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Den Spott zum Schaden
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Michael Lindener

Rastbüchlein
1558

Ein Frau sagt, wenn sie schlottert, müßt sie bei dem Pfaffen liegen

Ein Pfaff in einem Dorf hatt große Kundschaft in eines Bauren Haus in seiner Pfarr, und auch der Bäuerin zulieb mehr in das Haus ging, als daß er die Kinder lehret das Vaterunser beten. Und eines Tags, als er den Bauren abwesend wußt, er in sein Haus zu der Bäuerin ging, die er eben fand ein Mus oder Haberbrei essen; da er bald zu ihr saget: »Bäuerin, lug, schütt nit! Du mußt sonst bei mir liegen.«

Als solches die Bäuerin höret, schüttet sie den Löffel voll Mus gar auf den Tisch, damit der Pfaff Ursach hab, sie weiter anzutasten. Und da der Pfaff sah, woran es der Frauen lag, sie bei dem Arm nahm und auf das Bettstattlein, so in der Stuben stund, führet. Was er da mit ihr machet, weiß ich nit. Ich bin nit dabei gewesen.

Nun saß aber ein kleines Büblein auf dem Tisch, das mit der Bäuerin Mus gessen hatt und alle Wort gehört hatte, was der Pfaff mit der Frauen geredet, und auch wohl sah, was für seltsam Abenteuer er mit ihr im Bettlein brauchet, aber sich, als da es nichts um solche Sach wußt, nichts bekümmern ließ, sondern für sich aß und eben luget, daß es nit schlottert, sonst müßt es auch beim Pfaffen liegen.

In solchem der Bäuerin Mann kam, den aber die Bäuerin, ehe er zum Haus kam, gesehen hatte, und den Pfaffen bald im Stubenofen verstecket. Und sie sich wieder niedersetzet, anfing zu essen, in gleicher Weis, als war sie nie aufgestanden. Und der Bauer, der hungrig war, ein Löffel nahm und weidlich aß.

Nun das Kindlein, das für seinen Vater auch Übel fürchtet, zu ihm sagt: »Mein lieber Vater, lug, daß du nit schlotterst, du mußt sonst auch beim Pfaffen liegen. Unsre Mutter hat geschlottert, da hat sie müssen beim Pfaffen liegen.«

Als solches der Mann höret, fraget er: »Wo ist der Pfaff?«

Dem das Knäblein bald antwortet: »Er steckt im Kachelofen.«

Die Frau, die wohl wußt, was ihr Mann für ein Künzlein war, bald hervorwischet und sagt: »Lieber Mann, tu ihm nichts, denn er ist ein heilig Mann! So sollst du deine Hände nicht in heiligem Blut verunreinigen. Und wenn du ihn schon zu Tod schlügest, so müßtest du auch darum sterben. Wäre dir dann so wohl geholfen? Aber wenn du je solche Schmach, die er dir an mir bewiesen hat, nicht willst ungerächt lassen, so dünket mich dies der best Rat, und ihm auch kein größere Bosheit tun kannst, denn du nähmest ihm sein Hütlein, daß er ohn ein Hütlein müßt heimgehn. Ei, wie würden dann die Leut sein spotten, wenn er ohn ein Hütlein ging!«

Dieser Rat gefiel dem närrischen Jäckel wohl, vor den Ofen kam, den Pfaffen hieß herausgehen. Der Pfaff, so beider Red in der Stuben wohl gehöret hatte, unverzagt aus dem Ofen kroch.

Dem der Bauer alsbald sein Hütlein nahm und zu ihm sprach: »Ziehet hin, mein Herrlein! Also soll man euch Gesellen tun, die einem beim Weibe liegen.«

Nun der Pfaff zog ohne sein Hütlein bis vor die Tür. Und wie er vor die Tür kam, sagt die Frau zu dem Bauren: »Keine größere Schalkheit könntest ihm jetzt tun, als wenn ihm das Hütlein nachwürfest, daß es die Leut sehen, so würden sie erst sein gar heftig spotten.«

Dessen der Gulemeier auch wohl zufrieden war, dem Pfaffen sein Hütlein nach zu der Türen hinauswarf. Dessen der gut ehrbar Herr wohl zufrieden war und sich hernach ohn alle Sorg bei der Frauen einfand, Gott gebe, sie hält geschlottert oder nit.

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