Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Zu Sikyon, welches eine altberühmte Stadt im Peloponnes ist, nahe bei Korinth, früher Mekone genannt, erst jonisch, später durch Phalkes, den Sohn des Temenos, dorisch gemacht, jetzt das Dorf Wasiliko, war einst Kleisthenes Tyrann, der Sohn des Aristonymos, dessen Vater Myron war, des Andrees Sohn. Er hatte eine Tochter, welche Agariste hieß, und hatte sie so lieb, daß ihm nichts schön genug für sie war. Deshalb, als sie in die Jahre kam, wo ein Mädchen reif für den Mann wird, beschloß er, sie nur dem besten unter allen Hellenen zur Frau zu geben, und so ließ er nach den Spielen in Olympia, in welchen er mit einem Viergespanne siegte, durch seinen Herold ausrufen, wer von den Hellenen sich zutraue, gewürdigt zu werden, daß er ihn mit Agaristen vermähle, mache sich nach Sikyon auf, um geprüft zu werden, ein ganzes Jahr. Da gingen viele von den Hellenen hin, stolz auf sich oder die Stadt, um das Mädchen zu freien. Der Tyrann aber richtete alles für sie her, zum Ringen und zum Laufen um die Wette, und war ihnen ein gnädiger Wirt. Es kam Von Italien Smindyrides, der Sohn des Hippokrates, aus Sybaris und. Damasos aus Siris; jener ein höchst üppiger Mann, dieser aber ein Sohn des Amyris, welcher der Weise hieß. Es kam vom Jonischen Meere Amphimnestos, Sohn des Epistrophos, aus Epidamnus. Es kam aus Ätolien Males; dieser hatte zum Bruder Titormos, der alle Hellenen an Kraft übertraf und, wie solche Gewalt und Schwere des Leibes oft das Gemüt betrübt und vergrämt macht, vor den Menschen in den letzten Winkel des ätolischen Landes entflohen war. Es kam vom Peloponnes Leokedes, der Sohn des Pheidon, jenes Tyrannen der Argeier, der zuerst im Peloponnes die Maße gesetzt hat und durch seinen Übermut bekannt war, da er die Kampfrichter der Eleer vertrieben und sich selbst zum Ordner von Olympia gemacht; sein Sohn also und mit ihm des Lykurgos Sohn, Aminthos, aus Trapezunt; ferner aus der Stadt Päos Laphanes, Sohn des Euphorion, der einst die Dioskuren in seinem Hause gesehen hatte und seitdem in Arkadien für seine Gastlichkeit gepriesen war, und der Eleer Onomastos, Sohn des Agäos. Von Athen kam Hippokleides, der Sohn des Tisander, an Reichtum und Schönheit der Erste in der Stadt, und Megakles, der Sohn jenes Alkmäon, der durch seine List über den Krösos berühmt ist. Als ihn nämlich Krösos zu sich nach Sardes rief und, weil er ihm Gutes erwiesen hatte, ihm so viel Gold versprach, als er auf einmal aus seiner Schatzkammer heraustragen würde, zog er sich einen ganz weißen Rock und die größten Schuhe an und füllte nicht bloß diese mit Gold, sondern auch in die Haare des Kopfes streute er es sich und anderes nahm er noch in den Mund, bis er ganz angeschwollen und aufgeblasen war, daß Krösos lachen mußte, als er ihn sah, und ihm noch mehr gab; sein Sohn also war auch da. Und es kam aus Eretria, das damals blühte, Lysanias; dieser war der einzige aus Euböa. Und es kam von Thessalien Diaktorides, aus dem Stamme der Skopagen. Und es kam von den Molossern Alkon. So viele Freier gab es da. Kleisthenes aber, der Tyrann, fragte nun jeden zuerst, woher er war und aus welchem Geschlechte, dann behielt er sie ein Jahr, um sie zu prüfen nach Tüchtigkeit, Erziehung und Wesen, indem er sie, bald allein, bald zusammen verhörte, was ein jeder zu sagen hatte, und die Jüngeren ringen ließ und mit ihnen schmauste. Am meisten aber gefielen ihm die von Athen und noch ganz besonders Hippokleides, der Sohn des Tisander, weil er sehr tüchtig und auch weil er von seinen Ahnen her mit den Kypseliden in Korinth verwandt war. Und da nun der Tag kam, an welchem Kleisthenes sich entscheiden und die Hochzeit bereiten sollte, opferte er hundert Rinder und gab ein Mahl, den Freiern und der ganzen Stadt. Als sie sich von diesem erhoben, wollten sich die Freier noch einmal messen, in Musik und Geselligkeit. Da befahl Hippokleides, den alle bewunderten, dem Flötenspieler, ihm einen Tanz aufzuspielen, und begann, als der Flötenspieler gehorchte, zu tanzen. Und darin gefiel er sich sehr, dem Kleisthenes aber nicht. Dann ließ er einen Tisch bringen, auf den er sprang, und tanzte da zuerst einen lakonischen, dann einen attischen Tanz, zuletzt aber trat er gar mit dem Kopfe auf den Tisch und schwang die Beine hin und her. Kleisthenes aber, der schon beim ersten Tanze nichts mehr von ihm wissen wollte, weil er tanzte und schamlos war, bezwang sich noch, um keinen Gast zu beleidigen; als er ihn jedoch nun gar die Beine schleudern sah, konnte er es nicht mehr und sprach: »Sohn des Tisander, du hast dir mein Mädchen vertanzt!« Hippokleides aber antwortete sofort: »Das macht dem Hippokleides nichts.« Was zum Sprichwort geworden ist. Da gab der Tyrann, um sich für die Ehre zu bedanken, die ihm die Freier erwiesen hatten, indem sie sich um seine Tochter bewarben, und auch, weil sie weit hergereist waren, jedem ein Talent Silbers, dem Sohn des Alkmäon aber, Megakles, gab er Agaristen zur Frau, nach den Gesetzen der Athener. Und sie gebar dem Megakles zwei Söhne, Kleisthenes und Hippokrates. Von diesem stammt ein anderer Megakles und eine andere Agariste. Sie nahm Xantippos zur Frau, der Sohn des Ariphron, und als sie schwanger war, hatte sie einen Traum; sie glaubte, einen Löwen zu gebären. Und nach einigen Tagen gebar sie den Perikles.
Dies erzählt Herodot nach seiner Art; ohne eine Lehre aus der Geschichte zu ziehen. Ich aber habe sie nach ihm erzählt, weil mir kurios ist, wie den sonst doch sehr eitlen Griechen für unvornehm galt, etwas Besonderes zu können oder gar es herzuzeigen. Wer sich plagte, etwas zu tun, war ihnen verdächtig, nichts zu sein. Der freie Mann wirkt genug, indem er ist. Weshalb Philipp, als er hörte, wie stark sein Sohn auf der Laute war, sprach: »Schämst du dich nicht, so schön zu spielen?« Weshalb es im Plutarch heißt, kein besserer junger Mensch, der die Statue des Zeus in Pisa oder der Hera in Argos bewundert, habe sich jemals gewünscht, ein Phidias oder ein Polyklet zu sein. Der freie Mann hört zu, sieht an und genießt sich.
Und immer wieder, von Zeit zu Zeit, will ich mir, will ich euch diese Geschichte vorerzählen.