch einen Ueberfluß an Nahrungsmitteln vorfanden. Es fiel ihnen wiederholt auf, daß die Indianer jener Gegenden, die sie so unablässig angriffen, das ganze Gesicht mit goldenen Nägeln verziert hatten, die sie, durch besondere, nur für diesen Zweck gestochene Löcher gesteckt, als Schmuck zu tragen schienen. Noch einmal segelte Diego de Almagro allein nach Panama, während sein Gefährte ihn auf der kleinen Ile du Coq mit Verstärkungen zurückerwartete, wo Letzterer jedoch bitteren Mangel an allein zum Leben Nothwendigen zu erleiden hatte.

Bei seiner Ankunft in Panama konnte Almagro von Los Rios, dem Nachfolger Avila's, nicht die Erlaubniß auswirken, neue Aushebungen vorzunehmen, denn er könne nicht zugeben, sagte jener, daß eine noch größere Menge Leute einem so aussichtslosen Unternehmen geopfert würde; er schickte sogar ein Schiff nach der Ile du Coq, um Pizarro sammt seinen Gefährten heimzuführen. Ein solches Vorgehen fand aber weder Almagro's noch de Luque's Beifall. Hiermit wären ja alle Kosten weggeworfen, alle Hoffnungen, welche der Anblick des Silber- und Goldschmucks der Bewohner von Catamez erregt hatte, mit einem Schlage zu nichte gemacht gewesen. Sie sandten also einen Vertrauten an Pizarro ab, um diesem anzuempfehlen, bei seinem Vorhaben zu verharren und sich den Anordnungen des Gouverneurs von Panama nicht zu fügen. Pizarro konnte sich jedoch in den lockendsten Versprechungen erschöpfen, die Erinnerung an so harte Leiden war noch zu frisch, und alle seine Leute bis auf zwölf ließen ihn im Stich.

Mit diesen unerschrockenen Männern, deren Namen auf uns gekommen sind, und unter denen sich Garcia de Xeres, einer der Geschichtsschreiber der Expedition, befand, zog sich Pizarro nach einer von der Küste etwas entfernt liegenden unbewohnten Insel zurück, derer den Namen Gorgone gab.

Dort fristeten die Spanier ihr Leben mit Magnolien, Fischen und Muschelthieren und warteten fünf Monate lang auf die Hilfe, die Almagro und de Luque ihnen senden sollten.

Endlich sandte Los Rios, besiegt durch den einstimmigen Protest der ganzen Kolonie, welche darüber entrüstet war, Leute, »deren einziger Fehler darin bestand, an ihrem Unternehmen nicht verzweifelt zu haben«, elend und Verbrechern gleich umkommen zu sehen, an Pizarro ein kleines Schiff mit dem Auftrage, ihn abzuholen. Damit dieser aber nicht versucht würde, sich dessen etwa zur Fortsetzung seiner Expedition zu bedienen, trug man dafür Sorge, daß ja kein einziger Soldat mit an Bord kam. Beim Erblicken der nahenden Hilfe vergaßen die dreizehn Abenteurer alle Noth und Entbehrung und hatten nichts Eiligeres zu thun, als die zu ihrer Abholung gesendeten Matrosen auch mit ihrer Hoffnung zu erfüllen. Statt nach Panama zurückzukehren, gingen nun Alle trotz Wind und Strömungen nach Südosten unter Segel, bis sie, nach Entdeckung der Insel St. Clara, im Hafen von Tumbez, unter 3 Grad südlicher Breite anlangten, wo sie einen prächtigen Tempel und einen Palast, ein Besitzthum der Könige des Landes, der Inkas, antrafen.

Die Umgegend schien bevölkert und gut angebaut; was die Spanier aber am meisten entzückte und in dem Glauben bestärkte, daß sie jetzt das früher so oft erwähnte Wunderland gefunden hätten, das war der große Ueberfluß an Gold und Silber, welche beide Metalle nicht blos zum Putz und Geschmeide der Eingebornen, sondern auch zu Gegenständen des täglichen Gebrauches verarbeitet waren.

Pizarro ließ das Innere des Landes durch Pietro de Cantia und Alonzo de Molina in Augenschein nehmen, die ihm von demselben eine wahrhaft enthusiastische Beschreibung lieferten, worauf er sich sowohl einige goldene Gefäße als auch mehrere der von den Peruanern als Hausthiere gehaltenen Lamas verschaffte. Endlich nahm er zwei Eingeborne an Bord auf, die er in der spanischen Sprache unterrichten und als Dolmetscher gebrauchen wollte, wenn er später in das Land zurückkam. Er ankerte darauf nach und nach in Payta, Saugarata und in der Bai von Santa-Cruz, deren Herrscherin, Capillana, die Fremden mit solcher Freundlichkeit empfing, daß mehrere derselben sich gar nicht wieder einschiffen wollten. Nachdem er die Küste bis Porto-Santo hinabgesegelt, steuerte Pizarro wieder auf Panama zu, wo er nach dreijährigen, gefahrvollen Irrfahrten, welche de Luque und Almagro völlig ruinirt hatten, glücklich wieder ankam.

Bevor er nun die Eroberung des von ihm entdeckten Gebietes versuchte, entschloß sich Pizarro, da er die Erlaubniß, neue Abenteurer anzuwerben, von Los Rios nicht erhalten hatte, direct an Karl V. zu gehen. Er lieh sich das nöthige Reisegeld und fuhr im Jahre 1528 nach Spanien, um daselbst dem Kaiser von seinen Unternehmungen Bericht zu erstatten. Von den zu erobernden Ländern entwarf er ein reizendes Bild und erhielt als Lohn seiner Bestrebungen die Titel des Gouverneurs, General-Kapitäns und Alguazil major von Peru für sich und seine Nachkommen. Gleichzeitig erhob der Kaiser ihn in den Adelstand mit einer Pension von tausend Thalern. Seine, von dem Gouverneur von Panama unabhängige Jurisdiction sollte sich auf eine Entfernung von zweihundert Meilen südlich des Santiago-Stromes, längs der Küste, für die man den Namen Neu-Castilien wählte und deren Gouvernement ihm zugesprochen wurde, erstrecken, eine Concession, welche Spanien ja nichts kostete, da es ihm zukam, sich deren Genuß zu erwerben. Er seinerseits verpflichtete sich, zweihundertfünfzig Mann anzuwerben und sich mit Schiffen, Waffen und Munition zu versehen. Pizarro begab sich sofort nach Truxillo, wo er seine Brüder, Fernand, Joan und Gonzalo, bestimmte, ihm zu folgen, ebenso wie einen seiner Brüder aus der anderen Ehe, Namens Martin d'Alcantara. Er benutzte den Aufenthalt in seiner Vaterstadt, in Caceres und ganz Estremadura, um sich Rekruten zu verschaffen, welche doch nicht in Menge herzuliefen, trotz des Titels Caballeros de la Espada dorata, den er Denen versprach, welche unter ihm Dienste nehmen würden. Dann kam er nach Panama zurück, wo doch nicht Alles so leicht abging, wie er gehofft hatte. Es gelang ihm zwar, de Luque zum Bischof protector de los Indios ernennen zu lassen; für Almagro aber, dessen Ehrgeiz er fürchtete und dessen Talente er kannte, begnügte er sich, die Erhebung in den Adelstand und nebst dem Befehle über eine in Turbez zu errichtende Festung eine Gratifikation von fünfhundert Ducaten zu erlangen. Almagro, der für frühere Expeditionen sein gesammtes Vermögen geopfert hatte, zeigte sich über den ihm zufallenden mageren Antheil nicht zufrieden, lehnte es ab, sich an der neuen Expedition zu betheiligen, und wollte eine solche auf eigene Rechnung ausrüsten.

Es bedurfte der ganzen Gewandtheit Pizarro's und des Versprechens, ihm das Amt eines »Adelantado« zu überweisen, um ihn umzustimmen und die alte Verbindung noch einmal zu erneuern.

Die Hilfsquellen der drei Verbündeten waren eben jetzt so erschöpft, daß sie nur drei kleine Fahrzeuge und 180 Soldaten, darunter 36 Reiter, zusammenbringen konnten, welche im Monat Februar 1531 unter dem Befehle Pizarro's und seiner vier Brüder absegelten, während Almagro in Panama blieb, um noch eine Expedition zu organischen. Nach dreizehntägiger Seefahrt und nachdem sie durch einen Orkan um hundert Meilen über ihr Ziel hinaus verschlagen worden waren, sah sich Pizarro genöthigt, seine Mannschaften und Pferde in der Bai San Mater auszuschiffen und der Küste nachzugehen. Dieser Marsch ward sehr schwierig in einem bergerfüllten, wenig bevölkerten und von Flüssen durchschnittenen Land, welch' letztere man alle nahe ihrer Mündung überschreiten mußte; endlich erreichte man eine Ortschaft Namens Coagui, welche eine so reiche Beute lieferte, daß Pizarro zwei seiner Fahrzeuge damit belud und diese im voraus zurücksendete. Sie nahmen nach Panama und Nicaragua eine Summe von 30.000 Castellanos, sowie eine große Menge Smaragden mit, ein Ergebniß, von dem Pizarro hoffte, daß es ihm viele neue Abenteurer zuführen müsse.

