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Er wiederholt die oft verlachten Witze
Und bietet neuem Einwurf neu die Spitze
Indeß im Wortkampf stets er tiefer sinkt,
Und mit dem Streiter auch der Streit ertrinkt.
Cowper.
Da die Soldatenfrau auf ihrem Lager krank lag, befand sich, als Jasper zurückkehrte, nur Mabel Dunham in der äußern Kajüte, denn der Sergeant hatte ihm die Gunst widerfahren lassen, seinen ihm gebührenden Platz in diesem Theil des Schiffes einnehmen zu dürfen. Wir würden dem Charakter unserer Heldin zu viel Einfalt zuschreiben, wenn wir sagten, sie hätte gegen den jungen Mann in Folge seiner Verhaftung kein Mißtrauen gefühlt, zugleich aber auch der Wärme ihres Gefühls Unrecht thun, wenn wir nicht beifügten, daß dieses Mißtrauen nur unbedeutend und vorübergehend war. Als er jedoch seinen Sitz neben ihr einnahm und sein ganzes Gesicht die deutlichen Züge seiner Bekümmerniß über die Lage des Kutters trug, schwand jede Spur von Verdacht aus ihrer Seele, und sie erblickte in ihm nur den gekränkten Mann.
»Ihr nehmt Euch diese Sache zu sehr zu Herzen, Jasper!« sagte sie hastig mit jener Selbstvergessenheit, mit der die Jüngern ihres Geschlechts ihre Gefühle zu verrathen pflegen, wenn eine lebhafte und edle Theilnahme die Oberhand gewinnt, »Niemand, der Euch kennt, kann, oder wird an Eure Schuld glauben. Pfadfinder sagt, er stehe mit seinem Leben für Euch.«
»So betrachten Sie mich also nicht als einen Verräther, Mabel, wie dieß Ihr Vater zu thun scheint?« erwiederte der Jüngling mit glühenden Blicken.
»Mein lieber Vater ist ein Soldat, und muß als ein solcher handeln. Bei meines Vaters Tochter ist das nicht so, und ich will von Euch nicht anders denken, als ich von einem Manne denken muß, der mir bereits so viele Dienste erwiesen hat.«
»Mabel, ich bin nicht gewöhnt, mit Ihres Gleichen zu reden, oder Alles, was ich denke und fühle, auszusprechen. Ich habe nie eine Schwester gehabt, und meine Mutter starb als ich noch ein Kind war, so daß ich wenig davon weiß, was Ihr Geschlecht am liebsten hört «
Mabel hätte die ganze Welt darum geben mögen, wenn sie gewußt hätte, was dem kreisenden Worte, bei welchem Jasper stecken blieb, folgen sollte; aber das wachsame Gefühl weiblicher Schüchternheit, welches sich nicht beschreiben läßt, hieß sie ihre Neugierde unterdrücken. Sie erwartete daher schweigend die weitere Erklärung.
»Ich wollte sagen, Mabel,« fuhr der junge Mann nach einer Weile der peinlichsten Verlegenheit fort, »daß ich nicht an die Weise und die Ansichten von Ihres Gleichen gewohnt bin, und daß Sie sich Alles, was ich hinzufügen möchte, denken müssen.«
Es fehlte nun allerdings Mabel nicht an Einbildungskraft: aber es gibt Gedanken und Gefühle, welche das weibliche Geschlecht gerne ausgedrückt wissen möchte, ehe es seine eigenen Sympathien dagegen gibt, und sie hatte ein dunkles Vorgefühl, daß Jaspers Gedanken gerade in diese Reihe gehören dürften. Sie zog es deßhalb vor, mit der ihrem Geschlechte eigenthümlichen Gewandtheit dem Gespräche eine andere Wendung zu geben, als in dieser lästigen und unbefriedigenden Weise fortzufahren.
»Sagt mir nur Eines, Jasper, und ich werde zufrieden sein,« sagte sie mit einer Hastigkeit, welche nicht blos ihre Zuversicht zu sich selbst, sondern auch zu ihrem Gefährten bekundete: »habt Ihr keinen Anlaß zu dem grausamen Verdacht, der auf Euch lastet, gegeben?«
»Gewiß nicht, Mabel,« antwortete Jasper, und blickte ihr dabei mit einer Offenheit und Einfalt in das volle blaue Auge, daß dadurch auch ein tiefer haftender Argwohn hätte erschüttert werden mögen, »so wahr ich dereinst auf Gnade hoffe.«
»Ich wußte es ich hätte darauf schwören wollen,« erwiederte das Mädchen mit Wärme. »Und doch ist mein Vater ein wohlmeinender Mann. Aber laßt Euch diese Sache nicht beunruhigen, Jasper.«
»Ach, es gibt gegenwärtig so ganz andere Dinge, die mich beunruhigen, daß ich an diese kaum denke.«
»Jasper!«
»Ich möchte Sie nicht in Sorge bringen, Mabel: aber wenn nur ihr Onkel dahin zu bringen wäre, daß er seine Ansichten über die Handhabung des Scud änderte. Freilich ist er viel älter und erfahrener, als ich, so daß er vielleicht mit Recht mehr Vertrauen auf sein eigenes Urtheil, als auf das meinige, setzt.«
»Glaubt Ihr, der Kutter sei in Gefahr?« fragte Mabel mit Gedankenschnelle.
