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Erstes Kapitel.
Jugendzeit in Amsterdam.

Holländer von Geburt und seinen Heimatsrechten nach, gehörte Spinoza durch seine Abkunft bekanntlich den aus der pyrenäischen Halbinsel vor den Verfolgungen der Inquisition nach den Niederlanden geflohenen Juden an. Erst um die Wende des Jahrhunderts hatten sie eine gesicherte Freistatt dort gefunden, wohl weniger aus religiöser Duldung als aus kluger Berücksichtigung der von ihnen mitgebrachten Reichtümer und ihrer mannigfachen Handelsbeziehungen. Die von ihrem langwierigen Unabhängigkeitskampf schwer heimgesuchte Republik erlangte dadurch eine willkommene Stärkung ihrer wirtschaftlichen Überlegenheit den spanischen Unterdrückern gegenüber. Beim Tode ihres gemeinsamen Peinigers, Philipps II., 1598, war die Ansiedelung der Juden bei den Niederländern nicht über die dürftigsten Anfänge hinausgekommen; man war geneigt, sie für Spione im Dienste der Spanier und die mosaische Bekennerschaft nur für eine Maske zu halten. Wohl hatten sie bereits seit dem eben gedachten Jahre ein Bethaus in Amsterdam, bis 1610, wo mittlerweile die fortwütenden Religionsgräuel in Spanien und Portugal neuen Zuzug an israelitischen Flüchtlingen gebracht, schon ein zweites errichtet werden konnte. Die Bethäuser wurden jedoch während der bald darauf ausgebrochenen Streitigkeiten zwischen den Remonstranten und ihren Gegnern zeitweise geschlossen und die weitere Duldung der Juden als solche »die den Heiland geschmäht« in Frage gestellt. Allerhand einschränkende Verordnungen mußten sie über sich ergehen lassen, und erst dem energischen Einfluß des damaligen Statthalters, Moritz von Oranien, glückte es, ihre Stellung dort für immerdar zu sichern. Mit ihrer Hilfe war namentlich die für den Wohlstand der Niederlande so überaus bedeutende Ostindische Kompagnie gegründet und die Juden selbst durch ihre Geschäftstüchtigkeit und Welterfahrung dem mittlerweile zu hoher Blüte gelangten Amsterdam, wo sie am zahlreichsten sich eingefunden, unentbehrlich geworden. Mit der Wohlhabenheit des Gemeinwesens, das ihnen eine neue Heimat geschenkt, wuchs das Ansehen der dort wohnhaften Juden, die außer durch ihre Handelsthätigkeit auch als Ärzte und Gelehrte wirkten, überhaupt durch Bildung und edle Lebensgewohnheiten sich vorteilhaft auszeichneten und die gegen sie bestehenden Vorurteile schwinden machten. Schon während der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts waren sie in Besitz von dreihundert stattlichen Häusern und hatten die Zahl ihrer Tempel um einen dritten vermehrt. Graetz, Geschichte der Juden, Leipzig 1866, Bd. IX, S. 513 ff.; Bd. X, S. 2 f.

In der Nähe eines der älteren dieser Tempel wurde Spinoza am 24. November 1632 geboren. Seine Eltern, vielleicht beide aus Portugal nach Amsterdam eingewandert, bewohnten dort ein Haus auf dem sogenannten Burgwall. Colerus, zu Anf. seiner Aufzeichnungen. Auf Grund einer briefl. Äußerung Spinozas, er habe einen um 1644 zu Valladolid verbrannten Israeliten gekannt, hat Graetz die Vermutung aufgestellt, Sp. sei in Spanien geboren und mit 15 Jahren nach Amsterdam gekommen. Das erzwungene dieser Annahme hat B. Auerbach (biogr. Einl. z. seiner Übersetzung d. Werke Spinozas, Bd. 1, S. XXII, Anmerk. 1) treffend nachgewiesen. Seinen Einwänden wäre noch folgendes hinzuzufügen. Davon ganz abgesehen, daß Spinoza, als Jüngling aus Spanien kommend, außer dem Latein, das er in Amsterdam erlernte, gleichzeitig auch noch das Holländische sich hätte aneignen müssen, das ihm als Muttersprache galt, scheint es doch mehr als zweifelhaft, daß er bereits in Spanien, wo die Juden keine freie Religionsübung genossen, zum Rabbinat bestimmt worden sei, was jedenfalls seinem Erlernen des Latein um etliche Jahre voraufgegangen. Zudem gehörte er ja der portugiesischen, nicht der spanischen Judenschaft an, und gar sonderbar erscheint es, daß der zwölfjährige Knabe (1644) aus Lissabon oder Oporto, von wo seine Angehörigen stammten, eigens des Autodafé wegen nach Valladolid gereist wäre. Daß er geborener Niederländer gewesen, steht wohl außer jedem Zweifel und gründet sich, wie das genau bekannte Datum seiner Geburt, mutmaßlich auf seine eigenen Angaben. Der Vater, Michaël de Spinoza, dem Handelsstande angehörend, soll zu den angeseheneren und wohlhabenderen unter den Stammesgenossen gerechnet worden sein. Seine Frau, Esther mit Namen, B. Auerbachs Briefe an Jakob Auerb. Bd. 2, S. 374. hatte ihm drei Kinder geboren, davon das älteste und jüngste Töchter, und zwischen ihnen beiden den einzigen Sohn, dem sie den Namen Baruch gegeben hatten.

Aus seinen Kinderjahren und über seine Entwickelung bis zum reiferen Jünglingsalter sind uns keinerlei Nachrichten erhalten. Wir haben ihn uns als schwächliches Kind zu denken, das mehr sinnend und still beobachtend als in der Weise kräftiger, munterer Knaben heranwuchs, denen das Beisammensein mit Altersgenossen ein Element des Gedeihens und Wohlbefindens ist. Eine unter jenen Umständen leicht geweckte Frühreife dürfte auch ihn ausgezeichnet und wohl mit dazu beigetragen haben, daß man ihm das Rabbinertum als Lebensberuf bestimmte. Colerus, dessen Mitteilungen über Spinoza etwa 30 Jahre nach seinem Tode gesammelt und niedergeschrieben worden, läßt das Lateinstudium demjenigen der Theologie voraufgehen; Lucas giebt in seinen biogr. Aufzeichnungen das Verhältnis in der von uns befolgten und weit denkbareren Weise an. Es ist nicht der einzige Punkt, wo die Angaben des Colerus einer Richtigstellung bedürfen. Vrgl. auch Graetz, Bd. X, S. 170. Es mag dies in der stolzen Hoffnung geschehen sein, er werde einst als Zierde der mosaischen Gemeinde glänzen, dem Glauben der Väter mit eben der Liebe und Begeisterung zugethan, von denen die Stammesgenossen beim Erdulden der endlosen Verfolgungen in ihrer südlichen Heimat viele hervorragende Proben abgelegt hatten. Seine Erziehung dürfte schon frühzeitig eine dem entsprechende Richtung bekommen haben. Namentlich mögen die von Geschlecht zu Geschlecht sorgfältig gepflegten Religionsbräuche, wie sie das ganze Leben des gläubigen Juden regeln, dem heranwachsenden Knaben mit peinlichster Genauigkeit beigebracht worden sein, damit er künftig als Muster darin voranleuchten könne.

