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Als eines Tages der Kurfürst von Bayern, Max III., sich mit der Wildschweinjagd belustigte, was ein gefährliches vergnügen ist, durchbrach ein angeschossener Eber die Bahn und rannte in voller Wut schnurstracks auf den Kurfürsten los, der am nächsten stand. Der Herr wäre ohne Zweifel zu Schaden oder gar ums Leben gekommen, wenn nicht ein Treiber, ein rüstiger und besonnener Landmann, Mut und Gegenwart des Geistes genug gehabt hätte.
Der lief flugs herbei, ergriff den Keiler bei einem seiner Hauer und riss ihn mit einem Riss linksum, so dass das wilde Tier rechtsum und gradaus fortrannte, wo es denn zuletzt von den nacheilenden Jägern vollends erlegt wurde. Der Mann aber hatte sich indes wieder unter dem Haufen der Treiber verloren – und die Sache wäre abgetan gewesen.
Allein Max, der Gütige, als er mittags im nahen Jagdschlosse das Mahl zu sich nehmen wollte, erkundigte sich angelegentlich nach dem braven Landmann und er befahl, dass man denselben aufsuchen und in das Schloss bringen sollte. Das geschah denn – und der Treiber erschien, in seiner zerrissenen Jacke, mit gebräuntem Gesicht und verworrenen Haaren, barfuß.
Als er in den Saal trat, wo der Kurfürst mit seinem Gefolge war, schob er das Hütlein seitwärts über das Ohr herab und blickte mit Scheu auf die Herren, die den Kurfürsten umstanden. Den Herrn selbst aber, der einfach gekleidet war, sah er nicht und es ward ihm unheimlich ums Herz.
Indessen trat der Kurfürst auf ihn zu und mit jener leutseligen Art, die guten Fürsten eigen ist, sagte er zum Manne: »Du hast mir heute das Leben gerettet. Ich danke dir. Nun aber bitte dir auch eine Gnade aus.«
Der Leser wird sich nun den Kopf zerbrechen, um welche Gnade der wackre Mensch den gütigen Kurfürsten gebeten habe. Einhundert bayerische Taler wäre schon etwas gewesen – und ein hübsches Sümmchen. Noch besser irgendein Dienst bei Hof, zum Beispiel der eines kurfürstlichen Ofenheizers oder Hundefütterers oder gar eines Hofstallers; lauter vornehme und einträgliche Bestallungen.
Nichts von alledem fiel unserem Land- und Landsmann ein, sondern er dachte sich ganz was anders; und er drehte dabei das Hütlein zwischen den Händen und lugte so vor sich hin und schwieg. Der gnädige Kurfürst wiederholte nun nochmals seine Worte und sagte noch lauter, er solle sich eine Gnade ausbitten.
Da tat nun endlich der Mann seinen Mund auf und sprach, indem er seine Augen wiederum über die Herren hinschweifen ließ: »Außi wär i gern.« Und ohne Urlaub abzuwarten, wendete er sich um und eilte fort, zu Tür und Tor hinaus.
Abends saß der Mann wieder in seiner Hütte und erlabte sich an schwarzem Brot bei einem Krug Bier und er dachte an Wald und an Hof und dass es dort nicht so unheimlich sei unter wilden Bären, als hier unter Herren. Und es war ihm kreuzwohl.
Da trat noch spät am Abend ein Jäger des Kurfürsten in die Stube und sagte: »Der gnädigste Kurfürst lässt dich grüßen – und das schickt er dir zum Dank, du weißt schon wofür.« Dabei gab er ihm eine Rolle bayerischer Taler. Der Mann sagte: »'s hätt's just nit braucht; aber annehmen tu' ich's; und ich lass mich schön bedanken.« Und er holte drauf ein Fläschlein Branntwein hervor, schenkte dem Jäger ein und trank mit ihm auf die Gesundheit des gnädigsten Landesvaters.