»Ich fürchte so, wenigstens würden ihn Alle von dem See für höchst gefährdet halten. Vielleicht stehen aber einem alten Seemann von dem Ocean besondere Mittel zu Gebote, um ihn zu retten.«
»Jasper, Alle stimmen darin überein, daß Ihr, was Eure Geschicklichkeit in Führung des Scud anbelangt, volles Vertrauen verdient. Ihr kennt den See und den Kutter, und müßt daher am Besten über unsere gegenwärtige Lage urtheilen können.«
»Vielleicht, Mabel, macht mich meine Besorgniß um Sie furchtsamer als gewöhnlich. Aber, um mich frei auszusprechen, ich kenne nur einen Weg, zu verhindern, daß der Scud nicht im Laufe der nächsten zwei oder drei Stunden scheitert, und Ihr Onkel weigert sich, diesen einzuschlagen. Doch vielleicht verstehe ich es nicht besser, denn er sagt, der Ontario sei nur Frischwasser.«
»Ihr glaubt doch nicht, daß dieses einen Unterschied mache? Denkt an meinen lieben Vater, Jasper! denkt an Euch selbst an Alle, deren Leben von einem Worte abhängt, welches Ihr zur rechten Zeit aussprecht.«
»Ich denke an Sie, Mabel, und das ist mehr, viel mehr als alles Andere zusammengenommen!« erwiederte der junge Mann mit einer Kraft des Ausdrucks und einem Ernst des Blicks, welche unendlich mehr sagten, als seine Worte.
Mabels Herz schlug heftig und ein Strahl zufriedenen Dankes leuchtete auf ihrem erröthenden Antlitz. Aber die Beunruhigung war zu lebhaft und ernst, als daß sie glücklichern Gedanken hätte Raum geben können. Sie versuchte es nicht, einen dankbaren Blick zu unterdrücken, dann kehrte sie aber schnell wieder zu dem Gefühle zurück, welches nunmehr natürlich die Oberhand gewann.
»Man darf nicht gestatten, daß meines Onkels Starrsinn Anlaß zu diesem Unglück gebe. Geht noch einmal auf das Verdeck, und ersucht meinen Vater, in die Kajüte zu kommen.«
Während der junge Mann dieser Bitte entsprach, horchte Mabel mit einer Furcht, die ihr bisher fremd geblieben war, auf das Heulen des Sturmes und das Schlagen der Wellen gegen den Kutter. Von Constitution ein wahrer Matrose, wie die Passagiere diejenigen zu nennen pflegen, welchen das Wasser nichts anhaben kann, hatte sie bisher nicht im Mindesten an eine Gefahr gedacht und die ganze Zeit, seit dem Beginne des Sturmes, mit weiblichen Beschäftigungen, wie sie ihre Lage gestattete, zugebracht: da aber nun ihre Besorgnisse ernstlich geweckt waren, so ermangelte sie nicht, sich zu erinnern, daß sie früher nie bei einem solchen Unwetter auf dem Wasser gewesen sei. Die paar Minuten, welche vergingen, bis der Sergeant erschien, däuchten ihr eine Stunde, und als er mit Jaspern die Leiter herunterstieg, wagte sie kaum Athem zu holen. Sie theilte ihrem Vater so schnell, als die Sprache ihren Gedanken folgen konnte, Jaspers Ansicht über ihre gemeinschaftliche Lage mit, und beschwor ihn, wenn er sie liebe, oder wenn ihm sein eigenes Leben und das seiner Leute theuer sei, gegen ihren Onkel Einrede zu thun, und ihn zu veranlassen, daß er die Führung des Kutters wieder in die Hände seines eigentlichen Befehlshabers abgebe.
