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Der Chor. Strepsiades. Pheidippides. Dann: Sokrates. Später: Der Anwalt der guten Sache. Der Anwalt der schlechten Sache.
Strepsiades kommt mit seinem Sohn:
Beim Nebel, länger füttr' ich dich nicht mehr!
Geh hin, nag' an den Säulen des Megakles!
Pheidippides: Wie wunderlich! Was hast du denn, mein Vater?
Dir fehlt's im Kopfe, beim olymp'schen Zeus!
Strepsiades lachend:
»Olymp'scher Zeus!« Hör' einer diesen Narren:
So groß, so alt – und glaubt noch an den Zeus!
Pheidippides: Was lachst du denn?
Strepsiades: Ich seh', du bist ein Kind
Und hast den Kopf voll alter Ammenmärchen.
So komm mal her; ich putze dir ihn aus;
Doch – hörst du? – aus der Schule schwatz' mir nicht!
Strepsiades: Du schwurst da eben bei dem Zeus? –
Pheidippides! Es existiert kein Zeus!
Pheidippides: Wer denn?
Strepsiades: Der Wirbel, der ihn abgesetzt.
Pheidippides: Pah, Faselei!
Strepsiades: So ist's einmal, nicht anders!
Pheidippides: Wer sagt das?
Strepsiades: Sokrates, der Melier,
Und Chairephon, der Flohfußgeometer.
Pheidippides: Steckst du so tief schon in der Narrheit, daß
Du so verbrannten Köpfen glaubst?
Strepsiades: Halt ein!
Verleumde nicht die weisen, braven Männer,
Von denen keiner – rein aus Sparsamkeit –
Sich je den Kopf rasiert, gesalbt, noch je
Ein Bad besucht, um sich zu waschen! – Du
Verbadest mir mein Geld, als wär' ich tot! –
Jetzt geh nur und studiere dort für mich!
Pheidippides: Was kann ich denn von ihnen Gutes lernen?
Strepsiades: Was? – Alle Weisheit, die's auf Erden gibt!
Da wirst du sehn, wie roh, wie dumm du bist!
Halt! Wart ein bißchen hier! Ich komme gleich! – Ab
Pheidippides: Was fang' ich an? Mein Vater ist verrückt!
Soll ich vor Amt als Narren ihn verklagen?
Soll ich beim Schreiner ihm den Sarg bestellen?
Strepsiades kommt zurück mit zwei Spatzen:
Geh her, was ist das? Sag mir deine Ansicht!
Pheidippides: Ein Spatz!
Strepsiades: Getroffen! Aber dieses da?
Pheidippides: Ein Spatz!
Strepsiades lachend: Wie albern! Beides Spatzen? he? –
In Zukunft drück dich besser aus! Da sieh:
Das ist ein Spatz und dies da eine Spätzin!
Pheidippides: Was? Spätzin? – Gingst du darum nur zur Schule,
Um bei den Himmelsstürmern dies zu lernen?
Strepsiades: O sonst noch viel! Nur hat mein alter Kopf
Auch gleich vergessen wieder, was ich lernte.
Pheidippides: Drum kam dir wohl dein Mantel auch abhanden!
Strepsiades: Abhanden? – Verstudiert nur hab' ich ihn.
Pheidippides: Und deine Schuh' – wo sind sie, kind'scher Alter?
Strepsiades: »Zum Nötigen vertan« – just wie Perikles! –
Geh, lauf jetzt! Vorwärts! Mach auch deinem Vater
Zulieb 'nen dummen Streich einmal! – Ich tat
Dir's auch zulieb – du lalltest noch, sechs Jahr' alt –
Als für den ersten Richtersold ich dir
Ein Wägelchen kaufte zum Diasienfest!
Geht auf die Philosophenklause zu
Pheidippides folgt ihm zögernd:
Sieh zu! Du wirst es mit der Zeit bereuen!
Strepsiades: Schön, daß du folgst! An der Türe
He, Sokrates, komm 'raus!
Da bring' ich meinen Sohn; er hat sich lang
Genug gesträubt!
Sokrates tritt heraus
Sokrates: Gelbschnabel, der er ist!
Nach der Hängematte zeigend
Noch ungewohnt ist ihm das luft'ge Schweben.
Pheidippides: Geh, henk dich! So gewöhnst du dich ans Schweben.
Strepsiades: Was Teufels! Unserm Lehrer so zu fluchen?
