Giacomo Casanova
Eduard und Elisabeth bei den Megamikren
Giacomo Casanova

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Nun blieben wir zwei Jahre lang unerkannt dort wohnen. Auf die Treue unserer Diener konnten wir uns blind verlassen, und dann wußten sie ja auch nicht, welch wichtige Persönlichkeit der Gefangene war. Tolomäus schrieb mir am andern Tage, daß am Tage des Staubes man bei Tagesanbruch bemerkte, daß Wasser in das eine Gefängnis eingedrungen war, wodurch zwei Gefangene von geringer Bedeutung ertrunken waren. Erst als das Wasser schon zu den Fenstern hinauslief, bemerkten es die Wachen, sonst wäre das ganze Gefängnisgrundstück der Überschwemmung zum Opfer gefallen. Man hatte auch die Stelle entdeckt, wo der Fluß den Damm durchbrochen hatte, und hatte die Öffnung wieder sorgfältig verstopft. Dann ging man daran, das Gefängnis wieder auszutrocknen. Die folgenden Tage hörten wir nichts mehr über die Sache. Wir waren uns vollkommen klar darüber, daß sie unseren Gang gefunden haben mußten und also auch wissen mußten, daß der Rote befreit worden war. Doch wurde hierüber strengstes Schweigen beobachtet und wir konnten daraus ersehen, mit welchem Geheimnis der Rat der Siebzehn seine Nachforschungen stets umgab. Natürlich mußten wir ungeheuer auf der Hut sein, um nicht entdeckt zu werden. Tolomäus hatte den Oberstaatsanwalt ein paar Tage darauf getroffen und wurde von ihm in ein langwieriges Gespräch über Wasserbaukunst verwickelt. Doch berührte er die fragliche Angelegenheit in dem ganzen langen Gespräch mit keinem Wort.

Nach einiger Zeit schrieb Tolomäus mir, daß er einige Frachtsendungen von Waren sowohl nach der Republik wie nach dem Königreich Neunzig abgesandt hätte. Er war selbst zum Zollamt gegangen, doch hatte er bei der Revision nichts Verdächtiges bemerkt. Später teilte er mir noch mit, der Gang, den ich von meinem Häuschen aus gegraben hatte, wäre wieder verschüttet worden, natürlich von der Regierung, die auch das Gerücht aussprengen ließ, die Bewohner wären ertrunken. Unsere Erben wurden öffentlich aufgefordert, ihre Ansprüche geltend zu machen, sonst würde das Haus beschlagnahmt werden. Ich schrieb nun an Tolomäus, daß wir nach hier abreisen würden, sobald er es für gut hielte.

Und nun will ich Euch von unserm neuen Freunde, der durch und durch Naturkind war, sprechen.

Er war gar nicht erstaunt gewesen, als der Rote in sein Gefängnis stieg, denn er hatte ja nichts zu wünschen, nichts zu hoffen und nichts zu fürchten. Darum wunderte er sich auch über nichts. Die Naturgesetze waren ja etwas ihm völlig Unbekanntes. Erst als er zu meiner Frau geführt wurde, verwunderte er sich sehr, denn sie erschien ihm übermenschlich groß und erregte seine Furcht. Doch besprengte sie ihn mit einem köstlichen Parfüm, das ganz unbekannte und sehr angenehme Empfindungen in ihm hervorrief. Die nächsten zehn Stunden dienten dann dazu, daß sie versuchte, ihm die allerelementarsten Begriffe beizubringen, doch mußte ihn ja zunächst alles einfach überwältigen. Er kannte kaum seine eigene Sprache, die er ja nur von seinem erbärmlichen Wärter hatte lernen können. Alle menschlichen Verhältnisse und Ordnungen waren ihm völlig fremd, wie auch die Worte Gefangenschaft, Freiheit, Unabhängigkeit ihm nur leere Begriffe bedeuteten. Als wir nach Beendigung unserer Arbeiten ins Zimmer traten, schenkte er nur mir ein wenig Aufmerksamkeit, denn den Prinzen und seine Eltern hielt er für Gelbbunte, also ganz untergeordnete Personen, wie etwa die Gefängnisbeamten, die ihm seine Nahrung überbracht hatten. Als ich ihn selbst in einen Gelbbunten verwandelte und dazu ein paar freundliche Worte sprach, glaubte er zuerst, ich wollte ihm irgendeine Auszeichnung zuteil werden lassen. Sehr erstaunt war er, als wir ihm dann Schuhe anzogen und er nun zum erstenmal in seinem Leben neben sechs Gefährten einhermarschierte. Beim Mittagsmahl wurde er von dem Prinzen gesäugt und ließ es auch zu, daß dieser bei ihm dasselbe tat. Er wunderte sich, daß wir Feigen aßen, die er noch nie gesehen hatte. Auch ahnte er nichts von Gärten und Schlangen.

Für den nächsten Tag hatte ich eine allerliebste Überraschung vorbereitet. Der Minister und sein Unzertrennlicher wie auch der Prinz nahmen bei Tagesanbruch ein Bad, wonach sie sich sorgfältig kämmten und parfümierten. In ihrer wahren roten Hautfarbe erschienen sie dann wieder im Saal, wo wir sie mit dem liebenswürdigen Gefangenen erwarteten. Man hätte ihm bitteres Unrecht getan, wenn man seine reizend naiven Fragen als unziemliche Neugier bezeichnet hätte. Nur auf diese Weise konnte er ja ein Wesen wie andere werden. Seine Eltern und sein künftiger Unzertrennlicher erschienen nun im leuchtendsten Rubinrot. Zuerst erschrak er, denn er hatte geglaubt, außer ihm selbst gäbe es nur Gelbbunte auf der Welt. Dann aber eilte er auf den Prinzen zu und schloß ihn mit einer solchen Leidenschaft in die Arme, daß wir Mühe hatten, die beiden wieder zu trennen. Es ist also durchaus nicht so, daß die Natur aus sich heraus spricht, denn dann hätte er zuerst zu seinen Eltern gehen müssen. Vielmehr ist das erotische Gefühl stets das allerstärkste, was zwei Wesen zueinander treibt, stärker wie Eltern- und Kindesliebe. Als der Prinz sah, daß sein nunmehriger Unzertrennlicher sich ein wenig beruhigt hatte, führte er ihn seinen Eltern zu und sprach: »Sieh hier diejenigen, die dir das Leben gegeben haben! Umarme sie und laß dich von ihnen küssen!« – »Wie,« rief der Entführte, »ihnen habe ich das Leben zu danken, wäre also gar nicht ohne sie? Freilich bin ich überglücklich, sie zu sehen, und dies um so mehr, als mir erst in diesem Augenblick das Leben wie ein Geschenk erscheint.« – Mit diesen Worten warf er sich aufs neue an den Hals des Prinzen, der ihn mit Tränen in den Augen seinen Eltern in die Arme legte. Auch sie konnten nur schluchzend mit dem neugewonnenen Sohne sprechen und wir alle mußten vor Rührung weinen. Jetzt aber stellte der Entführte eine Frage, die bewies, daß sein Geist sich rapide entwickelte. »Sagt mir doch,« so sprach er, »warum Ihr mich mit dieser verhaßten Farbe bestrichen habt, die ich nur an meinem verbrecherischen Wärter sah, wo doch auch Ihr, wie ich sehe, im schönsten Rot prangt?«

Daraufhin erzählte ihm nun sein Vater die ganze Geschichte.

Das war nun freilich ein schwieriges Beginnen, denn die Persönlichkeit, von der die Geschichte handelte, hatte ja von nichts die geringste Ahnung. Ich konnte nur aufrichtig die große Weisheit bewundern, mit der der Herr Minister es verstand, sich seinem Sohn verständlich zu machen, der ihm ganz hingerissen lauschte. Es handelte sich ja nicht darum, die Neugier des Zuhörers zu befriedigen, sondern man mußte ihm überhaupt erst alle Begriffe veranschaulichen und geben. Alles mußte ihm doch erklärt werden: seine Geburt, die Umstände, die den Prälaten dazu verführten, ihn zu verkaufen, das Interesse, das die Republik daran hatte, seine Existenz zu leugnen, und dasjenige, das den Vater seines Unzertrennlichen so großen Wert auf seine Existenz legen lassen mußte. Man mußte ihm also ein umfassendes Bild der Natur- und Menschheitsgeschichte mit allen Lastern der Menschen, dem Geiz und der Herrschsucht der Fürsten entrollen, um ihm einen Begriff von den Staatsrechten und den Überschreitungen zu geben, die von der Politik ohne jegliche Furcht, jemals zur Rechenschaft gezogen zu werden, ausgeübt wurden.

Er mußte ihm ferner erklären, daß ein Naturgesetz die Megamikren nach 192 Jahren sterben ließ, um ihm hierdurch verständlich zu machen, welches Interesse der regierende Prinz daran hatte, sich einen Nachfolger zu sichern; auch vergaß er nicht, ihm verständlich zu machen, was ein Jahr bedeutete und in welchem Alter er selbst stände. Schließlich vergaß er nicht, ihm mit aller Geschicklichkeit zu erklären, daß die Nachfolge des Sohnes im Erbe des Vaters ein natürliches Gesetz sei, da man annahm, daß die Väter in ihnen wieder aufleben, sich erneuern, sich also in den Wesen, denen sie das Leben geben, wiederfänden. Die Neuschaffung des Lebens geschähe durch die Vereinigung mit dem Unzertrennlichen, den ihm die Natur verliehen habe. Bei dieser Gelegenheit belehrte er ihn über die bevorzugte Stellung der Roten, die zum Edelstand berufen waren, weil sie die Zeugungsfähigkeit besaßen, während die Megamikren anderer Farben infolge ihrer Unfruchtbarkeit Unedle und Bastarde genannt wurden. Er mußte ihm dann die Vorrechte der Edlen erläutern und viele andere Dinge mehr. Ich habe Euch gesagt, daß er ihm in kurzen Zügen seine Geschichte erklärte, dennoch brauchte er zu dieser Erzählung im ganzen vier Monate, wobei er täglich vier bis fünf Stunden sprach. Es war also schon mehr eine moralphilosophische Vorlesung zu nennen.

In den ersten Tagen hatte ich große Schwierigkeit, ihm verständlich zu machen, daß ein Unterschied im Körperbau zwischen mir und meiner Frau, sowie zwischen uns und ihnen bestände, und es war für ihn eine große Überraschung, als er erfuhr, daß wir eine andere Art Menschen seien und eine andere Welt bewohnten, von der die Megamikren keine Ahnung hatten, ehe wir zu ihnen gekommen waren. Dann sagte ich ihm, wie wir uns von zweien auf mehr als eine Million reicher und machtvoller Wesen von fürstlichem Geblüt innerhalb eines Zeitraumes von 290 Jahren ausgebreitet hätten. Der jugendliche Prinz, der aufmerksam zuhörte und mich niemals unterbrach, konnte sich hier einer Frage an seinen Vater nicht enthalten. Diese Frage überraschte uns sehr und gab uns einen Einblick in seinen klugen Geist.

»Mein Vater,« sprach er, »Ihr müßt die Güte haben, mir zu erklären, warum diejenigen, die die beiden Riesen aus einer andern Welt haben kommen sehen, sich der Pflicht entzogen haben, diese sterben zu lassen, was sie meiner Ansicht nach hätten tun sollen, zumal sie sahen, daß jene keine Bastarde waren.«

Über diese Frage war die ganze Gesellschaft sehr erstaunt und wurde dadurch in eine gewisse Verlegenheit mir und meiner Frau gegenüber versetzt. Ich jedoch konnte mich nicht enthalten, den Frager in meine Arme zu schließen und ihm hundert Küsse zu verabfolgen, während Kassandra aus vollem Halse lachte über die Naivität und Aufrichtigkeit dieses klugen Naturkindes, das durch keine Erziehung verdorben war. Mein armer Megamikre verstand meine Liebkosung nicht recht, zumal er uns eigentlich das Todesurteil gesprochen hatte. Sein Vater gab ihm also den nötigen Aufschluß, sprach ihm von Religion und Gastfreundschaft und niemals habe ich eine so hohe Intelligenz gefunden, wie sie der Prinz besaß. Ich konnte meine Bewunderung ruhig zum Ausdruck bringen, er tat, als spräche ich von einem anderen, alles war ihm noch fremd und so lief ich keine Gefahr, seine schöne Seele mit Hochmutsgedanken zu verdunkeln, denn er wußte sehr wohl, daß es eine ganz ungeheuer große Anzahl von Dingen gab, die er noch zu lernen hatte.

Endlich schrieb mir Tolomäus, daß es an der Zeit wäre, uns an einen Ort zu begeben, wo wir in allergrößter Sicherheit wären. Ich solle mich daher vorbereiten, in ein oder zwei Tagen unter denselben Umständen abzureisen, unter denen ich angekommen war. Doch sollte ich anstatt des Papiers Bücher für die Ausfüllung meiner Kisten verwenden, weil in dem Ort, dahin ich gehen sollte, selbst Papier fabriziert und niemals solches eingeführt würde. Um von der Hauptstadt der Republik hierherzugelangen, mußten wir eine ebenso lange Reise machen wie vom Republiklehen nach der Hauptstadt. Ich schrieb ihm, daß ich ihm meinen Sohn anvertrauen würde, bis daß ich zu ihm zurückkehrte. Er beauftragte seinen Gelben, daß er ihm meinen Sohn noch am gleichen Tage mit einem Boote holte, und gab mir die Versicherung, er wolle das Kind wie sein eigenes halten. Darauf wünschte er uns glückliche Reise und meinte, es sei die größte Unvorsichtigkeit, die er begehen könnte, wenn er uns besuchen käme. Er beglückwünschte mich, daß ich von nun an wieder von Eurem Rat geleitet werden würde. So reisten wir ab, nachdem wir den Gelben für seine Treue durch 4000 Unzen belohnt hatten, die für ihn ein großes Vermögen bedeuteten.

Zwei Stunden vor der Abreise erhielt ich noch einen Brief von Tolomäus, worin er mir mitteilte, daß der Oberstaatsanwalt verschwunden sei und niemand wisse wohin er sich gewendet habe. Er betonte, daß dies Ereignis bekunde, daß die Republik trotz seines Stillschweigens auf die Sache aufmerksam geworden sei und deshalb die größte Vorsicht geraten sei, um vor unangenehmen Überraschungen in bezug auf den kostbaren Schatz, den zu heben er mir behilflich gewesen, geschützt zu sein. Mit diesen Worten schloß Albert seinen Bericht und gab auch mir damit die Überzeugung, daß die äußerste Vorsicht geboten sei.

Mein größtes Vergnügen bestand darin, mich mit dem Ex-Gefangenen zu beschäftigen. Es war erstaunlich, was für Talente er besaß; wenn ich ihm etwas erklärte, so überraschten mich seine Antworten und Bemerkungen und ich sah mich zu den größten Hoffnungen berechtigt. Ich hatte mich auch nicht getäuscht, nach ungefähr acht Monaten hatte er nicht nur Lesen, Schreiben, Musizieren, Geometrie, Geographie und Geschichte gelernt, er begann sogar sich mit Philosophie zu beschäftigen und entwickelte im Anschluß daran recht kluge Gedanken. In Fragen der Religion hielt er sich an das Hauptsächliche, ohne sich in Einzelheiten oder Übertreibungen zu verlieren. Er wollte ja auch kein Theologe werden, um über die Notwendigkeit der Spiritualität und die Wahrhaftigkeit eines Gottes zu schreiben, über die Natur des Mysteriums und über die Verständlichkeit der Notwendigkeit aller Dinge, anstatt über die Dinge selbst, die, weil sie Rätsel sind, eben nicht verstanden werden sollen. Niemals habe ich unter meinen Megamikren einen lebhafteren Geist, der doch dabei geduldig war, allen Dingen nachzuforschen, gefunden, und je mehr Geistesnahrung ihm zugeführt wurde, um so wissenshungriger wurde er. Gott hat in unsere Seele die Keime für alle Wissenschaften gelegt, aber bei diesem Megamikren war diese Gabe vielleicht derart konzentriert, daß es zwanzig Jahre elenden Gefängnisses bedurfte, um diese Keime in der völligen Abgeschiedenheit zur vollendeten Reife zu bringen. Nach zwei Jahren bereits veranlaßte er den Herzog, ein Gesetz zu schaffen, das die Gesetze aller Theologen oder Physiker für falsch erklärte, die bei Prüfung der Phänomene diejenigen Erscheinungen als Wunder erklären wollten, die auf Bewegungen der Materie – Natur genannt – zurückzuführen seien. Diejenigen Gelehrten aber, die solche Erscheinungen Naturkräften zuschrieben und damit natürlich das Wirken der Allmacht verminderten, sollten keine andere Strafe erleiden, als ihren Namen auf einer Tafel vermerkt zu finden, die man die Schwätzertafel nannte. Dieser große Geist wäre also der Welt verloren gegangen, wenn man ihn nicht aus dem Gefängnis befreit hätte, wo eine nichtswürdige Politik ihn gefangen hielt. Ohne die Möglichkeit der Entfaltung nützen die größten Geistesgaben nichts, ebenso wie die Materie ohne Bewegung nichts bedeutet.

Seine Väter wollten das Zusammenleben des Prinzen mit seinem Unzertrennlichen nur dann gestatten, wenn sie ihn im Lehen dem regierenden Fürsten vorgestellt hätten und jener die Genehmigung zur Unzertrennlichkeit erteilt habe. Infolge dieses Hindernisses wurden sie im höchsten Grade ineinander verliebt. Als ich ihn über seinen Seelenzustand während der Gefangenschaft befragte, äußerte er, daß ihm sein Dasein als eine unerträgliche Last erschienen sei, und er sei dennoch erstaunt darüber gewesen, denn eigentlich sei doch das Leben ein kostbares Geschenk; es sei aus dem Nichts hervorgegangen und etwas müsse doch die Veranlassung dazu gewesen sein. Wenn er so seinen Gedanken nachgehangen hatte, war ihm zum Schluß immer der Trost gekommen, es müsse ja doch endlich auch mal ein Ende haben, wenn er aufhöre zu sein. Er fühlte, daß ihm viele Dinge fehlten, ohne sich darüber klar zu sein, was. Aus dem Bedürfnis, sich von der Milch des Gefährten zu nähren, wie jener von der seinen, schloß er, daß er nur die Hälfte eines Ganzen sei und daß diese ihm fehlende Hälfte sicherlich nicht das taubstumme Wesen sei, das er immer vor Augen hatte. Dieses Wesen war ihm widerwärtig, während er das Empfinden hatte, daß er es lieben müßte, wie sich selbst, sofern es seine zweite Hälfte wäre. Er fügte hinzu, daß er derartige Gedanken im übrigen stets als Narrheit zurückgewiesen habe, als eine Ausgeburt der Langeweile.