»Jasper ist treu, Vater,« fügte sie mit Ernst hinzu, »und wenn er auch falsch wäre, so könnte er doch keinen Grund haben, uns, unter Gefährdung des Lebens Aller, wie auch seines eigenen, in diesem entfernten Theile des See's scheitern zu lassen. Ich setze mein Leben an seine Redlichkeit.«
»Ja, das ist wohl genug für ein in Furcht gesetztes Weib,« antwortete der phlegmatische Vater; »aber bei einem Manne, der das Kommando für einen Feldzug übernommen hat, möchte es weder klug, noch entschuldbar sein. Jasper denkt vielleicht, daß die Möglichkeit, bei einem Näherkommen an das Ufer zu ertrinken, durch die Möglichkeit, beim Landen zu entspringen, voll aufgewogen werde.«
»Sergeant Dunham!«
»Vater!«
Diese Ausrufe erklangen gleichzeitig, äußerten jedoch in ihrem Tone den Ausdruck verschiedener Gefühle. Bei Jasper trug er vorzugsweise das Gepräge der Ueberraschung, bei Mabel das des Tadels. Der alte Soldat war übrigens zu sehr gewohnt, seine Untergebenen ohne Umstände zu behandeln, als daß er hierauf geachtet hätte, und fuhr nach einer kleinen Weile des Nachdenkens, als ob nichts gesprochen worden wäre, fort:
»Auch ist Bruder Cap wahrscheinlich nicht der Mann, der sich am Bord eines Schiffes Belehrungen gefallen läßt.«
»Aber, Vater, wenn unser Aller Leben in der größten Gefahr ist?«
»Um so schlimmer. Ein Schiff bei gutem Wetter zu kommandiren, hat nicht viel auf sich, aber wenn es drunter und drüber geht, zeigt sich der gute Offizier in seinem wahren Lichte. Charles Cap wird wahrscheinlich schon deßhalb das Steuer nicht abgeben, weil das Schiff in Gefahr ist. Außerdem, Jasper, Eau-douce, sagt er, daß Euer Vorschlag gar verdächtig aussehe, und mehr nach Verrath, als nach Vernunft rieche.«
»Er mag so denken, aber laßt ihn nach dem Lootsen schicken und seine Meinung hören. Man weiß wohl, daß ich diesen Mann seit gestern Abend nicht mehr gesehen habe.«
»Das klingt vernünftig und der Versuch soll gemacht werden. Folgt mir auf das Verdeck, daß Alles ehrlich und über Bord hergehe.«
Jasper gehorchte, und Mabel nahm an der Sache so lebhaften Antheil, daß sie sich bis an die Kajütentreppe wagte, wo ihre Kleidung hinlänglich gegen die Macht des Windes und ihre Person gegen den Schaum der Wogen geschützt war. Ihre Bescheidenheit gestattete ihr nicht, weiter zu gehen, und so blieb sie hier, ein verborgener Zeuge dessen, was vorgehen sollte.
Der Lootse erschien bald, und der Blick der Beängstigung, welchen er auf die Umgebung warf, als er sich in der freien Luft befand, war nicht mißzuverstehen. Allerdings hatten auch schon einige Gerüchte über die Lage des Scud ihren Weg in den untern Raum gefunden; aber in dem gegenwärtigen Falle hatten sie, statt die Gefahr zu vergrößern, diese eher vermindert. Es wurde ihm gestattet, sich einige Minuten umzusehen, und dann die Frage vorgelegt, was er unter diesen Verhältnissen für das Klügste halte.
»Ich sehe kein Mittel, den Kutter zu retten, als ihn vor Anker zu bringen,« antwortete er einfach und ohne Zögern.
»Was? hier außen auf dem See?« fragte Cap, wie er es früher bei Jasper gethan hatte.
»Nein, weiter innen; gerade an der äußern Linie der Brandungen.«
Das Ergebniß dieser Besprechung ließ Cap keinen Zweifel, daß es zwischen Jasper und dem Lootsen im Geheimen abgekartet worden sei, den Scud zu Grunde zu richten, wobei sie wahrscheinlich zu entspringen hofften. In Folge dessen behandelte er die Ansicht des Letzteren mit derselben Gleichgültigkeit, welche er gegen die des Ersteren an den Tag gelegt hatte.
»Ich sage dir, Bruder Dunham,« erwiederte er auf die Einwendungen des Sergeanten, welcher ihn bat, gegen diese von Zweien ausgesprochene übereinstimmende Ansicht nicht taub zu bleiben, »daß kein ehrlicher Seemann eine solche Meinung aussprechen kann. An einem Legerwall in einer solchen Kühlte zu ankern, wäre eine Tollheit, die ich gegen keinen Assekuranten zu verantworten wüßte, so lange mir nur noch ein Fetzen Segel aufzusetzen bleibt. Der allertollste Unsinn wäre es aber, wenn ich dicht an den Brandungen vor Anker gehen wollte.«
»Ihre Majestät ist der Assekurant des Scud, Bruder, und ich bin für das Leben der meinem Kommando anvertrauten Leute verantwortlich. Diese Männer kennen den Ontario-See besser, als wir, und ich glaube, daß man ihrer übereinstimmenden Aussage einigen Glauben schenken sollte.«
»Onkel!« rief Mabel mit Ernst; aber eine Bewegung von Jasper veranlaßte das Mädchen, ihre Gefühle zurückzuhalten.
»Wir triften so schnell gegen die Brandungen ab,« sagte der junge Mann, »daß über diesen Gegenstand wenig mehr gesagt zu werden braucht. Eine halbe Stunde wird die Sache auf eine oder die andere Weise in's Reine bringen. Aber ich gebe Meister Cap zu bedenken, daß selbst der festeste Fuß keinen Augenblick auf dem Verdecke dieses niedrigen Fahrzeugs sich wird aufrecht erhalten können, wenn wir einmal in die Brandung eingetreten sind! Ich zweifle in der That keinen Augenblick, daß das Schiff sich füllen und sinken wird, ehe wir noch über die zweite Linie der Rollwogen wegkommen.«
»Und wie könnte uns da ein Ankern helfen?« fragte Cap wüthend, als ob ihm Jasper eben so verantwortlich für die Wirkungen des Sturmes, als für die gerade ausgesprochene Ansicht sei.
