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Im menschlichen Leben, wie der gelehrte und sinnreiche de la Serre saget, ist nichts verdrüßlicher als das Leben selbst. Wie wahr dieser Sentenz sei, probieren alle unsere Zustände und die häufige Eitelkeiten, derer wir in diesem mühsamen Leben schwerlich entbehren können. Mich anbelangend habe ich dazumal tausendmal gewünschet, bei meinem Vater und lieben Kinde im Grabe zu liegen, als dieses unglückliche Rund noch länger mit so großer Leibes- und Seelengefahr zu betreten. Dahero war das Seufzen mein einiger Trost, außer welchem mich sonst nichts erquicken konnte. Denn was heißt es anders, ein Mensch sein, als alles Unglück zum steten Begleiter haben? Was ist der Mensch anders als ein geringer Ball, welcher von jedem spielenden Wind bald da-, bald dorthin geworfen und verworfen wird. Heute überfället uns eine traurige Post, morgen Gefahr, übermorgen Krankheit, und also bringet ein jeder Tag, nach den heiligen Worten, seine eigene Plage mit sich. Wir lassen uns in der Welt stets quälen und werden von dem Verlangen, reich und groß zu werden, stündlich gemartert und gepeiniget. Aber um die wahre und ewige Ruhe sehen wir uns nicht einen Augenblick um, gleich als wären wir dummes Vieh, das nach diesem kein anders Leben zu hoffen hat.
Alle diese Gedanken machten mich, unerachtet eine große und kurzweilige Gesellschaft beisammen war, trefflich melancholisch, also daß ich unter währendem Leichenschmaus meistens mit den Geistlichen conversieret, welche aus einem Kloster, die Exequien zu vollziehen, berufen worden. Nichtsdestoweniger hatten Philipp, Dietrich, Wilhelm und die andere ihren sonderlichen Spaß vor sich, indem sie bald da, bald dorten ein Gelächter angerichtet und auf die Gegenwart der beiden Religiosen wenige Acht gegeben haben.
Auf daß meine Grillen nun nicht zu tief einwurzelten, zündete man nach vollendetem Essen eine Pfeife Tobak an, bei welchem ein ziemlicher Teil meiner verdrüßlichen Gedanken mit dem Tobaksrauch in die Luft aufgeflogen. Unter solchem Zeitvertreib wurde eine kurzweilige Histori nach der andern auf die Bahn gebracht und absonderlich von des Barthels auf der Heide seinem Leben erzählet, wie arglistig er in allen seinen Handlungen gewesen. Der Advocat war vor diesmal mit unter der Gesellschaft, und weil er wider ihn vor Gerichte gedienet, wußte er die Haupt-Causen viel mehr als keiner unter uns. »Er hat sich«, sprach der Advocat, »oft als ein Bettler, oft als ein Schüler und oft als ein verdorbener Organist angekleidet, ist mit Brotsäcken, Büchern und Instrumenten bald in diesen, bald in jenen Edelhof geschlichen, daselbsten alle Gelegenheiten auszuspeculieren, wie er mit seiner Gesellschaft einbrechen, stehlen oder sonst einen Unrat anrichten könnte. Was sie auf den Dörfern oder Schlössern gemauset, haben sie auf einen hohen Kirchturm getragen, auf welchem sie den hin und wider Reisenden aufgepasset und großen Schaden getan haben. Sie waren so listig, daß gemeiniglich ihrer drei sich in lange Capuzinerröcke verkleideten. Wenn nun jemand auf der Straßen geritten oder gegangen kam, eileten sie vor die Kirche, baten um ein Almosen und gaben vor, daß in dieser Kapelle ein Miraculbild anzutreffen wäre, dergleichen noch nie an keinem Ort des Teutschlandes gesehen worden. Durch dieses lockten sie die Reisende an sich, und wenn solche in der Kirche hin und wider umguckten oder die Orgel betrachteten, so verstimmten die Vögel ihre Pfeifen, liefen zusammen und verschlossen die Türen. Also schnitten sie manchem ehrlichen Kerl den Kragen ab und würfen ihn hernach in eine alte Gruft, wo weder Sonn noch Mond hinscheinen konnte.«
Ich erinnerte mich aus der Rede des Advocatens, daß uns bei Herren Wilhelmen, als wir seine Kapellen und den Altar mit der Amalien Bildnis betrachteten, eben ein dergleichen Vagant mit seinem Clavichordio aufgestoßen, welcher sich vor einen alten und vertriebenen Organisten oder Schulmeister von Weireck ausgegeben, hernach aber, als wir ihm genau auf die Kolbe gelauset und ihn wegen der Musik examinieren wollten, in der Flucht seinen grauen und angemachten Bart verloren, darum gaben wir auf die Erzählung des Advocats genauere Achtung, weil er alle Sachen mit sonderlicher Bescheidenheit vorzubringen wußte.