Alle die mannigfachen Äußerlichkeiten, die eine unbedingte Ausübung heischten und bei den Glaubensgenossen auch fanden, werden dem empfänglichen Gemüte des reichbegabten Kindes früh zu denken gegeben haben. Es wird ihm aufgefallen sein, daß die an den wöchentlich wiederkehrenden Festtagen vorgenommenen Andachtübungen die ausschließliche Beschäftigung sein müßten, neben der jede andere zu sonstigen Zeiten durchaus zulässige als sündhaft galt. Nicht minder wird es ihn bei den verschiedenen Speisegeboten und -Verboten, die zeitweilig mit gänzlicher Enthaltung von jeglicher Nahrung abwechseln, befremdet haben, daß dies als eine besondere gottwohlgefällige Einrichtung empfohlen wurde. Ebenso wird bei den zahllosen Vorschriften über das persönliche Verhalten und über den Verkehr mit Glaubensgenossen und Andersgläubigen der Umstand ihm nicht entgangen sein, daß an das pünktliche Befolgen dieser Verordnungen die Verheißung steten Heils und Wohlergehens geknüpft war, ohne daß der gleiche Segen denen versagt war, die außerhalb der Glaubensgenossenschaft standen, dem angeblich auserwählten Volke in vielem überlegen waren und ihm die Wohlthat einer gesicherten Freistatt in ihrer Mitte erwiesen hatten.

Zur Stärkung der Anhänglichkeit an den angestammten Glauben mochte ihm wohl häufig das Beispiel der vielen Märtyrer vorgehalten worden sein, die unter den der spanischen Inquisition verfallenen Glaubensgenossen gerade um die erste Jugendzeit Spinozas für den Mosaismus ihr Leben gelassen. Es waren nicht nur Leute dabei, die äußerlich zum Katholiszismus haltend heimlich dem jüdischen Bekenntnis und seinen rituellen Bräuchen anhingen; sogar von geborenen Christen wußte man zu erzählen, die sich freiwillig dem Judentum zugewandt und ihr offenes Bekenntnis dafür mit dem Scheiterhaufen gebüßt hatten. Graetz, Bd. X, S. 101 f. Hier wird auch der oben, Anmerk. 2, gedachte Märtyrer genannt, dessen Spinoza mit den Worten » ipse novi« erwähnt. Daß bei ihm dieser Ausspruch offenbar nicht in der Bedeutung einer persönlichen Bekanntschaft, sondern in dem des Bekannthabens, Bescheidwissens, gebraucht ist, hätte B. Auerbach ebenfalls gegen Graetz anführen können. Doch nicht nur aus der Ferne gab es bewunderte Opfer zu Ehren des mosaischen Glaubens, deren häufig genug in häuslichen Kreisen gedacht werden mochte; auch in Amsterdam selbst hatte der Glaube der Väter seine Gewalt bei einem erschütternden Vorfall bewährt, der sich zugetragen als Spinoza gerade acht Jahre alt war.

Im Frühling 1640 hatte sich nämlich dort der mit seiner Familie 1618 aus Spanien herübergeflüchtete Uriel da Costa aus Erbitterung über seinen mittlerweile eingetretenen Zerfall mit dem Judentume selbst entleibt. Nachdem er gerade diesem Glauben zulieb nach Holland gekommen, hatte er das Christentum, in dem er geboren war, abgeschworen, ohne den erhofften Seelenfrieden in dem freiwillig angenommenen Bekenntnisse zu finden. Seine Zweifel richteten sich gegen beide Bekenntnisformen, und eine dies offen bekundende Streitschrift veranlaßte zu einem gemeinsamen Vorgehen der jüdischen Gemeindevorsteher mit der Amsterdamer Stadtbehörde. Jene verklagte ihn bei dieser als Gegner der alten wie der neutestamentlischen Lehre, worauf ihm der städtische Magistrat eine Geldstrafe auferlegte und die Verbrennung seiner Schrift durch Henkershand verordnete. Die Stammesgenossen aber stießen ihn aus der Gemeinde. Graetz, Bd. X, S. 132 f.

Unklar im Denken und schwachen Charakters, hatte Dacosta auf die Dauer die über ihn verhängte Vereinsamung nicht ertragen können, namentlich da seine Beziehungen zur Familie bis zu einem gewissen Grade erhalten blieben; denn sein Vermögen war bei Brüdern im Geschäft angelegt und von dorther bezog er seine Subsistenzmittel. Eigenes Unbehagen über die Spannung mit den Angehörigen und vermutlich auch wohlgemeinte Überredung ihrerseits scheinen ihn dazu gebracht zu haben, sich um eine Wiederversöhnung mit dem Judentume zu bemühen. Dieselbe war an eine Büßungsprocedur geknüpft, die mit allem rituell gestatteten Aufwand an erniedrigenden Ceremonien bewerkstelligt wurde. Die leicht vorauszusehende Wirkung blieb nicht aus: der gedemütigte Zweifler ward ob der erlittenen Schmach und der eigenen Nachgiebigkeit zum Erdulden derselben tief empört, und nachdem er diesen doppelten Unwillen in einer ausführlichen Schrift zum Ausdruck gebracht, machte er seinem Leben durch einen Pistolenschuß ein Ende. Graetz, Bd. X, a. a. O.

Es sind uns von Spinoza, der vielleicht der Büßungsceremonie in der Synagoge persönlich beigewohnt, keinerlei Äußerungen über den armen Dacosta erhalten. Immerhin ist anzunehmen, daß die Kunde von jener sacerdotalen Machtentfaltung zum Aufrechthalten des Glaubens nicht ohne Einfluß auf seine geistige Entwicklung gewesen. Eine andere Begebenheit aber, die er innerhalb der Stammesgenossenschaft erlebte, ist uns überliefert worden, sicherlich auf Grund seiner eigenen Mitteilungen.

Von seinem Vater wurde Spinoza einst, selbst noch ein Knabe, zu einer alten jüdischen Frau geschickt, einen fälligen Schuldbetrag einzufordern. Er fand sie in brünstiger Andachtsübung, in der sie sich durch seinen Eintritt nicht hatte stören lassen. Als sie hernach seinem Auftrag Gehör gegeben, erging sie sich zunächst in einem Gespräch über Gottesfurcht und Frömmigkeit und ermahnte ihn, sich darin ein Beispiel an seinem Vater zu nehmen und fleißig die heilige Schrift zu lesen. Dann endlich habe sie sich zum Auszahlen der Schuld angeschickt, es aber auf einem derart eingerichteten Tische gethan, daß etliche der aufgezählten Geldstücke mittels einer kaum merkbaren Öffnung durch die Tischplatte in ein darunter angebrachtes Behältnis fielen. Hierauf die Barschaft vom Tische nehmend, um sie dem Knaben einzuhändigen, wollte sie ein Nachzählen seinerseits nicht zulassen; bei der auf sein Dringen wiederholten Zählung, der er eine geschärfte Aufmerksamkeit zuwandte, mußte die Heuchlerin die zum vollen Betrag fehlenden Geldstücke nachträglich zulegen. Lucas, p. LII in Bd. 2 der Übersetzung von Em. Saisset.

