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101. GOtt wil ein gantzes Hertze.
Christ mit dem halben theil wirstu Gott nicht begaben: Er wil das Hertze gantz und nicht die helffte haben. |
102. Warumb niemand vonn Engeln besessen wird.
Wie daß kein heilges Hertz vorm Engeln wird besessen? Sie thuns nicht weil es GOtt für sich hat abgemessen. |
103. GOtt ist nicht's erstemahl am Creutz gestorben.
GOtt ist nicht's erste mahl am Creutz getödtet worden: Denn schau er ließ sich ja in Abel schon ermorden. |
104. Christus ist gewesen / eh' er war.
Daß Christus lang zuvor / eh daß er war gewesen / Jst klar: Weil man jhn aß und tranck / daß man genesen. |
105. Den Himmel kan man stehlen.
Wer heimblich guttes würckt / sein Geld außtheilt verholen / Der hat das Himmelreich gar meisterlich gestohlen. |
106. Das Leben muß dir selbst eingeschrieben seyn.
Mensch wird dein Hertze nicht das Buch deß Lebens seyn: So wirstu nimmermehr zu Gott gelassen ein. |
107. Christus gestern / heut / und Morgen.
Messias der ist heut / ist gestern / und ist Morgen / Und biß in ewigkeit / entdekket und verborgen. |
108. Der glaub' allein ist ein holes Faß.
Der glaub' / ohn lieb' / allein / (wie ich mich wol besinne) Jst wie ein holes Faß: Eß klingt und hat nichts drinne. |
109. Wer Gott hat / hat alles mit jhm.
Bey GOtt ist alls und jeds: Wer neben Jhm trägt ein / Der muß ein rechter Narr / und tummer Geitzhalß seyn. |
110. Dem Schöpffer lauffen alle Geschöpffe nach.
Wenn du den Schöpffer hast / so laufft dir alles nach / Mensch / Engel / Sonn und Mond / Lufft / Feuer / Erd / und Bach. |
111. Ausser GOtt leben ist Todt seyn.
Mensch glaube diß gewiß: Wo du nicht lebst in GOtt / Lebstu gleich tausend Jahr / du bist so lange todt. |
112. Nicht alles gutte ist gut.
Nicht alles gut' ist gut: Mensch überred dich nicht: Waß nicht im Lieböl brent das ist ein falsches Licht. |
113. Gewien ist verlust.
Der Reiche dieser Welt was hat er vor gewin? Daß er muß mit verlust von seinem Reichthumb ziehn. |
114. Nach Ehre streben ist thöricht.
Wie thöricht sind wir doch daß wir nach Ehre streben! GOtt wil sie ja nur dem / der sie verschmähet / geben. |
115. Erfahrung ist besser als wissenschafft.
Jß doch / waß redstu viel von krafft der Wurtzel Jesse: Mir schmäkket nichts so gut als was ich selber esse. |
116. Du must der erste im Himmel seyn.
Christ lauffe was du kanst / wiltu inn Himmel ein: Es heist nicht stille stehn / du must der erste seyn. |
117. Der Demütige wird nicht gericht.
Wer stäts in demut lebt / wird nie von GOtt Gericht: Warumb? er richtet auch niemand und sündigt nicht. |
118. GOtt ist nicht mehr barmhertzig als Gerecht.
Gott der wird nicht für Gott vom weisen Mann erkiest: Wo er barmhertziger mehr als gerechter ist. |
119. Die würckung deß heiligen Sacraments.
Das Brodt der Herr in uns wirkt wie der weisen stein: Es machet uns zu Gold / wo wir geschmoltzen seyn. |
120. Der mensch ist zwey Menschen.
Zwey Menschen sind in mir: Der eine wil was GOtt / Der andre was die Welt der Teuffel und der Tod. |
121. Nichts ist herrlicher als die Seele.
Solt' auch was herrlichers alß meine Seele seyn / Weil GOtt die herrligkeit sich selbst verwandelt drein? |
122. Es sind nicht Heiligen.
Es können / wie du sprichst / nicht viel der Heilgen seyn. Warumb? denn JEsus ist der Heilge ja allein. |
123. Gleichnuß der H. Dreyeinigkeit.
GOtt Vatter ist der Brunn / der Quall der ist der Sohn / Der heilge Geist der ist der strom so fleust davon. |
124. Von GOtt wird mehr gelogen als war geredt.
Was du von GOtt verjahst / dasselb ist mehr erlogen / Als wahr: weil du Jhn nur nach dem geschöpff erwogen. |