Weiter setzte der Eroberer seinen Marsch nach Süden bis Porto Virjo fort und traf Sebastian Benalcazar nebst Juan Fernandez, die ihm zwölf Reiter und dreißig Fußsoldaten zuführten. Die Wirkung des Anblicks der Pferde und der Detonationen der Feuerwaffen wiederholte sich in Peru in ganz gleicher Weise wie in Mexico, und es gelang Pizarro, ohne Widerstand zu finden, bis zur Insel Puna im Golfe von Guyaquil vorzudringen. Die Bewohner derselben aber, an Zahl und Kriegsgewandtheit ihren Nachbarn vom Festlande weit überlegen, trotzten sechs Monate lang allen Angriffen der Spanier. Obwohl Pizarro von Nicaragua eine durch Fernand de Soto zugeführte Verstärkung erhielt, und obwohl er den Caziken Tonallo und sechzehn andere Anführer hatte hinrichten lassen, so gelang es ihm doch nicht, ihren Widerstand zu besiegen. Er sah sich also zur Rückkehr nach dem Continente gezwungen, wo seine Leute so heftig von Krankheiten befallen wurden, daß er, den unablässigen Neckereien der Eingebornen ausgesetzt, drei Monate lang in Tumbez ausharren mußte. Von hier aus begab er sich nach dem Rio Puira, entdeckte den Hafen von Payta, den besten der ganzen Küste, und gründete an der Mündung des Chilo die Kolonie San-Miguel, um den von Panama kommenden Schiffen einen sicheren Zufluchtsort zu bieten. Hier empfing er auch Abgesandte von Huascar, der ihm von der Empörung seines Bruders Atahualpa Nachricht gab und seine Unterstützung erbat.

Zur Zeit als die Spanier landeten, grenzte Peru an den Pacifischen Ocean in einer Länge von 1500 Meilen und erstreckte sich bis über die imposante Kette der Anden in das Innere des Continentes hinein. Ursprünglich zerfiel die Bevölkerung in mehrere wilde und barbarische Stämme, ohne jeden Begriff von Civilisation, welche fortwährend mit einander im Kriege lagen. Eine lange Reihe von Jahrhunderten hindurch war dieser Zustand der Dinge der nämliche geblieben und noch kein Anzeichen für den Anbruch einer neuen Aera vorhanden, als den Indianern am Ufer des Titicaca ein Mann und eine Frau erschienen, welche sich rühmten, Kinder der Sonne zu sein. Diese beiden Personen von majestätischer Gestalt, mit Namen Manco-Capac und Mama-Oello, vereinigten, nach Garcilasso de la Vega, gegen Ende des 12. Jahrhunderts eine Anzahl der unstet umherschweifenden Stämme und legten den Grund zu der Stadt Cusco. Manco-Capac unterrichtete die Männer im Ackerbau und mechanischen Künsten, während Mama-Oello die Frauen nähen und sticken lehrte. Als er diesen ersten Grundlagen gesellschaftlichen Beisammenseins genügt, gab Manco-Capac seinen Unterthanen Gesetze und errichtete ein regelrecht geordnetes Staatswesen. Auf diese Weise entstand die Herrschaft der Inkas oder Oberherren von Peru. Das zuerst nur auf die Umgebungen von Cusco beschränkte Reich vergrößerte sich bald unter ihren Nachfolgern und breitete sich vom Wendekreis des Steinbockes bis zu den Perleninseln in einer Länge von dreißig Graden aus. Ihre Macht war nach und nach eben so absolut geworden wie die der früheren asiatischen Souveräne. »Es gab auch, sagt Zarate, nirgends in der Welt ein Land, wo der Gehorsam und die Unterwürfigkeit größer gewesen wären. Die Inkas erschienen in den Augen ihrer Unterthanen wie Halbgötter; sie hatten nur nöthig, aus ihrem königlichen Stirnbande einen Faden zu ziehen und denselben Jemand zu übergeben, um jenem unbedingten Gehorsam zu verschaffen, so als ob dessen Befehle von dem Könige selbst ausgingen und er wirklich eine ganze Provinz seinem Willen ohne jede andere Unterstützung unterordnen, oder Männer und Frauen beliebig hinrichten lassen konnte, weil sich Alle beim Anblick jenes Fadens vom Könige, freiwillig und ohne Widerstand dem Tode opferten.«

Alte Chronisten erzählen allerdings, daß die Inkas diese ihre unbegrenzte Macht stets nur zum Wohle der Landeskinder benutzt hätten. Unter einer Reihe von zwölf aufeinander auf dem Throne Perus folgenden Fürsten hat Keiner ein anderes Andenken hinterlassen als das eines weisen und von seinem Volke geliebten Herrschers. Würde man in der übrigen Welt nicht vergeblich nach einem Lande suchen, dessen Geschichte ein so ungetrübt reines Bild lieferte? Ist es nicht zu beklagen, daß die Spanier den Krieg und seine Schrecken, die Krankheiten und Laster eines anderen Klimas und das, was sie in ihrem Stolze Civilisation nannten, diesen glücklichen und reichen Völkerschaften brachten, deren verarmte und entartete Nachkommen nicht einmal die Erinnerung ihres früheren Wohlstandes als Trost in dem jetzigen jammervollen Zustand besitzen?

»Die Peruaner, sagt Michelet in seinem bewundernd werthen Precis d'histoire moderne, überlieferten die Kenntnisse der wichtigsten Vorkommnisse der Nachwelt durch Knoten, welche sie in Stricke knüpften. Sie besaßen Obelisken, regelrechte Sonnenuhren, um die Zeit der Aequinoctien und Solistitien zu bezeichnen. Ihr Jahr zählte 365 Tage, sie hatten wahrhafte Wunderwerke der Baukunst errichtet, Bildsäulen mit überraschender Kunstfertigkeit gemeißelt und repräsentirten überhaupt die gebildetste und gewerbfleißigste Nation der Neuen Welt.«

Der Inka Huayna-Capac, der Vater Atahualpa's, unter dem dieses große Reich zertrümmert wurde, hatte dasselbe bedeutend erweitert und verschönert. Dieser Inka, der das ganze Gebiet von Quito eroberte, hatte mit Hilfe seiner Soldaten und der besiegten Völker von Cusco bis Quito durch Ausfüllung von Abgründen und Abtragung von Hügeln und Bergen eine fünfhundert Meilen lange Heerstraße erbauen lassen. Von einer halben Meile zur anderen standen hier Boten als Relais, welche die Befehle des Monarchen durch das ganze Land verbreiteten.

So weit war das Volk also in der Cultur vorgeschritten; will man aber über die Prachtliebe und den Reichthum der Fürsten urtheilen, so genügte es, zu wissen, daß der König bei seinen Reisen auf einem goldenen Throne im Gewicht von fünfundzwanzig tausend Ducaten getragen wurde. Die goldene Bahre, auf der sich der Thron selbst befand, lag dabei auf den Schultern der ersten Personen des Reiches.

Zur Zeit als die Spanier, im Jahre 1526, zum ersten Male an der Küste Perus erschienen, hatte der zwölfte Inka, mit Verletzung der alten Landesgesetze, eben eine Tochter des besiegten Königs von Quito geheiratet und besaß von dieser einen Sohn, Namens Atahualpa, dem er bei seinem 1529 erfolgten Tode dieses Königreich hinterließ. Sein älterer Sohn, Huascar, dessen Mutter dem Stamme der Inkas angehörte, erhielt den Rest seiner Staaten. Eine solche, gegen die seit undenklichen Zeiten gepflogenen Gewohnheiten verstoßende Theilung aber erregte in Cusco eine solche Unzufriedenheit, daß der von seinen Unterthanen angetriebene Huascar sich entschloß, gegen seinen Bruder zu marschiren, der ihn als seinen Herrn und Meister nicht anerkennen wollte; jedenfalls hatte Atahualpa schon genug von königlicher Macht gekostet, um sie nicht ohne Weiteres aufgeben zu können. Er brachte durch Freigebigkeit die meisten Krieger, die seinem Vater bei der Eroberung von Quito gedient hatten, auf seine Seite, und als die beiden Heere zusammenstießen, begünstigte das Schicksal den Usurpator.

