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Wir verließen unsern Freund in sehr nachdenklicher Stimmung. – Geld hatte er keines und doch hätte er es sehr gut brauchen können. – Auch widmete ihm die Polizei nunmehr bereits eine weit liebevollere Aufmerksamkeit, als ihm selbst angenehm gewesen wäre, kurz, Italien däuchte ihm nicht mehr recht behaglich, und er beschloß, außerhalb sein Glück zu versuchen. – Die Frage war nur, wodurch? – Es war ihm ja bisher mitunter ganz leidlich gegangen und er hatte einen hübschen Verdienst gehabt, aber seinem Ehrgeiz genügte es doch auf die Dauer nicht mehr, den Quacksalber zu spielen, Balsame und Tinkturen zu fabrizieren und zu verkaufen. Er wollte höher hinaus, mehr auf einmal verdienen, denn man darf nicht vergessen, daß er als Pseudo-Offizier in preußischen Diensten seinem Stande einen gewissen Aufwand schuldig war. – Auch war er bereits in seinen Ansprüchen an das Leben viel zu sehr Aristokrat geworden, als daß ihm ein solches Hundedasein auf die Dauer hätte behagen können. Er sah darum auch, wie gesagt, ganz klar ein, daß er seine Einkünfte vergrößern müßte.
Indem er nun über die Lösung dieses ebenso schwierigen, als wichtigen Problems nachsann, fielen seine Augen auf seine Frau, und blitzartig erhellte ihm ein erlösender Gedanke die Nacht seiner Sorgen. – Wohl dem, der ein treues Weib hat, denn er ist nie verlassen. – Er hatte eines, und sie war noch dazu hübsch, verzweifelt hübsch und frisch und rund. – Es war dies ein Umstand, der ihm zwar bisher auch keineswegs entgangen war und von dem er auch bisher mitunter schon Nutzen gezogen hatte, aber er fand, daß er diesem Umstande noch lange nicht genügende Wichtigkeit beigemessen hatte, und daß es ratsam sei, das Versäumte schleunigst nachzuholen. – Seine Frau sollte ihm die Silbermine, möglichst die Goldmine werden, durch deren Bearbeitung er zu klingender Münze zu gelangen hoffte.
Er beschloß zunächst, sich nach Spanien zu wenden und seine Frau hier in vornehme Kreise einzuführen, denn nur in diesen konnte er die Leute, welche er brauchte, finden. Aufs neue trat ihm aber bei Ausführung dieses Planes die Notwendigkeit eines vornehmen Namens und vornehmen Auftretens entgegen. Ersterem war leicht abzuhelfen, denn da er der Meinung war, daß es bei seinen Gaben nur ein Irrtum des Schicksals gewesen sein könne, ihn ohne Adelsprädikat auf die Welt kommen zu lassen, so machte er sich auch kein Gewissen daraus, selbständig diesem Irrtum abzuhelfen und sich den Adel – Oberst war er ja seit lange und preußische Obersten sind ja gewöhnlich adlig – selbst beizulegen.
Armer Cagliostro, du ehrsamer Glockengießer von Messina, der du nun lange schon in kühler Erde ruhst, drehst du dich nicht im Grabe herum, wenn Du hörst, wie nun der Lump, dein Großneffe, sich deinen Namen aussucht, um ihn mit dem Grafentitel auszustaffieren und zur Maskierung seines Hallunkentums zu verwenden? – Balsamo ist nun Graf Giuseppe Alessandro di Cagliostro, und seine Frau nennt sich im Vollgefühle ihrer Engelhaftigkeit nicht mehr Lorenza, denn das ist plebejisch, sondern Komtesse Seraphina.
Somit war denn bis auf weiteres der Namensfrage abgeholfen, freilich nur bis auf weiteres, denn mitunter kann es nötig werden, den Namen abermals zu wechseln, und Giuseppe trat nun guten Mutes an die Geldfrage heran. – Wie er diese löste, wissen wir nicht, können es aber vermuten, er wird vielleicht ein wenig gefälscht und gegaunert haben, genug, es gelang ihm, fürs erste etwas Geld zusammenzubekommen, und so reiste denn unser Ehepaar vergnügt und lustig – denn Komtesse Seraphina war mit den Plänen ihres Gatten durchaus einverstanden – nach Spanien ab, wo wir ihnen zunächst in Barcelona begegnen werden.
Natürlich war, als sie hier ankamen, von allem Gelde nicht mehr viel übrig, höchstens noch der vornehme Reisewagen erinnerte an einstige, bessere Zeiten, aber das genügte vollkommen.