Nachdem ich meinen Gast zehn Stunden allein gelassen, um ihm die nötige Ruhe zu gönnen, und vor allem auch dem weisen Albert, der sieben Stunden hintereinander gesprochen hatte, wollte ich nunmehr mit ihnen zu Mittag speisen. Nach dem Essen sagte ich zu Albert und Kassandra, ich hätte mir die Sache so überlegt, daß ich sie beide unter dem Schutze zweier Diener, die ich ihnen mitgäbe, nach Hause schicken, den edlen Roten aber und die getreuen Buntgescheckten solange bei mir verbergen würde, bis Gott mir einen guten Rat senden würde und ich auch die Meinung des Herzogs gehört hätte, die mir Albert schriftlich mitteilen sollte, nachdem er ihm persönlich die ganze Angelegenheit berichtet hätte. Da ich jedoch niemandem in meinem Hauswesen Verdacht einflößen wollte, so teilte ich Albert meine Idee mit und sagte ihm, er müsse mit Kassandra acht Stunden nach den zwanzig Meilen von meiner Hauptstadt entfernt gelegenen Ort gehen. Meine Pferde würden sie dahin bringen, er solle sie aber verkaufen und die Post benutzen, um mit einem Umweg von zehn bis zwölf Meilen ganz öffentlich bei mir anzukommen. Nachdem dieser Vorschlag Zustimmung gefunden, bestimmte ich den Tag und bezeichnete ihnen sogar die Stunde der Ankunft am 1. August. Da sollten sie scheinbar zum erstenmal bei mir eintreffen; wir würden dann um vier Uhr in den Tempel gehen und der heiligen Handlung beiwohnen. Auf diese Weise würde ihre Ankunft vor meinen vier Statthaltern offiziell sein und alle Welt würde sie mit derselben Freude begrüßen, mit der ich sie empfangen hatte. In aller Öffentlichkeit würden sie dann zu sagen haben, daß sie Lust gehabt hätten, eine Reise zu machen, und da sie diese ohne die Erlaubnis des Erzbischofs Daniel angetreten hätten, so seien sie gekommen, zu meinen Füßen Schutz zu erbitten in der Hoffnung, ich werde ihnen ein völliges Verzeihen erwirken.

Da man meinen Vorschlag ausgezeichnet fand, so wurde die Sache auch so ins Werk gesetzt. Albert reiste mit seiner Frau in aller Stille ab und traf pünktlich am 1. August in der Kirche ein. Die Szene seines Erscheinens wurde glänzend durchgeführt und die Neuangekommenen wurden erst bei mir, dann bei allen vier Statthaltern gefeiert. Nach acht Tagen sandte ich sie in meine anderen vier Provinzen, wo ich sechzehn Stämme hatte, die ihnen nach Belieben Feste gaben. Als er dann zurückkam, wünschten wir ihnen gute Fahrt und begleitet von zwei Dienern fuhr er mit seiner Frau zu seiner Familie zurück. Dort traf er acht Tage vor der Niederkunft meiner sämtlichen Töchter ein. Daniel war durch einen Brief verständigt worden, worin ich ihm über alles genügend Aufschluß gab. Er empfing ihn freundschaftlich und hielt es für notwendig, ihn dem Prinzen zu zeigen, der von seinem damaligen Verschwinden unterrichtet sein mußte.

Der Herzog, den Albert im geheimen schon von allem unterrichtet hatte, empfing ihn sehr gnädig, und nachdem er einige allgemeine Fragen gestellt hatte, äußerte er den Wunsch, über die Einzelheiten der Reise Näheres zu erfahren. Zu diesem Zwecke gingen sie in den kleinen Garten, wo sie ungestört waren, und hier erzählte er dem Prinzen die ganze Geschichte. Er schrieb mir darauf, der Prinz sei hoch erfreut darüber, daß ich die Aufgabe übernommen hätte, für die Sicherheit seiner Kinder zu sorgen, und daß er sich freuen werde, sie in seine Arme zu schließen, um sie am gleichen Tage vor versammeltem Hofstaat als unzertrennlich zu erklären. In der mir aufgegebenen Geheimschrift antwortete ich ihm, daß ich über geeignete Mittel nachsinnen werde, die seinem Wunsche Erfüllung brächten. Ich würde ihm die Maßnahmen erst dann mitteilen, wenn ich sie als vollkommen sicher erkannt hätte, denn vor allem mußte darauf geachtet werden, daß sie nicht noch in letzter Stunde in die Hände ihrer Feinde fielen, deren List mehr zu fürchten sei als ihre Gewalt, besonders da jene sich zu allen Mitteln berechtigt glaubten, sobald es gilt, einen Zweck zu erreichen.

Zur selben Zeit schrieb mir der Patriarch Jakob, daß die Könige des Neunten, des Einundzwanzigsten, Vierundzwanzigsten und Fünfzehnten Reiches sich an ihn mit der Bitte um je einen Stammhalter gewendet hätten. Er erwarte deshalb meine Befehle, woher er die Gewünschten nehmen solle. Hierauf antwortete ich ihm, er möge seine Brüder, die Statthalter, in meinem Namen anweisen, nach Ablauf des Jahres 74 diejenigen aus ihren Familien zu entsenden, deren Statthalter der Jüngste wäre.

Nach dem großen Fest am ersten des Jahres 72 beschloß ich, dem Wunsche des Herrschers im Republiklehen Folge zu geben, bevor ich jedoch darauf zu sprechen komme, in welcher Weise dies geschah, muß ich Euch erst ein Ereignis berichten, welches verschiedene Folgen nach sich zog.

Anfang November hatte ich von Daniel einen Brief erhalten, worin er schrieb, daß der Herzog ihm seine sämtlichen Lehensgüter zur Erneuerung des Kontraktes am Jahresschluß angeboten hätte. An diesem Zeitpunkt war der erste Kontrakt auf zwanzig Jahre abgelaufen und dem Prinzen stand es frei, die Güter einem neuen Besitzer abzutreten, wenn es ihm vorteilhafter erschien, wobei dieser eine Summe von 150 Millionen zu zahlen hatte, die zu ein Prozent verzinst wurden. Die Gesellschaft zahlte die Zinsen dieser Summe von den Einkünften der Güter, während der Überschuß dem Prinzen zugute kam. Da der Gesellschaft in der Leitung jedoch ganz freie Hand blieb und sie dem Prinzen keine Berichte vorzulegen brauchte, so erzielte sie einen recht beträchtlichen Gewinn durch Ausbeutung seiner Untertanen. Sie ließ durch ihren Bevollmächtigten alle Ein- und Ausfuhrzölle erhöhen, desgleichen die Brücken- und Wegegelder, was von sichtbar ungünstigem Einfluß auf die Handelsfreiheit war und zahlreiche Familien in Notstand brachte. Der Überschuß, den die Gesellschaft an den Prinzen zu zahlen hatte, betrug nur drei Millionen, während sie selbst die hohe Summe von fünfzehn Millionen einheimste. Zu ihrer Entschuldigung führte sie einen ziemlich plausiblen Grund an, indem sie sagte, es könne ihn jeden Tag die große Starrsucht befallen, und in diesem Falle ginge sie sofort nicht nur der Pachtgüter verlustig, deren sich die Republik vor allem entledigen würde, sondern auch der 150 Millionen, die nicht hypothekarisch eingetragen waren.

Ich hatte vorerst durch Expreßboten meinem Sohne Daniel den Befehl zugehen lassen, diese Angelegenheit im geheimen mit dem Prinzen zu verhandeln, und zwar in der meinerseits angegebenen Form. Diese schloß zwei unumgängliche und unabänderliche Bedingungen in sich. Die erste bestand darin, daß der Statthalter Daniel berechtigt sei, alle Änderungen, die ihm ratsam erscheinen sollten, in allen Zoll- und Steuerangelegenheiten vorzunehmen. Ferner hätte er das Recht, zu bestimmen, was für die Ein- und Ausfuhr zulässig und was verboten sei. Die zweite Bedingung bestand darin, daß sein Vertrag erst mit dem Erlöschen der Familie des Herzogs ablaufe. Schließlich setzte ich in den Kontrakt noch hinein, daß der neue Großpächter dem Herzog eine Morgengabe von fünfzig Millionen darzubringen habe, die am Tage des Vertragabschlusses der Schatzkammer zu überweisen sei.

Mit demselben Boten sandte ich ihm 200 Millionen in Wechseln auf alle Bankiers des Lehens. Dies war mir ein leichtes, indem ich die Hälfte dieser Summe von meinen Bankiers abhob – zahlbar in zwanzig Monaten – ein Viertel aus meiner Schatzkammer und das andere Viertel in Sichtwechseln auf mein Lehen bei Heliopalu. Außerdem befahl ich Daniel, daß er im geheimen bei sich 1000 Manifeste drucken lasse, die er zum Aushängen bereithalten sollte, und zwar für den der Kontraktunterzeichnung folgenden Tag, falls die Gesellschaft die Vollziehung drei Tage hinausziehen sollte, wozu sie ja berechtigt war. Wenn sie innerhalb dieser drei Tage dem Prinzen dieselben Bedingungen zugestände, wie sie der neue Pächter ihm gewährte, so solle sie den Vorzug haben.

Der nach meinen Angaben abgefaßte Kontrakt wurde nunmehr dem Herzog vorgelegt, der den neuen Pachtvertrag vorerst veröffentlichen ließ. Drei Stunden später ließ Daniel sein Manifest herausbringen, welches besagte, daß der neue Pächter und Statthalter der Riesen alle Einfuhrzölle auf die in die Staaten eingeführten Waren abschaffen würde, was die Ausfuhrzölle beträfe, so behalte er sich das Recht vor, dieselben zu prüfen und herabzusetzen, sofern er es für ratsam erachte. Außerdem erließe er alle Brücken- und Wegesteuern für sämtliche durchgehende Waren, sofern sie dem vom Herzog aufgestellten Tarif unterliegen. Im übrigen stelle er sich unter den Willen des Herrschers, um ihm über die Einkünfte der Güter Bericht zu erstatten und den Überschuß an die Schatzkammer abzuführen. Nach Abzug aller Spesen ergäbe sich, daß die besagten Güter mehr als ein Prozent abwürfen. Er schrieb mir, daß dies Manifest alle Welt in Erstaunen versetzt habe, alle Welt war auf den Beinen und die Kaufmannschaft bezeugte ihm ihre Ehrerbietung. Die Gesellschaft mußte daraufhin stillschweigen und er erhielt somit den Pachtvertrag zuerteilt. Kaum hatte ich diese angenehme Nachricht erhalten, als ich meinen vornehmen Buntgefärbten befahl, sie möchten per Schiff abreisen, um sich nach einer Stadt meines Lehens zu begeben, die 100 Meilen von meiner Hauptstadt entfernt war. Dort angekommen, sollten sie sich vor allem demaskieren, indem sie in dem Flusse ein Bad nähmen und sich dann als vornehme Herren in einem der besten Gasthäuser einlogierten. Daselbst sollten sie dann eine schöne Karosse kaufen, dazu acht Diener nehmen und mir dann offiziell einen Besuch machen, wobei sie mir einen Brief zu überreichen hätten. Dieses Projekt wurde ganz planmäßig ausgeführt.

Am 20. Januar des Jahres 73 sah ich den prächtigen Zug nahen, der mir die schönen Roten brachte, die mir dann durch meinen Sohn Luzian vorgestellt wurden. Ich tat natürlich so, als seien sie mir völlig unbekannt und las den mitgebrachten Brief mit der augenscheinlich größten Aufmerksamkeit durch. Darauf erwies ich den Roten die größten Ehrenbezeugungen, wie sie Monarchen nicht ehrfurchtsvoller bezeugt werden können. Darüber waren alle meine Stämme sehr erstaunt. Ich hatte Albert durch Geheimschrift dahin verständigt, daß ich das Paar dem Herzog zuführen würde und daß dies in prächtigem Aufzuge und in aller Öffentlichkeit geschehen sollte. Er möge dem Herzog also die Nachricht heimlich zukommen lassen, damit er Daniel erlaubte, ihm meinen Besuch vor allem Volk anzukündigen. Ich schrieb nun an den Statthalter, daß ich aus persönlichen Gründen dazu entschlossen sei, dem Herzog einen Besuch abzustatten, und daß in meinem Gefolge ein herzoglicher Prinz und der Prinz von Alfredopolis sich befänden, die ich dem Herzog vorzustellen wünschte. Er ließ mir darauf sagen, daß er alle Vorbereitungen zum festlichen Empfange getroffen habe.

Meiner Anordnung gemäß mietete Daniel die schönsten Häuser, die er ausfindig machen konnte, um meinen edlen Hofstaat darin unterzubringen. Außer dem Staat Zweihundertdreizehn, meinen Ministern und Sekretären für die kirchlichen Angelegenheiten hatte ich 2000 Söhne und Enkel mit ihren Frauen, sowie 4000 Diener in allen Farben, die hinter den 1000 Wagen mit je zwei Pferden aufgestellt waren. Diese ganze Anordnung wurde dem Herzog bekanntgegeben. Daniel schrieb mir, daß er ganz außer sich vor Freude sei. Vier Tage vor meinem Eintreffen sandte ich einen Boten an ihn mit der Ankündigung, daß ich am 15. Februar um drei Uhr eintreffen würde. Am 5. Februar sandte ich meine Vorreiter aus, die die für die Wegerast nötigen Befehle erteilen sollten. Am 7. reiste ich ab und hatte folgende Anordnung getroffen. 450 Wagen fuhren mir voraus, ebensoviel bildeten mein Gefolge. In den Wagen waren 2000 Riesen mit ihren Frauen, erstere mit Karabinern, letztere mit Pistolen bewaffnet; sie waren nackt bis auf einen Gürtel und trugen Schaftschuhe und Rucksäcke. Wagen bildeten den eigentlichen Zug, in dem sich meine edlen Roten, sowie die Minister befanden. Im mittelsten Wagen saß ich mit dem Erbprinzen und dem obersten Minister nebst seinem Unzertrennlichen. Die Prinzen saßen im Fond des Wagens zwischen mir und Theodor, das andere Paar saß zwischen meiner Frau und meiner Tochter Franziska. Ich hatte den geraden Weg gewählt. Da das eine Ende meines Lehens, das von der Hauptstadt am weitesten entfernt war, an den Fluß stieß, so brauchte ich das Gebiet meines Stammes im Republikstaate nicht zu berühren. Ich hatte innerhalb meines Lehens 400 Meilen zurückzulegen und 300 in dem anderen, das nicht so groß wie das meine war. Ich wechselte die Pferde innerhalb meines Gebietes nur zwanzigmal, da ich zwanzig Meilen mit denselben Pferden fuhr. Ich machte viermal je zwei Stunden halt, damit wir uns etwas ausruhen und Speise zu uns nehmen konnten. Bei jedem dieser Rastpunkte fand ich 1900 Zelte errichtet, in deren jedem eine Tafel mit sechs Gedecken aufgestellt war und Diener uns mit gefüllten Feigenkörben erwarteten.

Die erste der Sehenswürdigkeiten, die sich mir dann bot, war eine prächtige Brücke, die über den Strom führte, der unsere Lehen trennte. Sie war durch viele tausend Barken zusammengefügt, die eine feste Verbindung zwischen beiden Flußufern schufen, denn sie war 500 Schritt breit und durch eiserne Träger gestützt. 10000 Bauern hatten diese Brücke in wenigen Tagen erbaut. Meine Vorreiter sowie die Nachhut überschritten zu Fuß diese prächtige Brücke und auch wir stiegen aus, um den schönen Teppichen, die den Boden bedeckten, Ehre zu erweisen. Nachdem wir die Brücke passiert hatten, gingen die Arbeiter wieder daran, sie hinter uns wieder abzubrechen. Nachdem wir so in das Lehen des Herzogs gelangt waren, fanden wir durch seine Diener alles aufs beste vorbereitet. Es waren hier doppelt so viele Rastplätze vorgesehen, wo wir aufs herrlichste bewirtet wurden. Der Herzog hatte Daniel gebeten, er möge 2000 Riesen aussenden, damit sie alle Schlangen töteten, die sich am Wege, auf dem ich herankäme, finden sollten. Ich hatte geglaubt, der Herzog würde sich über die Unkosten, mit denen ich die Reise ins Werk setzte, etwas verwundern, ich hatte mich aber getäuscht, denn er selbst hatte alle Vorbereitungen mit dem glänzendsten Aufwand in Szene gesetzt.

Um ein Uhr morgens fand ich bei der vorletzten Rast den ganzen breiten Weg mit Baldachinen überdeckt, die aus kostbaren Teppichen bestanden und rechts und links von Säulen getragen wurden. Am letzten Baldachin begrüßten mich im Auftrage des Herzogs zwölf edle Paare. Sie waren zu Pferde und gaben mir nun zu beiden Seiten das Geleit. Auf halbem Wege kam mir alsdann Daniel mit seiner Frau, beide an der Spitze von 200 Paaren des Stammes entgegen. Sie stiegen ab, ich ließ meinen Zug halten und dankte ihnen, ohne jedoch selbst abzusteigen. Daniel beauftragte ich dann, meinen Reisemarschall anzuweisen, wo ich in der Stadt Quartier nehmen sollte; einer der edlen Megamikren jedoch, die mir zu Pferde das Geleit gaben, sagte, daß der Herzog mich in seinem großen Garten, eine Meile von der Stadt entfernt, erwarte; mein Reisemarschall sei bereits verständigt.

Wir kamen also beim Garten an und alle Wagen, die meine Vorhut bildeten, fuhren ein. Dann sah ich den Herzog, gefolgt von den Ersten des Hofstaates, zu Fuß aus dem großen Portal des Schlosses treten und auf mich zukommen. Ich stieg zuerst aus dem Wagen, gefolgt von meinen sieben Begleitern, und neigte mich zum Gruße vor dem Herrscher tief zur Erde. Er aber empfing mich mit geöffneten Armen und erwies dieselbe Ehre meiner Frau, alsdann Theodor und seiner Gefährtin. Ich nahm nun seinen Sohn an die eine Hand, dessen Unzertrennlichen an die andere und sprach zum Herzog: »Hier ist der Prinz, Euer Sohn!« – »Ich sehe mit Freuden, daß er von seiner Reise zurückgekehrt ist,« antwortete er, indem er ihn mit ebensoviel Würde wie Zärtlichkeit umarmte. Laut aber fragte er ihn nach seinem Unzertrennlichen. »Hier ist er,« sprach der Prinz, »doch ist er noch nicht mein Unzertrennlicher!« – »Von diesem Augenblick an ist er es,« entgegnete der Herzog, »und er wird es bis zu seinem letzten Augenblicke bleiben.« Mit diesen Worten zog er beide an sein Herz. Nachdem er ihre beiden Hände ergriffen hatte, sprach er zu dem Minister und seinem Gefährten: »Ich freue mich und danke Euch, daß Ihr in Eurem totgeglaubten Sohne den legitimen Erben meines Thrones wiedergefunden habt.« Darauf stellte er sie dem gesamten Hofstaat in Gegenwart des Gesandten der Republik vor und jedermann drängte sich heran, um ihnen die linke Hand zu küssen, obgleich das unerwartete Ereignis allgemeines Erstaunen verursacht hatte. Der Minister der Republik küßte ihnen nicht die Hand, da dies gegen die Etikette verstoßen hätte, aber er bezeugte ihnen auch so die größte Ehrerbietung, indem er seinerseits der Freude über diese glückliche Wendung Ausdruck verlieh. Der Sohn des Ministers, den der Herzog selbst bei der Hand hielt und den ich nicht aus den Augen ließ, bemerkte bei diesem Kompliment, daß er in dem Minister der Republik einen Todfeind hätte, und daß jener es gewesen sei, der den Erzbischof vergiftet hatte; daß er selbst nicht gestorben, war anscheinend auf göttliche Vorsehung zurückzuführen. Indem er ihn ansah, sprach der Minister, daß sein Herz voller Freude sei, das schönste Paar unter der Sonne glücklich zu sehen. Die Antwort des jungen Prinzen war liebenswürdig, aber zurückhaltend. Darauf wandte sich der Herzog an seinen Reichskanzler, um den Tatbestand ordnungsmäßig in Akten festlegen zu lassen.