Erscheint es nicht auffallend, daß das Auftreten der Spanier sowohl in Mexico wie hier in Peru unter wirklich ganz ausnahmsweise günstigen Umständen stattfand? In Mexico empfingen sie die erst neuerdings den Azteken unterworfenen Stämme, welche von den Siegern ohne Gnade bedrückt wurden, als willkommene Befreier; in Peru hinderte der Streit zweier feindlicher, gegen einander erbitterten Brüder die Indianer, alle ihre Kräfte gegen die Eindringlinge zu verwenden, die sie sonst leicht zermalmt hätten!

Als Pizarro die Abgesandten Huascar's empfing, die ihn um Hilfe angingen gegen dessen als Rebellen und Usurpator angesehenen Bruder, begriff er sofort, welchen Vortheil er aus diesen Umständen ziehen könne. Er rechnete darauf, daß er durch Unterstützung des Einen derselben, später desto leichter alle Beide unterdrücken werde. Er drang also ohne Aufschub mit beträchtlichen Streitkräften in das Innere des Landes ein, wobei er zweiundsechzig Reiter und hundertzwanzig Fußsoldaten, von denen freilich nur zwanzig mit Arquebusen und Musketen bewaffnet waren, mit sich nahm, da ein Theil der Truppen zur Bewachung von San Miguel zurückbleiben mußte, wo Pizarro im Falle eines Mißerfolges Zuflucht zu finden hoffte, und wo auf jeden Fall die Verstärkungen, welche er erwartete, sollten an's Land gehen können.

Pizarro begab sich nach Caxamalca, einer kleinen, zwanzig Tagemärsche von der Küste gelegenen Stadt. Er mußte dabei durch eine baum- und wasserlose Wüste voll brennenden Sandes ziehen, die sich in einer Länge von zwanzig Meilen bis zur Provinz Matupe erstreckte und wo der geringste feindliche Ueberfall, in Anbetracht der harten Entbehrungen dieser Handvoll Soldaten hingereicht hätte, der ganzen Expedition ein Ende zu machen. Dann drang er in die Berge ein und wagte sich in die beschränktesten Engpässe, wo ihn auch schwache feindliche Kräfte aufzureiben im Stande gewesen wären. Während des Marsches erreichte ihn ein Gesandter Atahualpa's, der als Geschenk gemalte Schuhe und eine goldene Halskrause mitbrachte, welche er bei dem nächsten Zusammentreffen mit dem Inka tragen sollte. Natürlich war Pizarro mit den Versprechungen von Freundschaft und Ergebenheit nicht sparsam. Er erklärte dem indischen Gesandten, daß er nur den Anordnungen des Königs, seines Herrn und Meisters nachkommen und Leben und Eigenthum der Einwohner schonen werde. Gleich nach seiner Ankunft in Caxamalca quartierte Pizarro seine Soldaten kluger Weise in einem Tempel und Palaste des Inkas ein, wo sie vor jeder Ueberrumpelung gesichert waren. Dann sandte er einen seiner Brüder mit de Soto und etwa zwanzig Reitern nach dem nur eine Meile entfernten Lager Atahualpa's, um ihm sein Eintreffen anzumelden. Die mit allen Ehren empfangenen Soldaten konnten nicht genug erstaunen über die Menge von Zierrathen, goldenen und silbernen Gefäßen, die sie im indianischen Lager zu Gesicht bekamen. Sie kehrten mit dem Versprechen zurück, daß Atahualpa am nächsten Tage Pizarro einen Besuch abstatten und ihn in seinem Reiche willkommen heißen werde. Gleichzeitig erzählten sie von den ungeheuren Reichthümern, die sie gesehen, was Pizarro nur noch mehr in seinem Projecte bestärkte, sich des unglücklichen Atahualpa und seiner Schätze durch Verrath zu bemächtigen.

Mehrere spanische Autoren verdrehen offenbar die ihnen allzu häßlichen Thatsachen und suchen die Schuld des Verrathes auf Atahualpa abzuwälzen. Die Jetztzeit aber besitzt hinlängliche Zeugnisse, um mit Robertson und Prescott die ganze Perfidie Pizarro's zu durchschauen. Für Letzteren war es natürlich hochwichtig, den Inka in seiner Gewalt zu haben und sich seiner als willenloses Werkzeug zu bedienen, ebenso wie Cortez früher mit Montezuma verfuhr. Er benutzte also die Einfalt und Ehrenhaftigkeit Atahualpa's, der seinen Freundschaftsversicherungen unbegrenzten Glauben schenkte und nicht im Geringsten auf seiner Hut war, um einen Hinterhalt zu legen, in den jener nothwendig fallen mußte. Mit einem Wort, kein Skrupel beschwerte das Gewissen des verräterischen Eroberers, er bewahrte sein kaltes Blut, als ob es gelte, dem Todfeind eine Schlacht zu liefern, und doch wird dieser abscheuliche Verrath eine ewige Schande seines Namens bilden.

Pizarro theilte seine Reiter in drei kleinere Abtheilungen, während er die Infanterie zu einem Haufen zusammenzog, die Arquebusiere neben dem Wege verbarg, den der Inka einschlagen mußte, und er in seiner Nähe aber zwanzig der verwegensten Leute behielt.

Atahualpa, der den Fremdlingen eine hohe Meinung von seiner Macht beizubringen wünschte, kam mit seiner ganzen Armee dahergezogen. Er selbst ward auf einer Art blumengeschmückten, mit Gold- und Silberplatten belegten und mit kostbaren Steinen verzierten Bette getragen; umringt von Gauklern und Tänzern, erschien er begleitet von seinem vornehmsten Gefolge; auch diese Herren ruhten in Sesseln auf den Schultern ihrer Diener. Ein solcher Zug glich natürlich mehr einer Procession als dem Marsche eines Heeres.

Sobald der Inka im Quartiere der Spanier angelangt war, trat, nach Robertson, der Pater Vincent Valverda, der Almosenier der Expedition, der später für seine geleisteten Dienste den Titel eines Bischofs erhielt, mit dem Crucifix in der einen und dem Brevier in der anderen Hand vor. Mit unendlichem Redeschwall erklärte er dem Monarchen die Schöpfungsgeschichte, den Sündenfall des ersten Menschen, die Menschwerdung, die Leiden und Wiederauferstehung Jesu Christi, ferner wie Gott St. Peter zu seinem Stellvertreter auf Erden erwählt und dieser seine Macht den Päpsten übertragen, und endlich, daß Papst Alexander dem Könige von Castilien alle Länder der Neuen Welt geschenkt habe; nach Entwickelung dieser Sätze ermahnte er Atahualpa, die christliche Religion anzunehmen, die Oberherrschaft des Papstes anzuerkennen und sich dem Könige von Castilien als seinem legitimen Herrscher zu unterwerfen. Bei sofortiger Zustimmung versprach ihm Valverda, daß der König, sein Herr, Peru unter seinen Schutz nehmen und ihm gestatten werde, daselbst auch ferner zu regieren; er erkläre ihm aber hiermit den Krieg und drohe ihm mit fürchterlicher Rache, wenn er den Gehorsam verweigere und noch länger in seiner Gottlosigkeit verharre.

Gewiß war das mindestens ein sonderbarer Empfang und eine merkwürdige Zumuthung, die auf Verhältnisse Bezug nahm, von welchen die Peruaner nicht ein Sterbenswörtchen wußten und von deren Wahrheit sie auch ein geschickterer Redner als Valverda nicht hätte überzeugen können. Rechnet man hierzu noch, daß der Dolmetscher die spanische Sprache so schlecht verstand, daß es ihm unmöglich sein mochte, zu übersetzen, was er selbst nur zur Hälfte begriff, und daß es der peruanischen Sprache an Worten fehlte, solche ihrem Geiste fremde Begriffe auszudrücken, so wird man sich nicht darüber wundern, daß Atahualpa von der langen Rede des spanischen Mönches so gut wie nichts verstand; nur einzelne Phrasen, die seine Machtvollkommenheit betrafen, schienen ihn zu verwundern und zu erregen. Trotzdem antwortete er in sehr gemäßigtem Tone. Er sagte ungefähr, daß er es als erbangesessener Herrscher seines Reiches nicht begreife, wie man über dasselbe ohne seine Zustimmung verfügen könne; bemerkte auch, daß er keineswegs gewillt sei, die Religion seiner Väter abzuschwören, um dafür eine andere anzunehmen, von der er heute zum ersten Male reden höre; von den anderen erwähnten Punkten verstehe er nichts, das wären für ihn ganz neue Sachen, und er sei begierig zu erfahren, woher Valverda solch' wunderbare Dinge wisse. – »Aus diesem Buche!« antwortete Valverde unter Vorzeigung des Breviers. Atahualpa ergriff dasselbe hastig, blätterte neugierig darin herum und hielt es zuletzt an das Ohr. »Was Ihr mir da zeigt, sagte er, spricht nicht zu mir und sagt mir nichts!« Darauf warf er das Buch zur Erde.