Reiche Müßiggänger, deren es auf unserer geplagten Erde so viele giebt und zu allen Zeiten gegeben hat, trieben sich damals mit Vorliebe vor den Gasthöfen herum, um die Ankommenden zu mustern. – So auch hier. – Man betrachtete das ausländische Wappen, beäugelte die schöne fremde Dame, welche diesen Blicken schüchtern auswich und schüchtern auf die ehrerbietigen Begrüßungen dankte, wenn ihre Bewunderer sich ihr auf Treppen und Gängen geflissentlich in den Weg stellten. Es dauerte natürlich nicht lange, so hörte man einen dieser reichen Müßiggänger aus seinen Quasten, Degengehängen und frisiertem Haar hervor, unter welchem das Gehirn fehlt, zu einem anderen sagen: »Schon die Gräfin gesehen? – Herrliches Wesen das!« und so nimmt das Spiel zu Cagliostros Freude seinen Anfang.
Komtesse Seraphina war, wie schon oft erwähnt, eine sehr hübsche Frau, just so eine Frau, wie sie den Männern zu gefallen pflegt. Sie hatte ein feines Gesichtchen, sehr weißen Teint, große, feurig schwarze Augen, welche sie vorzüglich zu gebrauchen verstand, lockiges, schwarzes Haar. Ihre Figur war wenig über mittelgroß, dennoch aber schlank; der Busen voll und üppig. – Was aber am meisten einnahm und bestrickte, war ihr Wesen und ihr Benehmen. Sie tat stets zurückhaltend und kalt, ja, sie schien bestürzt über Huldigungen, die man ihr darbrachte; aber dennoch wußte sie unmerklich zu locken und ihre Opfer an sich zu ziehen, denn sie besaß eine Art unschuldige Koketterie, die um so gefährlicher, je unschuldiger sie war. Denn alles war natürlich bei ihr die raffinierteste Mache und Berechnung. Kurz und gut, sie verstand es ausgezeichnet, ihre Gimpel oder Dompfaffen zu ködern, und wenn sie einmal auf den Leim geflogen waren, sie gehörig zu rupfen.
Wer nun über die Manœuvres, durch welche Cagliostro seine Leute zu fangen mußte, genau orientiert sein will, der lese das, was der biedere Peter Marcellus, sein Biograph, mit größter sittlicher Entrüstung in seinem compendio della vita di Cagliostro berichtet; hier mögen einige Beispiele, sowie die Versicherung genügen, daß alle jene Geschichten von der äußersten sittlichen Verworfenheit und seinem ausgesuchten Gaunertalent ein wirklich widerwärtiges Zeugnis ablegen.
Das Pärchen befand sich in Barcelona und das Geld war wieder einmal am Ende. So riet denn Cagliostro seiner Frau, in einer, dem Gasthofe, wo sie wohnten, nahegelegenen Klosterkirche zu beichten und dem Beichtvater anzugeben, sie seien beide von vornehmstem römischen Adel, beide heimlich mit einander vermählt und durch das Ausbleiben nötiger Gelder in die größte Verlegenheit geraten. Lorenza folgte diesem Rat, und der Beichtvater glaubte ihrem Vorgeben. Er reichte ihnen eine wiewohl ganz kleine Summe Geldes dar und schickte ihnen anderen Tages einen Schinken zum Geschenke. Als beide Eheleute nachher dem Beichtvater einen Besuch machten, begrüßte sie dieser mit dem Titel der Excellenz. – Allein der Pfarrer traute dem Frieden doch nicht ganz, und die Aufmerksamkeit, mit welcher er sie beobachtete, machte sie recht bestürzt. Endlich faßte jener nun einen größeren Verdacht und forderte ihnen den Kopulationsschein ab, den sie nicht bei sich hatten.
Um diesem verdrießlichen Zufalle zu entgehen, fand Balsamo für gut, zu dem Schutze eines vornehmen Herrn seine Zuflucht zu nehmen; um diesen Schutz aber zu erhalten, schien ihm kein Mittel tauglicher, als die Person seiner Frau zu sein. Beide Eheleute machten jenem vornehmen Herrn ihre Aufwartung und schilderten ihre Lage. Der Herr ließ den Ehemann abtreten und fragte die Frau, welche allein bei ihm blieb, alles Ernstes über die Wahrheit ihres Ehestandes. Er wurde hierüber zwar durch ihre Antworten zufriedengestellt; gleichwohl aber hielt er es noch für dienlich, nach Rom um den authentischen Beglaubigungsschein zu schreiben. Inzwischen ließen ihn die Reize dieses Weibes die Gefahr der Ehrbarkeit vergessen. Sie weigerte sich aber, ihm, der ihr nicht gefiel, zu Willen zu sein; er aber gestattete ihr Zeit, sich zu bedenken, und entließ sie. Als sie nachher ihrem Ehemanne diesen ganzen Vorfall entdeckte, empfing sie die bittersten Vorwürfe von ihm, und nach wenigen Tagen führte er sie wieder zu jenem Herrn. Kaum erblickte sie dieser, als er sogleich die Frau fragte, ob sie über dasjenige, was er ihr angeboten habe, ein Ja oder Nein zu antworten habe. Ihr Mann führte sodann in ihrem Namen das Wort, sagte Ja und entfernte sich. Diese Bejahung, welche sogleich in Erfüllung ging, brachte ihr den Gewinn von einer Quadruple ein. Den gleichen Verdienst fand seine Frau noch öfters, nämlich alle acht Tage, zu welcher Zeit sie ihr Ehemann gewöhnlich diesem Herrn vorzuführen pflegte.