»Es würde wenigstens nicht schaden,« erwiederte Eau-douce, mit Sanftmuth. »Wenn wir den Schnabel des Kutters seewärts bringen, so werden wir die Abtrift vermindern; und sollten wir auch durch die Brandungen geschleppt werden, so wird es doch mit der möglichst geringen Gefahr geschehen. Ich hoffe, Meister Cap, Ihr werdet mir und dem Lootsen gestatten, wenigstens die Vorbereitungen zum Ankerwerfen zu treffen, da eine solche Vorsorge uns zu Gute kommen und in keinem Fall schaden kann.«
»Ueberholt Eure Taue, wenn Ihr wollt, und macht die Anker klar von ganzem Herzen. Wir sind nun einmal in einer Lage, daß an solchen Dingen nicht mehr viel liegt. Sergeant, auf ein Wort dahinten, wenn's gefällig ist.«
Cap führte seinen Schwager aus der Gehörweite, und öffnete ihm nun sein Herz über ihre wahre Lage mit mehr menschlichem Gefühl in seiner Stimme und seinen Geberden, als sich von ihm erwarten ließ.
»Das ist eine traurige Geschichte für die arme Mabel,« sagte er mit leichtem Beben und erweiterten Nüstern. »Du und ich, wir sind ein paar alte Gesellen und an die Nähe des Todes gewöhnt, wenn auch nicht an den Tod selbst. Unser Gewerbe hat uns für solche Scenen abgehärtet; aber die arme Mabel! Sie ist ein liebes und gutherziges Mädchen, und ich habe gehofft, sie anständig versorgt und als Mutter lieber Kinder zu sehen, ehe mein Stündlein kommt. Doch, es muß so auch recht sein! Wir müssen das Schlimme wie das Gute auf unsern Reisen hinnehmen, und der einzige ernstliche Kummer, den sich ein alter Seefahrer mit Recht über ein solches Ereigniß machen kann, ist, daß es auf diesem verdammten Fetzen Frischwasser stattfinden soll.«
Sergeant Dunham war ein wackerer Mann, und hatte seinen Muth unter Umständen erprobt, die noch weit hoffnungsloser schienen, als die gegenwärtigen. Aber bei solchen Gelegenheiten hatte er doch die Macht gehabt, seinen Feinden Widerstand zu leisten, während er hier von einem Gegner gedrängt wurde, zu dessen Bekämpfung ihm die Mittel fehlten. Er war weniger für sich, als für seine Tochter bekümmert; denn er fühlte etwas von dem Selbstvertrauen, welches ein Mann, der in der Blüthe der Kraft und Gesundheit steht und an persönliche Anstrengungen in Augenblicken der Gefahr gewöhnt ist, selten verläßt. Für Mabel sah er aber kein Mittel des Entkommens, und mit der Zärtlichkeit eines Vaters entschloß er sich, wenn ihr Untergang unvermeidlich sein sollte, zugleich mit ihr zu sterben.
»Glaubst du, daß es so kommen müsse?« fragte er Cap mit Festigkeit, aber mit tiefem Gefühle.
»Zwanzig Minuten werden uns in die Brandungen führen; und betrachte selbst, Sergeant, welche Wahrscheinlichkeit auch der kräftigste Mann unter uns haben kann, aus dem Kessel dort im Lee zu entrinnen.«
Der Anblick war in der That wenig geeignet, die Hoffnung zu ermuthigen. Mittlerweile war der Scud auf eine Meile in die Nähe des Ufers gekommen, auf welches der Sturm unter einem rechten Winkel mit einer Heftigkeit blies, daß an das Prangen eines weiten Segels, um vom Legerwall abzuarbeiten, nicht zu denken war. Der beigesetzte kleine Streifen des großen Segels, welches jedoch nur dazu diente, das Vordertheil des Scud dem Winde so nahe zu halten, daß die Wellen nicht über ihm zusammenbrachen, zitterte unter den Stößen des Sturmes, unter denen die starken Taue, welche die complicirte Maschine zusammenhielten, jeden Augenblick zu zerreißen drohten. Der Regen hatte nachgelassen; aber die Luft war hundert Fuß über der Oberfläche des See's mit blendendem Gischt erfüllt, der einem funkelnden Wasserstaube nicht unähnlich war, indeß über dem Ganzen die Sonne glorreich an dem wolkenlosen Himmel strahlte. Jasper bemerkte dieses Vorzeichen und erklärte, daß es ein schleuniges Ende des Sturmes bedeute, obgleich die nächsten paar Stunden über ihr Schicksal entscheiden müßten. Zwischen dem Kutter und dem Ufer war der Anblick noch wilder und niederschlagender.
