Alphonse Daudet
Tartarin in den Alpen
Alphonse Daudet

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VII

Die Nächte in Tarascon. – Wo ist er? – Grosse Besorgniss. – Die Grillen auf den Promenadebäumen sehnen sich nach Tartarin. – Märtyrerthum eines grossen tarasconnesischen Heiligen. – Der Alpinenklub. – Was in der Apotheke auf dem kleinen Platze vorging. – Bézuquet, hilf!

«Ein Brief, Herr Bézuquet!... Er kommt aus der Schweiz!» rief der Briefträger fröhlich von der anderen Seite des Platzes herüber. Er schwenkte etwas in der Luft, und eilte.

Der Apotheker, der in Hemdärmeln vor seiner Thür Kühlung suchte, sprang auf, griff nach dem Brief mit zitternden Händen und brachte ihn in seine nach allerlei Elixiren und Kräutern duftende Höhle. Aber er öffnete ihn nicht, ehe nicht der Briefträger mit einem Glas von jenem köstlichen Cadaver-Syrup erfrischt und fortgegangen war.

Schon vierzehn Tage hatte Bézuquet auf diesen Brief aus der Schweiz gewartet, vierzehn angstvolle Tage hatte er darauf gepasst. Jetzt hatte er ihn. Und schon bei dem Anblick der kleinen, dicken und entschiedenen Handschrift auf der Adresse, des Poststempels «Interlaken» und des breiten violetten Stempels des «Hotel Jungfrau, Meyer–Müller, Eigenthümer» traten ihm die Thränen in die Augen und der schwere Schnurrbart des barbareskischen Korsaren erzitterte vor Rührung und innerer Ergriffenheit.

«Vertraulich. Nach dem Lesen zu zerreissen.»

Diese am Kopf der ersten Seite gross geschriebenen Worte hatten etwas von dem Telegrammstyl der Pharmacopöe «Zum äusseren Gebrauch. Vor der Anwendung zu schütteln.» Sie versetzten ihn in solche Verwirrung, dass er ganz laut las, so wie man in einem bösen Traum spricht:

«Was mir begegnet, ist schrecklich....»

Von dem Zimmer nebenan, wo sie ihr Schläfchen hielt, konnte Frau Bézuquet, die Mutter, ihn hören, aber auch der Lehrling, der hinten im Laboratorium mit regelmässigen Schlägen den Stössel in den marmornen Mörser stiess. Bézuquet las seinen Brief mit leiser Stimme weiter, fing ihn zwei- oder dreimal wieder von vorn an, wurde immer blässer und die Haare standen ihm buchstäblich zu Berge. Dann ein schneller Blick ringsherum und ritsch, ratsch, lag der Brief in tausend Stückchen im Papierkorb. Aber man könnte ihn hier finden, die kleinen Fetzen zusammenkleben, und während er sich bückt, um sie wieder herauszuholen, ruft eine meckernde Stimme:

«Vé, Ferdinand, du bist da?

– Ja, Mama...» antwortet der weichherzige, vor Angst schlotternde Korsar. Er liegt auf allen Vieren unter dem Schreibtisch.

«Was machst du da, Schatz?

– Ich mache... hé, ich mache die Mixtur für Fräulein Tournatoire.»

Die Mama schläft wieder ein, der Stössel des Lehrlings, der einen Augenblick geruht hat, beginnt wieder seinen Pendelschlag, der das Haus und den ganzen Platz davor unter der Mattigkeit des nun abgelaufenen heissen Sommertages in einen dumpfen Schlummer wiegt. Bézuquet geht jetzt mit grossen Schritten vor seinem Hause auf und ab, bald rosa, bald grün, je nachdem er vor der einen oder der andern seiner zwei grossen Flaschen vorüberkommt: «Unglücklich... verloren... verhängnissvolle Liebe... wie soll ich ihm helfen?» und trotz seiner Aufregung begleitet er den Zapfenstreich, der unter den Platanen der Promenade ausklingt, mit seinem gewohnten lustigen Pfeifen.