Es erfolgte nunmehr die festliche Einladung zum folgenden Tage, wozu auch der Bischof geladen werden sollte. Er sagte seinem ersten Minister ein paar Worte ins Ohr, worauf jener verschwand. Dann ergriff er meine Hand und lud mich ein, ihm in die bedeckte Allee des Gartens zu folgen. Hier sagte er mir, daß er mir nicht genug für alles danken könne, was ich für ihn getan, und daß alles, was er besäße, mir gehöre. Er selbst werde abreisen, um ohne Gefolge seine Kinder nach Hause zu bringen. Am nächsten Tage sahen wir uns bei Hofe wieder, der nie zuvor so zahlreich versammelt gewesen und wo man an nichts anderes dachte, als das außergewöhnliche Ereignis zu feiern, ohne die Sachlage zu kennen, die man sich auf irgendeine Art zusammenreimte. Was den Vertreter der Republik betraf, so hatte er bereits dem ersten Minister befohlen, daß er an seinen Gesandten schreibe, um dem Staatskabinett die Tatsache mitzuteilen, die alle zuvor getroffenen Kombinationen über den Haufen warf.

Der Herzog hatte seine Kinder an die Hand genommen und war, gefolgt von dem Minister, in seinen Hofwagen gestiegen, um mit ihnen zum Palast zu fahren, wo sie nunmehr nur als erbberechtigte Prinzen herauskommen würden.

Ich machte nun meinerseits der Versammlung meine Verbeugung und stieg mit Daniel und Luise in meinen Wagen. Nach zehn Minuten langten wir in der Stadt an, die wir durchfahren mußten, um zu unseren Wohnungen zu kommen. Ich fand diese in einem prächtigen Palast, in dem ich mich mit meinen Gefährten behaglich einrichtete. Meine 2000 Riesen-Wächter wurden anderwärts untergebracht. Tags darauf begab ich mich zu Hofe, wo der Erzbischof den ehelichen Bund des glücklichen Paares segnete, dessen Thronfolge im herzoglichen Lehen bestätigt wurde.

Die glänzenden Feste will ich nicht weiter beschreiben, sondern nur sagen, daß sie fünf Wochen währten. Ich glaube nicht, daß man die Festlichkeiten jemals abgebrochen hätte, wenn nicht ernsthafte Dinge in die Erscheinung getreten wären, die alle Aufmerksamkeit forderten.

Der herzogliche Gesandte hatte ihm geschrieben, daß er dem Befehl gemäß der Oberherrschaft der Republik Kunde von dem freudigen Ereignis gegeben, jedoch keine Antwort darauf erhalten habe.

Im August waren zwei neue Prinzen den Eiern entschlüpft und zur Freude des ganzen Volkes waren es zwei prächtige Rote... Dies gab wiederum Anlaß zu Festlichkeiten. Während dieser Tage sah sich der Gesandte der Republik in sein Land zurückberufen und erbat öffentlich eine Abschiedsaudienz, die ihm auch bewilligt ward.

Er überhäufte den Herzog mit Komplimenten und Danksagungen für die Auszeichnungen, die ihm während seines langen Aufenthalts am Hofe zuteil geworden, und äußerte sein Bedauern über die Abberufung. Schließlich verkündete er die Ankunft eines neuen Gesandten, der sein Nachfolger werden sollte.

Die Geburt der beiden Enkel des Herzogs war ein Beweis für die Gleichheit des Alters ihrer Eltern, denn wenn auch nur ein Monat Altersunterschied zwischen den Unzertrennlichen bestanden hätte, so wäre das genügend gewesen, um ihre Fruchtbarkeit zu verhindern.

Kurze Zeit darauf erfuhr der Herzog, daß die Republik fünf neue Hellebarden-Regimenter ausgerüstet habe, die den Befehl hatten, die Grenze zu bewachen, wo die alten wohnten, die sich wiederum mit all den anderen in andern Städten vereinigen sollten. Dies gab mir zu denken. Ich schrieb zuerst nach Alfredopolis und gab Andreas genaue Anweisung, er möge meine sämtlichen Stämme in mein Lehen schicken, mit Ausnahme seines Stammes, der aus 15000 männlichen Wesen bestand, außerdem noch meine gesamte Artillerie. Mein Befehl wurde ausgeführt und im Oktober hatte ich in meinem Lehen außer meiner gesamten Artillerie fünfundzwanzig Stämme, die aus mehr als 300000 Riesen bestanden, wovon 60000 vollständig gerüstet meiner Befehle harrten.

Gegen Ende des Jahres erhielt der Herzog von seinem Gesandten einen Expreßbrief per Boten. Der Brief besagte, daß die Republik dem Herzog zwölf Ministerial-Senatoren, begleitet von zwei Sekretären, einem vom Senat, dem andern vom Rat der Siebzehn, senden würde, niemand wisse Genaueres, nur soviel sei gewiß, daß 24000 bewaffnete Megamikren sie begleiteten und der Oberst Befehl habe, nur den beiden Sekretären zu gehorchen. Dieses Heer müsse schon in der Grenzstadt nahe beim Lehen sein. Der Fürst gab mir den Brief, nachdem er ihn gelesen hatte und fragte mich um Rat.

Ich erwiderte ihm, man müsse die Gesandten und alle diejenigen, die als Friedensboten kämen, empfangen, die bewaffnete Macht dagegen dürfe man nicht zulassen. Er sandte darauf an die betreffende Grenzstadt entsprechende Befehle.

Am vierten Tage des neuen Jahres der Riesen brachte ein Bote dem Herzog die Nachricht, daß eine Armee der Republik an der Grenze des Lehens stände und der Statthalter demnach alle Übergänge geschlossen habe, sodaß das Heer zum Stillstand gezwungen worden sei. Gleichzeitig seien aber zwei Offiziere zu Pferde am Grenzbaum erschienen, und da sie ihn zu sprechen verlangten, habe er geglaubt, sie anhören zu müssen. Darauf hatten die Offiziere ihn gefragt, aus welchem Grunde den Truppen der Republik der Durchzug verweigert würde, und er hatte ihnen geantwortet, daß es seine Pflicht sei, jede bewaffnete fremde Macht zurückzuweisen. Einer der beiden Offiziere äußerte darauf, daß er ja an derselben Grenze auch den 8000 bewaffneten Riesen den Durchzug erlaubt hätte, worauf ihm geantwortet wurde, daß sie laut herzoglichen Befehls freien Weg gehabt hätten. Der Offizier sagte nunmehr, er habe seinerseits von seinem Herrscher die Ordre, sich nicht zurückweisen zu lassen, weshalb er mit Gewalt vorgehen würde. Mit diesen Worten ritt er davon. Eine Stunde später erschienen die Truppen. Sie zogen den Grenzbaum hoch, zerbrachen die Tore und jagten die Wächter durch abgeschossene Pfeile in die Flucht. Dann zogen sie in die Stadt ein.

Nach den Truppen folgten vierundzwanzig Wagen, die wiederum vierundzwanzig Lastwagen im Gefolge hatten und sich in der Stadt wie in einer Garnison häuslich niederließen. Dies setzte den Fürsten nicht wenig in Erstaunen und er befragte mich um meine Meinung.

Ich fragte ihn erst, ob ihm eine gleich starke Macht zu Gebote stände, worauf er mir antwortete, daß selbst für den Fall, daß es so sei, er nicht die Absicht habe, ein Gemetzel heraufzubeschwören. »Dann werdet Ihr Euch also allem unterziehen, was man Euch befiehlt,« erwiderte ich, »Ihr werdet ruhig mitansehen, daß man Euch, Eurer Familie und Euren Untertanen Gewalt antut!« – »Ich werde mich an das Gericht der Fünfzehn wenden«, sprach der Prinz, »alle Herrscher der Welt werden zusammenstehen, und die Republik wird gezwungen werden, mir Schadenersatz zu bieten.« – »Sehr gut,« entgegnete ich, »doch inzwischen wird die Republik Mittel finden, sich Eurer Person ebenso zu entledigen wie Eurer Erben, von denen Ihr vielleicht nichts mehr zu hören bekommt. Außerdem fragt es sich auch, ob in einem so dringenden Falle das bedächtige Vorgehen des Rats der Fünfzehn am Platze sein dürfte. Ihr seid zwar für die Zurückhaltung und setzt volle Zuversicht in Eure gerechte Sache, ich aber glaube, daß das gerade in dieser Sache nicht ratsam ist, und wenn kein anderer Grund vorliegen sollte, so dürftet Ihr diese Haltung schon deshalb nicht einnehmen, weil die Republik sie von Euch erwartet. Wir dürfen niemals das tun, was unsere Feinde bei uns voraussetzen.«

Der Prinz bat mich nunmehr, nach vier Stunden das Mittagessen mit ihm und seiner Familie einzunehmen. Ich sagte zu. Die fragliche Angelegenheit war sehr bedenklich; denn selbst wenn er dem natürlichen Recht gefolgt und Waffengewalt mit Waffengewalt zurückgeworfen hätte, so besaß er nicht l000 Söldner, die sich bei Gelegenheit für ihn hätten töten lassen. Diejenigen aber, die nicht dafür bezahlt wurden, glaubten sich nicht dazu verpflichtet aus dem einzigen Grunde, weil jener ihr Fürst und sie seine Untertanen waren. Ich wußte auch keinen Rat, was für ihn nützlich sein würde. Ich selbst war ein Fremder und es gab keinerlei Differenz zwischen mir und der Republik. Ich konnte mich also in die Sache nicht einmischen, solange ich nicht selbst angegriffen wurde. Dies hätte ich nicht ungern gesehen, aber es schien dafür keine Absicht zu bestehen. Trotzdem hielt ich das Vorgehen der Republik für unklug, wenn sie ihren Plan nicht vollkommen durchführen würde. Ich wurde mir bald darüber klar, daß ich nicht lange so ruhig die Dinge würde mitansehen können.

Bei der Mittagstafel saß der Prinz zwischen seinen Erben, ihm gegenüber stand sein erster Minister. »Ich bin über meine Unentschlossenheit sehr ärgerlich,« sprach er, worauf ich ihm antwortete, daß die Weisesten sich bisweilen in einem Entschlusse nicht sofort klar seien. Meiner Ansicht nach sei die Republik nur so ungestüm in ihrem Vorgehen gewesen, um uns zu irgendwelchen falschen Maßnahmen zu treiben.

In diesem Augenblick wurde dem Minister ein Brief überbracht, der einen zweiten für den Herzog enthielt. Dieser las ihn gleich. Das Schreiben kam von einem Statthalter der dreißig Meilen von der Grenze entfernten Stadt. Er schrieb, daß eine große republikanische Armee in die Stadt eingezogen sei und sich dort niedergelassen hätte, so daß die eingeschüchterten Bewohner sich genötigt sahen, ihre Häuser zu räumen. Dann berichtete er von den beiden Offizieren und achtundvierzig Wagen, die drei Stunden früher die Stadt passiert hätten, um sich in die Hauptstadt zu begeben.

»Seht Ihr,« meinte der Prinz, »das ist ein Heer, das nicht weiter vorrückt, nachdem es einen Ansturm gemacht, den man für feindlich halten konnte; es läßt uns wenigstens Zeit zum Überlegen.« Lächelnd antwortete ich ihm, daß dieser Aufenthalt des Heeres etwas Licht in das Rätsel bringe und ich die Hoffnung hätte, daß es nicht weiter vordringen würde. Nach Aufhebung der Tafel wollte er großen Empfang abhalten und zeigte die beste Laune, worüber die Großen des Reichs sehr erstaunt waren, da alle Welt wußte, daß ein bewaffnetes Heer gegen die Hauptstadt heranrückte.

Eine halbe Stunde vor Ablauf des Tages erschien ein Edelmann und kündete dem Prinzen zwei bewaffnete blaue Offiziere an, die eine Audienz beim Prinzen erbaten, nachdem sie ein Einführungsschreiben der Republik vorgelegt. Der Herzog fragte mich, ob es mir Vergnügen machen würde, sie anzuhören, in diesem Falle werde er sie in einem Zimmer empfangen, wo ich sie beobachten könnte, ohne selbst gesehen zu werden. »Dieses Vergnügen werde ich nicht haben,« entgegnete ich, »und meiner Meinung nach dürfte Eure Hoheit es auch nicht haben, denn Ihr solltet und müßt sogar«, fuhr ich fort, »die beiden verhaften und ins Gefängnis werfen lassen, wenn Ihr die Macht dazu habt.«

Dieser Rat erstaunte ihn nicht. Ziemlich ruhig meinte er, daß er nur über 800 Mann verfüge, diese aber seien tapfer und wirklich treu. Dann stellte er mir mit größter Höflichkeit anheim, mich zurückzuziehen. Nach einer Viertelstunde jedoch suchte er mich auf und teilte mir mit, was geschehen sei; »aber«, fuhr er fort, »was werde ich morgen den Senatoren sagen, die sicherlich eine Audienz nachsuchen werden?« »Nichts einfacher als das,« erwiderte ich, »Ihr werdet sie nicht in Eure Hauptstadt hereinlassen, und da Ihr über 800 Leibeigne verfügt, so lasset die Sekretäre, Senatoren, Diener, Kutscher und überhaupt alle ins Gefängnis werfen. Wenn Ihr das tut, so könnt Ihr sicher sein, daß Ihr eine Lösung gefunden habt, die die schlausten Köpfe der Republik nicht gefunden haben.« –

Im ersten Augenblick konnte der Fürst sein Erstaunen nicht verbergen, dann aber ging er, um die nötigen Befehle zu geben. Als er zurückkam, sagte er mir, sein Wachthauptmann habe nur 200 Mann genommen, um sich mit ihnen ans Stadttor zu begeben, wo die Senatoren ankommen sollten. »Aus diesem Vorgehen«, meinte der Prinz, »wird mir niemand einen Vorwurf machen können, nachdem die Republik mir in dieser Weise entgegengetreten ist.«

Mit Tagesgrauen trat am nächsten Morgen der Herzog in mein Zimmer und sagte, daß alle Abgesandten der Republik im Gefängnis und außer Herren und Dienern nahezu 300 Gefangene gemacht worden seien. Die Gefängnisse wären in gutem Zustande, auch hätte er befohlen, die Senatoren mit guter Nahrung zu versehen, sie aber nicht mit Wohlgerüchen zu waschen.

Sein Gesandter, der Befehl hatte, den Hof ohne Abschied zu verlassen, sobald die Armee den Grenzpfahl gesprengt hätte, kam vierzehn Tage später an und sagte, daß in der Hauptstadt der Republik nur eine Stimme darüber herrsche, daß das Erscheinen des Erbfolgerpaares ein elender Betrug sei, der aus politischen Gründen inszeniert worden wäre. Alle Welt erhob ihre Stimme gegen den Herzog Eduard, der das falsche Paar vorgestellt und sich damit gegen die Republik gewendet habe, von der er bisher nur Freundschaftsbeweise genossen habe. Man sprach es offen aus, daß nach diesem Verrat man unbedingt den Tod des regierenden Fürsten fordere, um das Lehen zu konfiszieren. Hierzu besitze die Republik das Recht durch die Macht, die Gott ihr verliehen habe.

Drei europäische Monate waren nach der Gefangennahme der Senatoren verstrichen, ohne daß sich etwas Neues ereignete. Die Armee hatte sich in der Stadt festgesetzt, während nach Mitteilung Cäsars die Senatoren täglich Zusammenkünfte abhielten, jedoch zu keinem Beschluß kommen konnten, da beständig Opposition herrschte.

Endlich gegen Ende Mai erfuhr der Herzog, daß das feindliche Heer sich vorwärts bewege, und in den letzten Tagen des Monats erschienen drei Berittene mit der unangenehmen Kunde, daß die drei Grenzstädte vom Feinde eingenommen seien, der sich mit je 8000 Megamikren darin festgesetzt habe. Die Eindringlinge hatten die durch meinen Sohn eingesetzten Verwalter fortgejagt, dafür ihre Beamten geschickt und sich der Zoll- und Stadtkassen bemächtigt. Gleichzeitig erfuhren wir, daß die Republik eine große Armee von 50000 Megamikren zusammenbrächte. Die mehr als tausend Anschlagzettel an sämtlichen Straßenecken beunruhigten den Herzog ein wenig. Es wurde angedroht, das ganze Lehen mit Feuer und Schwert zu vernichten, wenn der Herzog nicht sogleich die Maskierten herausgäbe, die der christliche Herzog Eduard vorgestellt hätte. Die Republik hätte niemals zu diesem unwürdigen Mittel des öffentlichen Aufrufes gegriffen, wenn der Herzog nicht die Gewaltmaßregel angewendet hätte, sämtliche Abgesandte der Republik gefangenzunehmen.

Die Beschlagnahme der Zölle und Stadtkassen war eine ernste Sache, dies konnte sich Daniel als absoluter Herr des Zollwesens nicht verhehlen. Ich durfte ihm nicht erlauben, diese unkluge Handlung der Republik stillschweigend zu dulden. Ich sandte ihm daher ein paar Zeilen für Cäsar, wonach er die Freilassung seiner inhaftierten Beamten forderte. Nach zwei Wochen erhielt er die Antwort, der Stadthalter Daniel möge sich vom Herzog entschädigen lassen. Nun verlor ich die Geduld und sandte in meinem Namen einen meiner Staatsräte, einen roten Megamikren mit einem Schreiben ab, worin ich erklärte, daß ich für die Sache meines Sohnes eintreten würde. Die Antwort erhielt ich durch meinen eignen Boten überbracht. Sie hatte denselben Wortlaut wie derzeit die an Cäsar erteilte. Ich wußte nun, daß die Republik bei Einnahme der Stadt auch alle Kaufläden in Beschlag genommen, die Boote ihren Eigentümern entführt und nicht einmal diejenigen verschont hatte, die zum Stamme Daniels gehörten. Auch hieraus war dem Stamme Cäsars großer Schaden entstanden und er schilderte mir eingehend die unglücklichen Folgen dieser gewaltsamen Übergriffe. Ich schrieb ihm, er solle durch den Gerichtshof die Herausgabe alles Eigentums der Riesen fordern, die nicht als Untertanen des Herzogs zu betrachten seien, andernfalls er sich alle ihm nötig erscheinenden Maßnahmen vorbehalten müsse.