»Wer ihn«, sprach der Advocat weiter, »die Zeit seines Lebens einmal communicieren gesehen oder wer aufs wenigste nur weiß, daß er daran gedacht habe, dem will ich tausend Taler schuldig sein und von dato an verinteressieren. Auf den Almosenkasten in Kirchen hatte er unverwandte Augen, nicht, daß er etwas hineinlegen, sondern daß er durch sein mit Vogelleim geschmiertes Fischbein aus demselben die Pfennige herausfischen möchte. Ehe da wir noch Feinde zusammen waren, ritt ich einsmals mit ihm übers Gebirg. Vor der Kapelle, die an der hohen Spitze stehet, und da eine große Wallfahrt hin geschiehet, saß ein armer Mann, welcher mit seinem Hut gegen unsere Pferde gegangen kam, ein christliches Almosen zu fodern. Der Barthel sah schon, wieviel es geschlagen, und daß der Bettler über einen halben Taler Pfennige und Kreuzer im Hut hatte, nahm ihm also solchen geschwind aus der Hand; und ich hatte genug zu tun, daß ich ihm mit dem Pferd den Wald hinein folgen konnte, weil uns viel Leute samt etlichen Bettlern an der Krucken nachgelaufen sind. Ich habe mich über ein Jahr, aus Furcht, angepacket zu werden, daselbst nicht dörfen blicken lassen, und weil ihn der Bettler, dem er das Geld gestohlen, einen Spitzbuben hieß, nagelte er den leeren Hut, als wir abends vor ein Hochgericht ritten, noch darzu an den Galgen.«
Dieses redete der Advocat von dem liederlichen Leben des nunmehr mehr als unglückseligen Barthels. Andere erzählten ein anders, aber lauter solche Stücklein, daraus man wohl abnehmen können, daß sein Leib mit einer ziemlichen Schelmenhaut überzogen gewesen. Und also verlief sich dazumal unsere Zusammenkunft, weil man aus einem solchen Convent keine große Fechtsprüng tun darf. Mir aber war nach Hinwegscheidung meiner guten Freunde nichts Angenehmere als die Einsamkeit, und wo ich nur einen Bettler oder sonsten einen landstreichenden Vaganten auf der Straße oder vor meinem Schlößlein sah, der mußte mir um ein gutes Trankgeld seinen Lebenslauf erzählen, dadurch ich mir, nebenst Anmerkung der besten Sachen, zugleich meine traurige Zeit trefflich vertrieben habe.
Einsmals, als ich ganz alleine saß und in dem Leben der alten Heiligen las, wie elend und mühselig sie auf dieser Erden ihr Leben zugebracht, auch in was großer Verfolgung und Betrübnis sie unter den Menschen herumgewandert, kam mir zugleich eine große Lust an, ihnen nachzuahmen, und ob ich mir gleich, ein großer Heiliger zu werden, nicht getrauete, noch viel weniger verlangte, daß mein Name dermaleins sollte in den Calender gesetzet werden, wollte ich nichtsdestoweniger so viel möglich mich aller Einfalt und Andacht befleißen, daß ich zum wenigsten ein sichers Gewissen davontragen und meine Seligkeit desto besser befördern könnte. Denn wenn ein frommes und gottseliges Leben keinen andern Lohn zu gewarten hätte, so wäre doch dieses überflüssig, ja mehr als genug, daß es gemeiniglich einen seligen Tod nach sich ziehet. Qualis vita, mors ita, sagten die Alten; das ist: Wie das Leben, so ist gemeiniglich auch der Tod. Wie der Körper, so ist sein Schatten, wie der Anfang, so das End. Diese Gedanken unterhielten mich in großem Vergnügen, und ich las mit Lust und Wunder, wie in einer grausamen Wüsten der heilige St. Meinrad gelebet, welcher ehedessen am Bodensee und zu Zürch ein Mönch und sehr wegen seines heiligen Lebens bekannt gewesen.