«Hé, grüss' Gott, Bézuquet!...» sagte ein eiliger Schatten in der aschgrauen Dämmerung.

«Wo gehen Sie denn hin, Pégoulade?

– In den Klub, pardi!... Nachtsitzung.... Es wird über Tartarin und das Präsidium verhandelt.... Sie müssen kommen.

– O gewiss, ich werde kommen...» antwortet sogleich der Apotheker, dem ein providentieller Gedanken durch den Kopf fährt. Er geht wieder in's Haus, zieht seinen Rock an, tastet in den Taschen, um sich zu vergewissern, dass er den Hausschlüssel und den amerikanischen Todtschläger bei sich hat, ohne welchen kein Tarasconnese nach dem Zapfenstreich aus dem Hause geht. Dann ruft er: «Pascalon... Pascalon! .» aber ja nicht zu laut, um seine alte Mutter nicht zu wecken.

Fast noch ein Kind und doch schon kahlköpfig, als ob seine sämmtlichen Haare in seinen krausen, blonden Bart übergegangen wären, hatte der Lehrling Pascalon die Seele eines Fanatikers, eine Stirn wie die Kuppel eines Doms, die Augen einer toll gewordenen Ziege und auf seinen Puppenwangen die zarten, goldigen, knusprigen Töne eines Pfefferkuchens von Beaucaire. An den grossen Alpinen-Festtagen vertraute ihm der Klub sein heiliges Banner an und der Jüngling widmete ihm eine wahnsinnige Verehrung; diese glich der brennenden Wachskerze, die bei der Osterfeier am Fusse des Altars in stiller Gluth sich verzehrt.

«Pascalon, sagte der Apotheker ganz leise und er bohrte ihm fast seinen Schnurrbart in's Ohr; ich habe Nachrichten von Tartarin.... Sie sind herzzerreissend....»

Er sah den Lehrling erbleichen.

«Muth, mein Junge, Alles kann wieder gut werden... Ich vertraue dir die Apotheke an.... Wenn man Arsenik von dir verlangt, gieb keines; Opium giebst du auch nicht, auch keinen Rhabarber... gieb nichts. Wenn ich um zehn Uhr nicht zu Haus bin, legst du dich zu Bett. Du schiebst die Bolzen in die Riegelstangen. Gute Nacht.»

Kühnen Schritts versenkte er sich in die dunkle Allee auf dem Stadtwall, ohne sich nur ein einziges Mal umzusehen, was Pascalon den Muth gab, sich auf den Papierkorb zu stürzen, ihn mit gierigen Händen zu durchwühlen, ihn endlich auf dem Ladentisch auszuleeren, um zu sehen, ob nicht etwa einige Stücke von dem mysteriösen Brief noch aufzufinden wären.

Wer die Ueberstiegenheit der Tarasconnesen kennt, kann sich eine Vorstellung von der Aufregung machen, die seit Tartarin's Abreise in der kleinen Stadt herrschte. Die ganze Einwohnerschaft war toll darüber geworden, was um so erklärlicher ist, als das Ereigniss in die Mitte August fiel und es unter der brennenden Sonne des Südens in den Köpfen kochte, als müssten die Hirndeckel in die Luft springen. Vom Morgen bis zum Abend wurde in der Stadt von nichts Anderem gesprochen, hörte man nur den einen Namen «Tartarin» auf den gekniffenen Lippen der Damen, die einen «Capot» auf dem Haupte trugen, wie auf dem rosigen Munde der Mädchen, die ihr Haar mit einem Sammetband zierten: «Tartarin... Tartarin...» und selbst auf den Platanen des Stadtwalls, auf welchen die Grillen bei dem ersten Sonnenstrahl sich hören liessen, vernahm man nur noch die zirpenden Laute: «Tar... tar...tar... tar... tar....»