125. Zeit ist edler alß Ewigkeit.
Die Zeit ist edeler alß tausend Ewigkeiten: Jch kan mich hier dem Herrn / dort aber nicht bereiten. |
126. Der Jchheit Tod stärckt in dir Gott.
So viel mein Jch in mir verschmachtet und abnimbt / So viel deß Herren Jch darfür zu kräfften kömmbt. |
127. Die Seel ist aber Zeit.
Die Seel ein ewger Geist ist über alle Zeit: Sie lebt auch in der Welt schon in der Ewigkeit. |
128. Der Seelen wird es nie Nacht.
Mich wundert daß du darffst den tag so sehr verlangen! Die Sonn ist meiner Seel noch niemals untergangen. |
129. Das jnnere bedarf Nicht deß äuseren.
Wer seine Sinnen hat ins innere gebracht / Der hört was man nicht redt / und siehet in der Nacht. |
130. Der geistliche Magnet und Stahl.
GOtt der ist ein Magnet / mein Hertz das ist der Stahl: Eß kehrt sich stäts nach jhm / wenn ers berührt einmahl. |
131. Der Mensch ist etwas grosses.
Der Mensch muß doch was seyn! GOtt niembt sein wesen an: Umb aller Engel willn hätt' er solchs nicht gethan. |
132. Der gelassene leidet keinen schaden.
Wer nichts mit eigenthum besitzet in der Welt / Der leidet nicht verlust wann jhm gleich's Hauß einfällt. |
133. Der Weise grämt sich nie.
Der Weise wird sich nie in Pein und Unglük grämen: Er bitt GOtt nicht einmahl / daß ers von jhm soll nehmen.Er bettet nur Herr dein Wille geschehe. |
134. Ein König und ein knecht ist GOtt gerecht.
Mensch allererst bistu für GOtt geschikt und recht. Wenn du zugleiche bist ein König und ein Knecht. |
135. Vorbereitung macht weniger empfindligkeit.
Wie daß den Weisen nie betrübet Weh und Leid? Er hat sich lang zuvor auf solchen Gast bereit. |
136. Dem Weisen gilt alles gleiche.
Alls gilt dem Weisen gleich; er sitzt in ruh und stille: Geht es nach seinem nicht / so gehts nach GOttes wille. |
137. GOtt höret auch die Stummen.
Mensch wo du GOtt umb gnad nicht kanst mit worten ehren / So steh nur stum für jhm / er wird dich schon erhören. |
138. Wen GOtt nicht ewig verdammen kan.
Den Sünder / welcher sich nicht ewig wendt von GOtt / Kan GOtt auch nicht verdammn zur ewgen Pein und Tod. |
139. Das Alleradelichste.
Bin ich nicht adelich! die Engel dienen mir / Der Schöpffer buhlt umb mich / und wart für meiner Thür. |
140. Der Weise fehlt nie deß Ziehls.
Der Weise fehlet nie: er trifft allzeit das Ziehl; Er hat ein augenmaß / das heisset wie GOtt wiel. |
141. Der Welt thun ist ein Trauerspiel.
Freund gönn' es doch der Welt / jhr gehts zwar wie sie wil: Doch ist jhr gantzes thun nichts als ein Trauerspiel! |
142. Jm Himmel mag man thun was man wil.
Mensch zähme doch ein kleins auf erden deinen willen: Jm Himmel wirstu jhn wie du wirst wolln erfüllen. |
143. Der Unempfindliche ist mehr als Englisch.
Wer in dem Fleische lebt / und fühlt nicht dessen pein: Der muß schon auf der Welt weit mehr als Englisch seyn. |
144. Die Jchheit schadt mehr als tausend Teuffel.
Mensch hütte dich für dir. Wirstu mit dir beladen / Du wirst dir selber mehr als tausend Teuffel schaden. |
145. Christus verursacht nur haß und streit.
Meinstu daß Christus dir bringt Fried und Einigkeit? Nein wahrlich: wo er ist entstehet haß und streit! |
146. Die Welt ist von Ewigkeit.
Weil GOtt der ewige die Welt schuf ausser zeit: So ists ja Sonnen-klar daß sie von ewigkeit. |
147. Jn GOtt ist alles gleiche.
Jn GOtt ist alles eins. Der minst im Himmelreich Jst Christo unsrem Herrn und seiner Mutter gleich. |
148. Jn der Ewigkeit geschieht alles zugleiche.
Dort in der Ewigkeit geschihet alls zugleich: Es ist kein vor noch nach / wie hier im Zeitenreich. |
149. Alle Menschen müssen ein Mensch werden.
Der vielheit ist GOtt feind; Drumb zieht er uns so ein: Daß alle Menschen solln in Christo einer seyn. |