Das war das Signal zum Angriffe oder vielmehr zum Blutbad. Die Kanonen und Musketen eröffneten das Feuer, die Reiter stürmten vor und die Fußsoldaten warfen sich mit den Säbeln in der Faust auf die erschrockenen Peruaner. In wenig Minuten schon herrschte eine namenlose Verwirrung. Die Indianer flohen nach allen Seiten, ohne an eine Vertheidigung zu denken.

Auf Atahualpa, den seine ersten Anführer mit sich wegzuziehen suchten, indem sie sich bemühten, ihn mit eigenem Leibe zu decken, stürzte sich Pizarro selbst, zerstreute oder durchbohrte seine Beschützer, erfaßte ihn an dem langen Haupthaare und riß ihn von der Tragbahre herab. Erst die Nacht machte dem Morden ein Ende. Viertausend Indianer waren getödtet, eine noch größere Anzahl verwundet und dreitausend gefangen worden. Daß es sich hierbei nicht um ein eigentliches Gefecht handelte, wird dadurch bis zur Evidenz bewiesen, daß von allen Spaniern nur Pizarro allein eine kleine Wunde davontrug, die ihm noch dazu von einem seiner eigenen Soldaten aus Unvorsichtigkeit beigebracht wurde, als dieser sich gar zu hastig auf den Inka stürzte.

Die von den Gefallenen und dem indianischen Lager zusammengestohlene Beute übertraf Alles, was die Spanier jemals erwartet hatten. Ihr Enthusiasmus entsprach auch der Menge dieser lockenden Schätze.

Zuerst ertrug Atahualpa seine Gefangenschaft mit Ergebung, da ihn Pizarro, wenigstens mit Worten, immer zu besänftigen suchte. Da er sich aber sehr bald darüber klar wurde, wie groß die Habgier seiner Kerkermeister sei, schlug er Pizarro vor, ihm ein Lösegeld zu zahlen und ein Zimmer von zweiundzwanzig Fuß Länge und sechzehn Fuß Breite bis zu der Höhe, die er mit der Hand erreichen könne, mit goldenen Gefäßen, Geräthen und Geschmeiden anzufüllen. Pizarro gab eiligst seine Zustimmung und der gefangene Inka erließ sofort nach allen Provinzen seine Befehle, welche schnell und ohne Murren ausgeführt wurden. Noch mehr; die indianischen Truppen wurden verabschiedet und Pizarro konnte Soto nebst fünf Spaniern nach Cusco, einer über zweihundert Meilen von Caxamalca gelegenen Stadt entsenden, während er selbst das Land im Umkreise von hundert Meilen unterjochte.

Inzwischen landete Almagro mit zweihundert Soldaten. Man legte für ihn und seine Leute – mit welchem Bedauern ist wohl leicht zu begreifen – 100.000 Pesos zurück; der für den König bestimmte fünfte Theil ward ebenfalls abgezogen und nun verblieben noch 1,258.500 Pesos zur Vertheilung an Pizarro und seine Leute. Dieses Ergebniß der Plünderung und des Blutbades ward am Tage des heiligen Jakob, des Schutzpatrons von Spanien, nach frommer, inbrünstiger Anrufung des Himmels, feierlich unter die Berechtigten vertheilt. Welch' beklagenswerthe Mischung von gläubiger Frömmigkeit und Entweihung, und wie häufig begegnet man ihr in jener Zeit des Aberglaubens und der brennenden Habgier!

Jeder Reiter erhielt für seinen Theil 8000 Pesos, jeder Fußsoldat 4000, d. h. eine Summe von etwa 32.000, resp. 16.000 Mark. Das war doch dazu angethan, nach einem weder lange dauernden, noch besonders anstrengenden Feldzuge auch die Anspruchsvollsten zu befriedigen. Jetzt beeilten sich aber auch viele dieser Abenteurer, in dem Wunsche, das unverhoffte Glück in Frieden und im Vaterlande zu genießen, um ihren Abschied einzukommen. Pizarro bewilligte ihnen denselben ohne Schwierigkeiten, denn er sagte sich, daß die Nachricht von ihrem so schnell erworbenen Vermögen, ihm bald neue Rekruten zuführen werde. Mit seinem Bruder Fernand, der nach Spanien ging, um dem Kaiser von diesem Triumphzug Bericht zu erstatten und ihm prächtige Geschenke zu überbringen, reisten sechzig Spanier zwar schwer an Silber, aber leicht an Gewissensbissen ab.

Nach Erlegung des Lösegeldes verlangte Atahualpa seine Freilassung. Pizarro, der ihm das Leben nur geschenkt hatte, um sich selbst mit der Autorität und dem Einflusse zu decken, den der Kaiser noch bei seinen Unterthanen genoß, um auf diese Weise alle Reichthümer Perus an sich zu reißen, ward von dem Gefangenen bald mit Reclamationen bestürmt. Er hegte seit letzter Zeit gegen ihn auch den Verdacht, daß jener in den entlegenen Provinzen des Reiches heimlich Truppen ausheben lasse. Da Atahualpa bemerkte, daß Pizarro über die thatsächlichen Verhältnisse nicht im Geringsten besser unterrichtet war als der niedrigste seiner Söldner, erwuchs in ihm allmälig eine gewisse Verachtung gegen den Gouverneur, die er zu seinem Unglück nicht einmal zu verheimlichen wußte. Solcher Art waren die sehr nichtigen Gründe – um keinen schlimmeren Ausdruck zu gebrauchen – welche Pizarro bestimmten, dem Inka den Proceß machen zu lassen.

Es giebt kaum etwas Widerlicheres als diesen Proceß, in dem Pizarro und Almagro gleichzeitig Richter und Partei waren. Von den erhobenen Anschuldigungen sind die einen so lächerlich, die anderen so unsinnig, daß man wahrlich nicht weiß, ob man mehr über die Frechheit oder über die schreiende Ungerechtigkeit Pizarro's erstaunen soll, der auf solche Grundlagen hin den Herrscher eines mächtigen Reiches verurtheilte, über das ihm nicht die geringste Jurisdiction zustand. Indeß, Atahualpa wurde für schuldig befunden und verurtheilt, lebendig verbrannt zu werden. Da er sich aber zuletzt, nur um seinen Peiniger Valverda loszuwerden, noch hatte taufen lassen, begnügte man sich damit, ihn zu erdrosseln. Ein würdiges Seitenstück zu Guatimozin's Hinrichtung! Wahrlich, eine der abscheulichsten und entsetzlichen Gräuelthaten der Spanier in Amerika, wo diese sich übrigens durch mehrere ähnliche Verbrechen besudelt haben!

Immerhin befanden sich unter dieser Rotte von Abenteurern doch noch einige Männer, welche das Gefühl für Ehre und ihre eigene Würde nicht ganz verloren hatten. Sie protestirten lebhaft im Namen der unwürdig entstellten Gerechtigkeit; ihre edelmüthige Stimme wurde jedoch durch die eigennützigen Redereien Pizarro's und seiner gottlosen Helfershelfer erstickt.

Der Gouverneur übertrug nun einem Sohne Atahualpa's unter dem Namen Paul Inka die königliche Würde. Der Krieg zwischen den beiden Brüdern aber und die seit Ankunft der Spanier vorgekommenen Ereignisse hatten die Bande, welche die Peruaner sonst mit ihrem Könige verknüpften, merklich gelockert, und der junge Mann, der ebenfalls bald einen schmählichen Tod finden sollte, genoß kaum mehr Ansehen als Manco-Capac, der Sohn Huascar's, der von den Bewohnern Cuscos auf den Thron erhoben wurde. Bald versuchten nun auch mehrere Große des Landes, sich aus dem Peruanischen Reiche eigene unabhängige Herrschaften auszuscheiden, so z. B. Ruminagui, der Commandant von Quito, der den Bruder und die Kinder Atahualpa's umbringen ließ und sich für unabhängig erklärte.