Da Niemand etwas wusste, so war natürlich alle Welt gut unterrichtet und hatte für die Reise des Präsidenten eine Erklärung. Man hörte die absonderlichsten Dinge. Er war unter die Trappisten gegangen, er hatte eine schöne Schauspielerin entführt, er hatte eine überseeische Reise angetreten, um im Stillen Ocean eine Colonie mit dem Namen Port Tarascon zu gründen, oder auch, er befinde sich in Central-Afrika, um Livingstone aufzufinden.

«Warum nicht gar Livingstone!... Er ist ja schon zwei Jahre todt!...»

Ja, die tarasconnesische Phantasie kennt keine Grenzen von Zeit und Raum. Das Merkwürdige dabei ist, dass jene Geschichte von La Trappe, von einer anzulegenden Colonie, von weiten Reisen aus dem Kopfe Tartarin's, jenes wachen Träumers herrührten. Er hatte sie ehemals seinen Vertrauten mitgetheilt, die jetzt nicht wussten, was sie glauben sollten, im Grunde über ihr Nichtwissen sich herzlich ärgerten und sich nun gegenüber dem grossen Haufen den Schein der höchsten Verschwiegenheit gaben, sich einander auch verständnissvoll etwas in's Ohr zischelten. Excourbaniès hatte Bravida in Verdacht, eingeweiht zu sein; und Bravida sagte wieder: «Bézuquet muss Alles wissen. Er schielt nach rechts und links, wie ein Hund, der einen Knochen im Maule hat.»

In der That erlitt der Apotheker tausend Todesqualen an dem Geheimniss, das ihm wie ein Büsserhemd auf der Brust lag, ihn kitzelte, juckte, in derselben Minute zum Erbleichen und Erröthen und zu fortwährendem Schielen zwang. Man vergesse nicht, dass der Unglückliche in Tarascon daheim war, und frage sich dann, ob in der ganzen Märtyrergeschichte von einer so schrecklichen Qual die Rede ist, wie diejenige von Sanct Bézuquet, der etwas wusste, aber nichts sagen durfte.

Darum lag für ihn auch an jenem Abend trotz der erschütternden Nachrichten etwas unnennbar Erleichterndes, Freies in seinem Schritt, als er sich in den Klub begab. Endlich!... er durfte reden, sein Herz von der Last erleichtern, die es so lange bedrückte, und in der Hast, den Alp von sich zu wälzen, warf er im Vorbeigehen den Spaziergängern auf dem Stadtwall halbe Worte zu. Den Tag über war es so heiss gewesen, dass trotz der späten Stunde und der tiefen Finsterniss – acht Uhr «weniger ein Viertel» auf dem Zifferblatt am Gemeindehause – ein grosses Menschengewühl draussen war. Ganze Bürgerfamilien sassen auf den schmalen Bänken und schöpften frische Luft, während ihre Häuser in der Stadt Thüren und Fenster aufsperrten; auf dem breiten Mittelweg gingen Schaaren von Seidenzettlerinnen, fünf oder sechs Arm in Arm in einer Linie, die von ihrem Geschwätz und Gelächter in ewiger Wellenbewegung sich erhielt. In allen diesen Gruppen sprach man von Tartarin:

«Und nun, Herr Bézuquet, immer noch keinen Brief?

– Doch, doch, meine Kinder, doch.... Lesen Sie nur das Forum morgen früh...»

Er beflügelte seine Schritte, allein man folgte ihm, man hing sich an ihn und längs des ganzen Stadtwalls gab es einen Lärm und ein Getrappel wie von einer Schafheerde. Unter den weit geöffneten Fenstern des hell erleuchteten Klubs brach sich endlich das Geräusch.