Am folgenden Morgen war ein Sekretär der Siebenzehn bei ihm, um ihn zu veranlassen, seine Forderung zurückzuziehen, die beim Senat große Entrüstung hervorgerufen habe. Ich ließ diesem, ohne einen schriftlichen Beleg zu geben, mitteilen, daß dem Statthalter Daniel der uneingeschränkte Besitz des Lehens nach dem Ableben des Herzogs zugesichert sei, daß er jedoch mit seinem gesamten Stamme ausziehen wolle, um eine Stadt zu übernehmen, die ihm die Republik mit allen Einkünften anbieten sollte.

Die Republik schloß hieraus, daß, wenn Daniel das Anerbieten annehmen würde, ich im gleichen Moment aufhören würde, die Interessen des Herzogs zu vertreten. Ich sah, daß dem tugendsamen Statthalter Daniel dieser Brief sehr unangenehm war. Er bat mich, ihn nicht dem Herzog zu zeigen, und er hatte Recht darin. Die wahre Tugend hält sich im Verborgnen und sollte niemals auf diejenige anderer pochen. Der Herzog liebte und schätzte Daniel, welcher Grund lag also vor, ihn zu belehren, daß er ihn auch zu fürchten hatte?! Es wäre Daniel ein leichtes gewesen, 1000 mit Karabinern bewaffnete Riesen an die Grenze zu schicken, er konnte sich jedoch zu keinem Massenmord entschließen und ich hütete mich wohl, ihn anders zu stimmen. Er folgte jedoch meinem Rate, als ich glaubte, ein Mittel gefunden zu haben, das die Republik auch ohne Blutvergießen zur Vernunft bringen würde.

Das Jahr 75 war schon vorgeschritten und die Republik belegte weiter alle Einkünfte des Lehens in Beschlag, während sie sich im übrigen vollkommen ruhig verhielt. Ihre Armee von 50000 Mann stand an den Grenzen meines Lehens und derjenigen des Herzogs. Ich sah ein, daß man irgend etwas unternehmen mußte, um jene aus ihrer Reserve herauszulocken. Die Veranlassung zu dem Vorhaben mußte Daniel selbst geben, dem alle Einkünfte seines Besitztums abgeschnitten waren. Ich befahl ihm, an der Spitze von 500 Paar Riesen als meine Garde nach der Hauptstadt des Lehens auszuziehen und dem Bischof Theodor meinen Befehl zu überbringen. Dieser würde ihm eine genügend große Heeresmacht mit Geschützen zur Verfügung stellen, um damit eine befestigte Stadt einnehmen zu können. Auch die 20000 Megamikren meiner Garde sollten Daniels Befehl unterstellt sein. Das ganze Heer würde auf flachen Booten eingeschifft, um nach einmonatlicher Fahrt vor der Festung der Gold- und Phosphorminen ans Land gesetzt zu werden. Dort sollten sie sich festsetzen und die Stadt belagern. Wenn sie sich nicht ergäbe, müßte sofort das Bombardement begonnen werden. Ich sagte ihm, daß ich ihn wahrscheinlich besuchen würde, inzwischen müßte er sich mit dem Verlust seiner Zolleinkünfte abfinden. Die Order wurde sehr geheim gehalten.

Seiner Frau überließ er die innere Polizeiverwaltung und seinem ältesten Sohn das geistliche Amt in der Diözese. Nachdem er alles angeordnet hatte, reiste er mit dem vierten Teil meiner Garden ab. Ich schrieb an Cäsar, daß er am Neujahrstage des Jahres 76 allen Stämmen befehlen sollte, sich in seinem Lande aufzuhalten, ihnen aber Besuche zu erlauben. Meinem Freunde, dem Herzog, gegenüber hielt ich alles geheim, nachdem ich ihn gebeten hatte, mir wegen des Kriegsunternehmens völlig freie Hand zu lassen. Er lebte deshalb ruhig und zufrieden mit seinen lieben Söhnen im Schlosse und dachte zum größten Erstaunen seiner Untertanen nur daran, Feste zu geben. Auf mein Anraten erließ er für zehn Jahre die allgemeinen Abgaben und ich lieh ihm die Summe von 20 Millionen.

Er zeigte mir verschiedene Briefe seiner Spione in der Hauptstadt der Republik. In dem einen war gesagt, daß die Republik es sehr gemißbilligt habe, daß der Statthalter Daniel beim Auszug mit seinen 500 Paar Riesen ohne Erlaubnis des Statthalters der Lehensgrenzstadt ausgezogen sei, eine Brücke überschritten habe, ohne den Zoll zu entrichten und dergleichen. Der andere Brief besagte, man wisse, daß der nämliche Statthalter sich mit 5000 Riesen eingeschifft habe, und da der Flußlauf zu den Staaten der Republik führe, so habe sie die Hälfte ihrer neuen Armee angewiesen, in das Lehen des Erzherzogs einzumarschieren.

Zum Herzog sagte ich, daß Daniel große Eile gehabt hätte, fortzukommen und daher nicht einmal Abschied nehmen konnte, und fügte hinzu, daß ich wohl mit Recht glaubte, hoffen zu dürfen, daß die 25000 Mann sich hüten würden, in mein Lehen einzufallen; inzwischen sollte er sämtliche Statthalter der 200 Städte seines Lehens anweisen, auf meine Kosten Volksbelustigungen zu veranstalten und alle diejenigen aus seiner Umgebung zu verbannen, die sich als Schwarzseher zeigten und zur Sparsamkeit mahnten. Über seine Antwort mußte ich lachen, als er meinte, ich sollte eine Schule für Staatsräte einrichten, da ich nur angenehme Ratschläge gäbe, deren Ausführung Freude bereitete.

Anfang März des Jahres 76 zeigte mir der Herzog den Brief eines Spions, der ihm eine äußerst aufregende Nachricht mitteilte. Die Regierung hatte durch Eilboten erfahren, daß ein Heer von 5000 nur männlichen Riesen auf dem Wasserwege vor der Bergwerksfeste der Republik eingetroffen sei und ein Teil der Geschütze in den Schiffen aufgestellt, die anderen in der Umgebung der Festung aufgepflanzt worden seien. Dieses Heer, das vom Herzog Eduard ausging, sollte unter dem Befehl des Statthalters Daniel stehen.

»Ist diese Nachricht wohl glaubwürdig?« fragte mich der Herzog. »Ja, Hoheit,« antwortete ich ihm, »ich habe sie Euch nur deshalb noch vorenthalten, weil ich Euch nicht im Vergnügen stören wollte.« – »Ihr wisset gewiß das Gegenteil,« sagte er, indem er mich umarmte, »ich bitte Euch, Euch keinen Zwang in der Durchführung Eurer Pläne aufzuerlegen. Die Bergfeste der Republik, die uneinnehmbar scheint, vom Lande und vom Wasser aus durch 5000 Riesen aus der anderen Welt angegriffen, ist eine so erstaunliche Nachricht, daß ich einen endlosen Krieg voraussagen möchte.«

Das war seine Ansicht; die Republik jedoch fürchtete mich nicht, wie man glauben machen wollte. Im April sandte mir Theodor eine sehr folgenschwere Botschaft, die mich zwang, sofort einen Entschluß zu fassen. Bevor ich aber dazu komme, muß ich Ihnen, meine Herren, ein Bild von den Gewässern und Kanälen jener Welt entrollen.

Die innere Welt hat vier Hauptflüsse, die alle gleich lang und breit sind, sie kreuzen sich an beiden Polen und haben wechselseitigen Lauf und Gegenlauf. Die Geographen müssen deshalb ihre Quellen an beiden Polen bestimmen. Nur die Königreiche Heliopalu und Neunzig haben den Vorzug, von allen vier Flüssen bewässert zu werden. 72 Reiche haben einen Fluß in mehreren Lehen und 16 Reiche haben 4 Kanäle, die von den Flüssen abzweigen. Diese 64 Kanäle besitzen verschiedene Ausdehnung, doch sind sie alle schiffbar. Sie haben keine rasche Strömung und es sind an den erforderlichen Stellen Schleusen vorgesehen. Die Kanäle machen viele Biegungen und ziehen sich gleich einem weiten Netz über das ganze Reich. Aus den Kanälen zweigen sich wieder eine Unmenge kleiner Bäche ab. Die Naturforscher dieser Welt kennen die verschiedenartigen Abweichungen jeden Wasserlaufs und bestimmen genau die Zeiten der Ebbe und Flut, sie wissen alle Einzelheiten hierüber, die ich selbst zu lernen mir niemals Mühe gegeben habe. Die Geistlichen behaupten, daß alle Kanäle Menschenwerk seien, die großen Ströme und Hauptkanäle aber seien vor Jahrhunderten von der Sonne selbst geschaffen.

Theodor schrieb mir also, daß, nachdem die Republik erfahren hatte, daß Daniel die Bergfeste belagert hielte, sie ihre gesamte Heeresmacht auf die andere Seite meines Lehens geworfen habe. Dann hatte sie einen Nebenkanal, der ihren Staat von dem meinen trennte, abgeschlossen, wodurch das Wasser, das nicht ablaufen konnte, in mein Gebiet Überschwemmungsgefahr brachte, die mit jedem Tag stieg und in spätestens einem Monat alles unter Wasser gesetzt haben würde. Ferner besagte der Brief, daß der Statthalter Simon, dessen Sohn sich in dem bereits überschwemmten Gebiete befände, ihm gesagt habe, daß er keinen Rat, sondern schleunigste Hilfe brauche. Die Bauern seien gezwungen gewesen, ihre Häuser zu verlassen, in vier anderen Städten sei es ebenso.

Ich sah, daß keine Zeit zu verlieren war. Am gleichen Tage noch ließ ich 200 Megamikren ausreisen, die mir an jeder Station 500 Pferde beschaffen sollten, und schickte Albert in aller Eile zum Herzog, um ihm den eben erhaltenen Brief zu zeigen, der mein plötzliches Fortgehen entschuldigen mußte.

Ich reiste also mit 100 Paaren meiner Garden, mit meiner Frau und mit Albert und Kassandra ab. Dem Sohne Daniels hatte ich befohlen, dem Prinzen einen Besuch abzustatten und ihm in kurzen Worten zu sagen, daß in der Hauptstadt 2000 Riesen seines eigenen Lehens wären, außerdem 1400 Riesen meiner Garde, was einem Heer von 200000 bewaffneten Megamikren gleichkam.


Ich reiste mit hundert meiner Garden und deren Frauen und Dienern ab. Wir fuhren mit größter Geschwindigkeit und waren nach sechzig Stunden an der Grenze. Hier stellte ein Offizier der Republik seine ganze Garde in Reihen vor der Barriere auf. Ich ließ meine Wagen vorrücken und forderte den Offizier auf, seine Garden zurückzuziehen und den Schlagbaum zu öffnen, worauf er kurz erwiderte, er tue seine Pflicht, indem er dem Befehl des Obersten folge. Es stände mir frei, jenen aufzusuchen. »Wenn Ihr mich nicht durchlaßt,« rief ich, »werde ich Euch alle auf der Stelle töten.« Bei diesen Worten ließ er seine Soldaten in Reihen antreten, rief einen Befehl und sie pflanzten seitlich ihre Hellebarden auf, beim zweiten Befehl nahmen sie die Armbrust von der Schulter und legten die Pfeile an. Daraufhin ließ ich meine Leute ebenfalls in Reihen antreten. In dem Augenblick als sie alle den Karabiner anlegten, rief ich »Feuer!« und sah zu meinem Bedauern viele Megamikren auf den Boden gestreckt, während die anderen die Flucht ergriffen. Nun ließ ich den Schlagbaum geschwind öffnen, eine Brücke schlagen und beim zweiten Posten begegnete mir ein Bote Theodors mit einem Brief. Er teilte mir mit, daß die Überschwemmung auf einen anderen Kanal seines Lehens übergegriffen habe und auch das Reich Neunzig in Überschwemmungsgefahr brächte.

Diese Nachricht ging mir sehr zu Herzen. Ich hätte gewünscht, meine Reise mit Windeseile fortsetzen zu können, und kam nach dreieinhalb Tagen an. Wir hatten uns keine Ruhe gegönnt und ließen uns erst jetzt etwas zu essen geben. Während der sechs Tage hatten wir nur etwas Brühe genossen, um keine Zeit zu verlieren.

Ich schrieb an den König von Neunzig und teilte ihm mein Verhältnis zur Republik mit, und daß Ehre und Tugend mich dazu zwängen, nicht zurückzuweichen. Diesen Brief sandte ich durch einen Enkel Theodors, der auch Andreas meine Befehle bringen sollte. Er sollte durch öffentliches Manifest ankündigen, daß jedermann, der sein Hab und Gut durch die von der Republik veranlaßte Überschwemmung verlieren würde, auf meine Kosten entschädigt werden sollte.

Alsdann ließ ich durch meine Boten sämtliche Pferde requirieren, die sie auf dem Wege fanden; desgleichen sollten alle Schiffe beschlagnahmt werden, die der Feind in den Häfen liegen hatte.

Ich schrieb an Simon, er solle mit meinen Mitteln nicht sparen und alle meine bäuerlichen Untertanen veranlassen, sich an die Arbeit zu machen, um durch Aufziehen der Schleusen eine weitere Ausbreitung der Überschwemmung zu verhindern; ich selbst begab mich zu der großen Schleuse, die sich am anderen Ende des Kanals im Republikstaate befand und den Kanal abschloß. Ich entschloß mich nunmehr, selbst an die Zerstörung der Schleuse zu gehen, und nahm zu diesem Vorhaben meine geschicktesten Leute vom Brunnenbau mit mir. Durch einen Boten befahl ich Andreas, er möge 3000 Riesen, eingeteilt in drei Korps, aussenden. Jedes dieser Korps unterstellte ich einem Befehlshaber, der gleichzeitig Ältester war, und sandte sie gegen die Städte der Republik mit dem Befehl, bei Widerstandleistung volle Gewalt zu brauchen. Aus meinem Lehen entsandte ich zu Wasser drei weitere Korps von 1000 Riesen, damit sie sich der Grenzstädte der Republik bemächtigten, indem sie bei Tagesgrauen über die Grenze gingen, ohne jedoch die Hauptstadt zu berühren. Meinen sämtlichen Korps der Riesen folgten 6000 Megamikren, meine mit Hellebarden und Pfeilen bewaffneten Untertanen.

Nachdem ich diese Befehle erteilt hatte, begab ich mich an meine Grenzposten mit 1000 Mann und sechs Kanonen. Dann ließ ich das ganze Heer einschiffen und kam nach kurzer Zeit bei der Republikschleuse an. Hier sah ich mehr denn 30000 Mann meiner Leute damit beschäftigt, die Schleuse hochzuziehen. Diese Arbeit war jedoch zu langwierig und deshalb ließ ich meine Geschütze gegen das Werk des Feindes richten. Auf diese Weise hatte ich innerhalb eines Monats die ganze feindliche Schleusenanlage so durchlöchert, daß nunmehr das aufgestaute Wasser sich wieder zu gleichmäßiger Fläche auf die andere Seite der Republik verteilen konnte.

12000 Megamikren lagen zur Verteidigung bereit. Einer Hälfte meines Heeres hatte ich befohlen, ihre Karabiner zu laden und zwar mit blauem Pulver, ohne Kugeln. Das blaue Pulver verursachte ein anderes Geräusch als das Hellrosa, jenes war geräuschlos; ich aber wollte meine Gegner nur erschrecken, während die andere Hälfte meines Heeres schußbereit stand und meine Befehle erwartete. Alle Megamikren, die sich uns vorher an der Grenze gegenübergestellt hatten, waren getötet worden, ehe sie Zeit hatten, Pfeile gegen uns abzuschießen. Ich ließ nun meine 1000 Mann in zwei Reihen vorrücken, wovon die erste Reihe jene Waffen trug, die nur mit Pulver geladen waren. Der Feind schickte mir eine Linie von 1000 Megamikren entgegen, denen zwölf weitere Linien folgten, alle hielten ihre Bogen gespannt. Als ich mich dem Heere der Republik auf fünfundzwanzig Schritt nahe sah, gebot ich »Feuer!« und sah im Augenblick die ganze feindliche Linie zu Boden gestreckt, während die nachfolgenden sowie die Offiziere eiligst die Flucht ergriffen. Ich befahl nun meiner Mannschaft, an die Zerstörung der Schleuse zu gehen, was in sechs Stunden geschehen war, da wir keinerlei Werkzeuge besaßen, die die Arbeit beschleunigt hätten.

Als ich sah, wie das Wasser jetzt wieder seinen gewohnten Lauf nahm, lenkte ich meine Schritte zu dem Orte, den mir meine Geographen und Ingenieure als denjenigen bezeichnet hatten, wo eine zweite Schleuse zerstört worden sei. Diese war zwei Tagereisen von hier entfernt und die Republik befand sich nunmehr in der größten Bedrängnis, da all ihr Land gegenüber dem meinen nicht nur überschwemmt war, sondern diese Überschwemmung sich voraussichtlich dem Staate des Königs von Achtundsiebzig mitteilen würde, wodurch die allergrößte Beunruhigung und Verzweiflung verursacht wurde. Das Gesetz, dem Feinde soviel Schaden wie möglich anzutun, hatte mich bewogen, diesem klugen, aber grausamen Plan zu folgen. Wenn wir auch nicht an Schlafen dachten, so mußten wir doch essen und etwas Rast halten, denn wir waren sehr ermüdet. Auch hatte ich das schöne Alter von neunzig Jahren.

Alle Bauernhäuser waren verlassen, man sah keine Menschenseele. In einer Entfernung von zwei Meilen sah ich eine Kuppel und schloß daraus, daß wir dort ein gutes Quartier finden würden. Wir machten uns auf den Weg, fanden aber alle Zugänge verschlossen. In dem Augenblick, als meine Kinder auf meinen Befehl daran gehen wollten, sich durch Äxte den Zugang zu erzwingen, wurde das große Tor geöffnet und ich sah zwei schöne Rote an der Spitze von hundert Dienern, die mit auf der Brust gekreuzten Händen vor mir erschienen.