Die Brandungen erstreckten sich fast auf eine halbe Meile in den See herein, indeß das Wasser innerhalb ihrer Linie wie weißer Schaum erschien, und die Luft über denselben so hoch mit Dunst und Gischt erfüllt war, daß man das jenseitige Land nur unbestimmt und wie einen Nebel erblicken konnte. Stets blieb aber seine steile Ansteigung eine ungewöhnliche Erscheinung an den Ufern des Ontario und der grüne Mantel des endlosen Waldes, womit er bedeckt war, zu erkennen.
Während der Sergeant und Cap stillschweigend auf dieses Schauspiel blickten, war Jasper mit seinen Leuten am Backbord beschäftigt. Der junge Mann hatte kaum die Erlaubniß erhalten, sein früheres Geschäft wieder aufzunehmen, so ließ er, da er einige Soldaten zur Handreichung aufgerufen hatte, seine fünf oder sechs Gehilfen antreten, und begann mit allem Ernste eine Vorrichtung auszuführen, welche nur zu lange schon verzögert worden war. Auf diesem schmalen Wasserbecken werden weder die Anker in Bord gestaut, noch die für den Dienst bestimmten Kabeln von den Ankerringen losgemacht, was Jasper einen großen Theil der Mühe, welche auf dem Meere nöthig gewesen wäre, ersparte. Der tägliche Anker und der Teuanker waren bald in dem Zustand, losgelassen zu werden, und der auf dem Deck befindliche Theil der Ankertaue überholt, worauf dann inne gehalten und nach weiterer Weisung umgesehen wurde. Bis jetzt hatte sich noch nichts zum Besseren gekehrt; aber der Kutter trieb langsam weiter, und man gewann mit jedem Augenblick mehr Gewißheit, daß man ihn nicht um einen Zoll weiter windwärts bringen könne.
Nach einem langen und ernsten Blick über den See gab Jasper neue Befehle, in einer Weise, welche bewies, wie dringend ihm der Augenblick vorkommen mochte. Zwei Wurfanker wurden auf das Verdeck gebracht, und die dicken Trosse daran befestigt; dann wurden die innern Enden der Trosse wieder um die Kronen der Anker geschlungen, und Alles bereit gehalten, um sie in dem geeigneten Augenblick über Bord zu werfen. Als Jasper mit diesen Vorbereitungen zu Ende war, beruhigte sich seine geschäftige Aufregung, obgleich in seinem Blicke noch die Sorge lagerte. Er verließ das Vorderkastell, wo die Wellen bei jeder Schwankung des Schiffes an Bord schlugen, und wo das eben erwähnte Geschäft unter häufigen Wassergüssen, welche die Arbeiter ganz überschütteten, vollführt worden war, und ging an einen trockenen Platz weiter hinten auf dem Verdeck. Hier traf er den Pfadfinder, welcher bei Mabel und dem Quartiermeister stand. Die meisten der an Bord befindlichen Personen, mit Ausnahme der bereits genannten, waren in dem untern Raume, und suchten theilweise Linderung ihrer körperlichen Leiden auf ihren Betten, während Andere allmälig mit ihrem Gewissen in's Reine zu kommen suchten. Es war wahrscheinlich das erste Mal, seit dieser Kiel in das klare Wasser des Ontario getaucht hatte, daß der Ton eines Gebetes am Borde des Scud gehört wurde.
»Jasper,« begann der freundlich gesinnte Wegweiser; »ich bin diesen Morgen zu Nichts nütze gewesen, denn meine Gaben sind auf einem solchem Schiffe, wie Ihr wißt, von geringem Belang. Wenn es aber Gott gefallen sollte, des Sergeanten Tochter lebend das Ufer erreichen zu lassen, so dürfte meine Bekanntschaft mit den Wäldern sie wohl glücklich wieder in die Garnison zurückbringen.«
»Es ist eine schreckliche Entfernung bis dahin, Pfadfinder!« entgegnete Mabel, denn die Gesellschaft stand so nahe bei einander, daß Alles, was irgend Einer sprach, auch von den Andern gehört werden konnte. »Ich fürchte, daß Niemand von uns das Fort lebend erreichen wird.«
»Es würde einen gefährlichen Marsch mit vielen Krümmungen abgeben, Mabel, obgleich einige Ihres Geschlechtes noch viel mehr in dieser Wildniß durchgemacht haben. Aber Jasper, Ihr oder ich, oder wir Beide müssen diesen Rindenkahn bemannen. Mabels Rettung ist nur dadurch möglich, daß wir sie auf diese Weise durch die Brandungen bringen.«
»Ich wollte gerne Alles thun, um Mabel zu retten,« erwiederte Jasper mit einem trüben Lächeln; »aber keine menschliche Hand, Pfadfinder, vermag den Kahn in einer solchen Kühlte durch jene Brandungen zu führen. Ich verspreche mir übrigens noch etwas vom Ankerwerfen, denn wir haben früher einmal den Scud in einer fast eben so großen Gefahr auf diese Weise gerettet.«
»Wenn wir ankern müssen,« fragte der Sergeant, »warum geschieht dieß nicht gleich jetzt? Jede Fußbreite, welche wir an der Abtrift verlieren, würde wahrscheinlich unsrem Fahrzeug vor dem Anker einen Spielraum geben, wenn er jetzt ausgeworfen würde.«
Jasper näherte sich dem Sergeanten, ergriff mit Ernst seine Hand und drückte sie auf eine Weise, welche ein tiefes, fast unwiderstehliches Gefühl verrieth.