150. Jm Himmel ist alles gemein.
Jm Himmel lebt man wol; Niemand hat was allein. Was einer hat / das ist den Seelgen alln gemein. |
151. Ein jeder geneust des andren Seeligkeit.
MArien Seeligkeit / und jhres Sohns deß süssen / Werd' ich so völliglich alß beyde selbst geniessen. |
152. Was ein Heiliger hat / das ist der andern auch.
Was hier die Heiligen mit grosser müh erlangt / Wird in der Seeligkeit mir alls umb sonst geschankt. |
153. Ein jeder im Himmel freuet sich ob dem andern.
Der gröste Heilige wird sich so hoch erfreun Ob mir; als sehr ob jhm ich werde frölich seyn. |
154. Wer friede sucht muß vil übersehn.
Mensch wenn du so genau das deine wilt beschützen / So wirstu nimmermehr im wahren friede sitzen. |
155. Christus ist der erste und letzte Mensch.
Der erst' und letzte Mensch ist Christus selbst allein / Weil all' auß jhm entstehn / in jhm beschlossen seyn. |
156. Wer viel begehrt dem mangelt vil.
Wer gnugsam reich / hat alls. Wer viel begehrt und wil / Der giebet zu verstehn daß jhm noch mangelt viel. |
157. Der Reiche ist wahrhafftig arm.
Der Reiche wann er viel von seiner Armuth spricht / So glaub es ihm nur gern: er leugt warhafftig nicht. |
158. Die abgestorbenheit ist eine Wittib.
Die abgestorbenheit muß eine Wittib seyn; Denn sie hat keinen Mann / und gehet stäts allein. |
159. Das Leiden Christi ist noch nicht gar vollbracht.
Das Leiden Christi ist am Creutz nicht gar vollbracht: Er leidet heute noch bey Tag und auch bey Nacht. |
160. Der Mensch muß das Leiden Christi erfüllen.
Mensch du solst Paulus seyn / und in dir selbst erfüllen / Was Christus nicht gethan / wo sich der zorn sol stillen. |
161. Niemand liegt an der brust Christi als Johannes.
Kind bilde dir nicht ein / eh du Johannes bist / Daß du ligst an der Brust deß Herren JEsu Christ. |
162. Das Lob deß Sünders.
Das Lob das GOtt dem Herrn ein Ungerechter giebt / Wird weniger von jhm als Hundsgebell geliebt. |
163. GOtt hilfft dem grösten Sünder am liebsten.
Die Sünder liegen krank / jhr artzt ist JEsus Christ: Am liebsten hilfft er dir wo du der gröste bist. |
164. GOtt nimbt nur die Lämmer an.
GOtt wil daß alle solln zu seinem Sohne kommen: Und dennoch werden nur die Lämmer angenommen. |
165. Wer GOtt siehet.
GOtt ist ein ewger Blitz / wer kan jhn sehn und leben? Wer sich in seinen Sohn sein Ebenbild begeben. |
166. Wer böse bleibt / hat nichts an Christo.
Mensch bleibestu verbost / so ist dir nichts erworben: GOtt ist nur für das Schaf nicht für den Bok gestorben. |
167. Die Sünde bringt was Guttes.
Die Sünd bringt doch was gutts: Sie muß den Fromen dienen / Daß sie viel edeler für GOtt dem Herren grünen. |
168. Der Sünder thut nichts gut.
Mensch speise wen du wilt / zeuch tausend Armen an; Wo du ein Sünder bist / du hast nicht wol gethan. |
169. Wie man für die Majestät gehet.
Wer für der Majestät wil unerschrokken stehn / Der muß gewaschen seyn / und tief gebukket gehn. |
170. GOtt sind alle Werke gleich.
GOtt sind die Werke gleich / der Heilge wann er trinkt / Gefället Jhm so wohl als wann er Beth und singt. |
171. Die Tugenden hängen alle aneinander.
Die Tugenden sind so verknüpffet und verbunden / Wer ein' alleine hat der hat sie alle funden. |
172. Alle Tugenden sind eine Tugend.
Schau alle Tugenden ist ein' ohn unterscheid: Wiltu den Nahmen hörn? sie heist Gerechtigkeit. |
173. GOtt hat keine Gedanken.
Mensch GOtt gedänket nichts. Ja wärn in Jhm Gedanken So könt' Er hin und her / welchs Jhm nicht zusteht / wanken. |
174. Was der Heilige thut / thut GOtt in jhm.
Gott thut im Heilgen selbst alls was der Heilge thut: GOtt geht / steht / liegt / schläfft / wacht / ißt / trinkt / hat gutten Muth. |
