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Die Erscheinung unseres Freundes hatte auf den Magnifikus und dessen Tochter einen guten Eindruck zurückgelassen. Jener lobte dessen Bescheidenheit und Lernbegierde, diese seine Wohlgestalt und Höflichkeit. Man beredete sich, und kam überein, ihn in den engern Familienzirkel aufzunehmen, und lud ihn zum nächsten Soiree ein.
Es erschienen einige Collegen des Rektors mit ihren schon ältlichen Frauen, nebst ein Paar Candidaten der Philologie. Doris – so hieß die Tochter – war die Perle, der Edelstein, der Schmuck der Gesellschaft. In ihrer reichen, beinahe zu bunten Robe strahlte sie, wie der Stern der Liebe, zwischen dem matten Geflimmer der Uebrigen hervor. Ihr Auge blitzte unter der rabenschwarzen Nacht ihrer Haarlocken; ein lebhaftes Roth lag, wie Morgendämmerung, auf ihren Wangen, und ihr Busen ruhte, wie ein mondbehellter See, der nur von einem leisen Hauch bewegt wird. – Dieß waren die Gedanken und Gefühle, welche unser Freund im Stillen hegte; und wir übersetzen sie nur in Bilder, wie seine stumme Empfindung, hätte sie Worte gefunden, den neuen, frischen Eindruck bezeichnet hätte.
Wie es denn bei Soireen dieser Art zu geschehen pflegt, wozu man bloß des Anstandes wegen einlädt und kommt, so war auch bei dieser Zusammenkunft die Unterhaltung einsylbig und frostig. Die Damen setzten sich zusammen, und unterhielten sich über Gegenstände weiblicher Bedürfnisse und Wünsche; die Männer standen in vereinzelten Gruppen, gelehrte Materien abhandelnd; unser Freund, nicht gewohnt, in so vornehmer, gelehrter Gesellschaft zu seyn, hielt sich, in schüchterner Abgeschiedenheit, unfern der Thür, von wo aus er sein Auge unverwandt auf Doris ruhen ließ.
Doris! – der Name klang ihm so schön, so reitzend im Ohr, im Gemüthe. Es fielen ihm alle die lieblichen Idyllen ein, darin eine Doris einen Alexis beglückt; er dichtete sich ganz in den anmuthigen Dichter hinein, er übersetzte seinen Namen Fidelis selbst in Alexis, und spielte die Scenen lebendig und in Wahrheit durch, die dort in der Dichtung so anmuthig, so unschuldig sich ausnehmen.
Doris, die unsern Freund ebenfalls nicht aus dem Auge gelassen, bemerkte ungern sein Isolirtseyn. Sie stand auf, und, nachdem sie mit den beiden Kandidaten der Philologie einige freundliche Worte gewechselt, wendete sie sich an Herle, und sagte: »Warum immer so allein? Sie scheinen lange Weile zu haben?« »Holdeste, versetzte Herle, wie kann Jemand allein seyn, der in Ihrer Nähe ist? und wie lange Weile empfinden, der Sie sieht?« Sie schlug die Augen nieder, und wandte sich dann an den Vater, den sie ersuchte, den Herrn Präceptor in's Gespräch und in die Gesellschaft zu ziehen. Magnificus that sein Möglichstes; aber unser Freund war zu sehr mit dem Einen Gedanken an Sie beschäftigt, als daß er besondern Antheil an der übrigen Unterhaltung hätte nehmen können.
Die Gesellschaft ging schon frühe auseinander. Herle war der Letzte, welcher Abschied nahm. Doris selbst leuchtete ihm, und wünschte ihm eine süße, süße Nacht, wofür er mit einem stummen, zärtlichen Handkuß dankte.
Des andern Morgens schickte sie ihm Knigge's Werk »über den Umgang mit Menschen.«