Indem kommt ein alter Mann vor das Tor, der verlangte von dem Torwärter ein Almosen und gab sich zugleich aus vor einen alten Soldaten, der ehedessen unter den Kaiserlichen und anderen gedienet hätte. Dieses machte mich, wie mein Gebrauch war, begierig, seiner Erzählung absonderliche Audienz zu geben, rufte ihn derohalben zu mir und fragte ihn, woher er wäre und warum er sich anitzo so miserabel durchbringen müßte. »Ihr seid,« sagte ich, »wie ich höre, ehedessen unter dem berufenen Wallensteiner ein Soldat gewesen?« – »Ja,« sagte er, »Herr, ich bins gewesen, und warum es mir so übel gehet, ist teils mein Alter, allermeistens aber mein großes Unvermögen und Armut daran schuldig, und Euer Gestreng wissen wohl, wie es abgedankten und alten Soldaten zu gehen pfleget. Turpe senex miles, ein alter Soldat taugt weder zu sieden noch zu braten, und geht ihm wie dem Hund im Aesopo, welcher, nachdem er auf der Jagd seinen meisten Fleiß und Mühe angewendet, auch sich sonsten seinem Herren in allem treu erwiesen, endlich im hohen und unvermögenden Alter zum Puffer geschicket worden, allwo man ihm seine getreue Haut für seine geleistete Dienste über die Ohren abgezogen hat.«
Als ich hörte, daß diesem Alten das Maulleder noch so hurtig und geschliffen war, wies ich ihm einen Stuhl, daß er sich daraufsetzte und mir mit seiner ferneren Erzählung die Zeit vertriebe, doch daß es ohne seine Ungelegenheit geschehe. »Es ist mir«, sagte er darauf, »ganz keine Ungelegenheit, sondern eine hohe Ehre und stattliches Wohlgefallen, daß ich nicht allein in Gesellschaft Euer Gestreng hier sitzen, sondern noch darzu von meiner heutigen Reise ein wenig ausruhen kann. Der Baum, welcher keine Früchte tragen will, der gibt auch keine Blüte. Also macht ichs in meiner Jugend, indem ich meinen Vater, welcher ein reicher Bauer in einem nächst gelegenen Dorfe gewesen, im sauren Schweiße auf dem Felde arbeiten lassen, da ich indessen in der Dorfschenke eines nach dem andern ausgestochen und meine Pfeife Tobak dazu geschmauchet habe. Ich dachte, mit Feiren würde man fett; aber ich sollte billig dabei gewußt haben, daß man auch dadurch ins Verderben gerate. Also gewohnte ich das Junkern-Handwerk beizeiten, und wenn meine Mutter dort und dar etwas einsammiete und einen guten Markttag mit ihren Käsen, Butter und Eiern gehabt, so konnte ichs in einer halben Stunde durch die Gurgel jagen, was sie kaum in vier Tagen mit großem Fleiß und Mühe gemolken und ausgebuttert hatte. Ich hängte mich an die allerliederlichsten Schlingel in dem ganzen Dorf und verzehrte mit denselben nicht allein viel Geld, sondern mußte oft darzu bald auf diesem, bald auf jenem Kirchmeßtag meinen Hut und Rock zum Unterpfand in dem Stiche lassen. Mit der Karte wußte ich besser umzuspringen als mit den abc-Blättern, und kannte den Pamphilius viel besser als unsern Altar in der Kirchen, weil ich auf diese Stunde nicht weiß, was oder welche Figur darauf gemalen war.