Inzwischen kam der Kopulationsschein aus Rom, und Balsamo hatte sich in Barcelona die Freundschaft eines vornehmen Reisenden erworben. Auch dieser verliebte sich in Lorenza, die es nicht unterließ, diesen Umstand ihrem Ehemanne zu entdecken. Er sah wohl, daß am Ende, wie es in allen ähnlichen Fällen zu geschehen pflegt, die Quadruplen ausbleiben würden. Er riet also seinem Weibe, dem Reisenden zu schmeicheln, jedoch aber die letzte Gunstbezeigung noch zu verweigern, in der Absicht, auf seine Kosten eine Reise nach Madrid machen zu können, wohin zu gehen er willens war.
Er erreichte wirklich seinen Zweck. Sie kamen alle Drei nach Madrid, wohnten beisammen, und der Reisende schlief abgesondert von den Eheleuten in zwei nahe gelegenen Zimmern. Ersterer, auf dessen Kosten letztere in allem unterhalten wurden, ermüdete endlich, sich so lange aufziehen zu lassen, und drohte, sich von ihnen zu trennen. Nun schien es Balsamo Zeit zu sein, seinem Weibe zu raten, daß sie den Reisenden befriedige. Er weckte sie also jeden Morgen auf und erinnerte sie, daß es Zeit sei, ihren Schlaf in dem benachbarten Zimmer zu vollenden, welches auch wirklich geschah.
Ein Zwist, den Balsamo mit einem seiner Landsleute in Madrid hatte, veranlaßte ihn, seine Frau an einen Minister der dortigen Regierung abzuschicken und Hilfe zu suchen. Der Minister wollte sich des Handels wegen pünktlich über die ganze Lage der Frau erkundigen. Nachdem er von ihr alles und sogar auch dasjenige, was sich auf die Freundschaft des Reisenden bezog, vernommen hatte, so machte er ihr den Vorschlag, diesen zu verlassen und ihn an seine Stelle aufzunehmen. Sie weigerte sich, diesen Vorschlag anzunehmen, und der Minister erwiderte, daß er unter diesen Umständen den verlangten Schutz nicht gewähren könne. Dieses geschah denn auch wirklich. Der Reisende konnte die Gierigkeit des Balsamo, welcher bald Kleider und bald Geld haben wollte, nicht länger ertragen und entfernte sich. Lorenza ging zwar auf das Geheiß ihres Mannes, den sie von allem unterrichtet hatte, wieder zum Minister, allein sie wurde abgewiesen, indem dieser jetzt mehr auf die Ehre seines Wortes, als auf sinnliche Neigung bedacht war.
Solchergestalt verlassen, gingen sie nun nach Lissabon. Als sie daselbst ankamen, dachte Balsamo zuvörderst daran, sich, gemäß seiner Gewohnheit, nach reichen und ausschweifenden Leuten zu erkundigen. Er erfuhr, daß an diesem Ort ein Kaufmann sei, dessen Charakter durchaus seinen Erwartungen entsprach. Er befahl also sogleich seiner Frau, denselben um irgend ein Almosen anzusprechen. Dasselbe wurde reichlich gegeben, aber zugleich erfolgte auch ein schändlicher Antrag, zu dessen Ausführung eine Zusammenkunft in einem seiner Landgärten verabredet wurde. Während dreier Monate wurden wiederholt die Besuche an diesem Orte fortgesetzt und jedes Mal trug Lorenza acht Piaster als Tribut davon. Indessen befürchtete Balsamo, mit der Familie des Kaufmanns, welche über diese Verbindung äußerst entrüstet war, in Streit zu geraten und entschloß sich, Lissabon zu verlassen und sich nach London zu begeben. Um aber seine Absichten desto sicherer zu erreichen, mußte seine Frau noch vor ihrer Abreise in Lissabon bei einem Mädchen, welchem es inzwischen selbst persönlich in lüderlichen Sitten Unterricht gab, die englische Sprache erlernen.
Bei allen diesen Affairen sehen wir unsern Freund immer nur hinter den Coulissen stehen und von da aus die Szene dirigieren. Was er selbst seinerseits damals tat, das können wir ganz genau nicht angeben. Mit Geistesspuk und Goldmacherei scheint er sich damals noch nicht befaßt zu haben: wahrscheinlich trieb er sich in Spanien und Portugal als gewöhnlicher Charlatan umher. Sein erster Aufenthalt auf der pyrenäischen Halbinsel fällt in die Zeit zwischen 1770 und 1771, und Balsamo war mithin damals 28 Jahre alt.