Sokrates zu Strepsiades:
›Henk dich!‹ – Da sieh, wie dumm, wie kindisch er
Zu diesem Wort das Maul verzieht und dehnt.
Der lernt es nie, wie man Prozess' einfädelt,
Ausficht und übern Haufen schwatzt die Richter. –
Hyperbolos gab ein Talent für das!
Strepsiades: Nimm in die Lehr' ihn doch: er hat Geschick!
Als kleines Bübchen baut' er schon daheim
Sich Häus'chen, schnitzte Schiffchen, macht' aus Leder
Sich Roß und Wagen, und aus Äpfelschalen
Recht art'ge Frösche, ja, du kannst mir's glauben! –
Daß er mir nur die beiden Künste lernt,
Die gute – ja, so heißt sie – und die schlechte;
Auf jeden Fall die schlechte, und das gründlich!
Sokrates: Die soll er von den Meistern selbst jetzt lernen!
Ich werde gehn!
Strepsiades zu Sokrates, der hineingeht:
Sei nur besorgt, daß er
Auf jedes Pro ein Contra setzen lernt!
Es treten auf:
der Anwalt der guten Sache, der Anwalt der schlechten Sache
Anwalt der guten Sache:
Nur heraus und laß vor dem Publikum hier
Dich sehn, wie du bist, du kecker Gesell!
Anwalt der schlechten Sache:
»Geh hin deine Bahn nur immer!« – Je mehr
Zuschauer, für dich – um so schlimmer mein Sieg!
Anwalt der guten Sache:
Dein Sieg? und wer bist du?
Anwalt der schlechten Sache: Der Anwalt –
Anwalt der guten Sache: Der Schmach!
Anwalt der schlechten Sache:
Und ich schlage dich, wenn du dich stärker als ich
Auch vermissest zu sein!
Anwalt der guten Sache: Und wie fängst du das an?
Anwalt der schlechten Sache:
Mit den neuen Ideen, die mir stehn zu Gebot.
Anwalt der guten Sache:
Die florieren jetzt – Gegen die Zuschauer
Dank dem abnormen Geschmack
Des verbildeten Volks –
Anwalt der schlechten Sache: Des gebildeten Volks!
Anwalt der guten Sache:
Ich vernichte dich doch!
Anwalt der schlechten Sache: Bin begierig nur, wie?
Anwalt der guten Sache:
Mit den Waffen des Rechts!
Anwalt der schlechten Sache:
Die parier' ich und werf in den Sand dich sogleich,
Denn ich sage: das Recht ist ein Unding, ein Nichts!
Anwalt der guten Sache:
Ein Nichts?
Anwalt der schlechten Sache:
Existiert es, so sage doch: wo?
Anwalt der guten Sache:
Bei den Himmlischen dort!
Anwalt der schlechten Sache:
Wenn es dort ist, warum ist es längst nicht um Zeus,
Der in Fesseln doch schlug seinen Vater, geschehn?
Anwalt der guten Sache:
Hilf Himmel! Das wird mir zu arg, und es kehrt
Sich der Magen mir um: o ich bitt', ein Geschirr!
Anwalt der schlechten Sache:
Du altväter'scher Kauz! Du vernagelter Kopf!
Anwalt der guten Sache:
Du neumodisches Schwein! Du verhurter Gesell!
Anwalt der schlechten Sache:
Wie du Rosen mir streust! –
Anwalt der guten Sache: Du Schmarotzer, du Hund!
Anwalt der schlechten Sache:
Mich mit Lilien bekränzst!
Anwalt der guten Sache: O du Dieb, du Bandit!
Anwalt der schlechten Sache:
Und du merkst es noch nicht, wie in Gold du mich faßt?
Anwalt der guten Sache:
Und du hältst es für Gold – das verächtliche Blei?
Anwalt der schlechten Sache:
Ich wüßte für mich keinen köstlichern Schmuck!
Anwalt der guten Sache:
Ha, wie trotzig, wie frech!
Anwalt der schlechten Sache: Wie veraltet, wie platt!
Anwalt der guten Sache:
Deine Schuld ist's allein,
Daß kein Bube mehr jetzt in die Schule will gehn!
Doch erkennen wird bald das athenische Volk,
Welch verderbliches Zeug die Betrognen du lehrst!
Anwalt der schlechten Sache:
Du verfaulst ja im Schmutz!
Anwalt der guten Sache: Um so schmucker bist du!