Aus diesem Luder geriet ich immer in ein größers, also daß ich zur Bauerarbeit nunmehr ganz keine Lust hatte. Ich lernete demnach das Schmiedehandwerk; und als die Lehrzeit herum war, freuete sich mein Meister viel mehr als ich, weil er meiner los konnte werden, indem ich ihm zeit meiner Lehr so viel und mannigfaltige Possen gerissen, daß ich unmöglich an alle gedenken kann. Nach diesen Lehrjahren wanderte ich nach Dresden und arbeitete daselbst vor dem Pirnischen Tore zwei Jahr, als gleich der Krieg im westfälischen Kreise anging. Von da aus war ich willens, mit noch einem meinesgleichens ins Reich hinauszuwandern und die Reichsstädte zu besehen, alsdann, wenn wir solches getan hätten, wollten wir gar in Österreich, Ungarn und Siebenbürgen hineinreisen, daß wir nicht unter den Burschen wie Maulaffen sitzen dörften, die von nichts als solchen Geschichten zu reden wissen, die sich hinter dem Ofen in der Bratröhre zugetragen haben.
Demnach reiseten wir gen Erfurt im Thüringerland. Als wir aber nach Weimar kamen, gingen daselbst große Werbungen vor, und war fast kein Dorf, darinnen man nicht das Kalbfell rühren hörte. Man hat etliche Handwerksbursche mit Gewalt auf offener Straße angepacket und sie Dienste anzunehmen wider ihren Willen gezwungen. Ingleichem nahm man auch die Fronknechte und Salzkärrner hinweg, daß wir also nirgends wohl einkehren oder uns sonsten haben dörfen sehen lassen. Dennoch wollte es mit uns nicht hotten, sondern wurden von einem Corporal in einem Wald ertappet, welcher in der erst gar mit gelinden Worten an uns kam. Ich merkte wohl, auf was für eine Ziffer er seinen Zeiger stellen würde; darum ergaben wir uns im guten, und bekam der Mann drei Reichstaler nebenst der Mundierung auf die Hand. Also ward ich ein weimarischer Musquetierer und bekam täglich drei Groschen, solange ich in derselben Gegend im Quartier lag.
Dazumal war der Wallensteiner an der Weser sehr beschäftiget, darum kam der Fürst von Weimar dem Braunschweiger zu Hülf und schickte zwei schöne und wohlmundierte Regimenter an die Saale nach Bernburg. Von da aus gingen wir an der Seite gegen dem Harze und so fort bis an ein Städtlein, welches schon braunschweigisch war und Dernburg heißet. Unsere Obristen hatten von dem Fürsten von Braunschweig an die Stadt eigenen Befelch und geschriebene Briefe, daß sie uns einlassen sollten. Nichtsdestoweniger wiesen uns die Bürger spöttlich ab und gaben weder auf unsere Obristen noch auf den geschriebenen fürstlichen Befelch etwas, schössen auch endlich mit gezogenen Röhren von der Mauer und machten unser mehr als funfzehen Kerl zuschanden.
Dieser Frevel tat den Unsrigen, wie leichtlich zu erachten, sehr wehe. Die Obristen zogen sich wieder zurück und schickten allenthalben auf die Dörfer um Speck, welcher in dem Lande häufig und wohlfeil zu bekommen war. Als man dessen einen großen Korb voll angebracht, mußte solcher in gewisse Schnittlein, etwan einer Hand lang und breit, geschnitten und alsdann dicht aneinander an das Stadttor genagelt werden, welches sehr stark mit eisernen Bänden und Schlössern versehen war. Nach solchem zündete man das Tor mit Schwefel und Pech an, und der angenagelte Speck schlug dergestalten in die Flamme, daß, unerachtet in dem daraufgebauten schönen Torhaus mit Bier und Wein von den Bürgern heruntergegossen worden, solche nichtsdestoweniger nicht hat können gedämpfet noch ausgelöschet werden. Durch dieses Speckfeuer wurden die Band mürb und zerrissen. Innenher war noch ein Tor, aber nicht halb so fest als dieses, jedennoch hatten die Bürger den Raum zwischen diesen beiden mit Wägen, Mist und Leitern ziemlich verbauet und befestiget, welches aber alles zugleich in die Flamm geraten ist. Durch dieses Mittel bemächtigten wir uns der Stadt mit Gewalt, und war unter der Bürgerschaft große Confusion, weil fast an allen Glocken Sturm ist geschlagen worden.