Wunderbarer Weise sehen wir unsern Freund noch vor seiner geplanten Reise nach London einen Abstecher nach seiner Heimatsstadt Palermo machen. Wahrscheinlich hatte er Heimweh, noch wahrscheinlicher ist, daß er Sehnsucht hatte nach seinen lieben, alten Kumpanen, und am allerwahrscheinlichsten ist, daß er sich von seinem Aufenthalte in einer Stadt, in der er genau bekannt war, ein besonders gutes Geschäft versprach. – Da sein Gewissen nicht ganz rein und auch der Ruf, den er als Graf genoß, nicht der beste und der Polizei einigermaßen anrüchig war, so versuchte er es nunmehr mit dem weit klangvolleren eines Marchese. Allein auch dem Marchese Pallagini war es nicht beschieden, sich eines ruhigen Aufenthaltes zu erfreuen.
Nicht etwa, als hätte die gute Polizei ihn erkannt, o nein, das war nicht zu fürchten, allein der durchgeprügelte Goldschmied hatte seiner nicht vergessen und erkannte ihn sogleich, als er ihm auf der Straße begegnete. Er denunzierte ihn und nun – o Schrecken, kam auch die Fälschung jenes Testaments ans Licht, er, Beppo, wurde verhaftet und mußte kläglich brummen.
Allein Unkraut vergeht nicht und wenn die Not am größten, ist Gottes Hilfe am nächsten. Da aber der liebe Gott ganz unglaublich viel zu tun hat und sich nicht mit jedem Erdenwurm speziell befassen kann, so hat er mitunter Stellvertreter auf Erden, denen er Prokura und plein pouvoir erteilt. Hier hatte er seine Stellvertreterschaft einem sehr windigen Herrn anvertraut.
Hören wir die Worte eines Zeitgenossen über seine wunderbare Freilassung:
»Die Weise, auf welche er loskam«, sagt der Mann, »ist wert, daß ich sie umständlich erzähle.
Der Sohn eines der ersten sizilianischen Prinzen und großen Güterbesitzers, eines Mannes, der an dem neapolitanischen Hofe ansehnliche Stellen bekleidete, verband mit einem starken Körper und einer unbändigen Gemütsart allen Uebermut, zu dem sich der Reiche und Große ohne Bildung berechtigt glaubt.
»Donna Lorenza wußte ihn zu gewinnen und auf ihn baute der verhaftete Marchese Pellagrini seine Sicherheit. Der Prinz zeigte öffentlich, daß er dies Paar beschütze; aber in welche Wut geriet er, als Joseph Balsamo auf Anrufen der Partei, welche durch seinen Betrug Schaden erlitten, aufs neue ins Gefängnis gebracht wurde! Er versuchte verschiedene Mittel, ihn zu befreien, und da sie ihm nicht gelingen wollten, so drohte er im Vorzimmer des Präsidenten den Advokaten der Gegenpartei aufs grimmigste zu mißhandeln, wenn er nicht sogleich die Verhaftung des Balsamo wieder aufhöbe. Als der gegnerische Sachwalter sich weigerte, ergriff er ihn, schlug ihn, warf ihn auf die Erde, trat ihn mit Füßen und war kaum von weiteren Mißhandlungen abzuhalten, als der Präsident selbst auf den Lärm herauseilte und Frieden gebot.
Dieser, ein schwacher und abhängiger Mann, wagte nicht, den Beleidiger zu bestrafen. Die Gegenpartei und ihre Sachwalter wurden kleinmütig, und Balsamo ward in Freiheit gesetzt, ohne daß bei den Akten sich eine Registratur befindet, weder wer sie verfügt, noch wie sie geschehen«.
Marchese Pellagrini, auf so wunderbare Art freigekommen, riß schleunigst aus Palermo aus, wo es ihm unheimlich geworden war, und begab sich nebst Frau Gemahlin nach London, wo er am 3. August 1771 angekommen sein soll. Da er wieder keine Gelder hatte und somit auf ein standesgemäßes Leben verzichten mußte, so ließ er nun auch alle Titel fallen und nannte sich nur schlechthin Balsamo.
Das Einzige, was Beppo noch von seiner spanisch-portugiesischen Reise übrig behalten hatte, war eine Anzahl von Edelsteinen, nämlich von Topasen, welche er irgendwo aufgegaunert hatte. Diese hatte er mit nach London genommen in der sicheren Hoffnung, sie dort vorteilhaft verkaufen zu können. Allein, da dies ein leidlich ehrliches Geschäft gewesen wäre und er mit solchen Geschäften durchaus nicht vertraut war, so hatte er einem seiner Landsleute, einem Sizilianer mit Namen Vivona, im Vertrauen auf seine Ehrlichkeit, die Steine übergeben, mit der Weisung, sie vorkommenden Falls möglichst vorteilhaft zu verkaufen. Wenn Beppo, dieser Erzgauner, es sich herausnimmt, von eben den Menschen, die er auf Schritt und Tritt belog und betrog, gegen sich Ehrlichkeit zu verlangen, so geschieht ihm Recht, wenn er an einen gerät, der auch nicht um ein Jota besser ist, als er selbst. Armer betrogener Betrüger! Freund Vivona besieht sich die Steine, er findet sie hübsch, ja, sie gefallen ihm ausnehmend gut. Er findet plötzlich ein Geschäft für eigene Rechnung einträglicher, als eins für fremde, was ja im Grunde genommen auch sehr wahr ist. Er verkauft also die Steine, wie ihm geheißen, möglichst vorteilhaft, steckt, wie ihm nicht geheißen, das Geld in seine Tasche und sucht damit das Weite, während Giuseppe vor Ärger mindestens ebenso gelb wird, als die davongeflogenen Topase. Nun hatte er wieder einmal nichts, als großen Hunger und eine Frau.