Wohl gab's eine Zeit, wo du betteln gingst
Und dem Mysier Telephos selbst dich verglichst
Und Sentenzen fraßt
Von Pandeletos, frisch aus dem Bettelsack 'raus –
Anwalt der schlechten Sache:
Tiefsinniger Fund –
Anwalt der guten Sache: Wahnsinniger Schund –
Anwalt der schlechten Sache:
– Den du eben getan!
Anwalt der guten Sache: – Den du predigst der Stadt,
Die den Dienst dir bezahlt,
Daß die Jugend des Volks du zum Laster verführst!
Anwalt der schlechten Sache auf Pheidippides verweisend:
Unterricht' ihn doch du, griesgrämlicher Zopf!
Anwalt der guten Sache:
Gern, wenn ich zum Guten ihn führen soll
Und nicht ihn dressieren zu faulem Geschwätz!
Anwalt der schlechten Sache:
Komm, Lieber, zu mir, laß ihn rasen, den Narrn!
Anwalt der guten Sache drohend:
Probier' es und rühr ihn nur an mit der Hand!
Chorführerin: Laßt endlich den Zank und das Keifen und Schmähn,
Und entwickelt einmal,
Zum Guten Du, was du vor alters die Leute gelehrt,
Zum Schlechten Du, das neue System
Der Erziehung, damit, wenn er beide gehört,
Er den Meister sich wählt, der ihn bilden soll.
Anwalt der guten Sache:
Ich versteh' mich dazu!
Anwalt der schlechten Sache: Ohne Widerspruch, ja!
Chorführerin: Wer nimmt nun zuerst von euch beiden das Wort?
Anwalt der schlechten Sache:
Das gönn' ich ihm gern!
Er verhaue sich nur mit Geschwätz! Ich beschieß'
Ihn mit neuen Sentenzen, mit neuen Ideen,
Bis ein Hagel von Pfeilen zu Boden ihn streckt;
Und wenn er zuletzt nur zu mucksen noch wagt,
Dann zerstechen ihm Augen und Backen und Maul
Meine stachligen Reden, ein Hornissenschwarm,
Der ihn zwickt, bis er völlig kaputt ist!
Erster Halbchor: Nun werden die beiden, auf ihr
Fertiges Mundstück trotzend,
Gelehrt, scharfsinnig und haar-
Spaltend im Kampf sich uns zeigen:
Wem von den zwei'n Meistern des Worts
Des Wettkampfs Preis werden soll?
Ernst ist das Spiel, wo es das Los
Gilt des Prinzips! – ›Alt oder neu?‹
Fragt sich's im Kampf, welchen mit Macht
Jetzt ihr beginnt, o Freunde!
Chorführerin: Wohlan denn du, der die Väter geschmückt mit dem Kranz untadliger Sitte,
Laß ergehen dein Wort, wie dein Herz es erfreut, und erkläre dein Dichten und Trachten!
Anwalt der guten Sache:
So verkünd' ich euch denn, wie vor alters es stand um die Zucht und die Bildung der Knaben,
Als ich in der Blut', als Vertreter des Rechts, und die Sittsamkeit erstes Gesetz war.
Da durfte den Knaben kein trotziger Laut, kein störrisches Mucksen entfahren,
Da kamen im Schwarm sie die Straßen daher, nach der Singschul', all' in der Ordnung,
Aus jeder Gemeinde, nur spärlich bedeckt, und wenn es auch Roggenmehl schneite!
Nicht übereinandergeschlagen die Bein', anständig saßen und lernten
Sie ihr: »Pallas, die Städteverwüsterin«, oder: »Horch, was ertönt aus der Ferne?«
In gehaltenem Ton, in gemessenem Takt, wie die Väter von jeher es sangen.
Und wenn einer aus Eitelkeit Sprünge versucht' und die Lieder mit Schnörkeln verhunzte,
Wie es jetzo der Brauch, in des Phyrnis Manier, mit verkünstelten Koloraturen,
Dann regnet' es Schlag' auf den Sünder, der frech an den heiligen Musen gefrevelt! –
Und im Ringhof dann, wenn sie saßen zu ruhn auf dem Sande, da mußten sie züchtig
Vorbeugen das Bein, um Unziemliches nicht den Umstehenden draußen zu zeigen.
Und erhoben sie sich, so verwischten sie stets in dem Sande die Spuren mit Vorsicht,
Daß die blühenden Formen nicht, abgedrückt, unreine Begierden erweckten.