Das schöne Paar sang und tanzte und bot mir Gastfreundschaft an. Nachdem ich, so gut wie ich konnte, gesungen und getanzt hatte, fragte ich, ob in ihrem Schlosse eine bewaffnete Macht wäre, worauf man mir lachend antwortete, man habe das Schicksal des 12000 Mann starken Heeres vorausgesehen und daher die Tore vor den Flüchtenden verschlossen. »Dies«, sprach der Rote, indem er auf vier schöne rote Paare wies, »sind meine Kinder und meine Familie, mein Vater ist schon seit einem Jahre zur ewigen Ruhe eingegangen und ich bitte Gott, daß kein Waffenlärm seine Ruhe stören möge!« –

Ich bat nunmehr den Besitzer, die Türen zu verschließen, und gebot meinen Leuten, die Waffen abzustellen, dann sagte ich zu dem Edelmann: »Hier stelle ich Euch von meinen 200000 Söhnen 1000 vor. Ich selbst bin 360 Jahre alt und habe niemals über Ungehorsam der Meinen zu klagen gehabt. Von heute ab ist es jedoch anders geworden. Ich hatte ihnen befohlen, die Feinde nur zu erschrecken, nicht aber zu töten, sie aber haben Tausende getötet!« –

Ein Statthalter, einer der Söhne Heinrichs und Judiths, der mein erster Flügelmann war, sagte mir, daß die erste Reihe unter seinem Befehl gestanden habe und daß er nur Pulver zu laden befohlen habe, so daß die Megamikren nur betäubt, nicht aber tot sein könnten. Dies hielt ich nicht für wahrscheinlich. Der liebenswürdige Edelmann sandte sechs Leute zu Pferde nach der Schleuse, die bei ihrer Rückkehr bestätigten, daß sie daselbst nur Hellebarden, Äxte, Bagagen und 100 Fahnen gefunden hätten. Diese Nachricht erfreute uns sehr. In kürzester Zeit waren zahlreiche Ruheplätze und Tische errichtet, an einem derselben nahm ich mit meinen ersten Offizieren und mit der Familie des Edlen Platz. Zuvor hatte er mich jedoch gebeten, meinen Leuten das Vergnügen der Schlangenjagd zu gewähren, da alle Bäume rings um das Schloß damit beladen wären. Diese Verfügung brachte die 400 Gärtner zur Verzweiflung. Sie wünschten den Krieg, die Riesen und die Großmut ihrer Herren zu allen Teufeln und prophezeiten das Ende der Welt.

Wir saßen mit unserem Gastgeber in fröhlicher, von geistvollen Gesprächen belebter Tafelrunde. Doch niemals war vom Krieg oder von Geschäften die Rede und es wäre eine Unhöflichkeit meinerseits gewesen, hätte ich das Gespräch darauf gelenkt. Ebenso unhöflich wäre es gewesen, nach ihren Namen, Titeln und ihrem Stand unziemliche Neugierde an den Tag zu legen. Im Innern des Palastes sah ich Säle, wo die Wappen des höchsten Adels zur Schau gestellt waren. Unter anderem deuteten Kronen darauf hin, daß drei Herzöge aus der Familie hervorgegangen sein mußten. Der Hof des schönen Palastes war mit Ehrengrabmälern und Trophäen geschmückt.

Am folgenden Morgen reisten wir ab, nachdem wir beim Frühstück mit Wohlgerüchen besprengt worden waren, die gewiß viel teurer waren, als das prächtige Mahl vom Tage zuvor. Einer meiner Ingenieure behauptete, der Edelmann sei der Sohn eines Senators, der vor 100 Jahren die republikanische Hauptstadt verlassen hätte, um nie dahin zurückzukehren, weil man ihn einst von einer Wahl ausgeschlossen hatte. Ferner meinte er, jener besäße eine große Partei, und in den augenblicklichen Wirren der Regierung sei es nicht unmöglich, daß diese sich auf meine Seite schlüge.

Nach einer Marschstunde kamen wir in eine Stadt, deren Gouverneur ich befahl, mir 200 Wagen und 2000 Pferde innerhalb vier Stunden zu beschaffen, widrigenfalls die ganze Stadt in Flammen aufgehen sollte. Mit dieser Ausrüstung kam ich dreißig Stunden später bei der anderen Schleuse an. Hier fand ich keinen Widerstand und ließ sie sofort zerstören. Zu meinem Ingenieur äußerte ich, die Republik werde auf diese Weise und zu ihrem eignen Schaden lernen, Krieg gegen die Riesen zu führen.

Da ich nochmals den ganzen Republikstaat durchziehen mußte, sah ich mich veranlaßt, in kleinen Tagesreisen vorzurücken, um die Pferde nicht zu ermüden. Bei diesem Zuge begegneten mir 1000 Riesen vom Stamme Ludwigs und Karolines, deren Statthalter mir sagte, daß er sich in einer schönen Stadt der Republik niederzulassen beabsichtige. Dort wolle er sich als Gegenmaßnahme der Kontore bemächtigen. Hierzu hatte ich nun freilich keine Erlaubnis gegeben, ließ ihm aber dennoch freie Hand. Er sagte, daß in einer Entfernung von 120 Meilen ein Heer vom Stamme Johanns und Teklas sich verborgen habe, da ein Übergang über den Fluß mit Booten unmöglich sei. Dies war wieder etwas, wozu ich keinen Befehl gegeben hatte, aber ich ließ den Dingen ihren Lauf. Auch von Matheus' und Katharinas Stamm, wie demjenigen meines vierzehnten Sohnes Leopold sollte ich bald Nachricht erhalten. Sie wollten gleichfalls auswandern. Ich wünschte ihnen gute Reise mit dem Befehl, unter den Megamikren kein unnötiges Blutbad anzurichten.

Mitte Dezember traf ich bei der Bergfeste ein und wurde daselbst mit allen erdenklichen Ehrenbezeugungen empfangen. Im Lager fand ich sämtliche Frauen aus den Vettern- und Basenehen, die auf dem Wasserwege eingetroffen waren, um sich ihren Gatten anzuschließen, jede von ihnen mit einem pausbäckigen Kindchen. Theodor hatte dies selbständig veranlaßt, ich konnte ihm jedoch darob nicht zürnen. Am ersten Tage besichtigte ich alles und fand, daß ich, wenn die Beschießung von der Flußseite aus erfolgen sollte, niemals zum Ziel kommen konnte. Die Festung war von einem 1500 Fuß hohen Wall umzogen und trug in gleichen Abständen 15 Türme, deren jeder 24 Fuß Höhe besaß, während die der Mauern 12 betrug. Die Verteidiger in den Festungstürmen waren somit in Sicherheit und konnten ihre Geschütze bequem auf die Belagerer richten. Die innere Festung hatte 12 Klafter Tiefe, die Bergwerke bis zu 100, die Lager und Wohnräume bis zu 40 und 50. Dies war die einzige befestigte Stadt, die die Republik besaß, und man nannte sie bisher mit Recht die Uneinnehmbare. Infolge ihres Handels war die Stadt die Quelle alles Wohlstandes, besonders da sie außerdem viele Goldminen besaß. Ich beschloß, die Stadt von der Landseite aus anzugreifen, da die Flußseite meinen Kanonen nur vier Fuß Felsen als Zielscheibe bot. Selbst bei Wegräumung dieses Hindernisses wäre keine Möglichkeit gewesen, ungehindert einzudringen, denn dahinter befanden sich dieselben Wälle wie auf der Landseite. Die Pfeile der Verteidiger hätten ein übriges getan, um meine Leute zurückzuscheuchen. Auf solche Weise hätte ich viele meiner Kinder opfern müssen, ich hatte mir aber vorgenommen, die Festung zu erobern, ohne ein einziges Menschenleben aufs Spiel zu setzen. Doch hatte ich zur Ausführung dieses Planes Leute, Artillerie und vor allem Bomben und Feuerwerk nötig.

Ich sandte meine Boten in mein Lehen und erhielt Ende März des Jahres 77 vierzig Kanonen, zehn Mörser, eine große Menge Feuerwerk, 50000 Eisenkugeln und soviel blaues Pulver, wie ich nötig hatte. Diese ganze Ladung erhielt ich per Schiff in Begleitung von 5000 Riesen und 20000 Megamikren. Ich zog nunmehr einen Kreis um die Festung, um sicher zu sein, daß niemand mehr heraus- oder hineingehen könne. Mein Kreis umfaßte sechs englische Meilen. Der Übergang sowie die Annäherung feindlicher Schiffe wurde durch bewaffnete Boote unmöglich gemacht.

In weniger als zwei Monaten hatte ich sämtliche 15 Türme niedergelegt; Anfang Juli sah ich, daß in der Nähe des einzigen Festungstores eine Öffnung von 50 Fuß gerissen worden war. Nun konnte ich ungestört vordringen und Besitz ergreifen. 10000 meiner buntgefleckten Untertanen begannen im selben Monat noch die Forträumungsarbeiten. Ich hatte nicht mehr nötig, Kanonen gegen die Festungswälle zu richten, denn nach der Niederlegung der 15 Türme hatte sich kein lebendes Wesen mehr dort blicken lassen.

Bevor meine 100000 Megamikren die Steinmassen, die den freien Eingang verwehrten, wegschafften, sandte ich Manifeste in die Stadt, daß ich fest entschlossen sei, sie binnen weniger Tage in Besitz zu nehmen. Ich verkündete indes, daß ich niemandem sein Eigentum nehmen oder seines Amtes entsetzen, sondern vielmehr die Einkünfte um ein Fünftel erhöhen werde. Ich selbst wolle nur den Besitz der Festung und den der Republik gehörenden Bergwerke. Es würde sich also niemand zu beklagen haben. Dies alles geschähe jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, daß weder die Megamikren, meine Untertanen, noch die die Feste belagernden Riesen irgendwelche Kränkung erlitten. Für den Fall, daß auch nur einer meiner Leute von den Einwohnern durch Pfeile oder sonstwie verletzt oder getötet würde, sähe ich mich gezwungen, die gesamte Einwohnerschaft ohne Ausnahme hinschlachten zu lassen. Vierzehn Tage später ließ ich über den Festungsgraben eine Brücke schlagen und hielt meinen Einzug. Ich hatte 3000 Riesen vorausgeschickt, die die Wälle besetzt hielten. Dann zog ich ein, gefolgt von meiner Frau und 100 meiner mit Äxten und Flinten bewaffneten Garden. Ich ließ ausrufen, daß alle Megamikren, die mich nicht als Herrscher anerkennen wollten, die Festung verlassen und an einen beliebigen anderen Ort gehen sollten, ihre Habe müßten sie jedoch zurücklassen. Andererseits sollten diejenigen, die mir Treue geloben und mich als ihren Herrn anerkennen wollten, im Besitze ihrer Habe und ihrer Ämter bleiben, auch sollten ihre Einkünfte sich um zwanzig Prozent erhöhen. Die nächsten acht Tage verbrachte ich damit, den Bestand an edlen Metallen und Steinen, sowie des in den Lagern angesammelten Phosphors aufzunehmen. 6000 Beamte mit ihren Familien leisteten mir den Treueid. Ich erklärte sie als Kriegsgefangene. Der einzige, den ich seines Amtes entsetzte, war der Festungsgouverneur. Ich kam dadurch in den Besitz eines ihm gehörenden Lagers, gab ihm jedoch die Zusicherung, daß er mit Friedensschluß alles zurückerhalten sollte, selbst wenn ich einen Teil der Republik annektieren würde. Dies zu tun hatte ich mir vorgenommen, sofern die Republik nicht ihr Unrecht einsehen und mich für die Kriegskosten entschädigen würde.

Ich ließ die Kanonen hereinfahren und in der Nähe der Wälle aufstellen. Zwölf Geschütze größten Kalibers und mehrere Mörser ließ ich außerhalb der Festung. Dann lichtete ich eine aus 3000 Riesen bestehende Garnison ein. Ich ernannte einen Ältesten, und da ich entschlossen war, nach der Hauptstadt zu gehen, befahl ich dem Megamikren-Gouverneur, sich mir anzuschließen. Die ganze Expedition ging unter dem Namen des Statthalters Daniel, der das Oberkommando über das Heer hatte.

100000 disziplinlose Megamikren, die allerdings unter dem Befehl eines Offiziers standen, waren in mein Lehen eingefallen. Theodor hatte mir geschrieben, daß er infolge meines Befehls, kein Blut zu vergießen, meine Untertanen angewiesen habe, die Feinde zu beherbergen und zu verpflegen, daß sie aber strenges Gericht halten sollten, wenn jene sich an ihrer Habe vergriffen. Ferner sagte er mir, daß er Posten vor meinen Kontoren aufgestellt und angedroht habe, daß jeder füsiliert werden sollte, der es wagen würde, in die Kontore einzudringen. Dieser Hinweis habe die Feinde so erschreckt, daß sie aufs Feld geflüchtet seien, wo sie jetzt den Bauern viel Schaden verursachten. Ich wiederholte meinen Befehl, alles Blutvergießen zu vermeiden und meinen Untertanen mitzuteilen, daß ich sie nach dem Kriege für alles entschädigen werde.

Ich begab mich nun zur Hauptstadt, deren ich mich bemächtigen wollte, und beabsichtigte, die Mitglieder der Regierung gefangen zu setzen, wenn es mir nicht gelingen sollte, ihnen Vernunft beizubringen.

Zur selben Zeit schrieb der Sohn des Statthalters Daniel letzterem, daß 10000 weitere Megamikren in das Lehen eingefallen seien und alle beraubten, die sich nicht verteidigen wollten oder konnten.

Gerade als ich mich auf den Weg machen wollte, wurde mir ein Brief vom Patriarchen Jakob überbracht. Er schrieb mir, daß der Minister der Republik in Heliopalu eine Eingabe an den Großen Genius gemacht habe. Somit habe man sich also unter den Rat der Geistlichkeit gestellt und von dieser Absolution erhalten. Drei Tage später sei das Orakel befragt worden. Man habe um kräftige Abwehr gegen die Riesen gebeten, die 100 Megamikren getötet hätten, um sich den Übergang über eine Grenze zu erzwingen. Die Folge davon war, daß der Große Genius uns in den Bann tat; desgleichen alle Megamikren, die mit uns in Handelsbeziehungen standen, falls wir nicht sofort den Herzog verlassen und der Republik eine angemessene Entschädigung zahlen würden. Diese Mitteilung wurde in allen meinen Niederlassungen veröffentlicht. Ohne mich beirren zu lassen, zwang ich durch meine Megamikren sämtliche Bauern im Umkreise von 100 Meilen, mir Wagen und Pferde für mein gesamtes Heer zu liefern. Für gute Bezahlung erhielt ich alles, was ich wollte. Bevor ich abreiste, hatte ich die Wälle der Burgfeste wieder instand setzen lassen. Statt die Türme aufzubauen, ließ ich eine Brustwehr für die Füsiliere errichten, damit sie vor etwaigen Pfeilen der Gegner geschützt seien.

Einen großen Wagen hatte ich für den Gouverneur und dessen Familie bestimmt. Er war ein Edler, der die Feste seit 110 Jahren befehligte. Obgleich aus vornehmem Hause, war er arm geboren und hatte sich niemals vorgedrängt. Durch das Gehalt, das er von der Republik bezog, war er nicht reich geworden, wohl aber durch die guten Revenüen und eine große Industrie. Da er voraussah, daß man ihn nicht an denselben Posten zurückversetzen würde, erbat er sich von mir die Gnade, sein Mobiliar auf sechs Wagen verladen lassen zu dürfen. Er schenkte meinen Versprechungen, daß sein Vermögen bei mir vollkommen sicher sein sollte, keinen Glauben. Wie er so mit seiner zahlreichen, prächtigen Familie bittend vor mir erschien, sah ich, daß mein augenblickliches Zögern in ihm die Hoffnung erweckte, mein Herz würde ihm die Gnade gewähren, von der mein Verstand nichts wissen durfte. Ich lehnte sein Gesuch kurz ab. Anfang Juli waren wir unterwegs. Die Hauptstadt lag 450 Meilen entfernt. Ich hatte meine Reise auf 32 Tage verteilt, da ich nur 6000 Wagen und 40000 Mann hatte. Meine Vorhut von 2000 Riesen und meine Nachhut in gleicher Stärke marschierten zu Fuß mit 6000 Megamikren aller Farben. Ein Heer von 50000 meiner megamikrischen Untertanen folgte. Ein weiteres Korps von 50000 war zum Einfall in die Republikstaaten bestimmt worden.

Man kann sich nichts Imposanteres vorstellen als den Zug meines Heeres, dessen Spitze meine gesamte Artillerie und das schöne Schützenregiment bildeten. Dabei herrschte eine ausgezeichnete Disziplin, denn jeder der Krieger war sich seiner Würde und seines Platzes bewußt, ebenso wie es bei einem Ballett auf jeden einzelnen ankommt. Die einzelnen Regimenter unterschieden sich in den Farben. Sie trugen bis zum halben Bein Gamaschen, ein Schild bedeckte von der Hüfte abwärts noch Dreiviertel der Schenkel, über ihre linke Schulter ging bis unter den rechten Arm ein Tragband, worin sie ihre Patronen trugen. Auf der anderen Seite waren sie mit einer Art und einem kleinen Tornister ausgerüstet. Jeder trug eine hübsche kleine Kappe, die im Nacken festgeknotet war, und bis auf das Haar, das sie entweder in schönem Schweif zusammengenommen oder nach dem Geschmack des Regiments arrangiert hatten, waren sie alle von gleicher Größe, alle blond oder alle braun und alle jung. Jedem Regiment ging eine Abteilung megamikrischer Musiker voraus, so daß die ganze Armee in flottem Marschtempo dahinzog. Der Krieg, der für mich, für Daniel und alle Ältesten etwas sehr Ernstes bedeutete, war für die einfachen Soldaten ein wahrer Vergnügungszug. Sie waren beständig auf der Schlangenjagd, die sie ohne Aufenthalt rechts und links von den Bäumen warfen, ohne jedoch dabei aus der Marschordnung zu kommen.

Überall, wo wir Rast machten, trafen wir gewinnlüsterne Megamikren, die uns tausende gefüllter Feigenkörbe anboten. Die Feigen waren schon sehr teuer geworden, so daß alle, die Bäume besaßen, die Augen aufhielten und ihren Gärtnern das Recht entzogen, sich der Früchte zu bemächtigen. Ich dachte schon daran, Abhilfe zu schaffen, als Gott mich aus dieser Welt fortrief. Jakob wird jedoch das fortführen, wozu mir keine Zeit mehr blieb.

Nach achtundzwanzigtägigem Marsch erreichte ich eine prächtige Stadt, die fünfzig Meilen von der Hauptstadt entfernt lag. Ich beschloß, eine Woche daselbst zu bleiben, und gab Daniel entsprechende Befehle. Besonders meinem Fußvolk wollte ich diese Rast gönnen, denn in diesen achtundzwanzig Tagen hatte es 400 Meilen zurückgelegt. Im Augenblick, als der Befehl zum Lagern gegeben wurde, sandte mir ein Roter, der ein prächtiges Gefolge hatte, durch einen orangefarbenen Megamikren einen Passierschein von Cäsar, um in aller Sicherheit vor mir erscheinen zu können.

Nachdem dieser hohe Beamte sich vor mir wie vor einem Herrscher verneigt hatte, stellte er sich als Gouverneur der Stadt vor, der von der Regierung den Befehl habe, mich als befreundeten Fürsten zu empfangen und mir alle Ehren zu erweisen. Er wies alsdann darauf hin, daß der Passierschein noch für drei Senatoren gelte, die die Republik zu mir entsende. Als die Senatoren dann eine Audienz erbaten, antwortete ich, daß ich sie gerne anhören würde. Sie erwiderten, daß sie sich am anderen Tage um drei Uhr im großen Saale des Rathauses einfinden würden, wo ich wie ein König empfangen werden sollte. Darauf ließ ich ihnen mitteilen, daß ich nicht nach Ehre trachtete, sondern die Senatoren in meinem Quartier empfangen würde.