Allgemach hatte auch der Schulunterricht für ihn begonnen. Es fand dies an der etwa um 1639 errichteten siebenklassigen Gemeindeschule statt, wo Anfänger von der untersten Stufe des hebräischen Alphabets bis zur höchsten des Talmudstudiums hinaufgeführt werden konnten, welches letztere bei ihm wohl mit dem dreizehnten oder vierzehnten Jahre anhob. Graetz, Bd. X, S. 9, 169.

Diese Fächer standen dazumal unter der Leitung des Rabbi Saul Morteira, des bedeutendsten Amsterdamer Talmudisten jener Zeit. Als Jüngling aus seiner Geburtsstadt Venedig dorthin gekommen, war er bald darauf Prediger an der dortigen Gemeinde geworden, wiewohl er keine sonderliche Bedeutung in seinem Fache gehabt. Über seine Kanzelreden wie über seine sonstigen Schriften, die sich außer auf Gegenstände mosaischer Dogmatik, auch auf Abwehr christlicher Polemik erstreckten, urteilt ein hochangesehener Glaubensgenosse: alles habe wohl einen philosophischen Anstrich, aber keinen Gedankenkern und biete überhaupt nichts Originelles. Morteira folgte nur breitspurigen Bahnen, heißt es wörtlich, und wiederholte nur das, was andere vor ihm gedacht und aufgezeichnet hatten. Selbst in der rabbinischen Gelehrsamkeit hatte er keine Meisterschaft und wurde von den zeitgenössischen Talmudisten nicht als Autorität behandelt. Saul Levi Morteira, geb. um 1560, gest. 1660, nach Graetz, Bd. X, S. 10 f., der auch von ihm bemerkt, er sei durchaus ohne eigenes Verdienst berühmt geworden.

Es läßt sich denken, wie der Unterricht und der Einfluß einer solchen Persönlichkeit auf den hochbegabten Spinoza wirken mußte. Anfangs wohl der dargebotenen Belehrung so eifrig ergeben, wie es bei seinen glänzenden Anlagen und seinem noch halbbewußten Wissensdrange ganz selbstverständlich war, mochte er wohl auch die Freude seines Lehrers gewesen sein und diesem jene Anhänglichkeit entgegen gebracht haben, wie sie einem lernbegierigen Gemüt eigen. Indem er sich unter seinen Mitschülern bald hervorgethan und diesen wohl auch häufig als Muster vorgehalten worden, dürfte sein Verhältnis zu ihnen ziemlich locker geblieben sein, was seinen früh entwickelten Hang zum Alleinsein noch mehr gefestigt haben mochte. Schon als Fünfzehnjähriger soll er durch sicher erfaßte und folgerichtig gestellte Fragen den in ausgefahrenen Geleisen eingewöhnten Lehrer nicht wenig in Verlegenheit gesetzt haben, Lucas und nach ihm Graetz, Bd. X, S. 170 f. wodurch auch seine Stellung zu diesem allgemach die anfängliche Innigkeit einbüßte, bis mit der Wiederkehr solcher Vorfälle schließlich eine völlige Abkühlung eingetreten war.

So mußte er sich auf die Dauer der rabbinischen Weisheit immer mehr entwachsen fühlen, da ihr äußerster Beweisgrund, wenigstens in der Schule, nicht über das » Geschrieben steht« hinausging und jede Abweichung davon als Lästerung der Religion und Ungehorsam gegen die Gottheit gestempelt wurde. Über den Talmud, dem gegenüber von dem begabten Jüngling eine völlige Unterwerfung des Geistes verlangt wurde, hat einer der glühendsten Verehrer Spinozas in unserem Zeitalter, Auerbach selbst, in seinem Briefwechsel m. Jak. Auerb. Bd. 1, S. 9 (Brief v. 6. Oktbr. 1831). der auch, wie er, für den Rabbinerberuf bestimmt gewesen, in einem Jugendbrief geäußert, daß derselbe bei manchen Vorzügen große Fehler und neben der erhabensten Moral die gemeinsten Sophismen enthalte.

Zunächst war dem jungen Spinoza innerhalb des Judentums selbst Möglichkeit geboten, die Schranken der im Schulunterricht erteilten Einsichten zu überschreiten. Im höheren Kursus wurde nämlich eines der Hauptwerke des Moses Maimonides von Cordova, des hervorragendsten Vertreters der morgenländischen Bildung in Spanien, im Hinblick auf eine tiefere Begründung der Glaubens- und Heilsfragen durchgenommen. Zur wissenschaftlichen Hebung der Dogmatik hatte auch dieser Gelehrte, genau wie die christlichen Denker des Mittelalters, die Philosophie des Aristoteles herangezogen, wodurch die Glaubensvorstellungen ein metaphysisches Gepräge erhielten. Indem aber die aristotelische Weisheit eben so sehr talmudisiert wie der Talmud aristotelisiert wurde, geschah es bei ihm mit einem so starken Vorwiegen des Philosophischen, daß sogar der Beschäftigung damit ein höherer Wert als der mit der biblischen Urkunde zuerkannt ward. Hierin natürlich wurde der sonst hochgepriesene Autor von dem betreffenden Talmudlehrer als ein Irrender behandelt, da ja für den wahrhaft gläubigen Juden Talmud und heilige Schrift auf gleicher Stufe stehen, jeder Buchstabe in beiden für gleich wichtig und eine eingehende Beschäftigung mit dem Text sowohl des einen wie des andern für unerläßlich gilt. Vrgl. Graetz, Bd. VI, S. 301–303, 315 f., 318 f.

Auf Spinozas früh entwickelte Selbständigkeit dürften derlei Verwarnungen zu Gunsten des Talmud kaum jemals die bezweckte Wirkung geübt haben, und allgemach muß ihm das unablässige Herumklauben mit der bloßen Buchstabenweisheit so nichtig und bedeutungslos erschienen sein, um ihn, wie er es allerdings erst später ausdrückt, Tract. theol. polit. Kap. XII. 1. 5. mit Geringschätzung gegen solche zu erfüllen, denen »die Bibel wie sie ist für einen Brief gilt, den Gott den Menschen vom Himmel herab gesandt, und demnach Zeichen und Bilder oder vielmehr Papier und Tinte als Gottes Wort anzubeten seien.«

Für eben dieses Wort und ein darauf zu gründendes Verhalten des Menschen zur Gottheit hatte ein großer Teil der europäischen Christenheit mittlerweile ein Vierteljahrhundert geblutet. Endlich waren die erschöpften Gegner zu den langersehnten und eben so lange hinausgeschobenen Friedensunterhandlungen geschritten, die auch für die Niederlande äußerst belangvoll waren. Es galt die teuer erkaufte Unabhängigkeit endgiltig zu befestigen. Eine Thatsache war sie freilich seit dem Waffenstillstande 1609, den die spanische Krone hatte eingehen müssen, als nach dem Tode des zelotischen Königs Philipp II. die Herrschaft über sein abbröckelndes Weltreich schwachen Händen zugefallen, denen die Unterwerfung des seine Rechte standhaft verteidigenden Volkes noch weniger als dem verstorbenen Despoten glücken wollte. Im westfälischen Frieden erst ward die Unabhängigkeit der batavischen Republik von den übrigen Staaten Europas anerkannt und in entsprechender Weise der beteiligten Bevölkerung kundgegeben. Die Erinnerung an den glorreichen Befreiungskampf wurde dadurch in den weitesten Schichten neu belebt, in den gebildeten Kreisen das wichtige Ereignis vielfachen Erörterungen über staatliche und religiöse Zustände, sowie über geschichtliche Verhältnisse überhaupt unterworfen.