Ueberall herrschte Uneinigkeit im Peruanischen Lager. Die Spanier beschlossen, sich dieselbe zu Nutze zu machen. Pizarro marschirte jetzt eiligst nach Cusco; daß er es nicht schon früher gethan, lag nur in dem Mangel hinreichender Streitkräfte. Jetzt, da eine Menge, von den nach Panama gebrachten Schätzen verlockte Abenteurer um die Wette nach Peru strömte, wo er fünfhundert Mann unter seiner Fahne sammeln konnte, und noch unter dem Befehle Benalcazar's eine starke Garnison in San-Miguel zurückließ, fiel für Pizarro jeder Grund für weiteres Zaudern hinweg. Unterwegs wurden mehreren größeren Heerhaufen einige Gefechte geliefert; diese endeten jedoch wie gewöhnlich mit einem sehr großen Verlust der Eingebornen und einem ganz geringfügigen der Spanier. Als diese in Cusco einzogen und von der Stadt Besitz nahmen, erstaunten sie sehr über die geringe Menge von Gold und Edelsteinen, die sie hier fanden, obgleich sie den Werth des Lösegeldes Atahualpa's weit überstieg. Entweder hatten sie sich nun schon mit den Reichthümern des Landes zu sehr vertraut gemacht, oder es waren ihrer zu Viele zur Theilung.

Während dieser Zeit benutzte Benalcazar, der seiner Unthätigkeit müde war, eine von Nicaragua und Panama angelangte Verstärkung, um sich nach Quito zu begeben, wo Atahualpa nach Aussage der Peruaner den größten Theil seiner Schätze zurückgelassen haben sollte. Er stellte sich an die Spitze von achtzig Reitern und hundertundzwanzig Fußsoldaten, schlug wiederholt Ruminagui, der ihm den Weg zu verlegen suchte, und konnte, Dank seiner Klugheit und Gewandtheit, als Sieger in Quito einziehen; er fand aber da nicht, was er suchte, d. h. keine von Atahualpa herrührende Schätze.

Ungefähr gleichzeitig gab sich Pierre d'Alvarado, der sich schon unter Cortez besonders ausgezeichnet hatte und als Lohn für seine Dienste zum Gouverneur von Guatemala ernannt worden war, den Anschein zu glauben, daß Quito nicht mehr unter dem Befehle Pizarro's stehe, und organisirte eine Expedition von fünfhundert Mann, von denen hundertzwanzig als Reiter dienten. Nach seiner Landung in Porto-Viego wollte er ohne Führer durch einen Zug längs des Guyaquil und über die Andenkette nach Quito gelangen. Gerade dieser Weg war zu jeder Zeit einer der schlechtesten und gefährlichsten, den man nur wählen konnte. Vor der Ankunft auf der Ebene von Quito, nach entsetzlichen Qualen durch Hunger und Durst, von der glühenden Asche des Chimborasso, eines Vulkans in der Nachbarschaft von Quito, und den Schneestürmen, die sie überfielen, ganz zu schweigen, war der fünfte Theil der Abenteurer und die Hälfte der Pferde zu Grunde gegangen; der Rest fühlte sich gänzlich entmuthigt und unfähig, einen Angriff aufzunehmen. Zu ihrem größten Erstaunen und gleichzeitig mit einem gewissen Gefühl von Unruhe sahen sich da Alvarado's Leute plötzlich, nicht wie sie erwarteten, einem Heere Indianer, sondern einem spanischen Corps unter Führung Almagro's gegenüber. Die Letzteren machten sich schon fertig, auf jene Feuer zu geben, als einige gemäßigtere Officiere eine Vereinbarung zu Stande brachten, laut welcher Alvarado gestattet wurde, sich in sein Gouvernement zurückzuziehen, nachdem er auf seinen Zug nicht weniger als 100.000 Pesos verwendet hatte.

Während diese Ereignisse sich in Peru abspielten, segelte Fernand Pizarro nach Spanien, wo ihm die große Menge Gold, Silber und Edelsteine, die er mitbrachte, ohne Zweifel einen ausgezeichneten Empfang sichern mußten. Er erwirkte für seinen Bruder Franz die Bestätigung seiner Vollmacht als Gouverneur mit sehr erweiterten Machtbefugnissen; er selbst ward zum Ritter des heiligen Jakob ernannt; Almagro wurde in seinem Titel als » adelantado« bestätigt und seine Herrschaft auf einen Raum von zweihundert Meilen festgesetzt, ohne daß man diesen eine bestimmte Grenze gab, wodurch weiterer Verschiedenheit der Anschauung Thür und Thor offen gelassen wurde.

Fernand Pizarro war noch nicht nach Peru zurück, als Amagro auf die Nachricht hin, daß ihm ein besonderes Gouvernement zugesprochen worden sei, das Verlangen stellte, Cusco ihm unterzuordnen, und auch schon Vorbereitungen traf, dasselbe für sich zu erobern. Johann und Gonzalo spürten aber nicht die geringste Lust, sich jenes entreißen zu lassen. Schon stand man auf dem Punkt, handgemein zu werden, als Franz Pizarro, den man häufig den »Marquis« oder auch den Großen Marquis nannte, in seiner Hauptstadt eintraf.

Niemals hatte Almagro diesem seine Hinterlist und Doppelzüngigkeit in den Verhandlungen mit Kaiser Karl V. und den Eigennutz vergeben können, mit dem er sich auf Kosten seiner Verbündeten die größte Autorität und das ausgedehnteste Gouvernement hatte zutheilen lassen. Da er aber zu vielfachem Widerspruch gegen seine Absichten begegnete und sich selbst nicht besonders stark fühlte, so verheimlichte er seine Unzufriedenheit, machte gute Miene zum bösen Spiele und stellte sich höchst erfreut über eine Wiederannäherung zwischen ihm und Pizarro.

»Sie erneuerten also, sagt Zarate, ihre frühere Gesellschaft unter der Bedingung, daß Don Diego Almagro ausziehen sollte, um weiter im Süden neue Länder zu entdecken, und man, wenn er eines fand, das seinem Geschmacke entsprach, bei Sr. Majestät um das Gouvernement für ihn anhalten wolle; fand er aber nichts, was ihn befriedigte, so sollte das Gouvernement Don Franz' zwischen Beiden getheilt werden. Diesen Vertrag schloß man unter gebührenden Feierlichkeiten, und Beide schwuren auf die geweihte Hostie, in Zukunft niemals etwas gegeneinander zu unternehmen. Manche berichten sogar, daß Almagro einen Eid geleistet habe, niemals etwas gegen Cusco und das umgebende Land bis auf hundertdreißig Meilen Entfernung zu unternehmen, selbst wenn Se. Majestät selbst ihm das Gouvernement darüber ertheilte. Er selbst soll auch unter Anrufung des Heiligen Sakramentes die Worte gesprochen haben: »Herr, wenn ich je den eben jetzt geleisteten Eid verletze, so mögest Du mich verderben und an Leib und Seele bestrafen«.

Nach Abschluß dieses feierlichen Vertrages, der mit ebenso wenig Treue wie der frühere gehalten werden sollte, bereitete Almagro alles Nothwendige zu seiner Abreise. Dank seiner bekannten Freigebigkeit und seinem oft bewährten Muthe, brachte er bald fünfhundertsiebzig Mann, Reiter und Infanteristen zu gleichen Theilen, zusammen, mit denen er nach Chili zu abmarschirte. Der Zug stieß auf viel Schwierigkeiten und die Abenteurer hatten bei ihrer Ueberschreitung der Anden von der Kälte ganz außerordentlich zu leiden; überdies bekamen sie es hier mit sehr kriegerischen Volksstämmen zu thun, deren Sitten noch keine Civilisation gemildert hatte und die sie mit einer » furia« angriffen, für die sie in Peru sonst noch kein Beispiel fanden. Almagro vermochte nirgends eine Niederlassung zu gründen, und kaum befand er sich zwei Monate im Lande, als er erfuhr, daß die Indianer Perus sich erhoben und den größten Theil der Spanier ermordet hätten.

