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201. Sicherheit macht verliehrn.
Steh wache / fast' und beth; in einer Sicherheit / Hat mancher gar verlohrn das Schloß der Ewigkeit. |
202. Drey dinge seind zuflihn.
Kind scheue / meide / fleuch den Wein / das Weib / die Nacht: Sie haben manchen Mann umb Leib und Seele bracht. |
203. Ein finsteres Hertze sieht nicht.
Gieb achtung auf das Feur. Wo nicht die Lampen brennen / Wer wil den Bräutigam wenn er wird kommn erkennen. |
204. Das Geistliche Losungs Wort.
Das Losungs Wort ist Lieb: hastu's nicht eingenommen / So darffstu nimmermehr ans Himmels Gräntzen kommen. |
205. Die verlohrne Schildwacht.
Die Schildwach ist verlohrn / die sich in Schlaff versenkt: Die Seel ist gäntzlich hin / die nie ann Feind gedänkt. |
206. Man muß den Feind nicht auf den Leib lassen.
Freund wach und schau dich umb / der Teuffel geht stets runten / Kommt er dir auf den Leib / so liegestu schon unten. |
207. Der Teuffel wird leicht überwunden.
Christ biß nur nicht verzagt: mit wachen fasten bethen Kanstu das gantze Heer der Teuffel unterthreten. |
208. Die kluge und thörichte Schönheit.
Die kluge Jungfrau hat ihrn Schmuck in sich allein: Die Thörin denkt sich schön in schönen Kleidern seyn. |
209. Das äuserliche macht nicht wehrter.
Mensch alls was ausser dir / das gibt dir keinen wehrt. Das Kleid macht keinen Mann / der Sattel macht kein Pferd. |
210. Was man innwendig ist sucht man nicht auswendig.
Mann / wer in Tugenden von innen Reich und schön / Der wird von aussen nicht nach Schmuck und Reichthum stehn. |
211. Die Welt ist verblendt.
Wie daß die Welt so sehr nach eitlen Dingen rennt? Verwunder dich nicht Freund / sie rast und ist verblend. |
212. Anderst thun als glauben ist närrisch.
Christ bistu nicht ein Narr? du glaubst die Ewigkeit / Und hängst mit Leib und Seel verblendet an der Zeit! |
213. Dem kleinen ist alles kleine groß.
Kind wachs und werde groß: so lange du noch klein / So lange dünckt dich alls was klein ist groß zuseyn. |
214. Nichts ist groß als GOtt.
Nichts ist mir groß als GOtt. Ein Göttliches Gemütte Schätzt auch den Himmel selbst für eine kleine Hütte. |
215. Man muß sich von oben herab ansehn.
Du dünckst dich viel zu seyn: ach wärstu über dir / Und schautest dich dann an / du sähst ein schlächtes Thier. |
216. Jn der nähe sieht mans recht.
Mein nah dich doch zu GOtt / alls ist von ferne klein / Thritstu hinzue / er wird bald groß genug dir seyn. |
217. Das Ameiß Gemütte.
Die Erde scheint dir breit / ein klümplein groß mein Christ / Ein Maulwurfs Hauff ein Berg / weil du ein Ameiß bist. |
218. Nichts ist groß auf der Erde.
Zum Himmel ist die Erd' ein eintzigs Stäubelein: O Narr wie kan in ihr dann etwas grosses seyn? |
219. Nichts beschaut nichts geschätzt.
Wie daß die Welt nichts schätzt die schönen Himmels Auen? man schätzt nichts unbeschaut / es mangelt am beschauen. |
220. Auß dem beschaun entsteht die Liebe.
Die Liebe folgt aufs schaun. Schau an die ewge dinge / So liebstu sie als bald und hälst sonst alls geringe. |
221. Die Welt sol man nicht anschaun.
Wend ab dein Angesicht / die Welt nur angeblikt / Hat manches edles Blut verzaubert und berükt. |
222. Die Welt muß beschaut seyn.
Kehr hin dein Angesicht / und schau die eitle Welt / Wer sie nicht recht betracht / der wird fürwahr gefällt. |
223. Die Welt muß belacht und beweint werden.
Fürwahr wer diese Welt recht nihmt in Augenschein / Muß bald Democritus / bald Heraclitus seyn. |
224. Die Kinder weinen umb die token.
Du lachest daß das Kind umb seine Token weint / Umb die du dich betrübst / sag obs nicht Token seind? |
225. Den Weisen nihmt man nichts als Token.
Der Weise lacht darzu wenn man ihn alls genommen. Warumb? er ist umb nichts als nur umb Token kommen. |
226. Rechte Schätzung bringt kein Leid.
Christ wer die Dinge weiß nach ihrem Wehrt zuschätzen Wird umb kein Zeitliches sich in Betrübnuß setzen. |
227. Der Weisen Kränkung.
Der Weiß' ist stäts in Freud / er wird von nichts betrübt. Diß einge kränkt ihn nur daß GOtt nicht wird geliebt. |
228. GOttes Schmiede Feuer.
Der Eifer ist ein Feur / brent er umbs Nächsten Heil / So schmiedet GOtt darbey / der Liebe Donnerkeil. |
229. Der Weise hat alles gemein.
Der Weise was er hat / hat alls mit alln gemein / Wie da? er schätzet alls / sich selbst auch nicht für sein. |
230. Des Weisen und Narren Werk.
Des Weisen gantzes Werk / ist daß er werde GOtt: Der Narr bemühet sich biß er wird Erd und Koth. |
231. Deß Weisen Adel.
Des Weisen Adel ist sein Göttliches Gemütte / Sein tugendhafter Lauff / sein Christliches Geblütte. |