So mußte denn wieder eines dem anderen abhelfen.
Seine Frau verstand es, einen Dummkopf, noch zum Überfluß einen Quäker, in ihre Netze zu ziehen, und während der fromme Mann in Balsamos Behausung mit dessen Gemahlin einem sehr irdischen Vergnügen huldigte, erschien plötzlich der von allem aufs beste unterrichtete Ehegatte und spielte nun den schmählich Betrogenen. – Wir dürfen annehmen, daß Balsamo den Betrogenen gut gespielt haben wird, denn der entsetzte Quäker beeilte sich, aus dem Hause zu kommen, was ihm indessen nur gelang, nachdem er um 40 Guineen leichter geworden war; denn soviel forderte Balsamo Entschädigung für das gehabte Vergnügen. Nach der Zahlung empfahl sich Joseph bestens und bat, ihn öfters zu beehren, ein Spaß, der dem Quäker ein wenig zu teuer vorkam.
40 Guineen waren aber bei Joseph nur ein Tropfen auf einen heißen Stein, denn er hatte die beklagenswerte Eigenschaft, die nur zu viele mit ihm teilen werden, kein Geld in der Tasche leiden zu können. Zudem scheint es, als hätte er bei diesem, seinem Aufenthalt in London mit seinen gewöhnlichen Gaukeleien kein Glück gehabt, denn er mußte notgedrungen zur Arbeit greifen, um sich zu erhalten. Wie man weiß, hatte er sich im Zeichnen und Malen eine ziemliche Kunstfertigkeit zu erwerben gewußt und schon in Rom durch Herstellung von Federzeichnungen, die er kolorierte, eine Zeit lang sein Leben gestiftet. Nunmehr sah er sich gezwungen, auf jenes Metier zurückzugreifen und Muster und Zeichnungen zu malen, mit denen seine Frau in obskuren Kneipen hausieren ging. Es ging ihm aber bei alledem so entsetzlich schlecht, daß er die fällige Miete nicht zahlen konnte und deswegen von seinem Hauswirt verklagt wurde. – Er wurde auch wirklich verhaftet und gefänglich eingezogen, indessen durch die Wohltätigkeit eines reichen Engländers aus dieser traurigen Lage gerettet. – Seine Frau hatte in der Kneipe die Bekanntschaft dieses Mannes gemacht und ihm ihr Elend so rührend zu schildern gewußt, daß er aus Mitleid mit der Unglücklichen den rückständigen Mietszins zahlte und den infolgedessen freigelassenen Balsamo, von dessen Fertigkeit im Malen ihm Lorenza viel gesprochen, beauftragte, einige Zimmer seines Landhauses auszumalen. – Man kann sich denken, was Balsamo, der frisch und frei an seine Arbeit ging, obwohl er dergleichen in seinem Leben noch nicht unternommen hatte und darum nicht die geringste Übung besaß, zurechtgemalt haben wird, und in der Tat bezeigte der Auftraggeber bei Besichtigung der Arbeit über die Verunstaltung seiner Zimmer sehr unverhohlenes Mißfallen. Allein dieses sollte noch um ein Bedeutendes gesteigert werden.
Balsamo, der mitunter auch den Liebenswürdigen spielen konnte, hatte es verstanden, die Gunst einer der Töchter seines Wohltäters zu erwerben, und hatte dieselbe ohne Rücksicht auf das Gute, was ihm geschehen, verführt. Als der empörte Vater dies bemerkte, tat er, was jeder andere an seiner Stelle auch getan hätte, er machte kurzen Prozeß und warf den Lumpen kopfüber zur Türe hinaus. So war denn unser Freund aufs neue dem Elend preisgegeben, wenn er es nicht vorziehen wollte, sich auf unredliche Weise einige Unterhaltsmittel zu beschaffen.