»Sergeant Dunham,« sagte er feierlich »Ihr seid ein guter Mann, obgleich Ihr mich in dieser Angelegenheit sehr hart behandelt habt. Ihr liebt Eure Tochter?«
»Ihr könnt das nicht bezweifeln, Eau-douce,« antwortete der Sergeant mit tonloser Stimme.
»Wollt Ihr ihr wollt Ihr uns Allen das einzig wahrscheinliche Mittel, welches zur Rettung des Lebens noch übrig ist, zugestehen?«
»Was wollt Ihr von mir, Junge? Was soll ich thun? Ich habe bisher immer nach meiner Einsicht gehandelt, was verlangt Ihr aber jetzt von mir?«
»Unterstützt mich fünf Minuten gegen Meister Cap, und es wird Alles geschehen sein, was ein Mensch thun kann, um den Scud zu retten.«
Der Sergeant zögerte, denn er war zu sehr an die Disciplin gewöhnt, um regelmäßigen Befehlen entgegen zu handeln. Auch mißfiel ihm jeder Schein von Wankelmuth, und zudem hatte er eine große Achtung vor der Seemannskunst seines Verwandten. Während er so überlegte, kam Cap von seinem Platze, den er seit einiger Zeit an der Seite des Steuermanns eingenommen hatte, und näherte sich der Gesellschaft.
»Meister Eau-douce,« sagte er, als er nahe genug war, um verstanden zu werden; »ich komme, Euch zu fragen, ob Euch nicht in der Nähe ein Ort bekannt ist, wo man den Kutter an's Ufer bringen könnte. Der Zeitpunkt ist gekommen, welcher zu diesem schweren Entschluß drängt.«
Dieser Augenblick der Unentschlossenheit von Seite Caps sicherte Jaspers Sieg. Er sah den Sergeanten an, und ein Kopfnicken versicherte den jungen Mann, daß ihm in Allem willfahrt sei. Er zögerte daher nicht, die Minuten, welche so kostbar zu werden anfingen, zu benützen.
»Soll ich das Steuer nehmen,« fragte er Cap, »und sehen, ob wir einen Schlupfhafen, der dort im Lee liegt, erreichen können?«
»Macht es so, macht es so,« sagte der Andere mit einigem Räuspern, denn er fühlte das Gewicht der Verantwortlichkeit um so schwerer auf seiner Schulter lasten, da er sich seine Unwissenheit eingestehen mußte. »Macht es so, Eau-douce, denn, um von der Leber weg zu reden, ich sehe nicht ein, was man Besseres thun könnte. Wir müssen entweder an's Land kommen oder versinken.«
Jasper verlangte nicht weiter. Er eilte nach hinten und hatte bald die Speichen des Steuerrades in seinen Händen. Der Lootse war auf das Folgende vorbereitet, und auf einen Wink seines jungen Gebieters wurde der Fetzen Segel, welcher noch aufgesetzt war, gestrichen. In diesem Augenblick hob Jasper, der seine Zeit in Acht nahm, das Steuer. Der obere Theil eines Stagsegels wurde nach vorn gelöst, und der leichte Kutter fiel ab, als ob er es fühlte, daß er wieder unter der Leitung bekannter Hände sei, und lag bald in dem hohlen Raume zweier Wellen. Dieser gefährliche Augenblick ging glücklich vorüber, und im nächsten Moment flog das kleine Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit gegen die Brandungen nieder, daß man seine plötzliche Vernichtung besorgen mußte. Die Entfernungen waren nun so kurz geworden, daß fünf oder sechs Minuten für alle Wünsche Jaspers genügten, und als die Buge des Scud gegen den Wind aufkamen, was ungeachtet des tobenden Wassers mit der Anmuth einer Ente geschah, welche ihre Richtung auf einem spiegelglatten Teiche verändert ließ Jasper das Steuer wieder nieder. Ein Zeichen von ihm setzte Alles auf dem Backbord in Bewegung, und an jedem Bug wurde ein Wurfanker ausgeworfen. Die furchtbare Natur der Abtrift war nun sogar Mabels Augen anschaulich, denn die zwei dicken Trosse liefen aus wie Bugsiertaue. Sobald man an ihnen eine leichte Spannung gewahr wurde, ließ man beide Anker gehen und gab jedem eine Kabel fast bis zu den Betingschlagenden. Es war kein schwieriges Geschäft, den Gang eines so leichten Fahrzeugs mit einem ungewöhnlich guten Ankertauwerk zu hemmen; und in weniger als zehn Minuten von dem Augenblick an, wo Jasper das Steuer ergriffen hatte, lag der Scud, mit dem Schnabel seewärts, an zwei vorwärts gestreckten Kabeln wie zwischen zwei Eisenbalken vor Anker.