Nach Unterzeichnung des neuen Vertrages zwischen den Eroberern nämlich (1534), zog Pizarro wieder nach den näher dem Meere gelegenen Landestheilen, in welchen er, da jetzt hier nichts mehr zu fürchten war, eine regelrechte Regierung einrichten konnte. Für einen Mann, der sich früher niemals mit Gesetzgebung beschäftigt, erließ er in der That sehr weise Verordnungen, betreffend die Justizverwaltung, die Erhebung der Steuern, die Landvertheilung an die Indianer, und die Arbeit in den Bergwerken. Bot der Charakter des »Conquistador« auch manche Handhaben für eine minder wohlwollende Kritik, so verlangt es doch die Gerechtigkeit, anzuerkennen, daß ihm eine gewisse Erhabenheit der Gedanken nicht abging und er sich der Rolle des Begründers eines großen Reiches wohl bewußt war. Hierin liegt auch der Grund seines Zögerns bezüglich der Wahl des Ortes für die zukünftige Hauptstadt der spanischen Besitzungen. Cusco hatte zwar den Vorzug für sich, früher die Residenz der Inkas gewesen zu sein; diese vom Meere über vierhundert Meilen entfernte Stadt aber trennte ein gar zu großer Zwischenraum von Quito, dem Pizarro einmal eine hervorragende Bedeutung zuschrieb. Da reizte ihn plötzlich die Schönheit und Fruchtbarkeit eines großen Thales, durch welches sich ein Wasserlauf, der Rinac, dahinschlängelte. Hierher verlegte er dann im Jahre 1536 den Sitz seiner Regierung. Bald nahm Lima, »die Stadt der Könige«, wie man sie durch Verstümmelung des Namens jenes zu ihren Füßen verlaufenden Flusses nannte, durch das prächtige Palais, das er sich erbauen ließ, und die schönen und geräumigen Wohnungen seiner ersten Beamten das Aussehen einer großen Stadt an. Während Pizarro die Einrichtung der Regierung hier fern von seiner bisherigen Hauptstadt hielt, durchschwärmten einzelne kleinere Truppenabtheilungen auch die entlegensten Gegenden des Reiches, um auch die letzten Herde des Widerstandes zu zerstören, so daß in Cusco nur eine sehr geringe Truppenzahl zurückblieb. Der in den Händen der Spanier befindliche Inka glaubte jetzt den geeigneten Zeitpunkt gekommen, um eine allgemeine Erhebung anzuschüren, durch welche er der fremden Herrschaft ein Ende zu bereiten hoffte. Trotz seiner scharfen Ueberwachung wußte er alle nothwendigen Maßregeln mit solchem Geschick zu treffen, daß er bei seinen Unterdrückern auch nicht den leisesten Verdacht erregte. Er erhielt sogar die Erlaubniß, einem großen Feste beizuwohnen, das einige Meilen von Cusco gefeiert werden sollte und bei dem die ersten Personen des ganzen Reiches erschienen. So bald der Inka sich sehen ließ, wurde die Fahne der Empörung entfaltet. Von den Grenzen der Provinz Quito bis nach Chili stand das ganze Land plötzlich unter Waffen und sehr viele kleine spanische Detachements wurden überfallen und vernichtet. Cusco selbst, das die drei Brüder Pizarro's mit nur hundertsiebzig Spaniern vertheidigten, war acht Monate lang den unaufhörlichen Angriffen der Peruaner ausgesetzt, die sich den Gebrauch der ihren Gegnern abgenommenen Waffen angeeignet hatten. Die Eroberer widerstanden heldenmüthig, erlitten aber sehr empfindliche Verluste, vorzüglich als Johann Pizarro selbst fiel. Als Almagro diese Nachrichten erhielt, verließ er eiligst Chili, zog durch die gebirgige, steinige und auch sandige Wüste von Atacama, wo er von der Hitze und Dürre nicht weniger litt als in den Anden von Schnee und Kälte, drang in das peruanische Gebiet ein, besiegte Manco-Capac in einer größeren Schlacht und gelangte endlich, nach Vertreibung der Indianer, bis nach Cusco. Sofort machte er nun den Versuch, sich die Stadt ausliefern zu lassen, unter dem Vorwande, daß sie gar nicht zu Pizarro's Gouvernement gehöre, und stürmte unter Verletzung eines Waffenstillstandes, während die Leute des Marquis sich einige Ruhe gönnten, die Stadt, bemächtigte sich Fernand und Gonzalo Pizarro's und ließ sich als Gouverneur anerkennen.

Inzwischen griff ein größeres indianisches Heer Lima an, schnitt diesem alle Verbindung ab und vernichtete mehrere kleinere Abtheilungen, welche Pizarro wiederholt zum Entsatze Cuscos absendete. Gleichzeitig schickte Letzterer alle seine Schiffe nach Panama, um seine Leute zum verzweifelten Widerstande zu nöthigen; er rief von Truxillo die unter dem Befehle Alonzo d'Alvarado's stehende Truppe herbei und übergab diesem die Führung einer Colonne von fünfhundert Mann, mit der er bis auf einige Meilen an die Hauptstadt heranzog, ohne im Geringsten zu ahnen, daß diese sich in den Händen von Landsleuten befand, welche entschlossen waren, ihm den Weg zu sperren. Almagro aber lag es weit mehr am Herzen, die neuen Ankömmlinge an sich zu locken, als sie zu vernichten; er traf also Anstalt, sie zu überraschen, und machte sie zu Gefangenen. Jetzt bot sich ihm die günstigste Gelegenheit, dem Kriege ein Ende und sich mit einem Schlage zum Herrn von zwei Gouvernements zu machen. Mehrere Officiere ließen auch einen derartigen Vorschlag laut werden und vorzüglich Orgoños, der dafür war, daß er die Brüder des »Conquistador« einfach hinrichten lasse und mit Eilmärschen mit seinen siegreichen Kräften nach Lima ziehe, wo ihm der überraschte Pizarro nicht werde widerstehen können. Doch Die, welche Jupiter verderben will, sagt ein lateinischer Dichter, die verblendet er. Almagro, der bei so vielen anderen Gelegenheiten sich über jeden Scrupel hinwegsetzte, wollte nicht das Unrecht auf sich nehmen, das Gouvernement Pizarro's als Empörer zu überfallen, und schlug ruhig den Weg nach Cusco wieder ein.

Vom Standpunkt seines persönlichen Interesses aus beging Almagro hiermit gewiß einen schweren Fehler, den er auch gar so bald bereuen sollte. Faßt man aber, was ja stets der Fall sein sollte, nur das Interesse des Vaterlandes in's Auge, so bildeten schon die Angriffe, die er unternommen, und der Bürgerkrieg, den er angesichts eines Feindes, welcher nur darauf lauerte, daraus seinen Nutzen zu ziehen, entflammte, ein Capitalverbrechen. Seine Gegner erinnerten sich dessen auch nur gar zu bald.

Bedurfte es für Almagro eines schnellen Entschlusses, um sich zum Herrn der Situation zu machen, so hatte Pizarro im Gegentheil Alles von der Zeit und der günstigen Gelegenheit zu erwarten. Während er weitere, ihm von Darien her versprochene Verstärkungen erwartete, ließ er sich mit seinem Gegner in Unterhandlungen ein, welche mehrere Monate dauerten und während welchen es einem seiner Brüder und Alvarado gelang, mit siebzig Mann zu entkommen. Obwohl er schon wiederholt hintergangen worden war, gab er doch seine Zustimmung, den Licentiaten Espinosa zu empfangen, der beauftragt war, ihm vorzustellen, daß, wenn der Kaiser wüßte, was zwischen den beiden Rivalen vorging und über die Sachlage aufgeklärt würde, welche ihre Streitigkeiten herbeigeführt hatten, er wahrscheinlich Beide abberufen und durch andere Personen ersetzen werde. Nach Espinosa's bald darauf erfolgtem Tode wurde durch den Bruder Franz von Bovadilla's, dem Pizarro und Almagro die Entscheidung über ihren Zwist anheimgegeben hatten, ein Vertrag zu Stande gebracht, nach dem Fernand Pizarro sofort freigegeben, Cusco den Händen des Marquis überlassen werden sollte, und man beschloß, mehrere Officiere von beiden Parteien nach Spanien abzusenden, welche die beiderseitigen Rechte der Rivalen vertheidigen und die Entscheidung des Kaisers selbst anrufen sollten.

Kaum hatte der letzte seiner Brüder die Freiheit wieder erlangt, als Pizarro, jeden Gedanken an Frieden und freundschaftliches Übereinkommen verwerfend, erklärte, daß es der Gewalt der Waffen überlassen bleiben solle, zwischen ihm und Almagro zu entscheiden, wer in Peru Herr sei. In kurzer Zeit vereinigte er siebenhundert Mann, deren Führung er seinen beiden Brüdern anvertraute. Bei der Unmöglichkeit, die Berge zu überschreiten, um auf directem Wege nach Cusco zu gelangen, folgten diese Truppen dem Ufer des Meeres bis nach Nasca, von wo aus sie in ein Seitenthal der Anden eindrangen, das sie bald nach der Hauptstadt führen mußte.

Vielleicht hätte Almagro richtiger gehandelt, schon die Abhänge des Gebirges zu vertheidigen, doch er besaß nur fünfhundert Mann und rechnete stark auf seine Reiterei, die in beschränktem Terrain nicht wohl zur Verwendung kommen konnte. Er erwartete den Feind also in der Nähe von Cusco. Beide Theile griffen sich am 26. April 1538 mit gleicher Wuth an, der Sieg wurde jedoch durch zwei Compagnien Musketiere entschieden, welche der Kaiser auf die Nachricht von der Empörung der Indianer hin, Pizarro zu Hilfe geschickt hatte. Hundertvierzig Soldaten fanden in dem Gefecht, das den Namen der Schlacht von Bas Selimas erhielt, den Tod. Orgoños und mehrere hervorragende Führer wurden nach dem Kampfe kaltblütig niedergemetzelt. Auch der alte und kränkliche Almagro vermochte Pizarro nicht zu entkommen.

