Marcus Tullius Cicero
Vom Schicksal
Marcus Tullius Cicero

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3. Wir erwägen hier * * wo in einigen (Fällen) dieser (Art) zwar, z. B. bei dem Dichter AntipaterAntipater war aus Sidon. Es scheint hier auf die sonderbare Eigenheit seiner Natur angespielt zu seyn, vermöge der er alle Jahre an seinem Geburtstage das Fieber gehabt haben soll., bei den am kürzesten Tage des Jahres Gebornen, bei den zugleich erkrankten BrüdernAugustinus (de Civ. Dei V, 2.) sagt: »Cicero erzählt, er habe bei Hippocrates gelesen, es seyen zwei Brüder zugleich erkrankt, ihre Krankheit zugleich gefährlich geworden, und beide wieder zugleich genesen. Daraus habe er geschlossen, sie seyen Zwillinge. Der Stoiker Posidonius aber, ein Astrolog, habe gesagt, sie seyen unter gleicher Constellation gezeugt und geboren worden. Wahrscheinlich hat Cicero alle hier berührten Fälle aus der in der Einleitung erwähnten Schrift des Posidonius genommen., bei'm Harn, bei den Nägeln, und sonst dergleichen Dingen, der Einfluß der Natur sich geltend 986 macht, den ich nicht bestreite, allein kein unwiderstehliches Walten des Schicksals; in andern aber kann Einiges zufällig seyn, wie bei jenem Schiffbrüchigen, wie bei Icadius, wie bei Daphitas.Von Daphitas, einem Grammatiker aus Telmessus, erzählt Suidas, er habe einmal das Delphische Orakel, um es zu verhöhnen, gefragt, ob er sein Pferd wieder finden werde, und die Antwort erhalten, er werde es bald finden. Da habe er denn das Orakel verspottet und ausgesagt, er habe nie ein Pferd gehabt, und nie eins verloren. Bald darauf aber habe ihn der König Attalus, der ihm wegen seiner boshaften Zunge feind war, ergreifen und von einem Berge, welcher Pferd (Hippos) hieß, herab stürzen lassen. Strabo (XIV. S. 958.) erzählt die Sache anders. Cicero aber spielt auf jene Sage an. S. auch Valer. Max. I, 8. ext. 8. Einiges scheint auch Posidonius (mein Lehrer mag mir Das nicht übel nehmen) erdichtet zu haben. Es ist wenigstens, meines Erachtens, abgeschmackt. Sage mir, z. B., wenn es dem Daphitas verhängt war, durch den Sturz von einem Pferde das Leben zu verlieren, mußte es dann von dem Pferde seyn, das, da es kein eigentliches Pferd war, einen uneigentlichen Namen hatte? Oder lautete die Warnung an den PhilippusAlexanders des Großen Vater. Das Orakel hatte ihn gewarnt, er soll sich vor einem Viergespann (άρμα) in Acht nehmen. Valer. Max. I, 8. 9. so: er sollte sich vor dem kleinen Viergespann auf dem Schwertgriffe in Acht nehmen? Als ob er durch den Schwertgriff getödtet worden wäre! Was liegt aber Bedeutendes darin, daß jener namenlose Schiffbrüchige (nachher) in einem Bache niedergefallen (und 987 ertrunken) ist? Wiewohl Jener schreibt, es sey gerade Diesem prophezeit worden, er werde im Wasser umkommen müssen. Ich, wahrlich, sehe nicht einmal bei dem Seeräuber Icadius ein bestimmtes [nothwendiges] Schicksal. Denn er schreibt nicht, es sey ihm voraus verkündigt worden. Was liegt denn also Wunderbares darin, daß von einer Höhle herab ihm ein Felsstück auf die Schienbeine gefallen ist? Ich glaube nämlich, es würde, falls auch Icadius nicht in der Höhle gewesen wäre, jenes Felsstück dennoch gefallen seyn.Von dem Räuber Icadius weiß man sonst Nichts, als was hier steht. Denn es gibt entweder gar nichts Zufälliges, oder gerade Das konnte sich durch Zufall ereignen. Ich frage also [und dieß ist eine weitumfassende (folgereiche) Frage], wenn es durchaus weder Namen, noch Wesen, noch Wirksamkeit des Schicksals gäbe, und entweder das Meiste oder Alles von Ungefähr, ohne Grund, durch Zufall geschähe: würde es sich anders ereignen, als es sich jetzt ereignet? Was braucht man also ein Schicksal (in den Lauf der Dinge) einzuzwängen, da ohne Schicksal sich die Verhältnisse aller Dinge auf die Natur oder das Glück beziehen lassen.Oder: sich alle Dinge als von der Natur oder dem Glücke abhängig denken lassen.


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