Gedacht, getan! Er verklagt einen Menschen, mit dem er früher in Geschäftsverbindung gestanden haben mochte und den er für einen Agenten des Königs von Marokko ausgab, wegen einer angeblichen Schuld von 47 Pfund Sterling für gelieferte Zeichnungen. Da indessen die Beweise für die Rechtmäßigkeit dieser Forderung nicht hinreichend erachtet wurden und er vielleicht fürchten mochte, wegen einer wissentlich unbegründeten Klage von dem Beklagten später belangt zu werden, so wartete er das Urteil nicht mehr ab, sondern machte sich schleunigst aus dem Staube. Die Klage wurde nun, als der Termin herangekommen und Balsamo nicht erschienen war, abgewiesen und der Kläger in die Kosten verurteilt. Wir gehen jede Wette ein, daß sie nie gezahlt worden sind.
Balsamo hatte sich, da ihm das Glück in England nicht blühte, wieder nach dem Kontinent begeben und auf die Reise nach Paris gemacht. Er befand sich in höchst bedürftiger Lage. Seine wenigen Hilfsquellen hatten ihn kaum in London vor dem Hungertode geschützt. Jetzt, wo er die Kosten für die Reise bestreiten sollte, mangelte es ihm vollends am Notwendigsten. Als er die Ueberfahrt über den Kanal machte, führte ihm der Zufall einen artigen Kavalier entgegen. Derselbe war Intendant eines Marquis und hatte in dessen Auftrag eine Reise nach England gemacht, von der er jetzt nach Paris heimkehrte. Die Reisegemeinschaft erleichterte das Bekanntwerden, und bald hatte der Franzose sich das Vertrauen seines neuen Reisegefährten erworben. Da er auch seinerseits gegen die Vorzüge der »kleinen Gräfin« sich nicht unempfindlich zeigte und bemerkte, daß die Aufmerksamkeiten, die er ihr erwies, nicht ungern angenommen wurden, so entspann sich zwischen ihm und dem Balsamoschen Ehepaar bald eine intimere Bekanntschaft, die der galante Franzose durch mancherlei kleine Freundschaftsdienste noch mehr zu befestigen geneigt war. Er hatte sehr bald erkannt, daß es um die finanzielle Lage seines neuen Freundes ziemlich kläglich bestellt war und daß Balsamo kaum noch über die nötigen Fonds verfügte, deren er zur Erreichung von Paris benötigt war. Er bot also dem Ehepaar die Benutzung seiner in Calais ihn erwartenden Equipage an und hatte die Genugtuung, dieses Anerbieten mit großer Bereitwilligkeit angenommen zu sehen. Leider war aber dabei ein Uebelstand vorwaltend. Im Wagen war nur noch ein Sitz frei, den Balsamo notgedrungen seiner Gattin überlassen mußte, er selbst bestieg eines der Wagenpferde und zog auf diese Weise in Paris ein. Es wird uns nicht berichtet, um welches Thema sich die Konversation der beiden Reisenden im Fond des Wagens gedreht haben mag. Man darf indessen aus den weiteren Ereignissen die Schlußfolge ziehen, daß sie nicht lediglich das schöne Wetter betraf, sondern daß sich die beiden Reisenden vornehmlich über die Trefflichkeit der Lebensregel verständigten, die Rosen zu pflücken, so lange sie noch blühen.
Duplesir, der gastfreundliche Gönner des Balsamoschen Ehepaares, beeilte sich, am Ziele seiner Reise angelangt, diesen Grundsatz sofort ins Praktische zu übersetzen, indem er seinem Freunde ein Obdach in seiner eigenen Wohnung antrug, worauf die Reisenden selbstverständlich mit Freuden eingingen. Da der Marquis, der Prinzipal Duplesirs, der zugleich auch der Hauswirt des Letzteren war, gegen die Gastlichkeit seines Intendanten nichts einzuwenden hatte, so bezog das Ehepaar noch am Tage seiner Ankunft sein neues Logis und pries seinen guten Genius, der ihm plötzlich so wunderbar aus allen Drangsalen geholfen hatte. Balsamo sowohl, wie seine Gattin schienen sich im Hause ihres Gastfreundes recht behaglich zu fühlen. Es vergingen viele Wochen, ohne daß sie daran dachten, sich von Duplesir zu verabschieden. Balsamo spielte auch hier wieder seine gräfliche Rolle mit großer Virtuosität, gab vor, mit jedem Tag das Einlaufen wichtiger Briefe und Wechsel zu erwarten, und lebte im übrigen von der Großmut Duplesirs. Letzterem mochte indessen der Gatte seiner Angebeteten schon längst eine lästige Zugabe zu seinem verstohlenen Liebesglück sein. Er benutzte daher die nächste günstige Gelegenheit sich seiner zu entledigen.