Dies alles wird die Aufmerksamkeit Spinozas auf sich gezogen haben, der mittlerweile an die Neige seines sechzehnten Lebensjahres gelangt war und von einer um so regeren Teilnahme für die Weltbegebenheiten erfüllt sein mochte, als sich in ihm die Wandlung vom Zustande der beigebrachten Gläubigkeit zu jener Selbständigkeit vollzogen hatte, die ihn zu einem weiteren Gesichtskreis seines Denkens hindrängte. Jede eingehendere Belehrung über die großen Tagesfragen, wie sie in Denkschriften und ausführlichen wissenschaftlichen Werken abgehandelt vorlagen, war damals noch auf die Kenntnis des Lateinischen angewiesen. Daraufhin mag dem lernbegierigen Jüngling das Verlangen gekommen sein, die allgemein herrschende Bildungssprache des Zeitalters sich aneignen zu dürfen.

In die Elemente derselben soll er durch einen in Amsterdam lebenden Deutschen eingeweiht worden sein. Später schloß er sich dem für weiter vorgeschrittenere Schüler bestimmten Unterricht des Arztes und Philologen Franz van den Ende an, Colerus u. Lucas. bei dem er außer der nötigen Sprachfertigkeit auch Kenntnisse auf dem Gebiete der Naturwissenschaften und sonstiger Gegenstände allgemeiner Bildung erwarb.

Eine ganz neue Welt ward hier seinem von den talmudistischen Silbenstechereien angewiderten Gemüte eröffnet. Die klassischen Autoren führten ihm Lebensanschauungen und Beispiele einer tüchtigen Gesinnung vor, die weit über den Bannkreis der mosaischen Begriffssphäre hinausragten. Wohl um die Zeit dürfte er mit Curtius und Ovid, mit Cicero, Seneca, Tacitus und Sueton, auf die er sich später in seinen Schriften beruft, schon vertraut geworden sein; andrerseits mußten durch das Studium der Mathematik und Physik die Weltbegriffe der Bibel für ihn wertlos werden, zumal sein Lehrer, bei einer vielseitigen Bildung und sonst bedeutenden Geistesgaben, über viele Vorurteile der damaligen Zeit erhaben war und daher auch im Verrufe der Freigeisterei stand. Für den wißbegierigen Jüngling, der über den Vorstellungskreis der angestammten Religion mächtig hinausstrebte, war das die rechte Anregung zu gedeihlicher Weiterförderung.

Die Sagenbildung, wie sie bei der Lebenskunde jeder bedeutenden Persönlichkeit gern sich geltend macht, namentlich wenn die thatsächlichen Nachrichten mangelhaft oder zu einförmig sind, hat an die Beziehungen des jungen Spinoza zu seinem Lehrer einen angeblich über sein ferneres Schicksal entscheidenden Vorfall knüpfen wollen, den spätere Ermittelungen als fragwürdig erscheinen lassen.

Es heißt nämlich, daß neben dem Unterricht seines Lehrers van den Ende ihn auch die Liebe zu dessen schöner, geistreicher Tochter Clara Maria ans Haus gefesselt, daß sie aber die Neigung nicht erwidert und eine glänzende Partie mit einem reichen Kaufmannssohne aus Hamburg vorgezogen habe. Anläßlich dieser allerdings stattgehabten Ehe, die aber erst 1670 geknüpft wurde, hat man, als Spinoza berühmt geworden und auch sein Schülerverhältnis zu van den Ende wieder in Erinnerung kam, den apokryphen Liebesroman ersonnen. Dessen völlige Unmöglichkeit wird von der nunmehr sicher festgestellten Thatsache verbürgt, daß die junge Dame, die erst 1644 geboren war, ein ganz kleines Kind gewesen, als Spinoza den Unterricht ihres Vater genoß, und kaum elf Jahre zählte, als er Amsterdam verließ, um später nur kürzere Reiseaufenthalte dort zu nehmen. Um die Zeit, wo sie die Ehe mit dem vermeintlichen Nebenbuhler einging, hatte Spinoza bereits fünfzehn Jahre fern von seiner Geburtsstadt gelebt. Vrgl. Auerbachs biogr. Einleitung, zu Bd. 1 d. Übersetzung, S. XXVIII, Note 3. Sonderbar genug findet sich der Liebesmythus noch 1892 in einem Artikel von Nourrisson im Augustheft der Revue des deux Mondes in alter Gläubigkeit reproduziert.

Wohl aber hat er im Hause van den Ende ein geistiges Liebesband geknüpft, das allerdings für sein ganzes Leben entscheidend und für ihn selbst ein Born unerschöpflicher Glückseligkeit blieb. Es ist die neuere Philosophie, in die er unzweifelhaft durch seinen Lehrer eingeführt wurde, um fortan einer ihrer bevorzugten Günstlinge zu werden. Ihm hatte sie die Nachfolge nach ihrem damals bedeutendsten Vertreter, dem genau um die Mitte des Jahrhunderts gestorbenen René Descartes vorbehalten, dessen Andenken in Holland, wo er seit 1629 gelebt und gewirkt, die liebevollste und verbreitetste Pflege genoß.

Von den Unzähligen, die vor ihm die Schriften dieses Denkers gelesen, war keiner wie Spinoza zur Weiterführung seiner Lehre berufen. Auf keinen hatte sie so begeisternd und befruchtend gewirkt, wie auf den mit eigener Kraft aus den Schlingen der biblischen Theologie sich emporringenden jungen Mann. Die von Descartes beanspruchten Rechte des Zweifels hatte Spinoza nicht wie dieser und sein nächster Anhang gegen die an jene Dogmatik sich anlehnende mittelalterliche Philosophie allein, sondern auch gegen die Lehre Descartes' innerhalb ihrer eigenen Denkbestimmungen geltend zu machen gewußt. In ihm selbst lag der Keim und die Fähigkeit hierzu, nicht in dem bloßen Bescheidwissen um die Lehre, deren unbedingte Verehrer sie nur gläubig hinnahmen, deren dickhäutige Gegner unbehindert bei der überlieferten Theologie und Scholastik beharrten.

Außer mit den Schriften Descartes' wird van den Ende seinen begabten Schüler auch mit den vornehmsten Dialogen des Giordano Bruno bekannt gemacht haben. Daß ihm dieselben, obwohl damals schon äußerst selten geworden, zu Augen gekommen, ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen und hat im Werdegang der philosophischen Überzeugung Spinozas eine nicht geringe Bedeutung.