175. Das Gewissen ist ein Wegweiser.
Mensch wenn du jrre gehst so frage dein Gewissen: Du wirst ohn alln Verzug die Strass' erkennen müssen. |
176 [fehlt]
177. Wer das Buch deß Lebens lieset.
Mensch wer dem HErren folgt in seinem Thun und lassen / Der liest deß Lebens Buch / und kan die Meinung fassen. |
178. Christus war was Er redte.
Was Christus auf der Welt geredt hat und gethan / Das ist Er selbst gewest: wie ers auch zeiget an. |
179. GOtt macht nichts Neues.
Gott macht kein neues Ding / obs uns zwar neue scheint: Für Jhm ist ewiglich was man erst werden meint. |
180. GOtt kombt nur in keusche Hertzen.
Den Bräutgam deiner Seel verlanget ein zu ziehen / Blüh auf; er kommet nicht biß daß die Lilgen blühen. |
181. Das allergeitzigste.
Wie Geitzig ist ein Hertz! wenn tausend Welten wären / Es würde sie gesambt / und mehr darzu begehren. |
182. Das Hertz muß auß dem Hertzen.
Schütt auß dein Hertz für GOtt: Er zeucht nicht bey dir ein / Wenn er dein Hertze nicht sieht aussrem Hertzen seyn. |
183. Deß Christen Natur.
Umb böses guttes thun / umb Schmach sich nicht entrüsten: Vor undank dank ertheiln / ist die Natur der Kristen. |
184. Ein Heiliger sicht sich im andern.
Ein jeder Heiliger wird sich in allen sehn: Wann nicht all' einer wärn / so könt es nicht geschehn. |
185. Der Weise weil er nichts hat verliehrt nichts.
Der weise Mann ist nie umb einen Heller kommen: Er hat nie nichts gehabt / man hat ihm nichts genommen. |
186. Die Eigenheit ist alles übels Ursache.
Mittheilen schaffet Ruh. Bloß auß der Eigenheit Entstehet alles Weh / Verfolgung Krieg und Streit. |
187. Der gröste Trost nach GOtt.
Der gröste Trost nach GOtt dünkt mich im Himmel seyn: Daß man einander gleich ins Hertze siht hinein. |
188. Es sind viel Seeligkeiten.
Es sind viel Wohnungen / und auch viel Seeligkeiten: Ach thätestu dich doch zu einer recht bereiten! |
189. GOtt ist Ewig in seine Schönheit verliebt.
GOtt ist so überschön / daß Jhn auch selber gantz Von Ewigkeit verzukt seins Angesichtes Glantz. |
190. Die Seeligkeit in der Zeit.
Dem Heilgen geht nichts ab; er hat schon in der Zeit An GOttes wollgefalln die gantze Seeligkeit. |
191. Der Seeligen und Verdampten eigenschafft.
Der Seelgen Eigenschafft ist gantz nach GOtte leben: Und der Verdampten art Jhm gäntzlich wiederstreben. |
192. GOtt macht mit Hülffe der Creatur das beste.
Den ersten Adam den hat GOtt allein gemacht: Den anderen hat er mit mir zu wege bracht. |
193. GOtt liebet einen wie alle.
GOtt liebet mich so sehr als alles was auf Erden; Wär' er nicht Mensch gebohrn / er würde mirs noch werden. |
194. Aller Heiligen Werke sind nur ein Werk.
Was alle Heilgen thun / das kan ein Mensch allein: Ja! schau sie thun sonst nichts als GOtt gelassen seyn. |
195. GOtt wird im müssig seyn gefunden.
GOtt wird viel eher dem der gäntzlich müssig sitzt; Als dem der nach Jhm laufft daß Leib und Seele schwitzt. |
196. GOtt hat alle Nahmen / und keinen.
Man kan den höchsten GOtt mit allen Nahmen nennen: Man kan jhm widerumb nicht einen zuerkennen. |
197. GOtt ist nichts und alles.
GOtt der ist nichts und alls ohn alle deuteley: Dann nenn was das Er ist? auch was das Er nicht sey? |
198. Christus ist unser Muster.
Mensch wenn du dich wilt GOTT zum Tempel auferbauen / Mustu das rechte Maß an Christo dir abschauen. |
199. Der Liebe gegenwurf
Der Liebe gegen-wurff ists höchste Gutt allein: Liebt sie was ausser dem / so müßt sie Närrisch seyn. |
200. Was man liebt / in das verwandelt man sich.
auß S. Augustino.
Mensch was du liebst in das wirstu verwandelt werden / GOtt wirstu liebstu GOtt / und Erde liebstu Erden. |