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Bei dem feuerroten gedoppelten Kamm meines Hofhahns und dem rosenfarbenen Futter der schwarzen Pantöffelchen meiner Liebsten! Bei allen Hörnern aller Hahnreie – die ich über alles liebe – und bei der Tugend ihrer hochheiligen unberührbaren Ehefrauen:
Nicht die vielgerühmten Heldenlieder göttlicher Sänger, nicht die schönste Musik, nicht die stolzesten Schlösser, blühenden Schildereien und Bilder der Heiligen und der Könige, kühn aus Stein gehauen, auch nicht die weißbewimpelten Schiffe auf dem blauen Meer sind das Schönste, was der Mensch hervorbringt: von allem, was vom Menschen kommt, das Schönste sind die Kinder. Und sie sind es so lange, als sie eben Kinder sind. Denn danach werden sie Mann und Weib, werden die gleichen Tölpel wie die Alten, nehmen Vernunft an und, bei Gott, sind kaum mehr wert, was sie gekostet haben. Die Schlimmsten sind noch die Besten. Aber betrachtet einmal die Kleinen, wie sie anmutsvoll spielen mit allem, was ihnen in die Hände kommt, mit einem Werkzeug, das sie sich vom Brett holen, mit einem alten Schuh; betrachtet, wie sie das, was sie satt bekommen, liegenlassen und nach dem schreien, was sie haben wollen, wie sie überall Zuckerwerk und Eingemachtes erschnüffeln, wie sie an einem Backwerk knuspern und immer aufgelegt sind zum Tollen und Lachen, sobald nur ihre Zähne hervorbrechen. Betrachtet sie, und ihr werdet zugeben müssen, daß sie einfach entzückend sind. Sie sind Blüte und Frucht zugleich, Frucht der Liebe und Blüte des Lebens.
Nichts Heiligeres und Köstlicheres als ihre Einfälle und ihre Art, sich auszudrücken, solange sie noch nicht von Altklugheit angesteckt sind und ihr Geist sich nicht in der Sudelküche des Lebens beschmutzt hat. Die höchste geistige Anmut könnt ihr bei ihnen lernen. Kein Erwachsener, das ist so wahr wie die doppelte Verdauung eines Ochsen, wird ihnen das je gleichtun. Die Naivität der Großen ist durch die Vernunft immer mehr oder weniger verdorben, die Naivität der Kinder ist rein und lauter wie die heilige Natur. Ihr könnt das aus folgendem ersehen.
Die Königin Catherine war damals noch Kronprinzessin, und um sich ihrem Schwiegervater, dem König, dem es schon recht schlecht ging, angenehm zu machen, schenkte sie ihm von Zeit zu Zeit eine italienische Schilderei, da sie wohl wußte, wie sehr er sie liebte, der einst der Freund des Meisters Raffael von Urbino und des großen Leonardo da Vinci gewesen war, denen er namhafte Summen zugewendet hat. Und so erhielt sie von ihrer Familie, die die vorzüglichsten dieser Werke besaß, da ihr Vater, der Herzog Medici, damals der Herr von Toskana war, eine äußerst kostbare Schilderei, die ein Venezianer namens Meister Tizian gemalt hatte, der Hofmaler des Kaisers Karl, der ihn über alles schätzte. Auf dieser Tafel waren Adam und Eva abgebildet, wie Gott sie im Paradiese erschaffen hatte, in Lebensgröße und im Kostüm ihrer Zeit, worüber kein Zweifel bestehen kann; nämlich, sie waren bekleidet mit ihrer Unschuld und umhüllt mit dem Wohlgefallen Gottes, was sehr schwer nachzubilden ist, besonders mit Farben, worin aber der genannte Meister Tizian sich in hohem Grad auszeichnete. Dieses Gemälde wurde in dem Zimmer des armen Königs aufgehängt, der von der Krankheit, an der er später starb, schon damals sehr geplagt wurde, und war am ganzen Hofe viel des Redens von dem genannten farbigen Schilderwerk, also daß ein jeder es gern gesehen hätte. Doch dieser Wunsch ward auch nicht einem einzigen erfüllt, solange der König lebte, der das Bild immer in seiner Schlafkammer behielt.
Eines Tages brachte die Kronprinzessin ihren Sohn Franz und die kleine Margarete zum König, die gerade anfingen, wie Kinder ihres Alters alles herauszuschwatzen, was ihnen in den Sinn kam. Sie hatten hie und da etwas aufgeschnappt, wenn von den genannten Abbildungen Adams und Evas die Rede war, und verhehlten nicht ihre Neugierde, etwas zu sehen, wovon jedermann sprach. Da nun ohnedies die Gegenwart der Kinder den König schon oft erheitert hatte, gab die Mutter ihrem Drängen nach und führte sie hin. »Ihr wolltet Adam und Eva sehen, die unsre ersten Eltern waren«, sagte sie. »Hier sind sie.«
Damit ließ sie die beiden Kinder, die große Augen machten, vor der Malerei des Meisters Tizian und setzte sich an das Krankenlager des Königs, dessen Miene sich aufheiterte beim Anblick seiner Enkel.
»Du«, sagte der zehnjährige Franz, indem er Margarete am Ärmel zupfte, »wer ist nun der Adam von den beiden?«
»Du bist recht dumm«, erwiderte die Kleine, »um das sagen zu können, müßten sie erst Kleider anhaben.«
Diese Antwort entzückte den König über alles, und Frau Catherine berichtete sie in einem Briefe nach Florenz, und da sie bis jetzt von keinem Gelehrten ans Licht gezogen wurde, möge sie, einer seltenen Blüte gleich, still in einem Winkel dieser Geschichten stehen, obwohl sie bei Gott wenig damit gemein hat und wir auch keine andre Lehre daraus entnehmen können als die, daß wir erst fleißig für Kinder sorgen müssen, wenn wir aus ihrem Munde so schöne Worte hören wollen.