Anfang der sechziger Jahre unseres Jahrhunderts wurde nämlich in Amsterdam ein Jugendwerk Spinozas in zwei verschiedenen Handschriften entdeckt. Beide sind holländische Übersetzungen einer lateinisch verfaßten – aber in dieser Form nicht mehr oder noch nicht aufgefundenen – Abhandlung, die sowohl für seine Kenntnis der Hauptlehre Giordano Brunos wie für die frühe Selbständigkeit seines eigenen Denkens beredtes Zeugnis ablegt. Die nur wenig von einander abweichenden Schriftstücke, offenbar zweierlei Übertragungen eines gemeinsam benutzten Original-Manuskripts, bestehen aus einer in mehrere Abschnitte geteilten Erörterung über Gott und den Menschen, in welche zwei dem nämlichen Thema gewidmete Dialoge eingeschaltet sind. Sorgfältige Textkritik will diese beiden in Gesprächsform gehaltenen Betrachtungen als Spinozas früheste Leistung auf dem Gebiete der Philosophie ansehen. Mutmaßlich sind dieselben nicht vom Autor selbst, sondern durch die Pietät begeisterter Anhänger dem später verfaßten eigentlichen » Traktate« einverleibt worden. Vrgl. Trendelenburg, Histor. Beiträge zur Philosophie, Berlin 1867. Bd. 3, S. 308 ff.

In diesen Dialogen nun tritt Spinozas selbständige Haltung gegenüber Descartes in einer von etlichen Verehrern Spinozas bezweifelten Anlehnung an Brunos Theoreme mit unverkennbarer Deutlichkeit zu Tage. Die Welterklärung Descartes' ruht bekanntlich auf der zwiespältigen Bestimmung des Substanzbegriffes, dem er hinsichtlich der Gottheit, als dem Urheber der Welt, die Unendlichkeit zuerkennt, während er die Welt aus endlichen und zwar doppelt vorhandenen Substanzen bestehend erklärt. Descartes' Dualismus in der Grundauffassung des Universums kritisiert Spinoza in seinen Gesprächen mittels einer Einheitsbestimmung, die den Stempel brunonischer Denkweise trägt. Diese nämlich behauptet den innigsten Zusammenhang der Gottheit mit der Welt, die als deren eigenste Offenbarung eben so ewig zu denken sei wie jene selbst. Wenn auch eine exakte Auffassung der Substanz als dem alleinigen Urgrund der Welt durch rein logische Begriffsbestimmung unwillkürlich zu der von Spinoza vollzogenen Aufhebung des Descartischen Dualismus einer Doppelheit von Substanzen führt, so liegt doch nichts für ihn Herabwürdigendes in der sehr annehmbaren Thatsache, daß er für diese Berichtigung der Lehre Descartes' eine Anregung, oder, wenn man lieber will, eine Zustimmung bei jenem großen Märtyrer der wissenschaftlichen Forschung gefunden, dem manche allzueifrige Spinozaverehrer keinerlei Einwirkung auf den holländischen Denker selbst gestatten möchten.

Spinozas Anlehnung an Bruno ist aber nicht nur in den eingeschalteten Gesprächen nachweisbar, sie klingt noch vielfach durch die ganze Abhandlung selbst hindurch, allerdings aus der poetischen Überschwänglichkeit des Nolaners in die abstrakte und farblosere Ausdrucksweise des nüchternen jüdisch-holländischen Philosophen übertragen. Dessen Beeinflussung durch den italienischen Seher ist, wie mit Recht bemerkt worden, bei seinem philosophischen Erstling auch darin kenntlich, daß er sowohl die langehin als klassisch geltende Dialogform seines Vorbildes beibehält, wie auch der seine eigenen Ansichten vertretenden Persönlichkeit sogar genau denselben Namen giebt, den Bruno seinerseits im gleichen Falle gebraucht, den Namen Theophilus. Chrst. Sigwart, Spinozas neuentdecker Traktat, Gotha 1866, S. 116 ff., 131 u. dessen Übersetzung, Tübingen 1869, Proleg. III, S. XXIV ff.

Daß die auf uns gekommenen Manuskripte eben so wenig wie Spinozas übrige Schriften eine ausdrückliche Berufung auf Giordano Bruno enthalten, kann wohl nicht befremden, wenn man nicht so sehr die Verpöntheit, in welcher Brunos Name damals noch stand, sondern den geringen Sinn für das Geschichtliche berücksichtigt, der den geistigen Horizont jener Epoche der aufblühenden Naturforschung überhaupt auszeichnet. Die Natur in ihrer Einheitlichkeit und ihrer göttlichen Größe zu fassen, wie es durch Bruno geschehen, darauf war Spinozas Augenmerk gerichtet, und diese Erkenntnis zur Geltung zu bringen war ihm Haupterfordernis, dagegen nur nebensächlich, wie viele und wer mit ihm übereinstimmte.

Mit großer Gewißheit ist anzunehmen, daß die in jener Jugendschrift niedergelegten Gedanken schon während seines Besuches der Talmudschule emporgekeimt. War ihm doch bereits durch den dort gebrauchten Talmudkommentar des Maimonides eine Vorstellung der Gottheit als Ursubstanz geläufig, Graetz, Bd. VI. S. 315 f. nach welcher dieselbe als einzig, unkörperlich, also unbegrenzt, aber doch als Weltbeweger zu fassen sei, dem eine Fülle von Vollkommenheit innewohne. Diese Ursubstanz in engere Beziehung zur geschaffenen Welt, als dies seitens des jüdisch-arabischen Denkers geschah, zu setzen, mochte er vielleicht durch seine gelegentliche Kenntnisnahme der Kabbala veranlaßt worden sein, obwohl er später, dieser Thatsache geständig, Tract. theol. polit. Kap. 9. nur Spott für die willkürlichen Spielereien dieser angeblichen Wissenschaft hatte. Immerhin hat die Kabbala gerade um die Zeit seiner Talmudstudien bei der damaligen Judenschaft in großem Ansehen gestanden und in einem gewissen Abraham a Herrera einen eifrigen Anwalt gehabt, dessen Buch, die »Himmelspforte« betitelt und einer an Pantheismus grenzenden Mystik huldigend, er gekannt und benutzt haben soll. Graetz, Bd. X, S. 128 f. So vorbereitet, dürfte er dem von Bruno verkündeten Pantheismus entschiedenes Verständnis entgegengebracht haben.

Wie in seinem früh entwickelten Denken und seinen weitreichenden Kenntnissen wird der junge Spinoza allgemach auch in seiner Lebensführung sich von den Stammesgenossen unterschieden haben, seitdem er im Hause van den Endes mit intelligenten jungen Leuten christlicher Konfession, seinen dortigen Mitschülern, in Berührung getreten war.