232. Des Weisen ahnen.
Des Weisen ahnen seind Gott Vater / Sohn und Geist: Von denen schreibt er sich / wenn er sein Ankunfft preist. |
233. Die geheime Adeliche Geburth.
Auß GOtt bin ich gebohrn / erzeugt in seinem Sohn / Geheiliget im Geist / diß ist mein adels Kron! |
234. Würkung der H. Dreifaltigkeit.
Der Sohn erlöset unß / der Geist der macht unß leben / Deß Vaters Allmacht wird uns die Vergöttung geben. |
235. Noch von dieser.
Jn Christo sterben wir / stehn auf im Heilgen Geist / Jm Vater werden wir für Kinder Gotts gepreist. |
236. Nichts höhers ist als GOttes Sohn seyn.
GOtts Sohn ist GOtt mit Gott / regiert auf einem Thron / Nichts höhers ist als ich / wenn ich bin dieser Sohn. |
237. Wie man Gottes Tochter / Mutter und Braut wird.
GOtts Tochter / Mutter / Braut kan jede Seele werden / Die Gott zum Vater / Sohn und Bräutgam nihmt auff Erden. |
238. Der Kuß der Gottheit.
GOtt küst sich in sich selbst / sein Kuß der ist sein Geist / Der Sohn ist den er küst / der Vater ders geleist. |
239. Seufftzer zu GOtt.
Gott ist ein starcker Strom / der hinnihmt Geist und Sinn / Ach daß ich noch nicht gar von ihm verschwemmet bin. |
240. Allein der Weise ist Reich.
Allein der Weiß ist Reich? die Tugenden in GOtt / Die er stat goldes hat / nihmt ihm auch nicht der Tod. |
241. Der Weise stirbt nicht.
Der Weise stirbt nicht mehr? er ist zuvor schon Tod: Todt aller Eitelkeit / Todt allem was nicht GOtt. |
242. Der Weise ist nie allein.
Der Weiß ist nie allein / geht er gleich ohne dich: So hat er doch den Herrn der dinge (GOtt) mit sich. |
243. Der Weise ist alleine Gott gemein.
Groß ist deß Weisen mutt / er machet sich allein / Dem Herrn der Herrligkeit so viel er kan gemein. |
244. Man muß sich erkühnen.
Erkühn dich junger Christ: wer sich nicht wil erheben / Der bleibt wol wie ein Wurm am Erde klosse kleben. |
245. Die Liebe macht kühn.
Die Liebe macht uns kühn / wer Gott den Herrn wil küssen / Der fället ihm nur bloß mit seiner Lieb zu füssen. |
246. Die Liebe durchdringt das innerste.
Die Lieb durchdringet alls; ins innerste Gemach / Welchs Gott für alln verschleust / geht ihm die liebe nach. |
247. Die Beschauligkeit ist Seeligkeit.
Glükseelig ist wer steht auf der beschauer Bahn / Er sähet schon allhier das Seelge Leben an. |
248. GOtt nicht sehn ist nichts sehn.
Du reisest vielerlei zu sehn und außzuspähn: Hastu nicht GOtt erblikt / so hastu nichts gesehn. |
249. Die seeligste Wissenschafft.
Glükseelig ist der Mensch der nichts als JEsum weiß / Unseelig wer sonst allm und diesem nicht giebt Preiß. |
250. Was glükseelig seyn ist.
Glükseelig seyn ist nicht viel Ehr und Gutt genissen / Es ist viel Tugenden in seiner Seele wissen. |
251. An den Sonderling.
Die Meinungen seind Sand / ein Narr der bauet drein / Du baust auf Meinungen / wie kanstu weise sein? |
252. Die Heiligen seind keinem klugen tod.
Du sprichst die Heiligen seind Tod zu unsrer Noth: Der weise Mann der spricht den Narren seind sie Tod. |
253. Allein der Catholische Christ ist weise.
Miß dir nicht Weißheit zue / wie klug du dir auch bist: Niemand ist Weiß in Gott als ein Catholischer Christ. |
254. Der Weise nihmt nichts als von Gott.
Der Weiß ist hoch gesinnt / wird ihm was zuegesand / So nihmt ers niemahls an als nur von Gottes Hand. |
255. Der Weise sündigt nicht.
Der Weise sündigt nicht / die richtige Vernunfft / Nach der er wirkt / hält ihn in der gerechten Zunfft. |
256. Der Weise irret nie.
Der Weise geht nie irr / er hängt auf jeder Bahn / Der Ewgen Wahrheit (GOtt) mit allen kräfften an. |
257. Wer Weise ist.
Der ist der Weise Mann / der sich und GOtt wol kennt Wem dieses Licht gebricht / ist unweiß' und verblend. |
258. Wie man Weise Wird.
Mensch wiltu Weise seyn / wilt Gott und dich erkennen / So mustu vor in dir die Welt begihr verbrennen. |
259. Was deß Menschen Weißheit ist.
Deß Menschen Weißheit ist Gottseelig seyn auf Erden / Gleichförmig GOttes Sohn an Sitten und Gebehrden. |
260. Rein macht GOtt Gemein.
Nichts unreins komt zu Gott! bistu nicht fünkel rein Von aller Creatur / so wirst ihm nie gemein. |
261. Die Warheit macht Weise seyn.
Die Wahrheit giebt das seyn: wer sie nicht recht erkennt / Der wird mit keinem recht ein Weiser Mann genennt. |
262. Die Welt ist ein Sandkorn.
Wie daß denn bey der Welt GOtt nicht geschaut kan seyn? Sie kränkt das Auge stets / sie ist ein Sandkörnlein. |
263. Beschluß.
Freund es ist auch genug. Jm fall du mehr wilt lesen / So geh und werde selbst die Schrifft und selbst das Wesen. |
ENDE.