Ein Tanzmeister, der für seine Schüler einen sehr eleganten Ball arrangiert hatte, hatte in tiefster Devotion auch dem Herrn Grafen eine Einladung zukommen lassen, die dieser denn auch zu jenes unaussprechlichen Vergnügen gnädigst angenommen hatte. Der Tanzmeister bereitete sich würdig vor auf den Empfang des erlauchten Gastes, und dieser war nicht minder darauf bedacht, seinem Stande gemäß vornehm und elegant aufzutreten. Leider fehlte es ihm dazu am nötigsten, nämlich an Geld und Garderobe. Indessen er wußte sich geschickt aus der Patsche zu ziehen, indem er zu einem Trödler schickte und sich von ihm mehrere der elegantesten Kostüme, welche am Lager waren, »zur Auswahl« senden ließ. – Das Kostbarste war ihm gerade recht, und stolz wie ein Pfau ging unser Freund in diesem erborgten Schmucke zu Balle, ließ sich von dem Bürgerpack anstaunen und nahm mit echt gräflicher Hochnäsigkeit die ihm zugedachten Huldigungen entgegen. Am nächsten Morgen nahm er dann den ganzen Krempel und schickte ihn dem Trödler zurück mit dem Bemerken, daß nichts davon für ihn verwendbar gewesen sei. Balsamo war schlau, der Trödler noch schlauer. Dieser hatte an einem nur ihm bekannten, untrüglichen Merkzeichen sofort entdeckt, daß einer der Anzüge benutzt sei und verlangte nunmehr die ihm zustehende Bezahlung. Balsamo verweigerte diese, hätte vielleicht auch beim besten Willen nicht zahlen können, und nun kam der Trödler in seine Wohnung und forderte in dringlichster Form sein Geld. Balsamo aber konnte nicht zahlen, denn er hatte nichts. Nunmehr geriet jener in die höchste Wut, lief auf die Straße, erhob einen gewaltigen Lärm und trug allen Leuten, die ihn hörten, seinen traurigen Fall vor, was natürlich in der ganzen Nachbarschaft großes Aufsehen und Aergernis verursachte und zur Folge hatte, daß der Marquis seinen Intendanten anwies, den schwindelhaften Besuch auf die Straße zu setzen. Duplesir, der nur auf Gelegenheit gewartet, den Schmarotzer los zu werden, kam dem Befehl unverzüglich nach, und somit sah sich Balsamo urplötzlich seines Obdachs beraubt. Das war schlimm, viel schlimmer aber war, daß er sich auch seiner Frau beraubt sah, denn diese war, während man ihren Gatten vor die Tür setzte, spurlos entschwunden.
Balsamo raste; er stürzte sogleich zum nächsten Polizeiamt, wo er in schauderhaft schlechtem Französisch Duplesir der Entführung und seine Frau der böswilligen Verlassung anklagte und sofort Schritte getan verlangte, die ihm die Entschwundene zurückführen sollten; denn so lange er sie hatte, hatte er im schlimmsten Falle auch immer noch Geld, ohne sie war er in jetziger Lage sicherem Verderben Preis gegeben. – Dennoch mußte er vier lange, bange Wochen warten, ehe die Polizei ihm seine treue Gattin zurückgeben konnte. Man fand sie in einem entlegenen Hause bei einer Wäscherin wohnen, bei welcher sie Duplesir untergebracht hatte. – Als Balsamo die so schmerzlich Vermißte endlich wieder vor sich sah, da packte ihn denn doch die Wut ob ihrer Treulosigkeit und er beschloß, nun sie ein für alle Male von solchen Extremen zu heilen, sie erbarmungslos im Frauen-Gefängnis von St. Pélagie drei Monate einsperren zu lassen, was denn auch geschah. Die schöne Lorenza hatte dort gründlich Zeit und Muße, über die Unbeständigkeit des Liebesglückes nachzudenken und sich zu bessern. Sie tat dies auch, und als sie dann endlich auf Antrag ihres Ehegatten frei gelassen wurde, da war sie wieder ganz seine treue Gemahlin, über die er in der Folge nie wieder zu klagen hatte. – Balsamo, der sehr wohl wußte, daß er für den Fall einer erneuten Flucht seiner Lorenza manche ansehnliche Revenue einzubüßen haben würde, war seinerseits bestrebt, sie durch verdoppelte Zärtlichkeit für die ausgestandenen Leiden der Gefangenschaft schadlos zu halten und sie auf diese Weise von ferneren Fluchtgedanken abzubringen. Es herrschte unter ihnen wieder die sonnigste Harmonie, gleich als wäre nie etwas vorgefallen, was auch nur auf Augenblicke den Frieden ihrer Ehe zu trüben imstande gewesen wäre. –
Leider hatte Balsamo nicht bedacht, daß die Polizei mit Verhafteten gewöhnlich Verhöre anzustellen pflegt und daß bei solchen Verhören mitunter sehr unliebsame Dinge zu Tage gefördert werden können. Auch Frau Lorenza wurde einem Verhör unterworfen, und da sie nicht so abgefeimt lügen konnte, als ihr Gatte, so erhielt die Polizei wunderbaren Aufschluß über die Person Balsamo's, und seine bisherigen Heldentaten kamen teilweise ans Licht, z. B. erfuhr man, daß er einst Wechsel auf den Kardinal Orsini gefälscht habe. – Es ist dies derselbe Orsini, mit dessen Bekanntschaft sich Balsamo in dem bereits von uns mitgeteilten Memoire brüstet. – Man ersieht, welcher Art diese Bekanntschaft war. Allein obwohl doch nun die französischen Behörden erfahren hatten, mit welch sauberem Subjekte sie zu tun hatten, blieben wunderbarer Weise alle Angaben Lorenzas Amtsgeheimnis, und es wurden zunächst durchaus keine Schritte getan, ihm das Handwerk, welches er denn auch ruhig weiter betrieb, zu legen; ja, nicht einmal wurde er wegen unzulässiger Führung des Grafentitels belangt. Dennoch schritt das Unglück schnell.