Die auf den benachbarten Bergen in Waffen stehenden Indianer hatten sich zwar verabredet, Denjenigen, der Sieger bleiben würde, zu überfallen, jetzt aber stoben sie nach allen Richtungen auseinander. »Nichts, sagt Robertson, beweist deutlicher das Übergewicht, das die Spanier über die Amerikaner besaßen, als die Thatsache, daß Letztere, die Zeugen der Niederlage und Zersprengung der einen feindlichen Partei, nicht den Muth hatten, die andere, welche jetzt durch den Kampf geschwächt und ermattet war, anzugreifen und ihre Unterdrücker zu überfallen, als ihnen die Umstände eine Gelegenheit an die Hand gaben, die kaum je so günstig wiederkehren konnte, um einen Befreiungskampf zu beginnen.«

Jener Zeit galt ein Sieg, wenn ihn keine Plünderung begleitete, nur für einen halben. Auch die Stadt Cusco verfiel diesem Schicksale, doch vermochten alle Schätze, welche die Leute Pizarro's auffanden, diese nicht zu befriedigen. Sie hatten Alle eine sehr große Meinung von ihren Verdiensten und von dem, was sie jetzt geleistet, daß für Jeden ein Gouvernements-Posten hätte frei sein müssen. Fernand Pizarro zerstreute sie also und sandte sie mit einigen Parteigängern Almagro's, die sich ihm jetzt angeschlossen hatten und deren Entfernung ihm am Herzen lag, aus, um noch weitere Länder zu erwerben.

Was den Letzterwähnten selbst betrifft, so beschloß. Pizarro, überzeugt, daß sich unter dessen Namen stets ein verdächtiger Herd der Aufregung erhalten könne, sich seiner zu entledigen. Er ließ ihm also den Proceß machen, der selbstverständlich mit einem Todesurtheil endigte. Bei dieser Nachricht behielt er nach einigen Augenblicken natürlicher Erregung, in denen er sein Alter und die sehr abweichende Art und Weise, in der er mit Fernand und Gonzalo Pizarro verfahren sei, als sie seine Gefangenen waren, doch sein kaltes Blut und sah dem Tode mit dem Muthe eines tapferen Soldaten entgegen. Er wurde im Gefängniß erdrosselt und dann öffentlich hingerichtet (1538).

Nach einigen weiteren glücklichen Zügen reiste Fernand Pizarro nach Spanien ab, um den Kaiser von allen Vorkommnissen zu unterrichten. Jetzt fand er aber die öffentliche Meinung gegen sich und seine Brüder heftig eingenommen. Ihre Grausamkeiten und Gewaltacte, ihre Mißachtung der heiligsten Verträge waren nämlich durch einige Anhänger Almagro's in ihrer ganzen Nacktheit und ohne jede Schonung aufgedeckt worden. Fernand Pizarro bedurfte seiner ganzen Gewandtheit, um sich beim Kaiser Gehör zu verschaffen. Außer Stande, zu entscheiden, auf welcher Seite das Recht sei, da er nur durch die beiden Parteien von deren Händeln wußte, erkannte Karl V., daß seinem überseeischen Reiche die größten Gefahren und der verderblichste Bürgerkrieg drohten. Er entschied also dahin, einen Commissär an Ort und Stelle zu senden, den er mit ausgedehntester Machtvollkommenheit ausstattete und der nach genauer Einsicht in die Verhältnisse die Regierungsform so herstellen sollte, wie es ihm am Besten dünkte. Diese heikle Mission wurde einem Richter von dem Obergericht zu Valladolid, Christoval de Vaca, zuertheilt, der sich dieses Vertrauens nicht unwürdig zeigte. Sonderbar! Man empfahl ihm, ganz besonders gegen Franz Pizarro mit größtmöglicher Schonung zu verfahren, während sein Bruder Fernando verhaftet und in den Kerker geworfen wurde, wo er zwanzig lange Jahre vergessen schmachten sollte.

Während sich diese Ereignisse in Spanien abspielten, vertheidigte der Marquis das eroberte Land, behielt für sich und seine Getreuen die fruchtbarsten und bestgelegenen Landschaften und gestand den Kampfgenossen Almagro's, denen von Chili, wie man sich ausdrückte, nur unfruchtbare und entlegene Einöden zu. Dann übertrug er einem seiner Abtheilungsführer, Pedro de Valdivia, die Ausführung des Projekts, an dem Almagro gescheitert war, nämlich die Unterjochung von Chili. Am 28. Januar 1540 brach dieser auf in Begleitung von hundertfünfzig Spaniern, unter denen sich Pedro Gomez, Pedro de Miranda und Alonso de Monroy besonders hervorthun sollten, zog durch die Wüste von Atacama, ein Unternehmen, das auch heutigen Tages für sehr beschwerlich gilt, und kam in Copiapo inmitten eines herrlichen Thales an. Während er zuerst eine sehr freundliche Aufnahme fand, mußte er doch nach Einbringung der Ernte zahlreiche Gefechte mit einer von den Indianern Perus sehr verschiedenen Race, den Araucaniern, sehr tapferen und unermüdlichen Kriegern, bestehen. Nichtsdestoweniger gründete er am 12. Februar 1541 die Stadt Santiago. Acht Jahr lang verweilte Valdivia in Chili und leitete die Eroberung und Organisation des Landes.

Minder habsüchtig als die anderen »Conquistadoren« jener Zeit, forschte er nach den Mineralschätzen des Landes nur in der Absicht, die gedeihliche Entwickelung der Kolonie, in der übrigens auch dem Landbau die gebührende Pflege zu Theil wurde, sicherzustellen. »Der beste Bodenschatz, den ich kenne, ist doch Getreide und Wein nebst dem Futter für die Thiere. Wer diesen hat, besitzt auch Silber und Gold. Von den eigentlichen ersten Produkten des Bergbaues vermögen wir nicht unser Leben zu fristen. Ein reiches Bergwerk sichert noch Niemand ein angenehmes Leben.« Diese Worte Lescarbot's in seiner »Geschichte von Neu-Frankreich«, könnte Valdivia wohl selbst ausgesprochen haben, denn sie drücken seine Gefühle in zutreffender Weise aus. Seine Tapferkeit, Klugheit und Menschlichkeit – und vorzüglich die letztere sticht gegenüber den Grausamkeiten Pizarro's sehr vortheilhaft ab – sichern ihm einen besonderen Ehrenplatz und gewiß einen der vornehmsten unter den »Conquistadoren« des 16. Jahrhunderts.

Zur Zeit als Valdivia sich nach Chili begab, überschritt Gonzalo Pizarro au der Spitze von dreihundertvierzig Spaniern, die zur Hälfte beritten waren, und viertausend Indianern die Anden, doch um den Preis so entsetzlicher Strapazen, daß die Hälfte der Letzteren vor Kälte dabei umkamen; dann drang er nach Osten zu tiefer in das Festland ein, in der Absicht, ein Land aufzusuchen, in dem, wie man allgemein sagte, Zimmt und andere Gewürze in Ueberfluß gediehen. In den unendlichen, von Sümpfen und Urwäldern bedeckten Savannen von furchtbaren Regengüssen überrascht, welche gleich zwei Monate anhielten, hatten die Spanier bei der dünnen, wenig thätigen und feindseligen Bevölkerung oft Hunger und Durst zu leiden in einem Lande, wo es weder Rinder noch Pferde gab, und die größten Vierfüßler Tapire und Lamas waren, welch' letzteren man übrigens auf den Abhängen der Anden auch nur sehr selten begegnete. Trotz dieser Schwierigkeiten, die gewiß hingereicht hätten, minder energische Leute als die »Descubridores« des 16. Jahrhunderts abzuschrecken, harrten sie bei ihrem Unternehmen aus und gingen längs des Rio Napo oder Coca, einem linken Nebenflusse des Marañon, bis zur Einmündung in diesen hinab. Dort erbauten sie mit größter Mühe eine Brigantine, auf welcher fünfzig Soldaten unter Führung Francisco Orellana's Platz nahmen. Ob diesen nun die Gewalt der Strömung hinwegriß oder er, einmal aus den Augen des Chefs, der Versuchung nicht widerstehen konnte, jetzt selbst den Anführer einer Entdeckungsexpedition zu spielen, jedenfalls erwartete er Gonzalo Pizarro nicht an dem verabredeten Platze, sondern segelte den Strom hinunter bis zu dem Atlantischen Ocean. Eine solche Fahrt von nahe 2000 Meilen durch unbekannte Gebiete, ohne Führer, ohne Boussole und ohne Vorrath an Lebensmitteln, mit einer Mannschaft, welche wiederholt über dieses tolle Unternehmen ihres Hauptmanns zu murren anfing, und mitten durch eine fast allenthalben feindselig auftretende Bevölkerung, ist gewiß eine wunderbare zu nennen. Von der Mündung des Stromes aus, den er mit seiner mangelhaft construirten und halbzerfallenen Barke hinabgefahren war, gelang es Orellana noch, die Insel Cubragua zu erreichen, von welcher er nach Spanien abreiste.

