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Zuallererst verließen sie das alte Mühlenhaus und prüften Hongkongs Theorie nach, indem sie an das Ufer des Teiches eilten. Dort fanden sie auch richtig das Kanu. Sie zogen es mit einem abgebrochenen Ast zu sich heran. Mit dessem Ruder in den mächtigen Händen O'Shays, trieben sie das kleine Fahrzeug durch die Strömung, landeten an dem gegenüberliegenden Ufer und marschierten geradeswegs quer über die Hügel drauflos. Mindestens zwei Stunden lang marschierten sie bergan und bergab. Als sie an den oberen Rand eines sehr steilen Hanges kamen, hörten sie aus der breiten Tiefe des Tales, das sie eben verlassen hatten, das Muhen einer Kuh.
»Wir gehen in die Irre!« sagte Templar finster. Kaum waren ihm diese Worte entschlüpft, als sie von jenseits des Hanges her ein Knacken hörten, wie das Splittern eines großen Brettes; kurz darauf waren sie von lauten und leisen Echos umschwirrt. Sie starrten einander an, denn sie alle hatten den Knall einer Flinte erkannt; auf diesen Knall folgte eine Füsilade, und sie fingen zu laufen an. Als sie die Kuppe überschritten hatten, lag das Bild klar vor ihren Augen. Es war da ein schmales Tal mit steilen Wänden; mitten hindurch lief im Zickzack ein kleiner Fluß. In der Mitte dieses Tales befanden sich zwei kleine Erhebungen, die aussahen wie Felsennester. Hinter einer dieser Erhebungen lagen zwei Gestalten in Deckung; hinter dem anderen, nördlicheren Steinklumpen hervor feuerte von Zeit zu Zeit ein einzelner Schütze.
»Das ist mein Vater«, sagte das Mädchen. »Er hat ihnen den Weg abgeschnitten!«
Während sie noch sprach, sprang einer von den beiden empor, drehte sich um sich selber und fiel dann auf die Seite nieder. O'Shay, der durch das Fernglas blickte, sagte kurz: »Das ist McArdle. Er versucht, seinen Gegner zu bluffen.«
Sie sahen ganz deutlich Condon zwischen den Felsblöcken davonschleichen und hinter den Steinhaufen verschwinden; aber er tauchte fast sogleich wieder auf. Templar riß hastig die Flinte an die Schulter, setzte sie aber dann mit einem leisen Ausruf wieder ab. In halber Höhe des Hanges schien ein schmaler Sims zu sein, und als Condon dort anlangte, bog er ab und begann schnell auf ihm entlangzulaufen. Sie sahen Condon taumeln. Er schwankte rücklings an den Rand der Klippe, stolperte und fiel dann kopfüber den Hang hinab. Seine Flinte tanzte in schnellen Kreisen vor ihm hinab, und das Bündel, das all seinen Reichtum enthielt, holperte hinterdrein. Denn es war auf seinem Rücken festgebunden. Sein Sturz schien unaufhaltsam, da verfing sich plötzlich der Gurt der Mappe in einem Busch. So wurde die sausende Fahrt gehemmt. Das Mädchen senkte den Kopf und schlug die Hände vor die Augen, als der Busch sich völlig loslöste und den Hang hinuntersauste, während Condon strampelnd nach einem Halt suchte. Die Wucht nahm zu, das Stück Boden löste sich in Staubwölkchen und Steinschauer auf, Condon sauste rasch hinab und fiel in das weißschäumende Wasser.
Inzwischen war Crane, die alte Feindschaft beiseitesetzend, an das Ufer des Flusses gelaufen, und jetzt, knietief in der zerrenden Strömung, reichte er dem Flüchtling den Kolben seiner Flinte. Condon packte ihn. Was dann eigentlich geschah, wußte niemand. Jedenfalls ging unter seiner Berührung die Flinte los, und mit dem Knall des Schusses fiel Crane tot auf das Ufer des Flusses zurück, während Condon von den weißen Wassern entführt wurde.
Sie begruben Crane zwischen den Felsblöcken des Hügels. Condons Leichnam wurde nie gefunden, und auch die Ledermappe war mit ihm verschwunden.
McArdle kehrte aus Tolman in das Gefängnis zurück, das er erst vor kurzem verlassen hatte. Das vor fünfzehn Jahren begangene Verbrechen hatte nun alle seine Teilnehmer und ebenso sein Opfer glatt von der Tafel gelöscht. Nur eines war erreicht worden: Cranes Name und Ruf waren reingewaschen worden.
*
»Schon darum haben all unsere Mühen sich verlohnt«, sagte Frau John Templar zu ihrem Mann, als sie später diese Ereignisse in der Erinnerung noch einmal durchlebten.
»Das Wichtigste hat er jedenfalls selbst geleistet!« erwiderte Templar ernst. »Er hat Condon so lange aufgehalten, bis wir kamen.«
»Und gerade zur rechten Zeit ist er gestorben«, fuhr die junge Frau fort. »Denn wäre er am Leben geblieben, wäre seine Seele für immer verbittert und verhärtet gewesen.«
Sie hat recht, wie immer, – dachte Templar bei sich. Und, wie an jedem Tag seines Ehelebens, wunderte er sich von neuem darüber, daß eine so kluge und stolze Frau einen so unbedeutenden Menschen wie ihn zum Manne genommen ...
Ende