Da salbte sich über den Nabel hinab kein Knabe, drum blüht' ihm auch wollig
Und weich um die Scham das gekräuselte Haar, wie der Flaum auf dem reifenden Pfirsich.
An die Männer drängte der Knabe sich nicht mit zärtlichem Girren und Flüstern
Und begehrlichen Blicken, schmachtlappig und frech, an den Buhler sich selber verkuppelnd.
Bei Tische stand es dem Knaben nicht zu, nach den Rettichköpfchen zu greifen
Und erwachsenen Leuten hinweg vor dem Mund Salat und Gemüse zu schnappen
Und Backwerk, Fische, Geflügel; ihm war es verpönt, zu verschränken die Beine.
Anwalt der schlechten Sache:
Altvätrisches Zeug! Diipolischer Brauch! Urmode der goldnen Zikaden!
Kekeidasgeleier! Buphonienzeit!
Anwalt der guten Sache: Ja freilich! Doch war es dieselbe,
Wo erzogen durch mich das Heroengeschlecht der Marathonkämpfer heranwuchs!
Du aber verzärtelst die Jugend von heut und vermummst sie in Windeln und Kleider,
Daß ich oft fast ersticke, beim Waffentanz an den Panathenäen zu schauen,
Wie sich einer den Schild vor das Schamglied hält – ein Greuel der Tritogeneia! –
Wohlan denn, vertraue mir, Jüngling, und nimm mich zum Lehrer, den Anwalt des Guten,
Dann gewöhnst du dich, stets zu verachten den Markt und die Bäder, die warmen, zu meiden,
Dich dessen zu schämen, was schandbar ist, zu erglühn, wenn darob sie dich necken,
Und vom Sitze dich schnell zu erheben, sobald sich ein würdiger Alter dir nähert.
Deine Eltern kränkst du durch Unart nie und bestehst in jeder Versuchung,
Weil für heilige Pflicht du es achtest, ein Bild der Scham aus dir selber zu schaffen.
Nie wirst du vors Haus einer Tänzerin ziehn und, vom Dirnchen mit Äpfeln beworfen,
Als Mädchenjäger, der läuft in der Brunst, deinen ehrlichen Namen verlieren.
Nie wirst du den Vater beleidigen, nie ihn Iapetos schelten, noch grollend
Ihm die Streiche gedenken, die einst du empfingst, da du saßest im Nest wie ein Küchlein!
Anwalt der schlechten Sache:
Ich sage dir, Junge, vertraust du dich dem, dann macht er dich, beim Dionysos,
Zu 'nem Bübchen, Hippokrates' Püppchen gleich, und man wird dich ein Mutterkind schelten.
Anwalt der guten Sache:
Nein! Blühend und strotzend in Jugendkraft auf dem Turnplatz wirst du dich tummeln,
Kein verschrobener Schwätzer und Witzling des Markts, nach der Weise der heutigen Jugend,
Kein Zänker, der stets vor den Richtern sich balgt in Lausbagatellenprozessen;
Lustwandeln wirst du im friedlichen Hain Akademos', im Schatten des Ölbaums,
Mit schimmerndem Laube die Stirne bekränzt, an der Seite des sittsamen Freundes,
Von Eiben umduftet und müßiger Ruh' und den silbernen Blättern der Pappel,
In der Wonne des Lenzes, wenn flüsternd leis zu der Ulme sich neigt die Platane!
Wenn du also wirst tun, wie mein Wort es dich lehrt,
Wenn du eifrig es hörst und zu Herzen es nimmst,
Dann wird dir zum Lohn eine kräftige Brust,
Ein blühend Gesicht, breitschultriger Wuchs,
Und die Zunge hübsch kurz, und ein mächtig Gesäß,
Und ein mäßig Gemächt!
Doch wenn du es treibst nach der Mode von heut,
Dann wird dein Gesicht bleichsüchtig und gelb,
Deine Schultern gedrückt und schmächtig die Brust,
Deine Zunge wird lang, weitoffen dein Maul,
Und groß dein Gemächt, und klein dein Gesäß!
Der redet dir ein, auf den Anwalt der schlechten Sache deutend
Daß das Schöne gerade das Häßliche sei,
Und das Häßliche schön;
Und am Ende beschmutzt er dir Leib und Seel'
Mit Antimachos' säuischer Wollust!
