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Das Moosfräulein

Hinter dem Berg Hohenstock hauste vorzeiten der Hoimann. Als dann die Glashütte dort gebaut wurde und die Kiesstampfe pochte, verscheuchte ihn der Lärm. Der Hoimann – und jetzt erschreckt mir nur nicht, ihr lieben Kinder! – der war ein uralter Riese mit hohlen Wangen und einem zerzausten Hut und einem moosgrauen Gewand, und seine Haut war grau wie verwitterter Stein, und seine Augen glitzerten wie Katzensilber. Und so lang war er wie ein Fichtenbaum. Der Kohlenbrenner von Gsenget lief ihm einmal zwischen die Beine hindurch, da schlug ihm der Hoimann die Haube vom Kopf. Den Holzhackern stahl er die Äxte, dass sie ihm den Wald nicht umhieben. Und einmal lief er aus dem Wald heraus und legte seinen wilden Bart dem Köhler in den Schoß: »Da, Kohlenbrenner, such mir die Laus!«

Hinter dem Berg Hohenstock lebte auch das Moosfräulein und hütete dort ihre dreiunddreißig Hummeln und nährte sich von deren süßem Honig. Der Hoimann aber mochte sie nicht leiden, und einmal in der Nacht jagte er sie, und sie suchte in ihrer Not Unterschlupf in der Scheuer beim Brunnbauer. Und dort fing die Katze sie und trug sie wie eine Maus im Maul daher. Ei, freuten sich da die Brunnbauernkinder, wie sie das winzige Weiblein sahen! Es hatte ein runkelrübenrotes Kittlein an und hatte zartfarbene Wangen und glühschwarze Augen und war kaum so hoch wie das Krüglein, womit die Kinder in den Holzschlag um Himbeeren gingen.

Und jetzt blieb sie lange im Haus als eine Magd, und sie war ein flinkes, quirliges Ding, bald dort, bald da; sie half überall aus, kehrte Stuben und Kammer sauber, rieb das Türstöcklein mit der Bürste ab und duldete keine einzige Spinnwebe. Sie vollbrachte alle Arbeit recht sorgfältig und nicht hudri fludri wie die faulen Dirnen. Sie jätete das Gärtlein, drin der brennende Fuchs und die Herzglöcklein blühten, und begoss den Lilienstock am Fenster. Oder sie spann ein Hemd aus eitel grünem Moos. Und wenn sie Kuchen buk und ihr einer in der Röhre anbrannte, rief sie immer: »Verflixt, jetzt ist mir der Fuchs über den Kuchen gerannt!« Wenn sie aber keine Arbeit hatte, setzte sie sich auf den Türstock, das Kinn in der Hand, und war traurig vor lauter Heimweh nach dem Wald.

Sie aß und trank nichts als dann und wann ein Stück Brot und jeden Abend ein Schüsslein Birnenmost. Hatte die Bäuerin aber Kümmel vom Rain geholt und ins Brot gebacken, so wurde das Weiblein böse, murmelte und verschmähte das Brot. Wenn aber der Bauer sie fragte, was er ihr für die Arbeit schuldig sei, beutelte sie den Kopf und sagte gar eifrig: »N – n!«

Einmal schickte man sie zum Brunnen, Wasser holen. Der Brunn sprang aus einem Felsen. Da kam das Weiblein erst nach ein paar Stunden heim. Die Bäuerin schalt sie, dass sie so lange ausgeblieben war wegen des bisslein Wassers. Da sagte das Moosfräulein: »Ich hab am Felsen auf das gesunde Wasser warten müssen. Die Husten hab ich erst vorüberrinnen lassen.« Und solange das Weiblein im Haus war, wurde dort niemand krank und hustete.

Es wurde Winter, das Schneeköniglein schrie am Zaun, und die rauen Nächte kamen. Da schenkte die Bäuerin dem Weiblein, weil es ihr das ganze Jahr so willig und treu geholfen, eine winzige blaue Schürze und sagte: »Da nimm, du gutes Knöchlein!« Darauf aber weinte das Moosfräulein herzzerbrechlich: »Jetzt bin ich abgelohnt worden! Jetzt muss ich davon!« Ehe sie wieder in den Wald zurückging, fragten die Kinder, was wohl das Beste auf der Welt sei. »Dreierlei Dinge«, antwortete sie. »Schwarzbrot für den Magen, Kienpech für die Zähne, kühles Wasser für die Augen!« Und das merkt euch, ihr Kinder, und jetzt ist die Geschichte aus.

Wer aber wissen will, was mit dem langen Hoimann geschehen ist, der steige auf den Turmknopf von Trippstrill. Dort drin sitzt eine Kröte, die ist tausend Jahre alt und weiß alles. Die fraget!

Warum? Darum!


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