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Wie Walter wieder ledig geworden und Leufried großes Gut von dem Freiherrn fordert von wegen der erschlagenen Diener des Grafen.

Als nun der Freiherr den Brief geschrieben hatte, wollte ihn Leufried nicht lassen zuschließen, er habe ihn dann zuvor gelesen; denn er besorgte, der Landsherr möchte geschwinde einen anderen Verrat anrichten und etwa sein Volk heimlich zusammenmahnen und sich unterstehen, ihn mit Gewalt zu entledigen. Als aber der Brief nach seinem Gefallen geschrieben war, gab er ihn dem Landsherrn, der verschloß ihn zuhand und überschickte denselbigen durch Leufried seinem Burgvogt.

Als aber Leufried nicht gar eine Meile in den Wald geritten war, fand er des Freiherrn Diener, die waren seiner Zukunft froh; denn sie meinten, ihr Herr trabte durch den dicken Wald her. Bald aber sehend, daß er es nicht war, erschraken sie gar sehr; denn sie waren eines Teiles von ihren Pferden abgestanden und hatten Walter und die beiden Diener an Bäume gebunden, Schimpf und Spott mit ihnen getrieben und hatten ihren Hauptharnisch abgelegt. Leufried, der Ritter, nahm dies wohl wahr; denn er hatte seinen liebsten Bruder, Walter, schon erblickt. Er bedachte sich nicht lange, sprengte mit verhängtem Zaum unter sie, strengte sie mit rauhen Worten an setzte sie mit rauhen Worten zur Rede. und sagte aus ganzem Zorn:

»Ihr ungetreuen und verräterischen Straßenräuber, sagt an, wie dürft ihr einen solchen frommen Herrn auf seinem Grund und Boden also mit Gewalt und wider alles Recht mit großer Schmach fahen und anbinden, ihm auch seine Diener, welche sich alles Guten zu euch versehen, so jämmerlich ermorden und umbringen? Ihr müßt euch mir, wie euer Herr, auf diesen Tag gefangengeben oder allesamt von meiner ritterlichen Hand sterben.«

Damit zückte er sein Schwert und schlug mit ganzen Kräften nach einem, welcher zu seinem Hauptharnisch eilen wollte, und zerspaltete ihm sein Haupt bis auf das halbe Angesicht. Derselbige fiel geschwind tot zur Erde. Nun eilte Ritter Leufried zu zwei anderen, dem einen schlug er des ersten Streichs sein Haupt von der Achsel hinweg, dem anderen stieß er sein Schwert oben bei seinem Hals zwischen dem Harnisch hinein, daß er auch gleich tot zur Erde sank.

Als nun die anderen die strenge und mannliche Tat an dem Ritter sahen, erschraken sie dermaßen, daß sie nicht auf ihren Beinen stehen konnten, sondern fielen auf ihre Knie, um Gnade bittend. Unter diesen sieben war auch der Burgvogt, welchem Leufried den Brief von seinem Herrn hatte bringen sollen. Als der vernahm, daß sein Herr auch gefangen war, erschrak er ohne Maßen und gab sich von Stund an mit den anderen gefangen. Also nahm Leufried Sicherheit von ihnen und ließ die anderen Diener reiten, den Landvogt aber führte er gefangen mit sich.

Walter und seine beiden Mitgefangenen wurden beide ledig gemacht und saßen größlich erfreut auf ihre Pferde.

»Oh, mein liebster Leufried«, sagte Walter, »wie hast du uns aus so großen Ängsten und Nöten erlöst, sonst wären wir in schwere und harte Gefängnis gekommen; denn dieser Burgvogt hat uns damit hart bedroht.«

Der Ritter Leufried antwortete:

»Also soll man den Gästen rechnen, welche die Rechnung vor dem Wirte machen. Diesem Burgvogt soll wohl geschehen als einem, der feindliche tiefe Gruben gegraben hat und selbst hineinfällt. Hat er einen solchen Übermut an euch Unschuldigen begehen wollen, soll ihm auch nicht bessere Barmherzigkeit widerfahren. Denn ich will ihm ein härteres Gefängnis verschaffen, denn er an euch wohl verschuldet hat.«

Von diesen Worten ward dem Burgvogt sehr angst, er entschuldigte sich, so gut er mochte. Da sie auf das Schloß kamen, darauf der gefangene Freiherr war, sagte Leufried zu ihm:

»Herr, Ihr habt meinen gnädigen Herrn wider alle Rechte und Landfrieden, sonder alles Absagen Aufkündigung des Friedens. in seinem eigenen Land gefangen, ihm auch zwei seiner Diener, ehe dann sie zur Wehr gekommen sind, erstochen. Dasselbige steht Euch als einem Landsherrn nicht wohl an, Ihr werdet auch wenig Ruhm davon erlangen, wo das von Euch gesagt wird. Es hat aber Gott dies nicht vertragen mögen; denn er läßt kein Übel ungestraft. Er hat mich dazu kommen lassen, daß ich meinen liebsten Herrn ledig gemacht, Euch hergegen an seiner Statt gefangen habe. So ist mir auch mein liebster Gesell von Euch gefangen gewesen, denselbigen samt meines Herrn Dienern habe ich wieder ledig gemacht, nicht durch Euren geschriebenen Brief, sondern durch meine ritterliche Faust und mein gutes Schwert. Dies haben drei Eurer Diener wohl erfahren, die gleich sowohl als meines Herrn Diener in dem Wald tot liegen. Die übrigen sind alle auf diesen Tag meine Gefangenen, müssen sich auch nach ihrer gegebenen Sicherung auf einen gelegenen Tag stellen. Den Burgvogt aber, als den Obersten, habe ich in meiner Gewalt behalten wollen, damit ich Euch nach meinem Gefallen ranzionieren rançonner – (franz.) jemandem ein Lösegeld auferlegen. möge. Ihr habt mich gehaßt, um was mir das Glück vor Euch beschert hat, das soll Euch von mir vergolten werden, will mich auch des vor Königlicher Majestät hoch beklagen, der soll mich an Euch rächen.«

Von diesen Worten erschrak der Freiherr gar sehr, dieweil ihm die ritterliche Tat unverborgen war, die Leufried im vergangenen Kriege vollbracht hatte. Er begab sich derhalb ganz willig in des Ritters Ranzion; was er ihm auflegen würde, wollte er gern tragen und leiden, er sollte ihn nur nicht vor dem König verklagen und zuschanden machen.


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