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Zeichnung: Aubrey Beardsley

Philosophische Leitsätze zum Gebrauch für die Jugend

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Die erste Pflicht im Leben ist: so künstlich wie möglich zu sein. Eine zweite Pflicht hat bis heute noch keiner entdeckt.

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Lasterhaftigkeit ist ein Mythos, den gute Leute erfunden haben, um die merkwürdige Anziehungskraft anderer zu erklären.

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Wären die Armen nur nicht so häßlich, die soziale Frage ließe sich leicht lösen.

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Die einen Unterschied zwischen Körper und Seele machen, haben keines von beiden.

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Eine wirklich tadellose Knopflochblume ist das einzige, was Kunst mit Natur verbindet.

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Religionen sterben, wenn ihre Wahrheit erwiesen ist. Die Wissenschaft ist das Archiv toter Religionen.

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Guterzogene widersprechen anderen. Weise widersprechen sich.

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Tatsachen haben nicht die geringste Bedeutung.

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Stumpfsinn ist mündig gewordener Ernst.

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In allen unwichtigen Dingen ist Stil, nicht Ernsthaftigkeit, wesentlich.

In allen wichtigen Dingen ist Stil, nicht Ernsthaftigkeit, wesentlich.

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Wer die Wahrheit sagt, wird früher oder später dabei ertappt.

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Vergnügen ist das einzige, wofür man leben sollte. Nichts macht so alt wie Glück.

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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Krämer-Kaste weiterzuleben.

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Kein Verbrechen ist vulgär. Aber jede Vulgarität ist ein Verbrechen. Vulgär ist das Benehmen anderer.

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Nur Flachköpfe kennen sich.

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Zeit ist Geldverschwendung.

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Man sollte stets ein wenig unwahrscheinlich sein.

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Gute Vorsätze haben etwas Fatales: sie werden immer zu früh gefaßt.

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Es gibt nur eine Entschuldigung, wenn man sich gelegentlich exzentrisch kleidet: man muß sich stets exzentrisch benehmen.

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Frühreif sein heißt vollkommen sein.

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Jedes Vorurteil über richtiges oder falsches Verhalten beweist eine gestörte intellektuelle Entwicklung.

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Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers.

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Eine Wahrheit hört auf wahr zu sein, wenn mehr als einer an sie glaubt.

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In Prüfungen stellen Toren Fragen, die Weise nicht beantworten können.

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Die griechische Kleidung war wesentlich unkünstlerisch. Nichts als der Körper sollte den Körper offenbaren.

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Man sollte entweder ein Kunstwerk sein oder ein Kunstwerk tragen.

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Nur die oberflächlichen Eigenschaften dauern. Des Menschen tiefere Natur ist bald entlarvt.

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Fleiß ist die Wurzel aller Häßlichkeit.

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Nur die Götter kosten den Tod. Apollo ist nicht mehr. Aber Hyacinth, den er erschlug, lebt weiter. Nero und Narziß sind immer mit uns.

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Greise glauben alles. Männer bezweifeln alles. Kinder wissen alles.

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Voraussetzung zur Vollkommenheit ist Muße. Ziel der Vollkommenheit ist Jugend.

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Nur Meistern des Stils gelingt es, dunkel zu sein.

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Die Zeitalter leben in der Geschichte durch ihre Anachronismen.

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Es ist tragisch, daß so viele gutaussehende junge Männer ins Leben treten, um in einem nützlichen Beruf zu enden.

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Eigenliebe ist Anfang einer lebenslangen Romanze.


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