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Lippfische. Schellfische. Schlangenfische. Flachfische
Den Kern der Ordnung, aus den ich mich beschränke, bilden die Lippfische ( Labridae), durch Gestalt, Beschuppung und Farbenpracht in hohem Grade ausgezeichnete Tiere. Ihre Gestalt unterscheidet sich wenig von der unserer Flußfische; das Kleid besteht aus runden Schuppen; die eine Rückenflosse wird hauptsächlich von Stachelstrahlen gespannt, die jedoch meist ein Hautläppchen hinter sich haben; die Bauchflossen stehen unter den Brustflossen; die Kinnladen haben fleischige Lippen; das Gebiß besteht aus stumpfen Pflasterzähnen oder Querplatten.
Über alle Meere verbreitet, bevölkert diese Familie auch unsere Küsten, insbesondere die des Mittelmeeres und der Nordsee, da wo der Grund felsig und mit Seepflanzen bewachsen ist. Ihre eigentliche Entwicklung zeigt sie jedoch innerhalb des heißen und in den angrenzenden Teilen der beiden gemäßigten Gürtel. Wie durch ihre Farbenpracht zeichnen sie sich auch durch ihre Munterkeit und Regsamkeit aus, obgleich sie wenig umherzuschweifen, vielmehr in den unterseeischen Wäldern ihren Stand zu nehmen und von einer Seewasserpflanze zur andern zu schwimmen pflegen. Ihrem Gebisse entsprechend fressen die meisten Arten vorzugsweise Muscheln, die sie mit den beweglichen Lippen vom Grunde oder von den Pflanzen des Meeres ablesen, und deren Schalen sie mühelos zertrümmern; doch gibt es auch Pflanzenfresser unter ihnen, die förmlich weiden, ohne übrigens deshalb tierische Stoffe zu verschmähen. Gegen die Laichzeit hin, die gewöhnlich mit dem Frühling ihrer Heimat zusammenfällt, erhöht sich nicht allein ihre Farbenschönheit, sondern auch ihre Fähigkeit, die Färbung jählings zu verändern, in bemerkenswertem Maße.
Unter den Lippfischen im engeren Sinne ( Labrinae), insbesondere aber unter den Mitgliedern der gleichnamigen Sippe ( Labrus), verdient der Streifenlippfisch ( Labrus mixtus) allgemeinere Beachtung, weil er auch in den nordischen Meeren vorkommt. Er kennzeichnet sich durch dicke, fleischige, doppelte Lippen, kegelförmige Kieferzähne, stachel- oder zahnlose, beschuppte Vorder- und Kiemendeckel und fünf Strahlen in der Kiemenhaut sowie insbesondere dadurch, daß Männchen und Weibchen sehr verschieden gefärbt sind. Das Männchen ist auf braunrötlichem Grunde prachtvoll blau in die Länge gestreift, oft so, daß diese Färbung zur vorherrschenden wird, das Weibchen dagegen auf lichtrotem Grunde am hinteren Teile des Rückens mit drei dunklen Flecken gezeichnet. Die Länge beträgt etwa dreißig Zentimeter, selten mehr, das Gewicht ein Kilogramm und darüber.
Vom Mittelländischen Meere an, das als die eigentliche Heimat des Streifenlippfisches angesehen wird, verbreitet er sich durch das Atlantische Weltmeer, nach Norden hin bis zu den Küsten Großbritanniens und Norwegens, wie die übrigen Arten untermeerische Felsen erwählend und hier vorzugsweise in Spalten und Löchern zwischen größerem Seegrase sich aufhaltend, der Jahreszeit entsprechend aber seinen Standort verändernd. Während des Sommers tritt er, nach Couch, oft in kleine Buchten oder Häfen ein und treibt sich hier zwischen den Steinen hart am Strande umher? im Herbst und Winter hingegen zieht er sich in mäßige Tiefen zurück. An den britischen Küsten laicht er im März und April, im Mittelländischen Meere hingegen, laut Risso, zweimal im Jahre, was wohl soviel bedeuten soll, daß die Laichzeit hier nicht an einen bestimmten Monat sich bindet. Kleine Krebsarten bilden die bevorzugte Nahrung; Fische und Seegewürm werden ebenfalls angenommen. Der Fang hat wenig Schwierigkeiten, weil alle Lippfische leicht an die Angel gehen, wird jedoch nirgends in großartigem Maßstabe betrieben; denn das Fleisch steht in geringer Achtung und dient den Fischern gewöhnlich nur als Köder zum Fange wertvollerer Arten.
Seiner prachtvollen Färbung halber wird der Streifenlippfisch gern in Gefangenschaft gehalten, läßt sich mit Muschelfleisch und Gewürm ernähren, dauert auch in zweckmäßig eingerichteten Seewasserbecken recht gut aus und vereinigt in sich überhaupt für die Gefangenhaltung so viele Vorzüge wie wenig andere Seefische. Im hohen Grade fesselnd wird die Beobachtung seines Gebarens während der Fortpflanzungszeit. So friedlich er sonst mit seinesgleichen lebt, so eifersüchtig und rauflustig benimmt er sich vor und während der Laichzeit. Nicht ohne Kampf mit andern Bewerbern erwirbt er sich das Recht auf ein Weibchen, geleitet dieses fortan getreulich, wohin es sich auch wenden möge, und leuchtet dabei förmlich auf in Pracht und Schönheit. Hat er sich einmal bestimmt entschieden, so duldet er keinen Nebenbuhler mehr, fällt vielmehr ingrimmig über jedes nahende Männchen her und streitet mit ihm auf Tod und Leben. Aber während die Liebe ihn verschönte, verhäßlicht ihn die Eifersucht: angesichts eines Gegners wird er am ganzen Leibe fast eintönig grau.