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Poseidon, mit Maske und allen Emblemen seiner Gottheit, tritt auf.
Poseidon:
Ich, Gott Poseidon, trete herrlich her,
Emporgetaucht aus meinem Inselmeer,
Wo um den flutgelabten Busen wallt
Der Nereiden süße Tanzgestalt.
Denn seit wir beide um die Siedelein,
Phöbus und ich, gefügt den Kranz von Stein,
Nach rechtem Maß das Ragende gebaut,
Blieb mir die Phrygerstadt im Herzen traut.
Doch aufgemerkt, wo die Zerstörung qualmt,
Dort zuckt die Stadt, von listigem Huf zermalmt.
Denn dieser Phoker, der Epeios, hat
Ein Roß gezimmert nach Athenens Rat,
Und in die hochgetürmte Festung zog
Sein dunkler Leib, der sich von Waffen bog.
Nun bluten Haine, Flur und Tempelgut,
Von Blut entweiht, aus wilden Wunden Blut.
Von seiner heiligen Stufe rückwärts brach
Priamus hin, als ihn das Schwert durchstach.
Nun wird der goldene Phryger-Raub geschleift
Auf Griechenschiffe, denen Rückkehr reift,
Wo schon die Segel lechzen nach dem Wind,
Der sie entführe, heimatlich gesinnt.
Denn zehnmal schon erneute sich das Jahr,
Daß Abschiedskuß und -Trän vergangen war,
Und jeder fühlt in seinem Hausverein
Sich wohl umjauchzt und süß empfangen sein.
Ich auch, da Pallas diese Stadt bezwang,
Und Here schürte ihren Untergang,
Ich auch entschreite nun dem Tempel wert
Und hebe mich hinweg von meinem Herd.
Ja, wenn die öde Stadt zusammenbricht,
Und nirgends schimmert mehr ein Tempellicht,
Wenn keine Hand den Opferdienst betreut,
Und sich kein Rauch auf ihrem Dreifuß freut,
Dann ziehn die unbedienten Götter fort.
Nur manchmal hebt sich wüst an wüstem Ort
Geschrei von kriegsgefangnen Frauen auf,
Das der Skamander weiterwälzt im Lauf.
Hier der Arkader lost die eine aus,
Die andre führt ein Thessaler nach Haus,
Von Theseus' Stadt, ein Oberst von Athen,
Erwählt ein Mädchen, reizend anzusehn.
Doch die Prinzessinnen, vom Los befreit,
Sie sind den Fürsten in dem Zelt bereit.
Helena auch, gefangen abgeführt,
Sitzt unter ihnen, wie es sich gebührt.
Doch wer verlangt den Jammer selbst zu schaun,
Erblicke sie, die schmerzlichste der Fraun,
Hekuba dort, o gramverhängtes Herz,
Gehüllt am Tor in wildes Laub von Schmerz!
Und doch durchmaß sie noch nicht ganz den Gram,
Und in die letzte Bucht der Schmerzen kam
Ihr Schiff noch nicht. Noch blieb es ihr erspart,
Sie weiß noch nicht, daß schon geopfert ward,
Daß ihre Tochter schon als Opfer fiel
Am Hügel des Achill, zum Totenspiel.
Priam ist tot, und seine Söhne hin,
So blieb ihr Eine nur, die Seherin,
Kassandra, deren Haupt der Gott umflicht
Mit Raserei und riesigem Gesicht.
Allein auch sie hat schon für sich bestimmt
Des Atreus Sohn, der sie zu Bette nimmt,
Der solcher Tat sich finstrer Hand erfrecht,
Und übers Knie bricht eines Gottes Recht.
Fahr wohl, mein Ilion, erhabner Ort,
Ihr Mauern und ihr Türme stündet fort,
Wärt ihr am Haß Athenens nicht verdorrt!
Pallas Athene tritt von der anderen Seite auf, ebenfalls mit den Zeichen ihrer Gottheit. Der Dialog wird nun so geführt, daß Poseidon links, Athene rechts von der Burg steht, die klein zwischen ihnen liegt.
Athene:
Die ich die Tochter deines Bruders bin,
O Fürst, erlaub, ich trete vor dich hin,
Den alten Streit schlag ich aus meinem Sinn!
Poseidon:
Das darfst du wohl! Weil der Verkehr erfreut,
Der friedlich den Verwandten sich erneut.
Athene:
Dank für das gute Wort! Ich bringe hier
Kunde, uns beiden wichtig, dir und mir!
Poseidon:
Bringst du vom Götterrat mir Botschaft, sprich?
Verlangt mich Zeus, verlangt ein andrer mich?
Athene:
Nein, doch um Trojas willen, das wir sehn,
Erbitt ich deine Macht, mir beizustehn!
Poseidon:
Bist endlich du des alten Zornes satt,
Jetzt, wo sie niederprasselt, meine Stadt?
Athene:
Bleib du bei meiner Frage! Willst du nun,
Was ich gewillt bin, wirkend mit mir tun?
Poseidon:
Weiß ich nur erst, was du zu tun gewillt,
Ob dies den Troern, ob's den Griechen gilt!
Athene:
Sei, morscher Baum der Troja, neubelaubt!
Schon schlag ich Nacht um deiner Feinde Haupt.
Poseidon:
Was treibt auf einmal dich den andern zu?
Maßlos in Haß, maßlos in Liebe, du!
Athene:
Von Ajas ward entweiht mein heiliger Ort.
Poseidon:
Dir vom Altar riß er Kassandra fort.
Athene:
Straflos blieb er vom Heer und ungerügt.
Poseidon:
Und diesem Heer hast du den Sieg gefügt.
Athene:
Drum will ich sie vernichten, steh mir bei!
Poseidon:
Wohlan, was soll's, was willst du tun, es sei!
Athene:
Hoch schwing ich über ihnen gar übler Reise Weh!
Poseidon:
Noch hier an den Gestaden, oder auf hoher See?
Athene:
Wenn schon ihre Flotten ahnen
Blauer Heimat selige Bucht,
Stürzt in Riesen-Nacht-Orkanen
Wetter aus der Wolkenschlucht.
Ohne Maßen jagen Regen,
Hagel schmeißen sich entgegen,
Und der Blitz ist mir gewährt,
Der in Mast und Heckbord fährt.
Herrscher, du hör meine Bitte,
Stampfe in des Meeres Mitte,
Daß in Strudeltanz und -Kämmen
Wellen selbst sich überschwemmen
Daß Euböas Steingestade
Leichen auf den Rücken lade,
Daß wir die Achäer lehren
Furcht vor unseren Altären!
Poseidon:
Schon ist dein Wunsch dir, Herrscherin, gewährt,
Die Wogen schäum ich auf, wie du begehrt.
Bald zu Mykonos, bald zu Delos Strand,
An Skyros und Kaphareus Klippenwand
Trägt mein Gewässer Leichen auf und ab.
Doch jetzt, wohlan, hol vom Olymp herab
Des Vaters Blitz, und warte du verhüllt,
Bis guter Wind die Griechensegel füllt!
Athene verschwindet.
O Mensch, du Tor, du stürzt in eitler Kraft
Altar und Mal der Toten, frevelhaft,
Indes dein eigen Grab am Wege klafft.