Zweiter Halbchor zum Anwalt der guten Sache:
Du Hüter der strahlenden Burg
Züchtiger, ernster Weisheit,
Welch tugendlich süßen Duft
Haucht deiner Reden Blüte!
Glückselige waren's, die einst
In der Vorzeit lebten mit dir!
Zum Anwalt der schlechten Sache:
Rüste dich, du, prunkender Kunst
Meister, du mußt Neues zu Markt
Bringen; denn er, den du bekämpfst,
Hat sich erprobt als Redner!
Chorführerin: Mit Gründen stark und trotzig mußt du ihm entgegentreten,
Willst du ihn schlagen und nicht selbst ein Spott der Leute werden.
Anwalt der schlechten Sache:
Längst drückt es mich und kocht in mir, ich brenne vor Verlangen,
Mit Gegenreden sein Geschwätz ihm in den Staub zu treten.
Was tät' ich mit dem Namen, den die Denker mir gegeben,
Handhabt' ich kräftig nicht die Kunst, die ich zuerst erfunden,
Den Rechten und Gesetzen stets schnurstracks zu widersprechen!
Das heißt etwas, mit Tonnen Golds ist das nicht aufzuwiegen,
Im Dienst der schlechten Sache doch zuletzt mit Glanz zu siegen!
Zu Pheidippides
Gib acht, wie ich die Zucht, auf die er pocht, zuschanden mache!
Er sagt, vor allem müssest du die warmen Bäder meiden;
Zum Anwalt der guten Sache
Was ist der Grund, warum du ihm verbeutst die warmen Bäder?
Anwalt der guten Sache:
Weil sie, verderblich durch und durch, aus Männer Memmen machen.
Anwalt der schlechten Sache:
Halt! Sieh, da hab' ich dich am Schopf! Du kannst mir nicht entrinnen!
Ich frage dich: wen hältst du für den tapfersten der Söhne
Des Zeus? und wer bestand mit Ruhm die meisten Abenteuer?
Anwalt der guten Sache:
Ich denke: tapfrer ist kein Mann gewesen als Herakles!
Anwalt der schlechten Sache:
Hast du nun kalte Bäder je gesehn – Heraklesbäder?
Und doch, wer war so stark wie er?
Anwalt der guten Sache: Ja, solch Geschwätz ist's eben,
Das überfüllt die Bäder, das entvölkert die Palaistra!
Anwalt der schlechten Sache:
Dann tadelst du das Leben auf dem Markt: ich muß es loben;
Denn wär's nicht gut, so hätte wohl Homeros nicht den Nestor
Als Redner auf dem Markt gerühmt, noch andre kluge Männer.
Und nun die Zungenfertigkeit – er meint, der Jüngling brauche
Sich nicht darin zu üben: daß er's muß, ist meine Meinung.
Dann, sagt er, sittsam müss' er sein: o Unsinn über Unsinn!
Hast du gesehn, daß je ein Mensch mit Sittsamkeit was Gutes
Gewonnen? Sprich und halte mir ein Beispiel nur entgegen!
Anwalt der guten Sache:
Nur eins statt vieler! Peleus hat durch sie ein Schwert gewonnen!
Anwalt der schlechten Sache:
Ein Schwert? Ein herrliches Geschenk für ihn, den Mann des Jammers!
Talente hat Hyperbolos, der Lampenhändler, hundert
Mit seiner Schlechtigkeit verdient, allein ein Schwert? – mit nichten!
Anwalt der guten Sache:
Der Thetis Hand erhielt allein durch seine Tugend Peleus.
Anwalt der schlechten Sache:
Der Thetis, die im Stich ihn ließ, weil er sich schlecht gehalten
Im Bett und aufgelegt nicht war, die ganze Nacht zu schäkern!
Denn brav gedrillt sein will ein Weib: du bist ein alter Klepper!
Zu Pheidippides
Du siehst, mein Junge, was du hast von Sittsamkeit und Tugend,
Wie viele Lebensfreuden du entbehren mußt: die Knaben,
Die Weiber, Schmaus und Becherspiel und Wein und Spaß und Lachen;
Und ohne diese Freuden, sag, was ist dann noch am Leben? –
So ist's! – Dann kommt der Triebe Macht, die die Natur uns schenkte –:
Du liebst – vergißt dich – und der Mann ertappt dich in flagranti –
Du bist verloren: denn dir fehlt die Suada! Sei mein Jünger,
Folg deinen Trieben, spring und lach und halte nichts für Sünde!