Es haben sich ihrer nicht wenig in die Kirche retiriert, und dieselbe hatten wir Befelch, allerdings zu verschonen und bei Verlust Leibs und Lebens nicht anzugreifen. Aber sonsten war alles in die Rapuse gegeben, und wer am meisten zugreifen konnte, der bekam auch das meiste. Die Kirche aber wurde mit einer Salvaquarda versehen, worinnen sich die Vornehmsten der Stadt aufgehalten haben. Ich war damals noch ein junger Gelbschnabel, der nicht gar übrig viel in der Welt gesehen hatte, darum riß ich Maul und Augen auf, wie rips und raps alles untereinander ging. Wie es andere Kameraden machten, so machte ichs auch und ließ die Waldvögelein für die Verantwortung sorgen. Da wurde keines Menschens verschonet, und wer nicht wollte niedergebüchset werden, der hatte zu tun, daß er sein Leben auf den Knien erbettelte.
Wo es uns in einem Hause nicht anstund, liefen wir in das andere, und geselleten sich immer sechs und sechse zusammen, welche sich in den Raub oder, daß ich als ein Soldat rede, in die Beute teileten. Als wir nun unsern Beutel aufs beste gespicket, sagte ein alter Tarnister, welcher vielleicht öfter als einmal dabeigewesen: ›Nun laufet hin, wo Weinkränze heraushängen, und saufet euch wacker voll!‹ Das taten ich und mein Kamerad. Als wir aber vom Wein ganz eingenommen und uns weder auf gestern noch morgen besinnen konnten, verkaufte der alte Schelm das gestohlene Gut und sagte hernachmals, es war ihm, als er gleichwie wir in einem Keller gesessen, gestohlen und gemauset worden. So liederlich kamen wir junge Bursche um die Beute und mußten uns von andern noch auslachen lassen darzu. Des andern Morgens steckten wir das Städtlein in Brand und zogen wieder ab, nachdem die Bürger und Inwohner sozusagen gleichsam im Hemde sitzend zurückgelassen worden. Das hatten sie davon, daß sie auf uns ohne Ursach Feuer gaben und den Befelch ihres Fürstens so geringschätzten.
Bald darnach stießen wir zu den Braunschweigischen, und wurde die ganze Armee auf offenem Feld vom Fürsten selbst gemustert, allwo Compagnie vor Compagnie durchgehen mußte. Es war ein herrlich schön Volk, mit welchem allem Ansehn nach ein großer Sieg hätte können erhalten werden. Aber wenn das Unglück im Spiel ist, so mischt man die Karte zu seinem eigenen Verderb, wie uns denn bald drauf geschehen ist, als wir dem General Tilly an die Weser entgegengegangen, der sich mit dem Wallensteiner conjungieren sollte. Er war lang nicht so stark wie wir, und weil ein unsriger Obrister, wie man sagte, unter dem Hütlein spielte, auch mit dem Feind in guter Bekanntschaft stund, wurden am hellen Tage, innerhalb zwei kurzen Stunden, unser siebentausend bei Iserlohn in Westfalen geschlagen und die andern in die Flucht getrieben.
In diesem ersten Haupttreffen hatte ich auch ein Hauptunglück, und traf mich ein recht jämmerlicher Zustand, indem ich nicht allein mit einer Kugel in den linken Fuß, mit einer anderen in den Rückgrat geschossen, sondern mir noch darzu von einem Croaten die Hirnschale fast entzweigespalten worden. Diesen Hieb, welchen ich meines Zeichens hier habe,« – hiermit zeigte er mitten auf den Wirbel – »schmerzet mich bis in mein hohes Alter und muß dadurch, gleichsam als einen Calender, die Abwechselung des Monden und anderen Wetters erfahren.« Als er bis daher geredet, trank ich ihm einen Becher Wein auf Gesundheit aller rechtschaffenen Soldaten zu, damit er hernach desto frischer in seiner Erzählung fortfahren konnte.