Nachdem ich in der Stadt untergebracht und meine Garden im großen Hofe aufgestellt waren, befahl ich, die Senatoren samt ihrem Gouverneur vorzuführen. Ich empfing sie in Gesellschaft meiner Frau sowie Daniels und dessen Gattin. Mit den vier Megamikren, die alle ohne ihren Unzertrennlichen waren, kamen zwei nicht vollkommen Rote. Dies waren zwei Staatssekretäre, die von der Regierung abhängig, von den Senatoren aber unabhängig waren.

Als der Gouverneur sich zurückgezogen hatte, sprach einer der drei Senatoren folgendes zu mir: »Wo, hochgeschätzter Erzbischof, sind Eure alten Grundsätze und die freundschaftlichen Gefühle, die Ihr für unsere Republik hegtet, geblieben? Worauf sind Eure kriegerischen Maßnahmen zurückzuführen, die niemand von uns verschuldet zu haben weiß. Ihr fügt unserem Staate das erdenklich größte Unglück zu, da wir nicht vorbereitet waren, Eurem Angriffe zu begegnen. Ihr zerstört alles, Eure Heere besetzen die Städte und unterbinden den gesamten Handel, Ihr habt die Festungsmauern in Schutt gelegt, der entsetzliche Lärm muß bis in die Gefilde des Schöpfers gedrungen sein. Die einzige Gnade, die Ihr den Megamikren gewährt, ist, daß Ihr jedes Blutvergießen verboten habt. Jene armen Geschöpfe, die Ihr so mißhandelt, haben doch einst Euer Leben gerettet und dienen Euch heute als Sklaven. Welche Absicht habt Ihr nun mit uns? Wollt Ihr uns ausrotten wie die Schlangen? Der Große Genius mißbilligt Euer Vorgehen. Wo ist die Furcht und die Liebe zu Gott, die Reinheit Eurer Religion, die Nächstenliebe, die Dankbarkeitspflicht? Wie vereinigt sich Euer Vorgehen mit der göttlichen Moral, die Ihr verkündet und als Grundlage der Kultur, mit der Ihr unsere gesamte Schöpfung beglücken wolltet, bezeichnet habt? Wir hätten das Recht besessen, hundert Eurer Söhne zu töten, als wir die entsetzliche Nachricht erhielten, daß hundert Megamikren bei Erfüllung ihrer Pflicht von Euch an der Grenze getötet wurden. Wir aber haben Euch respektiert und bis heute hat nicht ein einziger Pfeil die Haut Eurer Riesen geritzt. Diese Zurückhaltung hat Euch aber nicht beruhigt, Ihr ziehet heute mit blinkenden Waffen gegen unsere Stadt. Was wollt Ihr von uns? Wollt Ihr es darauf ankommen lassen, daß wir zu einer Verzweiflungstat schreiten und Euren ganzen sechzehnten Stamm grausam verderben? Wir haben dies noch nicht einmal in Erwägung gezogen, – Religion und Menschlichkeit verbieten es uns. Wo aber sind nun Eure Grundsätze? Wir bieten Euch den Frieden an und sind bereit, Euch für alles Schadenersatz zu geben, wir werden unsere Heere aus Euren Gebieten zurückziehen, Eurem siebzehnten Stamme Ersatz zahlen und dem Erzbischof Daniel das erbliche Lehen erteilen. Die einzige Bedingung, die wir dagegen stellen, ist, daß er mit seinem gesamten Stamme das Lehen des rebellischen Herzogs verläßt und inzwischen die Herrschaft über eine ganze Stadt als Zufluchtsort übernimmt. Zu Eurem Ruhme wollen wir das schändliche Bündnis zerstören, das Euch an den nichtswürdigen Prinzen knüpft. Um uns, Gerechtigkeit zu tun, müßt Ihr Euch von ihm lossagen. Wir haben von seiner eignen Hand die Abdankung und das Geständnis der Unmöglichkeit der Existenz eines legitimen Thronfolgers.« – Mit diesen Worten legte der Senator die farbige Niederschrift seiner Rede auf den Tisch nieder. Ich nahm eine Feder zur Hand und nachdem ich geschrieben hatte, tat Daniel dasselbe. Dann reichte er das Schriftstück den Senatoren. Der Wortlaut war folgender:

»Zu meinem größten Kummer habe ich mich zu den besagten Maßnahmen gezwungen gesehen. Die Ursache dazu werde ich nur dann veröffentlichen, wenn die Republik selbst mich dazu zwingen würde. Das Recht Unschuldiger ist gekränkt worden, die Ungerechtigkeit hat triumphiert und daher war ich genötigt, das Unternehmen meines Sohnes, der bisher keinen Erfolg hatte, zu unterstützen. Er hat sein Leben der größten Gefahr ausgesetzt, um das vierte Gebot unserer Religion zu befolgen. Die Republik hat sich seinem Werke widersetzt, sie hat ihre Truppen ausgeschickt, die die Habe meines Sohnes, des Statthalters Daniel, sich aneigneten. Da er vergebens um Entschädigung einkam, sah ich es für meine Pflicht an, seine Partei zu ergreifen. Man hat jedoch selbst meine Einmischung mißachtet und mich mit einer schändlichen Zumutung beleidigt. Da man auch mit meinen armen Megamikren kein Mitleid hatte, war ich gezwungen, ihnen zu Hilfe zu kommen und das Pulver gegen jene Unglücklichen zu richten, die sich mir in den Weg stellen sollten. Hundert Opfer mußten für die Ungerechtigkeit büßen und sollten der Republik als Warnung dienen. Ich werde den Krieg nicht eher abbrechen, als bis ich einen vollständigen Sieg herbeigeführt habe. Meinen gesamten Schatz und alle meine Kräfte will ich an die Lösung dieser Aufgabe setzen. Hierbei vertrete ich Gottes Sache, der der Vater der Unschuldigen ist und die Gerechtigkeit gegen alle Übergriffe und Verbrechen des Ehrgeizes schützt. Die Bedingungen, unter denen mir die Republik den Frieden anbietet, verursachen mir Entsetzen, ich selbst biete ihnen jedoch Frieden unter folgenden Bedingungen:

Die Republik hat sofort sämtliche Truppen aus den Staaten, die ihr nicht gehören, zurückzuziehen. Sie hat alle, die durch den Durchzug des Heeres in ihren Rechten und Gütern geschädigt worden sind, zu entschädigen. Sie hat die Familie des Herzogs ihres Lehens als rechtmäßige Erben des Thrones anzuerkennen. Dagegen werde ich meinerseits alle Truppen zurückziehen und von keinerlei Entschädigung sprechen. Ich werde alle Beschlagnahmungen aufheben, die infolge dieses unglückseligen Krieges getroffen worden sind. Die Ehre, die ich Euch, den edlen Senatoren erweise, besteht darin, daß ich annehme, Ihr seid über die Ursache des Krieges im unklaren, Ihr könnt sie nicht kennen als Senatoren einer oligarchischen Regierung. Ich gebe für die Antwort zwanzig Tage Frist, um dann entweder in mein Lehen zurückzukehren oder meinen Zug auf die Stadt fortzusetzen. Die Bergwerke werde ich nicht eher an die Republik zurückgeben, bevor diese sich mit meinen Friedensbedingungen in allen Teilen einverstanden erklärt hat.« – Danach zogen die Gesandten mit trauriger Miene ab.

Ich hielt es für gut, den Gouverneur der Festung mit seiner Familie in die Stadt zu senden. Seine Diskussionen konnten mir nur nützlich sein. Als ich ihm die Erlaubnis dazu gab, fiel er beinahe vor Dankbarkeit auf die Knie. Ich gab ihm wiederholt die Versicherung, daß all sein Eigentum ihm ungeschmälert bleiben sollte. Die folgenden zwanzig Tage verbrachte ich in aller Ruhe, wies jede Lustbarkeit ab, die der Gouverneur mir zu Ehren veranstalten wollte, und achtete darauf, daß mein Heer sich in jeder Weise einwandfrei aufführte. Das einzige, was mich in diesen Tagen beschäftigte, war ein Brief von Jakob. Der gute Patriarch, der zurzeit alle meine Rechte und Ämter versah, schrieb mir, daß die Riesensöhne aus den Vettern- und Basenehen es als Unrecht empfunden hätten, daß man sie mit Mädchen ihres Alters verheiraten wollte, die sie oftmals nicht liebten, während sie eine andere ihres Alters liebten und wiedergeliebt wurden. Er sagte mir, daß es ihm in diesem Jahre noch gelungen sei, die Aufsässigen zur Vernunft zu bringen. Doch am Neujahrstage unseres Jahres 78 werbe er in große Verlegenheit kommen, da er in diesem Zeitabschnitt mehr als 10000 Erwachsene haben werde, die in verschiedenen Altersstufen seien und die allesamt eine Eingabe unterzeichnet hätten, mit denen die Ehe schließen zu dürfen, die sie liebten und von denen sie geliebt würden. Er fügte noch hinzu, daß in den andern Gebieten meines Lehens derselbe revolutionäre Geist herrsche, so daß er ein Unglück voraussähe, wenn diese Heiraten nicht zugelassen würden.

Ich sandte sofort in meine sämtlichen Gebiete Eilboten, die eine neue Verfügung an meine Statthalter bringen sollten.

Ich befahl also, daß künftighin keine Ehe ohne die Zustimmung beider Parteien geschlossen werden dürfe. Um allen Erwachsenen zu ihrem Recht zu verhelfen, ließ ich ihnen sogar die Freiheit, unter den Stämmen verschiedener Abkunft zu wählen. Um endlich zu zeigen, daß mir diese Wünsche nicht mißfielen, erließ ich ein Gesetz, daß jeder Erwachsene, der seine Base aus erster Linie heiraten wollte, hierzu nur gegen Zahlung eines Lösegeldes an die Kirche die Erlaubnis bekäme. Endlich schuf ich noch ein ökumenisches Gesetz, das das Aufgebot vorschrieb. Ich befahl, daß alle Erwachsenen, bevor sie sich vermählten, acht Monate mit einem vom Vater ernannten Begleiter auf Reisen gehen mußten. Ebenso mußte die Einwilligung des Statthalters nachgesucht werden. Auf diese Weise konnten Mann und Frau erst im Alter von elf Jahren und drei Monaten die Ehe eingehen. So glaubte ich die Schönheit und Fruchtbarkeit meiner Nachkommen zu erhöhen, da tatsächlich die Paare im Alter von neun Jahren und fünf Monaten noch nicht genügend entwickelt waren.

Am zwanzigsten Tage meines Aufenthaltes in der Stadt ließen sich zu meiner Überraschung Cäsar und seine Frau bei mir melden. Cäsar sagte mir in wenigen Worten, daß er an der Spitze von sechs Senatoren käme, ohne zu wissen, was sie mir vorschlagen wollten. Der erste Weise der Republik habe ihn gebeten, diese Mission zu übernehmen, und es würde ihm eine besondere Ehre sein, zu den Friedensverhandlungen beitragen zu dürfen. Er sagte ferner, daß die Senatoren meine Antwort beim Gouverneur erwarteten. »Nach dem Essen will ich sie empfangen,« sagte ich zu meinem Sohne, »du sollst dabei sein, denn ich darf dich nicht wie einen einfachen Anführer behandeln!« –

Unter den sechs Senatoren erkannte ich die drei früheren und ebenso die Sekretäre. Ich ließ Cäsar an meiner Rechten Platz nehmen, da er älter war als Daniel. Einer der drei neuen Senatoren war der Sprecher. »Wir sind leider gezwungen zu melden, hochehrwürdiger Großherzog, daß wir den Krieg fortsetzen müssen, so sehr wir alle einen dauernden und guten Frieden wünschen. Der sehr geschätzte Statthalter, Euer Sohn, kann Euch die Versicherung geben, daß wir acht Konferenzen gehalten haben und erst in letzter Stunde zur Einigung gekommen sind, infolge der Widersetzlichkeit einiger Mitglieder, die weder Eure Tugend noch Eure Kraft kennen. Es handelt sich ja nicht um den Entschluß eines einzelnen Herrschers, sondern den einer Republik, die aus vielen gleichen Gliedern besteht, deren jedes das Recht hat, seine Ansicht zu äußern. Wir sind überzeugt, daß, wenn Ihr uns nicht wenigstens zwei Monate gewährt, wir alle Kraft und alle Mittel, die Gott uns verliehen, anwenden müssen, um uns gegen Euch zu wehren, wenngleich wir davon überzeugt sind, daß Eure Kraft uns in jeder Weise überlegen und wir die Opfer sein werden. Dann werden wir jedoch wenigstens als Herrscher sterben und die Zerstörung unserer Republik nicht einen Tag lang überleben. Bedenkt, hochwürdiger Herr und mächtiger Fürst, das Unglück, die Verluste, den Tod unzähliger Megamikren, den Ihr alsdann verschuldet. Verzweiflung und Rache würden uns zwingen, sämtliche Verbindungskanäle in unserem Staate abzusperren und die Hälfte unseres Reiches zu überschwemmen, um das Eure zu verwüsten. An diesem Zerstörungswerke würden 10 Millionen Bauern arbeiten, die Ihr daran nicht hindern könnt, trotz Eurer 100000 Riesen und des Nachschubs, den Ihr innerhalb von vier Jahren von Heliopalu kommen lassen könntet. Treibt es nicht zum Äußersten, sondern überlegt alles im allseitigen Interesse! Sind doch alle Herrscher verpflichtet, ihrer Macht gewisse Grenzen zu setzen. Wenn Ihr dennoch zu dem Entschluß gekommen sein solltet, uns alle zu vernichten, so beklaget hernach nicht Euren Sieg. Wäre es nicht besser, anstatt den Tod von 100000 Millionen Eurer Rasse zu verschulden, einen vollständigen Frieden zu schließen und einen Teil Eurer Rechte an Gott abzutreten? Ihr würdet damit ein Volk, das Gott unter Eure Macht gegeben hat, vor entsetzlichem Elend bewahren, das in seiner Unschuld nicht einmal die Ursache unseres Streites weiß. Überlegt Euch unseren Vorschlag in Ruhe. Inzwischen erbitten wir einen Waffenstillstand, damit die Feindseligkeiten während unserer Verhandlungen aufgehoben sind. Ernennt einen Bevollmächtigten, der in unserer Hauptstadt verweilen kann, um die Frist nach Möglichkeit abzukürzen.«

Hiermit überreichte er mir die schriftliche Urkunde. Unsere drei Frauen waren von dem Gehörten sehr gerührt und weinten heiße Tränen. Ich selbst war nicht weichherzig, trotzdem aber muß ich gestehen, daß die Schilderung der Schrecken der Zerstörung mir Furcht und Entsetzen einzuflößen begann... Ich überlegte nur eine Minute, dann schrieb ich als Antwort: »Ich gewähre den Waffenstillstand unter einer Bedingung, an der ich unbedingt festhalten muß. Die Republik soll verpflichtet sein, aus meinem Lehen die dahin entsandten 10000 Megamikren zurückzuziehen, dabei sollen nur solche Wagen mitgenommen werden, die für das Rüstzeug der Offiziere unbedingt erforderlich sind und sich einer Kontrolle unterwerfen. Ich bewillige der Republik zwei Wochen Bedenkzeit und bemerke gleich, daß ich keine Bedingung zu meinen Lasten annehmen werde. Um die Friedensverhandlungen zu erleichtern, steht der Republik in meiner eignen Person ein bevollmächtigter Unterhändler zur Verfügung; der Stadtpalast wird wohl groß genug sein, um meinen Hofstaat und meine Leibgarde von 500 Riesen darin unterzubringen.«

Nachdem ich den Senatoren diese kurze Antwort vorgelesen hatte, ließ ich Wohlgerüche herbeitragen. Der Minister sagte mir, er wolle jetzt abreisen, um in sieben Stunden in der Hauptstadt zu sein. Cäsar ging mit ihnen und ich gab ihnen bis zur Treppe das Geleit.

Zehn Tage später kam Cäsar mit zwei anderen Senatoren zurück, gefolgt von denselben Sekretären. Sie überbrachten mir ein Dekret des Senats, wonach der Waffenstillstand zu den von mir gestellten Bedingungen angenommen wurde. Ich unterzeichnete das Duplikat für die Gegenpartei und die Gesandten reisten wieder ab. Nur ein Sekretär blieb zurück, um mich in den für mich bestimmten Palast zu führen, falls der meinige nicht groß genug sein sollte. An Daniel erteilte ich den Befehl zum Ausmarsch für den folgenden Tag.

Beim Abschied äußerte der Sekretär den Wunsch, mir vier Worte im geheimen sagen zu dürfen. Ich antwortete, er solle mir die Worte ins Ohr flüstern und deutete dabei auf einen Tisch, den er besteigen solle. Darauf sprach er, ich könne in der Hauptstadt meinen Einzug mit fürstlichem Gefolge und mit meinen 500 Garden halten. Sein Befehl sei, mich bis zum Paläste zu geleiten, jedoch nicht mit einer ungeheuren Heeresmacht, der etwa Pulverdampf vorauszöge, der die Mauern der Stadt dem Erdboden gleich machen würde. Hierauf habe er am Vorabend nicht hingewiesen, da dies gegen seine Instruktion sei und er auch glaubte, mir mit dieser Voraussetzung Unrecht zu tun. Ich antwortete ihm, daß er mich beleidige, wenn er es nicht in Erwägung gezogen hätte, und ich im übrigen wenig nach seiner Zustimmung frage, sondern reiste, wie es mir beliebte. Er verabschiedete sich, um dem Senat diese Antwort zu bringen. Meine Absicht war jedoch, die Stadt ohne meinen Hofstaat nicht zu betreten.

Am vierten Tage hielt ich zwei Meilen vor der Stadt an und forderte 5000 Bauern auf, Zelte für mein Heer zu errichten. Ich befahl meinen Leuten, sich in jeder Beziehung wie friedliche Freunde aufzuführen und hatte eine Parade für den vierten Tag angesetzt. An Cäsar schrieb ich, er solle alle Edlen zu dieser Parade einladen und selbst mit den Ältesten seines Stammes als Zuschauer erscheinen. Ich ließ Tribünen errichten, auf denen mehr als 500000 Megamikren Platz fanden, ebenso Pavillons, wo unsere Frauen die Edlen empfingen. Nach der Parade ließ ich durch die Artillerie sämtliche Geschosse abfeuern. Dies ohrenbetäubende Geräusch ließ den Gästen die Haare zu Berge stehen. Zu dem prächtigen Schauspiel waren mehr als 1000 edle Mitglieder der Regierung anwesend, während ihre schönen Unzertrennlichen in den Pavillons durch reiche, farbige Megamikren bewirtet wurden.

Am folgenden Tage zog ich in die Stadt ein, begleitet von meinen Generälen und gefolgt von meinem Hofstaat, sowie meiner Garde und einer Dienerschaft von 2000 Megamikren. Ich ließ mich in dem von der Regierung mir angewiesenen großen und prächtigen Palaste nieder, wo ich lange Zeit nichts anderes zu tun hatte, als Besuche zu empfangen und den Stamm meines klugen Cäsars kennenzulernen, der aus 21095 Köpfen bestand.