Und trifft der Mann bei seiner Frau dich an, dann haranguier' ihn:
Du seist dir keiner Schuld bewußt, er soll' an Zeus nur denken,
Der selbst der Lieb' und schönen Frau'n nicht widerstehen konnte:
Wie solltest du, der Sterbliche, mehr als der Gott vermögen?
Anwalt der guten Sache:
Brennt deinen Zögling dann im Arsch der Rettichkeil, die Kohle –
Mit welchen Gründen wird er dann dartun: er sei kein Klaffarsch?
Anwalt der schlechten Sache:
Ist er ein Klaffarsch – ei, was schadet's ihm?
Anwalt der guten Sache:
Gibt's denn ein größres Unglück noch für ihn?
Anwalt der schlechten Sache:
Du! – wenn ich jetzt dich ad absurdum führe –?
Anwalt der guten Sache:
Ja, dann verstumm' ich!
Anwalt der schlechten Sache: Nun, so sage mir
Was sind die Advokaten denn?
Anwalt der guten Sache:
Klaffärsche!
Anwalt der schlechten Sache: Recht! das mein' ich auch!
Und dann: was sind die Tragiker?
Anwalt der guten Sache:
Klaffärsche!
Anwalt der schlechten Sache: Wieder gut bemerkt!
Die Demagogen aber, he?
Anwalt der guten Sache:
Klaffärsche!
Anwalt der schlechten Sache: Wird dir's endlich klar,
Daß du ins Blau' hinein geschwatzt? –
Sieh unterm Publikum dich um,
Was siehst du rund herum?
Anwalt der guten Sache: Ich seh' –
Anwalt der schlechten Sache:
Was siehst du, sprich?
Anwalt der guten Sache:
Weitaus die meisten – großer Gott!
Klaffärsche sind's! Ich kenne sie,
Nach einzelnen Zuschauern deutend
Hier einer, da ein zweiter, dort
Der Lockenkopf, und der! und der! –
Anwalt der schlechten Sache:
Was sagst du nun?
Anwalt der guten Sache:
Ihr geilen Böcke jung und alt,
Ich bin besiegt!
Wirft sein Oberkleid in die Orchestra hinunter und springt dann hintendrein
Fangt meinen Mantel auf, ich geh'
In euer Lager über!
Anwalt der schlechten Sache:
Wie nun? Gedenkst du deinen Sohn zurück
Zu nehmen, oder soll ich jetzt ihn lehren?
Strepsiades: Ja, lehr ihn, halt ihn scharf und stutz ihn zu:
Zweischneidig muß sein Maul sein, wie ein Schwert,
Die eine Schneide nur für Lumpenhändel,
Die andre scharf für Kapitalprozesse.
Anwalt der schlechten Sache:
Wart nur! Er wird ein tüchtiger Sophist!
Pheidippides: O freilich, so ein blasser, armer Schlucker!
Chorführerin: Geht hin!
Der Anwalt der schlechten Sache mit Pheidippides ab in Sokrates' Haus
Zu Strepsiades
Ich fürchte nur: du wirst Es bitter einst bereuen!
Strepsiades ab
Chorführerin an die Zuschauer:
Was die Richter profitieren, wenn sie unserm Chor sein Recht
Heute widerfahren lassen, das eröffnen wir euch jetzt.
Nämlich: Wenn ihr euer Brachfeld pflügen wollt zur Frühlingszeit,
Sollt zuerst ihr Regen haben, und die andern hintennach.
Eure Saaten, eure Reben nehmen wir in unsre Hut,
Daß sie nicht durch Dürre leiden noch durch lange Regenzeit.
Doch will einer uns nicht ehren, er, ein Mensch, uns Göttinnen,
Mag er wohl erwägen, welche Strafen unser Zorn ihm droht!
Weder Wein noch andre Früchte tragen wird ihm dann sein Gut;
Fängt der Ölbaum an zu knospen, setzt der Rebstock Augen an,
Schlagen wir sie ihm mit Hagel, mächt'ge Schleudern schwingen wir.
Sehen wir sein Dach ihn decken, regnen und zertrümmern wir
Ihm mit eiergroßen Schloßen alle Ziegel auf dem Haus.
Wenn er oder einer seiner Freund' und Vettern Hochzeit macht,
Soll's die ganze Nacht durch regnen, daß er lieber wünscht', er wär'
In Ägypten heut gewesen, als so dumm beim Urteilsspruch!