»Das ist nicht wohlgethan, Meister Jasper,« rief Cap mit Aerger, sobald er den Streich, welchen man ihm gespielt hatte, bemerkte. »Das ist nicht wohlgethan, Herr. Ich befehle Euch, zu kappen, und den Kutter ohne den geringsten Verzug an's Ufer zu führen.«
Es schien jedoch Niemand geneigt, diesem Befehle Folge zu leisten; denn die Rudermannschaft wollte, so lange Jasper das Kommando nicht abzugeben geneigt war, nur ihm gehorchen. Da nun Cap, welcher das Fahrzeug in der allergrößten Gefahr glaubte, sah, daß die Mannschaft unthätig blieb, so wendete er sich stolz gegen Jasper und erneuerte seine Gegenrede.
»Ihr seid nicht auf den angeblichen Schlupfhafen zugesteuert,« fuhr er fort, nachdem er einige Schmähworte, deren Anführung wir für unnöthig halten, ausgestoßen hatte, »sondern auf diesen Vorsprung, wo jede Seele an Bord hätte ersaufen müssen, wenn wir da das Land erreicht hätten.«
»Und Ihr wollt, daß man kappen solle, damit jede Seele an derselben Stelle an's Ufer geworfen werde?« erwiederte Jasper etwas sarkastisch.
»Werft am Schnabel ein Loth über Bord, und vergewissert die Abtrift,« brüllte Cap den vornstehenden Matrosen zu.
Ein Zeichen Jaspers unterstützte diesen Befehl, worauf augenblicklich Folge geleistet wurde. Alle auf dem Verdeck versammelten sich um die Stelle und achteten mit fast athemloser Theilnahme auf das Ergebniß dieses Versuchs. Das Blei war kaum auf dem Grunde, als sich die Leine nach vorn dehnte, und in ungefähr zwei Minuten sah man, daß der Kutter um seine Länge todt gegen den Vorsprung hin abgetriftet hatte. Jasper sah ernst aus, denn er wußte wohl, daß nichts das Schiff anhalten konnte, wenn es in den Strudel der Brandungen gelangt war, deren erste Linie ungefähr eine Kabelslänge gerade unter seinem Stern erschien und verschwand.
»Verräther!« schrie Cap, und schüttelte die Faust gegen den jungen Befehlshaber, wobei der ganze übrige Körper vor Wuth zitterte. »Ihr sollt mir mit Eurem Leben dafür einstehen!« fügte er nach einer kurzen Pause hinzu. »Wenn ich an der Spitze dieses Zuges stände, Sergeant, so ließe ich ihn an das Ende des großen Mastes hängen, damit der Milchbart nicht entwischte.«
»Mäßige deine Hitze, Bruder; ich bitte dich, sei ein wenig gelassener. Jasper scheint in der besten Absicht gehandelt zu haben, und die Sachen stehen vielleicht nicht so schlimm, als du glaubst.«
»Warum steuerte er nicht auf die Bucht zu, von der er gesprochen hat? Warum hat er uns hieher gebracht, todt windwärts von diesem Vorsprung, und auf einen Fleck, wo die Brandungen nur die Hälfte der gewöhnlichen Weite haben, als ob er sich nicht genug beeilen könne, um Alles an Bord zu ersäufen?«
»Ich lief, gerade weil an dieser Stelle die Brandungen so schmal sind, gegen das Vorgebirge,« antwortete Jasper sanft, obgleich ihm bei diesen Worten seines Gegners die Kehle schwoll.
»Wollt Ihr einem alten Seemann, wie ich bin, weiß machen, daß der Kutter sich in diesen Brandungen halten könne?«
»Nicht doch, Herr. Ich glaube, er würde sich füllen und sinken, wenn er in ihre erste Linie gelangte. Sicherlich würde er das Ufer nicht auf seinem Ziele erreichen, wenn er einmal drinnen wäre. Ich hoffe übrigens, ihn gegen alles Das klar zu halten.«
»Mit der Abtrift einer Schiffslänge in der Minute?«
»Die Anker haben noch nicht in den Grund gebissen. Auch hoffe ich nicht einmal, daß sie das Fahrzeug ganz anhalten können.«
»Auf was verlaßt Ihr Euch denn? Soll vielleicht Glaube, Hoffnung und Liebe das Fahrzeug vorn und hinten ankerfest machen?«
»Nein, Herr, ich verlasse mich auf den Unterschlepper. Ich hielt deßhalb auf das Vorgebirge ab, weil ich weiß, daß er an dieser Stelle stärker ist, als an andern Orten, und weil wir dadurch näher an das Land kommen, ohne in die Brandungen einzutreten.«
Jasper sprach diese Worte mit Kraft, ohne jedoch irgend eine Empfindlichkeit blicken zu lassen. Auch machten sie einen augenscheinlichen Eindruck auf Cap, bei welchem das Gefühl der Ueberraschung sichtlich die Oberhand gewann.