Vier Wochen später erhielt ich aus meinem Lehen die Nachricht, daß die 100000 Megamikren, die die Häuser geplündert hatten, nackt und mit leeren Rucksäcken ausgezogen seien, dagegen befänden sich im Lehen meines lieben Herzogs noch 25000 Mann der Republik, welche die Zölle Daniels mit Beschlag belegt hätten. Man müsse jedoch Geduld haben und sie bis zum endgültigen Friedensschluß dort belassen. Als Vergeltung dafür hatte ich 16000 Riesen in der Republik stehen, war Herr über acht Städte, besaß die Bergfeste und stand mit meinem Heere vor den Toren der Hauptstadt. Ich befahl Theodor die Zurückberufung der 100000 Megamikren meines Milizheeres, die in den Feldern der Republik zurückgeblieben waren. Dies brachte mir den Dank des Senats ein, der mir zwei Abgesandte schickte. Das schmeichelte mir so, daß ich beschloß, mir jene zu noch größerem Danke zu verpflichten. Ich schrieb dem Herzog, er möge die ganze Gesandtschaft von zwölf Senatoren, die er damals ins Gefängnis werfen ließ, dem braven Albert überlassen. Daniel dagegen erteilte ich Befehl, jenem zu schreiben, mit den Gefangenen das Lehen zu verlassen und sie mir persönlich vorzustellen. Acht Tage darauf teilte mir ein Sekretär des Senats mit, daß die Besprechungen im großen Sitzungssaale stattfänden. Ich möge zu den Verhandlungen dort erscheinen in Begleitung von zwei Sekretären, jedoch ohne die schönen Unzertrennlichen, die laut gesetzlicher Bestimmung hierbei nicht zugelassen würden. Die erste Besprechung war auf den ersten Tag der letzten Woche des Monats angesetzt. Genau eine Woche zuvor erschien Albert bei mir in Begleitung von 100 Riesen seines Stammes. Bei ihm befanden sich die zwölf Senatoren mit ihren Unzertrennlichen und der Hofstaat. Um 4 Uhr wurden sie mir von Daniel vorgestellt; es war in dem Augenblick, als ich von einer großen Menge Edler umgeben war, die zum Frühstück eingeladen worden waren. Ich ordnete zuerst an, daß die Senatoren aus den Wagen stiegen, um mir vorgestellt zu werden. Dann empfing ich sie wie Fürsten und stellte sie sämtlichen Anwesenden vor. Nach dem Frühstück sprach ich laut und für alle vernehmlich zu ihnen, daß sie frei seien und zu ihren Familien zurückkehren dürften. Der Gesang, der den Tanz der Freigelassenen begleitete, als ich ihnen die Begnadigung verkündete, erhöhte meine Freude.

Am folgenden Tage ernannte ich Daniel und Albert zu meinen Sekretären bei der abzuhaltenden Konferenz und teilte dem Rat meinen Beschluß mit. Ich wußte wohl, daß ihnen Alberts Wahl mißfallen würde, da jener den Prinzen aus dem Gefängnis befreit hatte.

Bei der ersten Sitzung war ich sehr erstaunt, daß man ihr den Namen einer Besprechung gab, während alles wortlos vor sich ging. Ich sah mich im Kreise des Rates der Siebenzehn, in deren Mitte ihr Herzog thronte. Drei Rote saßen weiter unten an der großen Tafel, wo sämtliche Schreibutensilien standen, sowie sechs nicht vollkommen Rote, die bald standen, bald sich setzten und von einem Tisch zum andern gingen. Man wies mir den Platz an einem Tische an, meine Sekretäre saßen etwas weiter unten. Bei meinem Eintritt hoben die Siebenzehn kaum die Köpfe, um mir für meine tiefe Verbeugung zu danken.

Der erste, der das Schweigen unterbrach, war ein Sekretär, der mit lauter und klarer Stimme ein Schriftstück vorlas. Diese Vorlesung währte drei Stunden. Man sprach darin über die Geschichte des Feudalrechts, des Lehnsrechts, endlich über das Familienrecht. Danach kam die Geschichte des gegenwärtigen Krieges, der seinen Ursprung in der Vorstellung zweier Megamikren am Hofe des Vizeherzogs Eduard hatte, zur Sprache. Diese beiden Roten wären vom Herzog selbst als rechtmäßige Erben des Thrones bezeichnet worden. Man gab vor, den Beweis für die Unwahrheit hierfür erbringen zu können, da es unmöglich sei, ein legitimes Paar aufzuweisen, nachdem der Tod des Sohnes vom Minister erwiesen war, und der regierende Herzog selbst von dieser Tatsache überzeugt, die Bestimmung getroffen habe, daß nach seinem Tode sein Lehen mit allen Rechten an die Republik fallen sollte. Nach dieser Ausführung kam man auf die Begleiterscheinungen des Krieges zu sprechen und suchte ein schlechtes Licht auf die Art der Hilfe zu werfen, die die Riesen dem prinzlichen Paare geleistet hatten, und die jetzt die Republik dazu zwängen, ihre Ehre zu opfern, um zum Ruhme Gottes und zum Wohle der unschuldigen Untertanen einen guten Frieden zu schließen. Man schloß mit den Worten, daß der weise Ratschluß der Siebenzehn bestimmen würde, unter welchen Bedingungen dieser Frieden geschlossen werden sollte. Man hoffe dadurch, daß man diese Verhandlungen in Gegenwart dessen führte, der all dies veranlaßt hätte, jener bestimmt werden würde, den Beweis seiner Tugenden, seiner Frömmigkeit und seiner angeblichen Freundschaft für die Republik zu erbringen!«

Nach dieser Vorlesung legte ein anderer Sekretär ein Buch unserer Religion und eine Schwurformel vor, die er uns zu lesen gab. Hiernach war der Eid abzulegen, sämtliche Verhandlungen geheimzuhalten. Wir legten dies Gelübde ab, nachdem die Formel laut verlesen worden war.

Nach dieser Formalität legte er mir das Heft, aus dem er vorgelesen hatte, zur Unterschrift vor. Ich sah, daß kaum so viel Platz frei war, um meinen Namen hinzusetzen, und fragte ihn deshalb, wo ich unterschreiben sollte. Er meinte, es sei genügend Platz vorhanden, um meinen Namen zu schreiben. Dies genüge, denn die Unterschrift solle ja nur besagen, daß ich die Vorlesung mit angehört und alles verstanden hätte, was das Manifest enthielte. Ich entgegnete darauf, daß nach meinen Grundsätzen eine Unterschrift nur dann geleistet werden könnte, wenn Zustimmung und Genehmigung erfolge, dies sei aber in einigen Punkten meinerseits nicht der Fall, und daher müßten einige Berichtigungen, Einschränkungen und Abänderungen gemacht werden, die im übrigen kaum mehr als eine kleine Schriftseite beanspruchen würden. Er heftete darauf an das letzte Blatt eine Verlängerung, auf die ich folgendes schrieb. »Ich habe alles gehört und verstanden, was vorstehendes Manuskript enthält und unterschreibe es. Dagegen protestiere ich gegen die Unwahrheiten, die hier als wahre Tatsache hingestellt werden. Ich würde diese Lügen nur vor einem neutralen Schiedsgericht beweisen; bis dahin halte ich es für meine Pflicht, diese Kenntnis für mich zu behalten und mit Waffengewalt für den Schutz der Unschuld einzutreten. Indem ich so handele, fühle ich mich zum Vertreter des göttlichen Willens berufen, der mir die Macht verliehen hat, um Unrecht und Verbrechen zu bekämpfen.«

Mit lauter Stimme las ich dann das Geschriebene vor und gab das Heft dem Sekretär zurück, der es zitternd in Empfang nahm. Es entstand allgemeiner Aufruhr, eine Tür ward geöffnet und durch diese verließ ich mit meinen Kindern den Saal.

Cäsar begab sich nun zu mir und fragte, ob wir wohl auf Frieden hoffen dürften. Ich antwortete, ich hätte schwören müssen, nichts darüber zu äußern. Mein Sohn konnte sich nicht erwehren, zu lächeln und mir zu antworten, daß trotz des Eides am folgenden Tage die ganze Stadt es wissen würde. Tatsächlich kam er nach zwanzig Stunden wieder, um mir das zu verkünden, was ich geschworen hatte, niemand wissen zu lassen. Er sagte, ein grüner Megamikre, der öfters zu ihm käme und nichts von der Regierung halte, habe ihm anvertraut, was er auf öffentlichem Platze von verschiedenen Seiten gehört habe. Sein Gewährsmann, der Grüne und er selbst hatten kein Schwurgelübde abgelegt, daher glaubten sie, mit Recht sprechen zu dürfen.

Am Tage der Parade hatte ich die Bekanntschaft eines sehr liebenswürdigen Senators in mittleren Jahren gemacht. Er sprach ohne Rückhalt über alles, was ihm erlaubt schien, stets in einer vornehmen Art und gab auch den ernsten Dingen eine scherzhafte Färbung. Man sah ihn niemals mit seinem Unzertrennlichen, weil er ihn nicht liebte. Dies sprach er ganz freimütig aus und gab auch die Gründe an, die ihm das Leben erschwerten, wenn er ständig mit ihm zusammen sein sollte. Er hätte ihm gern große Fehler verziehen, aber die Lächerlichkeiten, womit jener ihn langweilte, konnte er ihm nicht verzeihen. So forderte jener beispielsweise besondere Aufmerksamkeit, weil er angeblich von etwas leuchtender roter Färbung sei, weil er die Ökonomielehre besser zu kennen vorgab, weil er behauptete, die erste kleine Untreue nur deshalb begangen zu haben, weil nach seiner Überzeugung der andere es zuerst gemacht habe. Er wollte als Weiser gelten, war ein ausgesprochener Egoist und all dies mußte dem liebenswürdigen Senator recht lästig fallen und seinen Stolz kränken, den er in seiner besseren Hälfte, die ihm durch Staat und Gewohnheit zuerteilt war, nicht wiederfand.

Der Senator bespöttelte die wichtige Miene, mit der andere seines Standes sich hervortun wollten; er selbst drängte sich nicht zu den Ämtern, die seinen Fähigkeiten gewiß ein reiches Feld erschlossen hätten, sondern verhielt sich ruhig. Allen, die seinen Weg kreuzten, begegnete er heiter. Sie wurden mit ausgesuchter Höflichkeit empfangen, wenn sie zu ihm kamen, und konnten den Geschmack und Kunstsinn der ganzen Einrichtung bewundern. Der Senator pflegte alle schönen Künste, hatte für alle Wissenschaften und Vergnügungen Verständnis, die mäßig genossen, zum Glück beitragen. Er war Präsident einer Akademie, die aus Auserwählten bestand, die man die »Eutrapelie« nannte. Niemand tat sich in diesem Kreise so hervor wie er. Er liebte Luxus und Pracht, wußte dabei aber maßzuhalten, denn er war nicht reich. Man bewunderte die Richtigkeit seiner Urteile, alles was er unternahm, war gut und grenzte ans Geniale. Dabei war er durchaus nicht prüde, sondern liebte die kleinen Frivolitäten, Witze und pikanten Histörchen, die zu des Lebens Würze beitragen. Fremdartige Sitten interessierten ihn ungemein. Daher wollte er von allen Megamikren Aufschluß über ihre Religionen und Gebräuche haben, um sein Wissen zu bereichern.

Dieser Mann, den ich soeben geschildert habe, wollte meine Bekanntschaft machen. Er begegnete mir mit soviel Hochachtung, daß es mir schwer fiel, ihn für einen Republikaner zu halten. Zu meinem Erstaunen begrüßte er mich auf englisch. Ich weiß nun, daß ein Megamikre nicht imstande ist, die Konsonanten auszusprechen, wie kam es, daß er es konnte? Äußerst überrascht antwortete ich ihm ebenfalls englisch, da er jedoch nicht folgen konnte, fing er an zu lachen, bat mich um Verzeihung und zeigte mir, daß er einen kleinen Kiesel im Munde hatte, ohne den es ihm nicht möglich gewesen wäre, die Worte zu formen. Die griechische Geschichte hatte er jedoch nicht gelesen, um diese Kunst von Demosthenes zu erlernen. Der liebenswürdige Megamikre gewann meine Freundschaft und ich forderte ihn auf, seine Mußestunden bei mir zu verbringen.

Davon machte er auch Gebrauch mit dem seltenen Talent, just die rechte Stunde zu wählen. Ich sah ihn fast jeden Tag. In dem Augenblick, als ich aus dem Munde Cäsars erfuhr, was in unserer sonderbaren Konferenz vor sich gegangen war, fand ich ihn bei meiner Frau, die die Geselligkeit sehr liebt. Lachend sagte ich ihm, daß der Friede gesichert scheine, obgleich man sich immerhin noch zweifelhaft zeigen müsse, da das Gelübde des Schweigens die ganze Angelegenheit im Dunkeln lasse. Ich fragte ihn darauf, ob es schon vorgekommen sei, daß man diesen Eid gebrochen habe.

»Das kommt oft vor,« erwiderte er; »wenn die Senatoren eine wichtige Sache besprechen, ohne auf die Gegenwart der Diener Rücksicht zu nehmen, die dann, ohne böse Absicht, dem erstbesten weitererzählen, was sie von ihren Herren gehört haben. Bald spricht dann die ganze Stadt davon. In die Geheimnisse der Siebzehn einzudringen ist dagegen schwerer, weil bei ihnen schärfere Satzungen gelten, bei den Senatoren ist es bedeutend leichter, weil diese nur den kleinen Eid abzulegen haben.«

»Der Unterschied zwischen einem kleinen und einem großen Eide erscheint mir etwas sonderbar,« bemerkte ich. »Habt ihr zwei Götter, einen großen und einen kleinen? Ich verstehe nicht, wie man beim Gelübde des Stillschweigens eine kleinere oder größere Verpflichtung des Einhaltens auf sich nehmen könnte.«

»Ihr habt recht,« erwiderte er, »aber trotzdem besteht nun einmal ein gewisser Unterschied in der Form. Das kleine, beispielsweise, ist gebräuchlich und die Macht des gewöhnlichen Empfindens ist geringer als die des außergewöhnlichen. Ein Gelübde ohne Racheschwur ist natürlich weniger wirkungsvoll als ein solcher mit. Das kleine Gelübde gilt für die Allgemeinheit, das große für jeden einzelnen, es bedroht ihn mit Todesstrafe und Einziehung seines Vermögens. Dies ist zwar schrecklich, aber es bewirkt wenigstens, daß jeder es als seine Pflicht ansieht, Schweigen zu bewahren. Im übrigen glaube ich, daß die, die die Geheimnisse des Senats ausplaudern, nicht die Senatoren selbst sind, sondern solche Leute, die ein feines Ohr besitzen und an den Türen des Saales horchen, wo wir mit lauter Stimme alle laufenden und wichtigen Angelegenheiten besprechen.«

Ich sagte ihm, die Klugheit müsse fordern, daß man mit leiser Stimme an Orten, die den Lauschern nicht zugänglich seien, Beratungen pflege.

Dies ginge in Staaten, wo der Beschluß von einem einzelnen abhänge, sei aber unmöglich in einer Republik durchzuführen, wo jedem das Recht der freien Meinungsäußerung zusteht. Ehrgeiz entspringt am seltensten dem Eifer für das Wohl des Vaterlandes, sondern mehr der Eigenliebe, die vom Ruhm des Sieges träumt. Dazu kommt, daß viele unter uns nur reden, um sich die Gelegenheit zum Sprechen nicht entgehen zu lassen, und daher stets die entgegengesetzte Meinung wie die andern haben. Für sie ist der Augenblick, sich einer Verfügung zu widersetzen, sobald sie sehen, daß der Senat sie anzunehmen entschlossen ist. Diese Oppositionspartei macht sich ein Vergnügen daraus, die Räte, die sie im Grunde verachtet, anzugreifen, auf der anderen Seite wollen sie sich als klug und auf das Volkswohl bedacht zeigen, um sich dadurch zu wichtigeren Ämtern vorzudrängen. Wir haben auch solche, die nur widersprechen, um den Beschluß zu verzögern und den Senat tagelang hinzuhalten. Ich hörte einmal jemand von dieser Gegensatzpartei sagen: »Ich kenne keineswegs, hochgeschätzter Rat, die Materie, die jene Ministerialvorlage zum Grunde hat, welche Eure Weisheit billigen soll, und ebensowenig wie ich kennt sie einer der Anwesenden. Aber es wird hierbei gehen wie mit allen Vorlagen, die auf Grund der Unkenntnis einfach angenommen werden. Gestattet mir deshalb, daß ich mich dem Beschluß widersetze, solange der Minister uns nicht völlige Klarheit über das Ganze gegeben hat, wehe ihm, wenn er selbst es nicht wissen sollte!« –

Weiter sagte der Schmäher nichts, aber man applaudierte seiner edlen Gesinnung. Hätte der Minister dies unbeachtet gelassen und ihm nicht geantwortet, so hätte er sicher die ganze Partei gegen sich gehabt, selbst wenn das Dekret die Abdankung des Senates betroffen hätte. Der Minister war somit zur Aufklärung gezwungen, hielt einen Vortrag von vier Stunden, aber ein anderer Gegner nach Art des ersten steht auf, weist alle Argumente zurück und schließt endlich mit den Worten: »Ich gestehe, daß der Minister die Behauptung, ich sei der Unwissendste aller Anwesenden, nicht aufrechterhalten kann. Da ich ihn aber gezwungen habe, seine Gründe darzulegen, hoffe ich, daß meine Ausführungen Euch gezeigt haben, welches Unglück dadurch verhütet wird, denn Ihr seid nur hier, um das zu tun, was alle Stimmen wollen, wenn sie von der Vorzüglichkeit des Vorschlages überzeugt sind. Deshalb solltet Ihr die Gegenpartei hochschätzen. Dankt Gott, daß die interessierte Partei ihr Stillschweigen nicht erkauft hat. Eure Minister verachten sie mit Recht, denn ohne sie könnten sie tun, was ihnen beliebte. Sie wären stets bei Euch in Gnaden, indem sie mit größter Geschicklichkeit die Angelegenheit beschleunigten, die Ihr Euch nun bequemen müßt, hier auf unbequemen Banken zu beraten!« –

»Mir scheint,« sprach ich darauf, »daß diese zweite Art viel anmaßender ist als die erste,« worauf er meinte, in einer Republik müßten alle Glieder die Freiheit haben, ihre Meinung zu äußern. Er versicherte mir, daß im Grunde genommen diese Opposition doch zweckmäßig sei, da sie dem Despotismus der Machthabenden Zügel anlege. Jedenfalls sei sie aber die Ursache, daß manche gute Sache unterbliebe oder zu spät geschehe. Damit sprach er eine Wahrheit aus, die aller Welt bekanntwerden müßte, daß nämlich das Regiment in einer Hand liegen muß, wenn es gute Früchte bringen soll.