Zu diesen mag wohl der nachmalige Arzt Ludwig Meyer gehört haben, dem Spinoza lebenslänglich eng befreundet verblieb. Über dessen Lebensverhältnisse ist bis jetzt nur Weniges mit Sicherheit ermittelt. Mutmaßlich war er gleichen Alters mit Spinoza, wie dieser für die Lehre Descartes' eingenommen, aber auch voll Verständnis für deren Fortbildung durch den Freund, dessen schriftstellerische Thätigkeit er auf jegliche Weise gefördert hat. Selbst hat Ludwig Meyer neben seiner ärztlichen Praxis auch an den literarischen und gelehrten Bestrebungen seiner Zeit sich beteiligt. Schon um 1654 hat er einen Niederländischen Wörterschatz vollendet und veröffentlicht, eine Leistung von so hervorragender Gediegenheit, daß sie noch zu Anfang unseres Jahrhunderts in zwölfter Auflage erscheinen konnte. Vier Jahre später brachte er eine Komödie, in der Heimatsprache verfaßt, »Der Lügner« betitelt und sicherlich damals auch aufgeführt. Um 1663 ließ er anonym eine Untersuchung kirchenrechtlichen Inhalts erscheinen, worin er, durch Hobbes beeinflußt, alle Rechte der Kirche als lediglich durch den Staat begründet und von ihm abhängig aufwies. Ebenfalls anonym gab er 1666 eine längere Abhandlung – Die Philosophie als Auslegerin der heiligen Schrift – heraus, worin er die Göttlichkeit der Schrift nur aus der Vernunft zu erklären gestattete. Der Philosophie, als alleiniger Geberin wahrer Erkenntnis, wollte er das ausschließliche Recht, die Bibel zu deuten, zugestehen und an Stelle der Inspiration und übernatürlichen Erleuchtung das natürliche Licht der Vernunft gesetzt sehen. Entschieden verwarf er daher sowohl die Schöpfung aus Nichts wie auch die Annahme einer dreieinigen Gottheit. Schließlich giebt es noch zwei dramatische Leistungen seiner Hand: das dem Jahre 1668 gehörende Schauspiel »Die verlobte Königsbraut« und ferner eines, »Das goldene Vließ« benannt und 1684 gedruckt. Hiernach scheint die Annahme berechtigt, daß er seinen berühmten Freund vielleicht um ein Jahrzehnt überlebte. Allgem. deutsche Biographie, hersgb. v. d. histor. Kommission der Bayer. Akad. d. Wissenschaften.

Ein eben so inniges wie edles Freundschaftsband bestand auch zwischen Spinoza und Simon van Vries, über den noch spärlichere Nachrichten auf uns gekommen. nach den Mitteilungen in Ginsbergs Ausgabe der Briefe Spinozas. Man weiß nur, daß er ein wohlhabender Mann war, mutmaßlich der Amsterdamer Kaufmannschaft angehörte und vielleicht auch Mitschüler Spinozas bei van den Ende gewesen; denn die schwierigsten Fragen der Philosophie haben sie in lateinischen Briefen mit einander erörtert. Bekannt ist nur noch, daß Simon van Vries etliche Jahre vor Spinoza starb, dem er ein hübsches Legat hinterließ. Dem Kaufmannsstande gehörte noch ein Freund unseres Philosophen, der aber holländische Briefe mit ihm wechselte. Er hieß Jarrig Jellis, nach den Mitteilungen in Ginsbergs Ausgabe der Briefe Spinozas. war Mennonit und soll schon früh ein Vermögen erworben haben, das ihm ausreichende Einkünfte für eine sorgenfreie Existenz zugeführt hatte. Die an ihn gerichteten Briefe Spinozas zeigen ihn als einen sowohl für die Philosophie wie die Naturforschung seiner Zeit interessierten Mann, der gar wohl, wie man allgemein annimmt, zugleich mit Ludwig Meyer an der Herausgabe der nachgelassenen Schriften Spinozas beteiligt gewesen sein könnte.

Durch seinen beständigen und ihm überaus zusagenden Verkehr mit gebildeten Leuten außerhalb der Glaubensgenossenschaft ward Spinoza dieser selbst und den ihr eigentümlichen Lebensgewohnheiten unwillkürlich entfremdet. Namentlich mögen hierbei seine Zweifel an der von den Juden behaupteten Bevorzugung durch die Gottheit als dem mit jeglichem Ausschluß aller übrigen Erdenkinder einzig auserkorenen Volke, vorwiegend genährt worden sein. Geistige Vorzüge hatte er bei Zeitgenossen und bei hervorragenden Persönlichkeiten früherer Jahrhunderte schätzen und dabei einsehen gelernt, daß eine gedeihliche und hochbedeutende Kulturentfaltung außerhalb der mosaischen Gemeinschaft und deren kleinlichen Anschauungen und Vorschriften möglich sei, und an den Schicksalen der ehemaligen Bewohner des gelobten Landes, die erst kürzlich den härtesten Bedrängnissen in ihrer Jahrhunderte lang innegehabten südwesteuropäischen Heimat entronnen waren, vermochte er die Begünstigung durch eine wohlwollende Gottheit nicht zu gewahren.

Die heutigen Juden, äußerte er späterhin in einem seiner Hauptwerke, Tract. theol. polit. gegen Ende von Kap. 3. haben durchaus nichts, was sie sich vor allen andern Nationen voraus beilegen könnten. Daß sie nach einer so viele Jahrhunderte dauernden Zerstreuung ohne eigenen Staatsverband noch jetzt vorhanden sind, ist bei ihrer Absonderung von den übrigen Nationen und dem Haß, den sie sich dadurch zugezogen, durchaus kein Wunder. In Bezug auf Verstand und wahre Tugend hat aber keine Nation etwas vor der andern voraus, und in diesen Dingen hat sich keine als eine vor den andern von Gott auserwählte zu betrachten; zur richtigen Erkenntnis von ihm und einem dem angemessenen Leben zu gelangen, ist keineswegs einem einzigen Volke oder einer Glaubensgemeinschaft allein vorbehalten.

Auch die Urkunde selbst, worauf seine Stammesgenossen die ihm dünkelhaft und aberwitzig scheinenden Vorrechte gründeten, dürfte ihm bald als Menschenwerk sich enthüllt haben. Das Studium der Physik führte ihn unvermeidlich zum Verwerfen jeglichen Wunderglaubens, und wo die ihm wegen tiefer Wahrheiten immerhin verehrungswürdige heilige Schrift Dinge berichtet, die offenbar den Naturgesetzen widerstreiten, da meinte er es auf Einschiebsel durch ruchlose Hände zurückführen zu dürfen. Nicht minder muß ihm schon früh die Thatsache offenbar geworden sein, daß nicht nur mit der Auslegung der Schrift ein theologisches Gaukelspiel getrieben, sondern bei dieser selbst die überlieferte Täuschung erhalten werde, als seien die einzelnen der in ihr aufgenommenen Bücher von den Leuten verfaßt, nach denen sie benannt sind, wiewohl zahlreiche Umstände darauf hindeuten, daß sich dies unmöglich so verhalte und daß namentlich Moses selbst nicht der Urheber der ihm zugeschriebenen fünf Bücher sein könne. Tract. theol. polit. Kap. 8 u. 9.

Bei solchen Ansichten mußte er das Verbleiben im Judentume und das Mitmachen aller seiner Bräuche mehr als peinlich empfinden. Langehin mochte das Wohlwollen der Rabbiner für den fleißigen Schüler, sowie auch die Rücksicht für seine Familienangehörigen Spinoza zum Einhalten der vorgeschriebenen Andachtsübungen bewogen haben. Allgemach muß aber dies widerwillige Mitmachen von Dingen, die je länger je mehr ihre Bedeutung für ihn einbüßten, einem immer eingeschränkteren Befolgen der rituellen Vorschriften, sei es in den häuslichen Gewohnheiten oder im Besuch des Tempels, gewichen sein. Da außerdem sein Umgang mit Leuten aus der christlichen Bewohnerschaft Amsterdams schwerlich den Beifall seiner Mitgenossen in der Talmudschule und wohl auch der eifrigern unter den jüdischen Gemeindegliedern hatte, ist es sehr denkbar, daß er bereits als Abtrünniger vom Judentume betrachtet wurde noch bevor ein völliger Bruch seinerseits stattgefunden.