»Unterschlepper?« wiederholte er, »wer Teufel hat je gehört, daß ein Fahrzeug durch einen Unterschlepper vom Stranden abgehalten wurde?«
»Vielleicht kommt so Etwas auf dem Meere nie vor, Herr,« antwortete Jasper bescheiden; »aber wir wissen, daß es hier schon hin und wieder der Fall war.«
»Der Junge hat Recht, Bruder,« warf der Sergeant ein; »denn obgleich ich es nicht besonders verstehe, so habe ich doch die Schiffer auf diesem See oft von einem solchen Dinge reden hören. Wir werden wohl thun, Jaspern in dieser Klemme zu vertrauen.«
Cap brummte und fluchte, mußte sich aber doch zuletzt, wohl oder übel, zufrieden geben. Jasper gab nun auf die Frage, was er unter dem Unterschlepper verstehe, die gewünschte Erklärung. Das Wasser, welches durch den Sturm an das Ufer getrieben wurde, mußte nothwendig zur Herstellung seines Gleichgewichts auf geheimen Wegen wieder in die See zurückfließen. Dieses konnte auf der Oberfläche wegen des Sturms und der Wellen, welche es beständig landwärts drängten, nicht stattfinden, woraus denn nothwendig eine Art Ebbe in der Tiefe gebildet wurde, mittelst der das Wasser wieder in sein früheres Bette abfloß. Diese Tiefenströmung hatte den Namen Unterschlepper erhalten: und da sie nothwendig auf den Kiel eines Fahrzeugs, das so tief wie der Scud im Wasser ging, wirken mußte, so konnte Jasper wohl hoffen, daß diese Beihilfe das Zerreißen der Ankertaue verhindern werde. Mit einem Wort, die obere und die untere Strömung sollten wechselweise einander entgegenarbeiten.
So einfach und sinnreich übrigens diese Theorie war, so blieb doch noch wenig Anschein vorhanden, aus ihr praktischen Nutzen ziehen zu können. Die Abtrift machte fort, obgleich sie sich sichtlich verminderte, da die Ketschen und Trosse, mit welchen die Anker verkattet waren, sich aufspannten. Endlich gab der Mann am Blei den erfreulichen Bericht, daß die Anker nicht mehr weiter trieben und das Fahrzeug fest liege. In diesem Augenblick war die erste Linie der Brandungen noch ungefähr hundert Fuß von dem Sterne des Scud entfernt, und schien sogar noch näher zu kommen, wenn der Schaum verschwand und aus den tobenden Wogen zurückkehrte. Jasper eilte vorwärts, warf einen Blick über die Buge und lächelte triumphirend, als er auf die Kabeln zeigte. Statt wie früher die Starrheit von Eisenstangen zu zeigen, beugten sie sich nun abwärts, und ein Seemann konnte deutlich bemerken, daß der Kutter sich mit einer Leichtigkeit auf den Wellen hob und senkte, wie dieß auf einem Kanal zur Zeit der Ebbe und Fluth der Fall ist, wenn die Macht des Windes durch den Gegendruck des Wassers gemildert wird.
»'s ist der Unterschlepper!« rief Jasper voll Wonne, wobei er das Verdeck entlang gegen das Steuer flog, um es zu stellen und den Kutter noch leichter vor Anker zu legen. »Die Vorsehung hat uns gerade in seine Strömung gebracht, und wir haben keine weitere Gefahr zu befürchten.«
»Ja, ja, die Vorsehung ist ein guter Seemann,« grollte Cap, »und hilft oft dem Unwissenden aus der Noth. Unterschlepper oder Oberschlepper der Wind hat nachgelassen, und zu gutem Glück für uns Alle hat das Schiff zugleich einen ordentlichen Haltegrund gefunden. Ah, dieses verdammte Frischwasser hat eine ganz unnatürliche Art an sich.«
Der Mensch ist selten geneigt, mit dem Glücke zu hadern, während er gewöhnlich durch das Unglück vorlaut und zänkisch wird. Die Meisten am Bord glaubten, daß Jaspers Kenntnisse und Geschicklichkeit den Schiffbruch verhindert hätten, ohne Caps Gegenreden zu berücksichtigen, dessen Bemerkungen jetzt nur noch wenig beachtet wurden. Allerdings verging noch eine halbe Stunde der Ungewißheit und des Zweifels, während welcher das Blei die ängstlichste Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Dann aber bemächtigte sich ein Gefühl der Sicherheit aller Gemüther, und die Ermatteten gaben sich der Ruhe hin, ohne von dem drohenden Tode zu träumen.