Ich fragte ihn darauf, zu welchem Zwecke man mich mit dem Rate der Siebzehn verhandeln ließe, statt mit dem Senat. Er meinte, der Senat selbst müsse in wichtigen Sachen den Rat der Siebzehn befragen, um sich einerseits das Stillschweigen zu sichern, andererseits um darüber Gewißheit zu haben, daß binnen kurzem ein Entschluß gefaßt werde. Denn dieser Krieg, so schloß er, habe so vieles für und wider sich, daß sämtliche Mitglieder des Senats ihre Meinung dazu äußern mußten. Jedoch können zwanzig Jahre vergehen, ehe sie zu einem Beschluß kommen. »Alle Welt behauptet, Ihr hättet unrecht. Wenn schon die Verwicklung der betreffenden Angelegenheit ein öffentliches Geheimnis ist, so müssen unsere greisen Räte ebenso unterrichtet sein, wie Ihr. Unser Minister, der sich sechzig Jahre in dem Lehen aufgehalten hat und uns, da er alles weiß, jetzt nützlich sein könnte, ist leider plötzlich gestorben. Im übrigen hatte man ihn zu Beginn der Unruhen abberufen.« – »Ist er tot?« unterbrach ich seine Rede. »Ja,« antwortete er, »und die Reichsverweser, die vor dreißig und vierzig Jahren am Ruder waren, leben nicht mehr. Derjenige, der weiß oder wissen sollte, wie die Sachen stehen, befindet sich seit vier Jahren in den Gefilden des ewigen Friedens, wo man nicht wagen darf, ihn zu stören, wenngleich die Republik seinen Ausspruch nötig hätte, um nicht dem Untergange entgegenzugehen.«

Ich dachte darüber nach, daß es doch möglich sei, daß der gesamte Senat und sogar die Siebzehn den wahren Grund dieser Geschichte nicht kannten und mich deshalb mit Recht für gewalttätig und ungerecht halten mußten. Ich befragte ihn, ob die Reichsverweser wenigstens die Taten ihres abscheulichen Despotismus aufzeichneten. Er antwortete, das läge in ihrem Belieben. »Ich bin sicher,« fuhr er fort, »daß sie gegenwärtig Millionen dafür gäben, um zu erfahren, ob sie die beleidigende Antwort, die Ihr geschrieben habt, veröffentlichen dürfen.« – »Das dürfen sie!« entgegnete ich in einer plötzlichen Eingebung. Darauf umarmte er mich und ging fort.

Am folgenden Morgen um elf Uhr wurde ich durch einen seltsamen Anblick überrascht. Durch eine lebhafte Volksbewegung war ich aufmerksam geworden und forderte meine Frau auf, mir auf die Terrasse zu folgen, um zu schauen, was es gäbe. Gegenüber der großen Tür meines Palastes sahen wir inmitten des weiten Platzes einen Megamikren, künstlich buntgefärbt, erdrosselt und mit entstelltem Gesicht aufgehängt. Zu seinen Füßen stand die Inschrift, daß diese Strafe wegen Hochverrats über ihn verhängt worden sei.

Im ersten Augenblick waren wir alle sprachlos über dies außergewöhnliche Schauspiel und suchten vergeblich nach dem Grunde, weshalb man gerade diesen Ort dazu gewählt hatte. Inmitten der Menge erkannte ich meinen Sohn Cäsar und Tolomäus, die in ihrem Wagen unweit der Leiche hielten und mit zwei Roten zu Pferde sprachen. Nach einer halben Stunde ritten diese fort und Cäsar kam zu mir. »Was bedeutet dies alles?« war meine erste Frage. »Alle Welt sagt,« antwortete er, »daß es Euch oder den Siebzehn gelte, und diese Vermutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man den Platz berücksichtigt, den man zu dieser schrecklichen Schaustellung wählte. Es scheint, daß man besonders Euch damit einen Akt der höheren Gerichtsbarkeit vor Augen führen wollte.«

Wir stiegen herunter, und nachdem ich mehrere Briefe, die Familienangelegenheiten betrafen, durchgelesen hatte, erschien mein Freund, der liebenswürdige Senator, und forderte uns zum Essen auf. »Lasset einen schönen Megamikren Eurer Sippschaft holen,« bat ich ihn, »damit er neben Euch mit uns zu Mittag speise, denn die Riesen haben keine Brust für Euch und ihnen ist es auch untersagt, Nahrung von Euch zu nehmen.« – »Ich werde die meine einem bunten Feinschmecker anbieten,« sagte er, »welcher in meinen Diensten steht und die seine jedem beliebigen überläßt. Ich habe mich leicht dem Geschmack unserer vornehmsten Leckermäuler angepaßt, die die prächtigen Früchte den in Milch gesottenen Schlangen der Megamikren vorziehen, welche, obgleich ausgezeichnet, keinen anderen Vorzug haben, als den der Schale, aus der sie hervorgehen.« – »Was Ihr mir da sagt, freut mich sehr,« antwortete ich ihm, »tut ganz, was Euch beliebt.« – »Ich kann Euch sagen,« fuhr er fort, »daß ich die Satzungen der Religion schweigend respektiere und meine äußeren Handlungen nach den Vorbildern richte, die dafür maßgebend sind. Unser Bischof ißt ganz öffentlich Feigen. Wißt Ihr nicht, daß nach dem letzten großen Konzil und nach den Verfügungen, die Ihr vom großen Helion selbst überbracht habt, die Denkweise der Megamikren eine ganz andere geworden ist. Vermutet man doch, Ihr selbst seiet der Große Genius, ja, man behauptet, daß am Ende der 30 oder 40000 Jahre, die es Euch beliebte verborgen zu bleiben, Ihr die Absicht gehabt hättet, inmitten der Megamikren zu erscheinen mit einer geistigen Machtausrüstung, die nächst Gott Euch zu dem mächtigsten Wesen der Schöpfung erhoben habe.« Um das Gesprächsthema abzubrechen, warf ich dazwischen, daß die Kühnheit seines Bischofs mich in Erstaunen setzte und ich gern seine Bekanntschaft machen würde. Das wünscht er gerade, gab er mir zur Antwort, jedoch ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine gewisse Vorsicht Fremden gegenüber geboten. »Um diesen Vorzug ohne Furcht genießen zu können, will ich vorher die Erlaubnis der Konservatoren einholen, was wir sehr leicht erreichen werden. Denn sie wollen, wie ich glaube, Gewißheit haben, daß man mich nicht in den Rat der Siebzehn wähle.« – »Sollte ich am Ende der Grund sein, daß man Euch davon ausschließt,« fragte ich ihn, »das würde mir sehr leid tun, nachdem ich erfahren habe, daß die bedeutendsten Männer der Aristokratie diesem Rate angehören.« – »Und wenn er gar aus lauter Genies bestände,« antwortete er, »so würde ich doch alles tun, um nicht dazu zu gehören.« – »Wie? weshalb?« – »Nun, weil ich mir gelobt habe, während meines kurzen Lebens auch nicht das geringste meiner Vergnügen eitlem Ehrgeiz zu opfern. Man kann nur Mitglied des Rats sein, wenn man sich alle möglichen Beschränkungen auferlegt, deshalb halte ich es für närrisch, ihm beizutreten. Im übrigen hat man immer nur mit unangenehmen Dingen, Bestrafungen und dergleichen zu tun. Wenn ich auch das Verbrechen verabscheue, so habe ich doch durchaus nicht den Wunsch, den Henker zu spielen. Ich möchte viel lieber ein Amt haben, bei dem ich die wahren Verdienste kennenlernen und entsprechend belohnen dürfte. Doch das ist ein vergeblicher Wunsch, denn nirgends hat die Rechtslehre ein solches Amt vorgesehen, sie sagen, die brave Tat belohnt sich selbst, das ist schon wahr, aber würde eine derartige Einrichtung nicht noch mehr zur Tugend anspornen?« – »Aus welchem Grunde,« fragte ich, »wären die Siebzehn denn ungehalten, Euch zu ihrem Mitglied zu zählen.« – »Ich werde es Euch sagen«, entgegnete er, »und als aufrichtiger Philosoph fürchte ich nicht, von Euch geringer geschätzt zu werden. Man sagt von mir, ich besäße Geist, man weiß, daß ich studiert habe, man fürchtet, ich sei unternehmend und könnte vorteilhafte Neuerungen begünstigen, all dies ist jedoch den anderen unbequem. Sie haben eine hohe Stellung gewonnen, indem sie der Welt niemals Gelegenheit gaben, weder in Gutem noch in Schlechtem von ihnen zu sprechen. Sie haben niemals Reisen unternommen und verdammen alles Fremde. Nach außen tragen sie den Mantel der Sanftmut, wollen gern geistreich erscheinen, im Grunde sind sie aber ganz haltlos. Diese Leute haben noch eine andere Eigenschaft, die sie sehr empfehlenswert macht, sie sind nämlich von einer riesigen Sparsamkeit, wenn es sich darum handelt, Gelder für die öffentliche Wohlfahrt auszusetzen. Trotzdem sind diese Leute sehr geachtet, und wenn einmal ein Verdacht auf sie fallen sollte, so übergehen sie es mit stillschweigender Nichtachtung. Sie wissen sehr wohl, daß es im Charakter unseres Volkes liegt, nur die für schuldig zu halten, die sich verteidigen; im übrigen haben sie ein kurzes Gedächtnis und vergessen selbst unbestrafte Verbrechen schnell.«

Nach dieser Erörterung befragte ich ihn über die Bedeutung des auf dem Platze aufgehängten Megamikren. »Wie,« sagte er, »Ihr wißt nicht, was aller Welt bekannt ist? Obgleich man den Unglücklichen entstellt hat, weiß man dennoch, daß es einer der Drei ist, den Ihr am unteren Ende des Gerichtsrates der Siebzehn gesehen haben müßt.« »Und wodurch,« fragte ich weiter, »kann er den Staat verraten haben?« »Man nimmt an,« erwiderte er, »daß Eure Antwort daran schuld ist.« »Es ist doch unrecht,« bemerkte ich, »eine Hinrichtung auf eine Vermutung zu stützen, das kann es auch kaum sein, denn ein Verbrechen wird doch nicht in einem Tage abgeurteilt.« »O,« meinte er darauf, »in solchen Fällen geht der Strafe keine Anklage voraus, das kann später noch geschehen, für das Gericht genügt es, daß das Verbrechen augenscheinlich vorliegt.« »Ja, aber die Beweisführung kann doch erst durch die Anklage erbracht werden, und wenn das Urteil vorausgenommen wird, ist auch ein späterer Prozeß unnütz.« »Verzeihung,« unterbrach mich bescheiden der Senator, »aber das ist gar nicht so lächerlich. Der Richter will eben seinen Spruch vor sich selbst rechtfertigen, dies ist er der Gerechtigkeit und der abgeschiedenen Seele des Verstorbenen schuldig, denn durch Auslöschung seines Lebens ist die Schuld getilgt und der Schuldige wieder unschuldig geworden, wenngleich seine Nachkommen anders darüber denken sollten.« »Ist er denn ein Edler, daß Ihr von Nachkommen sprecht,« fragte ich. »Er ist Edler zweiter Gattung,« antwortete er, »denn er ist mattrot, wäre er ein Edler erster Gattung gewesen, so hätte er nicht so ohne weiteres abgeurteilt werden können.« Er gab mir dann noch weitere Erläuterungen hierzu, woraus ich ersah, daß alle unter einem despotischen Willen standen. »Es ist erwiesen,« meinte er endlich, »daß diese Einrichtung das ewige Fortbestehen unserer Herrschaft gewährleistet.« – »Ich wünsche es schon,« erwiderte ich darauf, »doch glaube ich in der Geometrie nicht genügend bewandert zu sein, um eine derartige Ausführung einleuchtend zu finden.«

Der vorsichtige und kluge Senator antwortete hierauf nicht und wir setzten uns an die Tafel, die für vierzehn Personen gedeckt war und an der er, Cäsar, Daniel, Tolomäus, Albert und ich mit meiner Frau und einem zehnjährigen Riesen, der seine Base geheiratet hatte, Platz nahmen. Den jungen Ehemann, der den Namen Leo trug, hatte ich zum Essen eingeladen, um ihm für ein englisches Gedicht, das er mir gewidmet hatte, zu danken. Seine Gefährtin war ihm ebenbürtig, sie hatte mehr Gefühl als Verstand und war eine Schönheit. Unser Senator war die Seele des Gastmahles. Er sagte der Jungvermählten, die meine Enkelin in vierter Generation war, die reizendsten Komplimente und brachte uns mit seinen Versuchen, englisch zu sprechen, in heiterste Laune. Während der ganzen Zeit, die ich in der Stadt weilte, ging mein Heer auf die Schlangenjagd. Daniel erzählte mir, daß die Riesen, die sie töteten, überall sehr gefeiert wurden.

Der liebenswürdige Senator war mir während der langweiligen Zeit, die ich in der Hauptstadt zubringen mußte, ein angenehmer Gesellschafter. Er gab uns häufig kleine Feste in einem kleinen Hause, das er als vorzüglicher Architekt selbst hatte bauen lassen. Er hatte es ganz nach seinem Geschmack ausgestattet, und wenn es auch nicht von Reichtum glänzte, so war es doch mit gutem Geschmack, sauber und mit allen Bequemlichkeiten eingerichtet. An seiner Tafel saßen stets zwei bis drei Megamikren aller Farben, deren Geist den der edelsten Roten überragte. Diese reizenden Geschöpfe hatten sich fast alle mit ihrem Unzertrennlichen entzweit.

Acht Tage vor Ablauf des Waffenstillstandes erschienen in feierlichem Aufzuge vor mir zwei Senatoren, um eine Verlängerung von sechs Monaten zu erbitten, was ich ihnen gewährte. In dieser Zeit hatte ich erfahren, daß der Staat eine Fünfzig-Millionen-Anleihe nötig hatte und der kleine Rat mit allen Mitteln darauf sann, wie diese Anleihe zu beschaffen sei. Unserem lieben Senator gegenüber tat ich die Äußerung, daß ich bereit wäre, der Republik diese fünfzig Millionen durch die Handelsgesellschaft zu leihen, wenn sie dem Stamme der Riesen zwei Landstriche in der Größe des von ihnen jetzt innegehabten überlassen und Cäsar das Prinzendiplom mit dem Erbfolgerecht verleihen wollten. Ferner müßten sämtliche Riesen volle Bewegungsfreiheit genießen und von der Regierung der Republik unabhängig sein. Ich sagte, daß, wenn die Regierung meinen Vorschlag billigte, ich mit keinem anderen als ihr unterhandeln würde.

Da mein Vorschlag ihm gefiel, erbat er ihn schriftlich und reiste dann ab.

Drei Tage vor Ablauf des Waffenstillstandes erklärte er mir, daß alles in Ordnung sei, wenn ich meine Zustimmung geben könnte, daß im Falle des Auslöschens von Cäsars Stamm die gesamte Herrschaft wieder an die Republik zurückfallen und damit als Lehen bezeichnet werden sollte. Ich hatte diese Schwierigkeit nicht vorausgesehen, stimmte jedoch zu, ohne mich eines Lächelns erwehren zu können. Am folgenden Morgen erschien unser Freund mit dem Großschatzmeister der Republik, zwei Senatoren und dem Großkanzler, sowie zwei Notaren, um die Unterschrift vollziehen zu lassen. Cäsar war anwesend und wurde feierlich mit Land und Titeln belehnt, während ich einen Wechsel über fünfzig Millionen ausstellte. Vier Tage später wurde ich zu einer weiteren Zusammenkunft eingeladen, wo ich sah, daß außer dem Herzog sämtliche Glieder des Rates neu gewählt waren. Man las mir einen Friedensvertrag vor und darin war nicht eine einzige Klausel, die meinen Absichten entsprochen hätte. Ich nahm eine Feder zur Hand, und da der Saal schlecht beleuchtet war, trug man zwei Phosphorfackeln herbei, während ich die Worte schrieb:

Der Friede kann einzig und allein unter folgenden Bedingungen geschlossen werden:

I. Die Republik hat dem Bischof Daniel seine Zölle wiederzugeben nebst allen Einkünften, die vor dem Einfall in seinem Besitz waren.

II. Die Republik hat aus dem Lehen ihre gesamten Truppen herauszuziehen und der Herzog wird gleichzeitig sämtliche Militär-Gefangenen freigeben. III. Sie wird in die Hauptstadt des Prinzen zwölf Senatoren entsenden, um durch sie das Paar als rechtmäßige Thronfolger mit dem Erbfolgerecht anerkennen zu lassen.

IV. Sie hat die Beschlagnahme sämtlicher Schiffe sowie der den Untertanen des Herzogs gehörenden Warenlager aufzuheben; sie hat diesen alles zurückzuerstatten, was ihnen vor dem Kriege gehörte, und ihre Privilegien zu bestätigen.

V. Die Truppen der Riesen sollen freien Ausgang aus den Staaten der Republik haben. Der allerchristlichste Vizeherzog der Riesen wird der Republik die Bergfeste zurückgeben mit allem, was darin war, als er sie in Besitz genommen, er wird die Truppen und Geschütze daraus zurückziehen, jedoch ist er nicht verpflichtet, die Türme neu aufzurichten. Der alte Gouverneur der Feste wird mit allen Rechten wieder eingesetzt werden.

Ein Schreiber des Rates las meine fünf Bedingungen, von denen Daniel die Kopie erhielt, mit lauter Stimme vor. Ich machte keine Schwierigkeit, eine dritte Verlängerung des Waffenstillstandes zu gewähren.

Eine Woche später wurde ein Platz im Rate der Siebzehn frei und ich erfuhr, daß der Senator, unser Freund, dafür gewählt worden sei. Er machte ein recht trauriges Gesicht, so daß ich mich enthielt, ihm zu der Ernennung zu beglückwünschen. Er sagte mir, es sei ihm vor allem betrübend, daß er während der Zeit, da dies Amt ihn in Anspruch nähme, uns nicht mehr aufsuchen könnte, worauf ich ihn bat, den Frieden zu beschleunigen, dessen Bedingungen er sehen würde. Darauf umarmten wir uns und er verließ uns.

Am ersten Tage des Jahres 79 veranstaltete ich den großen Tempeldienst ohne Eheschließungen, da ich den Termin zugunsten einer zweijährigen Reise für alle Erwachsenen hinausgeschoben hatte.

Mitte Juni wurde ich zu einer Besprechung eingeladen. Ich sah meinen Senator dort, der mich mit versteinerten Zügen betrachtete. Ein Sekretär verlas meinen Friedensvertrag, der mit keinem Worte abgeändert worden war. Der einzige Zusatz, den man gemacht hatte, und den ich nicht gut umgehen konnte, bestand darin, daß man forderte, daß die zwölf Senatoren samt dem neuen Minister das Thronfolgerpaar erst acht Monate nach Erfüllung sämtlicher im Vertrag gestellten Bedingungen als legitim anerkennen sollten. Die vertragschließenden Parteien hätten sich dabei zu verpflichten, diese Bedingungen innerhalb zweier Monate zu erfüllen. Darauf überreichte man mir den auf Pergament geschriebenen, mit allen erforderlichen Unterschriften versehenen Vertrag, sowie die Kopie der Vollmacht, die der Senat zwecks Friedensschluß dem Rate der Siebzehn erteilt hatte.


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