In der Zeit, da Balsamo sich seiner Gattin beraubt gesehen hatte, war er zu seinem Unterhalt wieder auf seine gewöhnlichen Schwindeleien und Charlatanerien angewiesen gewesen und hatte selbige mit der ganzen, ihm zu Gebote stehenden Unverschämtheit inszenirt. Er schwatzte gläubigen Toren vor, er verstehe die Kunst des Goldmachens und der menschlichen Verjüngung – letztere war ein neu in sein Programm aufgenommenes Gaunerstück–, und es ist nicht zu bezweifeln, daß er manch einem verschrullten Junggesellen und mancher alten Jungfer Geld zum Zwecke der Verjüngung abgenommen haben wird. – Bekannt ist und festgestellt, daß er auf diese Weise wirklich einen reichen Sonderling um 500 Louisdor geprellt hat, daß derselbe aber wirklich jünger geworden, davon ist nichts erwähnt.
So trieb es denn le comte de Cagliostro bunt und immer bunter, bis schließlich die Polizei sich endlich doch gezwungen sah, die Nachtmütze abzusetzen und ihm mit der Pike des Gesetzes auf den Leib zu rücken. – Eines schönen Tages erhielt le comte in aller Frühe die höfliche, aber entschiedene Weisung, mit möglichster Stille, aber auch möglichster Geschwindigkeit Frankreich zu verlassen und anderswo die Menschheit zu verjüngen. Da der Klügere immer nachgiebt und Cagliostro entschieden klüger war, als die gesamte Pariser Polizei zusammengenommen, so gab er nach und wich der Gewalt.
Unverständlich – und darauf möchten wir jetzt schon hinweisen – ist an diesen Vorgängen nur, daß sie dreizehn Jahre später, als Balsamo unter der Maske des weltberühmten Grafen von Cagliostro sich vor dem französischen Parlament als Teilnehmer an der Halsband-Schwindelei zu verantworten hatte, von keiner der gegen ihn auftretenden Parteien, die doch in die sonstigen, dunklen Schicksale des Angeklagten einiges Licht brachten, ausgenutzt wurden, um seine Identität, über die damals eine große Unsicherheit herrschte, festzustellen und ihn damit als alten Betrüger zu entlarven. Daß nämlich Balsamo auch bereits während des von uns geschilderten, ersten Aufenthaltes in Paris den Namen eines Grafen Cagliostro führte, unterliegt keinem Zweifel.
Es folgt nunmehr, nachdem unser Held Paris verlassen hat, eine Periode rastlosen Umherirrens in Italien, Malta, im südlichen Frankreich und Spanien, in welcher er sich noch mehr in der höheren Gaunerei vervollkommnet haben mag, von der indessen nichts Besonderes zu berichten ist, außer etwa, daß er verschiedene Male mit der Polizei in Berührung kam, und dies ist am Ende bei ihm nichts Besonderes mehr.
Neben dem von ihm in Paris so eifrig betriebenen Geschäft der Verjüngung d. h. neben der Kunst, vermittelst gewisser aus Kräutern und Elixiren zusammengesetzten Tinkturen das Leben zu verlängern und gealterten Personen die Frische und Kraft der Jugend wiederzugeben, hatte er sich nun auch noch mit großem Eifer auf das des Goldmachens geworfen. Da dieser Leidenschaft damals in ganz Europa ein großer Teil der gebildeten Gesellschaft huldigte, so wurde es Balsamo nicht schwer, sich Zutritt zu mitunter sehr vornehmen Familien zu erwirken, in denen er in der Regel mit seiner Beutelschneiderei viel Glück hatte. – Alles, was er von Chemie wußte, war das, was er einst im Laboratorium zu Kartagirone gelernt hatte, und das war wenig genug; ja, es wäre unzulänglich gewesen, wenn er nicht eben seine Unkenntnis durch eine unglaubliche Gewandheit in Taschenspielkünsten unterstützt hätte. – Alle seine alchemistischen Operationen basierten auf irgend einem geschickt durchgeführten Taschenspielerkoup.
Damit gelang es ihm, viele minder Scharfsichtige zu blenden, und wie weit oft die Verblendung ging, werden wir noch mitzuteilen Gelegenheit haben.