Mutmaßlich hat er es zu Lebzeiten seiner Eltern nicht dazu kommen lassen. Wiewohl über sein Verhalten im Elternhause nichts bekannt ist, ward doch kürzlich ermittelt, Auerbach, Briefwechsel, Bd. 2, S. 374, 377. daß seine Mutter starb, als er das zwanzigste Jahr erreicht, wo er noch als Gemeindeangehöriger galt; kaum dürfte es anders gewesen sein beim Tode des Vaters, der seine Gattin nur um etwa acht oder zehn Monate überlebt haben soll. Bei der hierauf stattgehabten Erbteilung kam es zu einem Konflikt in der Familie, indem Spinozas beide Schwestern alles aufgeboten haben sollen, ihm seinen Anteil nicht aushändigen zu müssen. Spinoza bestand aber auf seinem Recht, und als ihm dies ungeschmälert zuerkannt worden, hat er gutwillig zu Gunsten der Schwestern darauf verzichtet und sich mit einigem Hausrat begnügt, den er gern besitzen wollte. Colerus, ed. Saisset p. XVI.

Wir vermuten, daß die Spannung mit den Glaubensgenossen erst nach diesen, natürlich innerhalb der Gemeinde zum Austrag gelangten Vorfällen sich verschärfte und allgemach die unvermeidliche Katastrophe herbeiführte.

Es wird erzählt, Lucas, ed. Saisset p. XLII. daß einige seiner Mitschüler sich an ihn herandrängten, um seine Ansichten auszuforschen, mit dem Vorgeben, sich von ihm über etliche Religionsfragen belehren zu lassen. Anfangs habe er ihnen ausweichend geantwortet und sie auf Moses und die Propheten verwiesen, die ja alles entschieden hätten, was jedem echten Israeliten zur unabweichlichen Richtschnur dienen müsse. Bei Wenigem sei er aber mit Äußerungen hervorgerückt, die einen deutlichen Zweifel an den herrschenden Lehren der Gemeinde erkennen ließen. Mögen sich derlei Auftritte wiederholt haben, oder war die Entfernung Spinozas vom Gesamtleben seiner Stammesgenossen immer merklicher geworden, schließlich muß es den Obern der Gemeinde hinterbracht worden sein, daß der bei ihnen hochangesehene Jüngling, in dem sie eine künftige Stütze ihres Glaubens erhofft, mit diesem gänzlich zerfallen sei.

Man scheint einen nachteiligen Einfluß Spinozas auf die Jugend und mittelbar auch auf die Gemeinde befürchtet zu haben. Das Rabbinerkollegium ließ ihn vorladen, um ihn zu verwarnen. Da er sich keines Unrechts bewußt war, sei er freimütig vor seine Richter getreten, die ihm betrübten Sinnes kundgaben, daß sie, bei den großen Erwartungen, die sie auf seine Begabung, seinen Fleiß und seinen bisher tadellosen Wandel gestellt, es schwer hätten dem über ihn umlaufenden Gerüchte zu glauben, er habe sich der Verachtung des göttlichen Wortes, des ärgsten aller Verbrechen, schuldig gemacht. Als er dessen nicht geständig sein wollte, hätten die Mitschüler, die ihn ausgeforscht, seine Äußerungen wiederholt und als wahr beeidigt, worauf er sich auf das Recht des freien Vernunftgebrauchs berufen haben soll. Mutmaßlich sei hiernach der sogenannte kleine Bann über ihn verhängt worden, wonach jeder Umgang mit ihm auf dreißig Tage untersagt war. Graetz, Bd. X, S. 175.

Dies hat ihn, dem die Gemeinschaft mit den Stammesgenossen ohnehin gleichgiltig geworden, weiter nicht angefochten. Seine unerschütterliche Haltung und die gänzliche Wirkungslosigkeit der ihm zuerkannten Strafe wurden ihm von der Gemeinde und ihrem Vorstande als Trotz und Halsstarrigkeit ausgelegt; doch mochte man von hier einstweilen noch nicht zur äußersten Strenge vorschreiten, aus Furcht, ihn dadurch zum Übertritt in eine christliche Gemeinde zu veranlassen, was bei einem gerade seiner Fähigkeiten wegen in christlichen Kreisen wohlgelittenen jungen Mann nicht geringes Aufsehen erregen und beiläufig auch die mosaische Gemeinde selbst in ein ungünstiges Licht hätte bringen mögen. Graetz, a. a. O.

Höchst wahrscheinlich wurde ihm gerade deshalb, wie man es aus seinen eigenen Mitteilungen weiß, Graetz, Bd. X, S. 176. Colerus, ed. Saisset p. V. von der Judenschaft ein lebenslängliches Jahrgehalt von eintausend Gulden angetragen gegen die Verpflichtung, keinen feindlichen Schritt gegen den Glauben zu unternehmen und den Besuch des Tempels nicht gänzlich aufzugeben.

Ohne Zweifel hat diese Zumutung der Heuchelei seinen Unwillen gegen die Stammesgenossen zum Überlaufen gebracht und ihn jeglicher ferneren Rücksichtnahme auf sie enthoben. Von gegnerischer Seite wird behauptet, Lucas, ed. Saisset p. XLIII. er habe in seinen ketzerischen Ausfällen gegen den mosaischen Glauben und in Bekehrungsversuchen an seinen Mitschülern nicht nachgelassen. Bei seinem stillen zurückgezogenen Wesen dürfte es hiermit wohl die Bewandtnis haben, daß die Glaubenseiferer unter seinen Alters- und Schulgenossen mit zudringlichen Überredungen und sonstiger Herausforderung zu erreichen hofften, was Strenge und Güte der Rabbiner nicht vermocht hatte. In diesem Zusammenhange verstehen wir auch das gewaltsame Beginnen eines jüdischen Fanatikers gegen ihn, dessen Erfolg jedoch vereitelt wurde.