Wenn das Sprichwort: »Der hat gut lügen, der aus weiter Ferne kommt«, noch nicht erfunden gewesen wäre, Orellana hätte dazu Veranlassung gegeben. Er verbreitete in der That die ungereimtesten Fabeln von den Schätzen des von ihm durchreisten Landes. Die Einwohner desselben sollten so reich sein, daß die ganzen Tempeldächer nur aus massiven Goldplatten beständen, eine Versicherung, welche zur Entstehung der Legende von El Dorado Veranlassung gab. Orellana wollte auch von der Existenz einer Republik kriegerischer Frauen gehört haben, was dem Marañon den Namen »Amazonen-Strom« erwarb. Entkleidet man diese Berichte indeß alles Lächerlichen und Grotesken, dem für die Phantasie der Zeitgenossen berechneten Beiwerke, so bleibt doch das eine bestehen, daß Orellana's Zug eine der merkwürdigsten Expeditionen jener an gigantischen Unternehmungen so überreichen Periode darstellt, und daß eben dieser die erste Nachricht von der unendlichen Ausdehnung des Landes zwischen den Anden und dem Atlantischen Ocean lieferte.

Kehren wir jedoch zu Gonzola Pizarro zurück. Seine Verlegenheit und Verwunderung mögen nicht gering gewesen sein, als er selbst an den Zusammenfluß des Napo und Marañon kam, ohne Orellana zu finden, der ihn hier erwarten sollte. In der Befürchtung, daß seinem Lieutenant ein Unfall zugestoßen sei, marschirte er fünfzig Meilen weit längs des Stromes hinunter, bis er einen unglücklichen Officier antraf, der als Strafe für den Einspruch gegen die Perfidie seines Chefs hier ausgesetzt worden war. Bei der Nachricht von der elenden Verlassenheit und Entblößung, in der sie sich befanden, verloren auch die Kühnsten den Muth. Pizarro mußte ihren Vorstellungen nachgeben und nach Quito umkehren, von wo man übrigens mehr als zwölfhundert Meilen entfernt war. Zur Kennzeichnung der Entbehrungen bei diesem Marsche, genüge die Bemerkung, daß nach Aufzehrung von Pferden und Hunden, Wurzeln und wilden Thieren, und nachdem sie sogar ihr gesammtes Lederzeug zerkaut, nur achtzig Ueberlebende vom Buschwerk zerrissen, blaß und abgemagert nach Quito wirklich zurückkamen. Viertausend Indianer und zweihundertzehn Spanier hatten bei diesem Zug, der nicht weniger als zwei volle Jahre dauerte, das Leben eingebüßt.

Während Gonzalo Pizarro diese unglückselige Expedition führte, über welche wir eben berichteten, schaarten sich die alten Parteigänger Almagro's, welche sich niemals ganz und voll an Pizarro anzuschließen vermochten, um den Sohn ihres früheren Chefs und faßten den Beschluß, den Marquis zu ermorden. Vergeblich ward Franz Pizarro wiederholt gewarnt, doch niemals wollte er solchen Nachrichten Glauben schenken und sagte stets: »Seid nur ruhig, ich bin sicher genug, daß es in ganz Peru Niemand giebt, der nicht wüßte, daß ich die Macht habe, ihm in dem Augenblicke das Leben zu nehmen, wo er es wagen sollte, nach dem meinigen zu trachten.«

Am Sonntag dem 26. Juni 1531, zur Zeit der Siesta, traten Jean de Herrada und achtzehn Verschworene aus dem Hause Almagro's, den Degen in der Faust und von Kopf bis zu den Füßen bewaffnet. Sie stürzen sich mit dem Rufe: »Tod dem Tyrannen! Tod dem Verräther!« auf das Haus Pizarro's, stürmen den Palast, tödten Franz de Chaves, der auf den Lärm hin herbeilief, und dringen in den Saal; in dem sich mit Franz Pizarro, dessen Bruder Franz Martin, der Doctor Juan Velasquez und ein Dutzend Diener aufhielten. Diese retten sich mit Ausnahme Martin Pizarro's durch die Fenster, während zwei Edelleute und mehrere Diener bei der Vertheidigung des Zugangs zu den Gemächern des Gouverneurs fallen. Dieser selbst ergreift, da ihm die Zeit fehlte, erst einen Panzer anzulegen, den Degen und ein Schild, wehrt sich tapfer und tödtet vier Gegner, während viele Andere Wunden davontragen. »Trotzdem, sagt Zarate, erreichten sie ihre Absicht und ermordeten ihn durch einen Stich in den Hals. Im Niederfallen verlangte er noch mit lauter Stimme zu beichten, und da er dann nicht weiter reden konnte, machte er noch auf dem Boden das Zeichen des Kreuzes und gab so seinen Geist auf. Einige Neger schleppten seinen Leichnam nach der Kirche, von wo Juan Barbazan, sein altbewährter Diener, denselben allein zu reclamiren wagte. Dieser treue Diener erwies ihm heimlich die letzten Ehren, denn die Verschworenen hatten Pizarro's Wohnung geplündert und nicht so viel übrig gelassen, um davon die Wachskerzen neben dem Sarge zu bezahlen.

So endete Franz Pizarro, ermordet in der Hauptstadt seines großen Reiches, das Spanien seiner Tapferkeit und unermüdlichen Ausdauer verdankte, das er dem Vaterlande aber nur verwüstet, halb entvölkert und mit Blut getränkt, hinterließ. Häufig mit Cortez verglichen, besaß er gewiß ebenso viel Muth, Ehrgeiz und militärisches Geschick; dagegen besaß er auch die Fehler des Marquis, Grausamkeit und Habsucht, in erhöhtem Maße, und Treulosigkeit und Doppelzüngigkeit noch obendrein. Wenn das Jahrhundert, in dem Cortez lebte, die Schattenseiten seines Charakters erklärlich erscheinen läßt, so läßt man sich eben gern durch die Anmuth und das Edle in seinem Wesen, sein über gewöhnliches Vorurtheil erhabenes Auftreten gefangen nehmen, das ihn bei seinen Soldaten so außerordentlich beliebt machte. In Pizarro's Charakter dagegen tritt eine Rohheit ohne Gleichen, eine wenig sympathische Härte der Gefühle häßlich hervor, und selbst seine erträglichen Eigenschaften verschwanden gänzlich gegenüber der Habgier und Treulosigkeit, diesen markantesten Zügen seiner Persönlichkeit.

Begegnete Cortez in den Mexikanern tapferen und entschlossenen Feinden, die ihm fast unüberwindliche Hindernisse bereiteten, so hatte Pizarro dafür fast keine Mühe, die milderen und furchtsameren Peruaner zu besiegen, welche seinen Waffen kaum jemals ernsteren Widerstand leisteten. Stellt man die Eroberung Perus und Mexicos nebeneinander, so führte die leichtere Spanien allerdings mehr metallische Schätze zu. Sie war es auch, auf die man den höheren Werth legte.

Noch einmal nach Pizarro's Tode sollte der Bürgerkrieg aufflackern, als der von der hauptstädtischen Regierung abgeschickte Gouverneur eintraf. Dieser raffte aber sofort die nöthigen Truppen zusammen und zog gegen Cusco aus. Er bemächtigte sich bald des jüngern Almagro, ließ ihn nebst vierzig seiner Helfershelfer hinrichten und regierte das Land mit Festigkeit bis zur Ankunft des Vicekönigs Blasco Nuñez Vela. Es liegt nicht in unserer Absicht, näher auf Streitigkeiten einzugehen, die dieser mit Gonzalo Pizarro hatte, der sich unter Benutzung der durch die neuen »Repartimentos« erzeugten allgemeinen Unzufriedenheit gegen den Stellvertreter des Kaisers auflehnte. Nach verschiedenen Wechselfällen endete der Kampf mit der Niederlage und Hinrichtung Gonzalo Pizarro's im Jahre 1548. Sein Leichnam ward nach Cusco gebracht und daselbst völlig bekleidet begraben, da »Niemand, sagt Garcilasso de la Vega, ein armseliges Leichentuch für ihn hergeben wollte«. So endete der Mörder Almagro's. Liegt es nicht nahe, hier an die Worte der heiligen Schrift zu denken: »Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll wieder vergossen werden?«


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