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Zweiter Abschnitt:
Die Geschichte von Bayreuth.

Z Zu einer vollständigen Geschichte von Bayreuth würde als ein wesentlicher Teil seine Vorgeschichte gehören, welche in Richard Wagners Leben bis auf den Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückreicht. Sofern als diese Vorgeschichte zugleich Geschichte des Gedankens von Bayreuth ist, hat der erste Abschnitt dieser Schrift darauf schon Rücksicht genommen; im übrigen aber hat gerade die neueste Zeit allen denen, welche sich darüber gut unterrichten wollen, ein Buch gebracht, dessen Studium sie garnicht umgehen dürfen: Glasenapps dritten Band vom »Leben Richard Wagners«, worin die wichtige Periode von München bis zu der Grundsteinlegung in Bayreuth mit der größten historischen Genauigkeit abgehandelt und auch schon die beste inhaltsreiche und belehrende Veröffentlichung, die Briefe Wagners an Friedrich Feustel (Bayreuther Blätter, 1903), verwertet worden ist. – Es war die Leidensgeschichte des Idealismus, der sich alsdann, seit Bayreuth wirklich besteht, die unaufhörliche Notgeschichte der Realität solcher idealen Dinge angeschlossen hat. Die Leidensgeschichte zeugte für die Größe und Wahrheit des Gedankens, der mit einer Welt von Fremdheit, Widerspruch und Feindschaft zu kämpfen hatte; das Zeugnis würde aber nicht genügt haben, wenn es dem willensmächtigen Meister nicht gelungen wäre, den Gedanken endlich auch in Tat und Werk umzusetzen. Nun zeugt das Werk, zeugt das wirkliche und fortwirkende Bayreuth für ihn, und kann es selbst auch nur begriffen werden aus jenem Gedanken, so ermöglicht es doch seinerseits erst ein volles Verständnis für jenen durch seine sichtbaren und hörbaren künstlerischen Taten. Daß diese nicht weniger als der Gedanke mit Leiden und Nöten fort und fort zu kämpfen hatten und haben, ja, daß sie alle noch nicht hingereicht haben, um das ganze Werk von Bayreuth zur Vollendung zu bringen, daß vielmehr noch sehr Wesentliches zu tun bleibt, um Wagners Gedanken durchaus zu verwirklichen: das beweist wiederum nur, daß auch die Realität, die so bedeutend und glänzend unter uns lebt und wirkt, ihrer idealen Art, ihrem geistigen Ursprung, ihrem Meister selber treu geblieben ist und als eine Betätigung des reinsten Idealismus das Leidensschicksal und die Notbestimmung alles Großen, Edlen und Wahrhaftigen auf Erden keineswegs eingebüßt hat. Als Zeugnis also, nicht allein für die Wahrheit des Gedankens von Bayreuth, sondern auch für die Echtheit seiner Ausführung und Durchführung, möge hier die Geschichte der Bayreuther Festspiele seit 1876 unsere bisher mitsammen angestellten Betrachtungen ergänzen und bestätigen.


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