Eines Abends aus dem Theater kommend, ward nämlich Spinoza von einem ihm auflauernden Stammesgenossen mit einem gezückten Messer überfallen; es rechtzeitig gewahrend hat Spinoza den Streich so abgewehrt, daß nur sein Gewand dabei beschädigt wurde. Dieses Kleidungsstück hat er zeitlebens aufbewahrt und vielen Leuten seiner Bekanntschaft gezeigt. Graetz, Bd. X, S. 176, der hier mit Recht die auch von uns befolgte Angabe Bayles derjenigen des Colerus vorzieht. Dieser ist offenbar im Irrtum, wenn er den Vorfall mit einem Besuche der Synagoge in Zusammenhang bringt. Gerade das Unterlassen sämtlicher Andachtsübungen hat die gegen Spinoza erhobene Anklage veranlaßt und seine Hartnäckigkeit, sich den Vorstellungen der Gemeindeältesten zu fügen, das Attentat zur Folge gehabt. Daß er aber im übrigen, nachdem er jener Gefahr glücklich entronnen, in der Angelegenheit selbst nicht klagbar wurde, was man ihm von gewisser Seite her hat verdenken wollen, Hr. Ant. van der Linde aus Harlem hat 1862 in Göttingen eine Monographie über Spinozas Lehre erscheinen lassen und leitet sie mit einem Lebensabriß ein, worin die dem Denker in Deutschland gezollte Verehrung als eine gar zu übertriebene hingestellt wird. Verschiedene Lebensdaten, aus denen man auf den Edelsinn Spinozas geschlossen, werden da in einer ausgesprochen nörgelhaften Weise angezweifelt. So das Angebot der lebenslänglichen Versorgung gegen die Verpflichtung aus dem Gemeindeverbande nicht auszuscheiden. Hr. v. d. Linde will darin wie in dem Mordanschlag eine bloße Renommage bei Spinoza sehen, der damit seinen harmlosen Wirtsleuten habe imponieren wollen; denn wie könne ein sträflicher Vorfall – meint Hr. v. d. Linde S. VII f. von dem Attentat – ohne jegliche Untersuchung abgelaufen sein? Der Autor stützt sich hierbei auf das Statthaben des Synagogenbesuches, dessen Spinoza selbst als geständig angenommen wird. Was gegen diese Mitteilung bei Colerus einzuwenden, haben wir Anmerk. 34 angeführt, wo Colerus eben so sehr einer Berichtigung bedarf wie bezüglich des auch von ihm überlieferten apokryphen Liebesromans, vrgl. Anmerk. 16. läßt sich unschwer als eine selbstverständliche Folge seiner ganzen Charakterbeschaffenheit einsehen.

Immerhin war der Vorfall als solcher ein Symptom der aufgeregten Stimmung bei den Gemeindegenossen, und so mag wohl, gleichzeitig damit und vielleicht auch durch diese innerhalb der Stammesgenossenschaft sicherlich nicht unbekannt gebliebene Begebenheit mit veranlaßt, das Rabbinat sich entschlossen haben, den bisher Widerspenstigen durch Androhung des großen Bannes zur Umkehr zu bewegen.

Als ihm dies angekündigt wurde, soll Spinoza geäußert haben: Was man mit mir vorhat, entspricht durchaus meiner eigenen Absicht, die ich meinerseits ohne jegliches Aufsehen zur Ausführung bringen wollte. Da man es anders beschlossen, betrete ich freudig den mir eröffneten Weg mit dem Troste, ihn schuldloser als die ersten Juden beim Auszuge aus Ägypten zu wandeln. Denn wenn auch mein Lebensunterhalt hinfort nicht gesicherter ist als es damals der ihre war, entwende ich niemandem etwas, und welches Unrecht man mir auch zufüge, darf ich mich rühmen, daß ich mir nichts vorzuwerfen habe. Lucas, ed. Saisset p. XLV.

Der angedrohte Bann mußte zur Beschwichtigung der Gemeinde vollzogen werden. Die Procedur fand am 27. Juli 1656 statt, einem Donnerstag, kurz vor dem sogenannten Trauertage der Zerstörung Jerusalems. In der Synagoge, bei feierlich geöffneter heiliger Lade, wurde von der Kanzel herab verkündet, der Vorstand habe seit lange von den schlechten Meinungen und Handlungen des Baruch de Spinoza gehört und sich bemüht ihn davon abzuziehen, er sei aber in seiner entsetzlichen Ketzerei, die von glaubwürdigen Zeugen in seiner Gegenwart bestätigt worden, hartnäckig verblieben, worauf denn der schwerste Bann über ihn habe verhängt werden müssen, um Andere vor seinen Ketzereien und vor jeder Gemeinschaft mit ihm zu bewahren. Fortan dürfe keiner aus der Gemeinde mit ihm mündlich oder schriftlich verkehren, ihm irgend welche Gunst zuwenden, unter einem Dach oder innerhalb vier Ellen mit ihm verweilen oder seine Schriften lesen. Graetz, Bd. X, S. 177.

Ein Verehrer unter Spinozas Zeitgenossen aus den späteren Jahren berichtet über den ihm von Augenzeugen mitgeteilten Hergang, daß im Beisein der versammelten Gemeinde eine Anzahl schwarzer Kerzen in der Nähe der Bundeslade angezündet gewesen. Hierauf habe der Vorsänger den Bannfluch mit düsterer Stimme verlesen, während ein Tempeldiener das Bockshorn blies. Alsdann wurden jene Kerzen umgestülpt, um in ein daneben befindliches Gefäß mit einer rotfarbigen Flüssigkeit herabzuträufeln, wobei die Gemeinde laut betend ihren Abscheu gegen den Ausgestoßenen zu erkennen gab. Lucas, ed. Saisset p. XLV f.

Zur vollen Feierlichkeit dieser Ceremonie fehlte jedoch eines: die Anwesenheit der Hauptperson selber. Spinoza hatte Amsterdam bereits verlassen, als jener Akt stattfand, welchem beizuwohnen er selbstverständlich keinen Grund hatte, nachdem er die Synagoge überhaupt seit lange nicht mehr betreten. Es möge dahin gestellt bleiben, ob etwa deshalb die auf seine Ausstoßung bezüglichen Blätter im Gemeindeprotokoll verklebt worden sind mit der ausdrücklichen Erklärung des damaligen jüdischen Gemeinderates, dessen Mitglieder ihre Namen sämtlich unterzeichnet, daß die Blätter auf ewig verklebt bleiben sollen. Auerbach, Briefwechsel Bd. 2, S. 370. Graetz, Bd. X, S. 176 f. Colerus, ed. Saisset p. IX f.

Durch sein Ausbleiben von der Ächtungsceremonie hatte Spinoza deren beabsichtigte Wirkung bedeutend abgeschwächt, indem er sich selbst von der Gemeinde losgesagt, statt von ihr entlassen zu werden. Darin sah die Judenschaft eine Geringschätzung, die sie ihm nicht so hingehen lassen wollte, da ja der ursprüngliche Sinn des Bannfluches, der in den dabei verwendeten Gefäßen mit der blutvorstellenden Flüssigkeit ohnehin symbolisch genug gehalten war, nunmehr noch platonischer geworden, als es den gegen ihn aufgebrachten Gemeindegliedern erwünscht sein konnte. Wie sechzehn Jahre früher bei der Ausstoßung Uriel da Costas, wandte sich der jüdische Gemeindevorstand wiederum an die städtische Behörde, um den Abtrünnigen bei dieser als Frevler an Gott und Moses zu verklagen, was auch Bekennern des Christentums nicht gleichgiltig sein dürfte. Es scheint als sei der Magistrat diesmal zu der ihm zugemuteten Dienstleistung weniger geneigt gewesen. Die Frage wurde als eine theologische der geistlichen Behörde vorgelegt, deren Bescheid nicht abweisend für die Kläger ausfiel. Hierauf beschloß der Magistrat den Angeklagten aus Amsterdam zu verbannen, aber nicht dauernd, wie die Rabbiner es gehofft, sondern nur auf einige Monate. Graetz, Bd. X, S. 177. Lucas, ed. Saisset p. XLVI.


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