Die Sitzungen fanden in dem alten Saal der Bouillotte statt, darin der mit grünem Tuch bedeckte Tisch jetzt als Schreibtisch diente. In der Mitte der Präsidentensessel mit dem gestickten P. C. A. auf der Rückenlehne; zur Seite, und wie dazu gehörig, der Stuhl des Schreibers. Hinter dem Präsidentensessel das entfaltete Banner über dem Panorama der Alpinen in Relief, mit den Namen und den Höhenangaben der Berge. Mit Elfenbein eingelegte Ehrenalpenstöcke, wie Billardstöcke in einer Pyramide zusammengestellt, zierten die Ecken des Saales; ein Glasschrank enthielt die Funde, die auf den Bergen gemacht worden waren: Kristalle, Feuersteine, Versteinerungen, zwei Meerigel, einen Salamander.

In Tartarin's Abwesenheit nahm Costecalde, strahlend in seiner Glorie, den Präsidentensessel ein. Der Stuhl war für Excourbaniès, für das Amt des Schreibers; aber der kraushaarige, dichtbebartete Teufel von einem Menschen konnte ohne Lärm und Bewegung nicht sein, was ihm seine «sitzende» Beschäftigung sehr erschwerte. Bei der nichtssagendsten Veranlassung erhob er die Arme, die Beine, stiess er ein fürchterliches Gebrüll oder ein wildes, sich überpurzelndes Gelächter aus, das stets mit dem grausigen Kriegsgeschrei in tarasconnesischem Dialekt schloss: «Fen dé brut!... machen wir Lärm....» Seiner metallenen Stimme wegen, bei deren brausendem Getön Einem um sein Trommelfell bang wurde, nannte man ihn das «Gong».

Da und dort sassen auf dem Rosshaar-Divan, der um den Saal herum lief, die Mitglieder des Comités.

In erster Linie der ehemalige Montur-Hauptmann Bravida, den Jedermann in Tarascon den Kommandanten nannte: ein ganz kleiner Mann, reinlich wie ein frisch geprägter Sou, der seine Knabengestalt dadurch zu verbessern suchte, dass er seinem mächtig beschnurrbarteten Kopf das wilde Aussehen des Vercingetorix gab.

Dann ein langes, eingefallenes, krankhaftes Gesicht. Es ist Pégoulade, der Steuereinnehmer, der letzte Schiffbrüchige der «Meduse». Seit Menschengedenken hat es in Tarascon stets einen letzten Schiffbrüchigen der «Meduse» gegeben. Zu einer gewissen Zeit gab es deren sogar drei, die sich gegenseitig als Betrüger verschrieen und nie dazu gebracht werden konnten, einmal zusammenzukommen. Von den Dreien war der allein echte Pégoulade. Er war mit seinen Eltern auf der «Meduse» eingeschifft; er hatte, sechs Monate alt, die Katastrophe mitgemacht, was ihn nicht hinderte, sie «als Augenzeuge» mit den kleinsten Nebenumständen, der Hungersnoth, den Kähnen, dem Floss zu schildern, und wie er den Kommandanten, der sich rettete, bei der Gurgel gefasst: «Auf deine Schiffswache, Elender!...» Und erst sechs Monate alt – outre!... Im Uebrigen tödtlich wirkend mit der ewigen Geschichte, die Jedermann seit den fünfzig Jahren, die er sie erzählte, auswendig wusste, und die er zum Vorwande nahm, um sich recht betrübt und lebensmüde zu stellen. «Nach dem, was ich erlebt habe!» pflegte er zu sagen, und er hatte sich gar nicht zu beklagen, denn dieser Geschichte verdankte er seinen Posten als Steuereinnehmer, und zwar unter jeder der wechselnden Regierungen.

Neben ihm die Brüder Rognonas, sechzigjährige Zwillinge, die sich nie verliessen, aber stets zankten und ungeheuerliche Dinge von einander sagten. Ihre Aehnlichkeit war so gross, dass ihre beiden regelmässigen, verwischten Greisenköpfe, die aus Antipathie stets sich abgewendet hatten, in einem Münzkabinet mit der Unterschrift IANVS BIFRONS hätte figuriren können.

Im Saale zerstreut, der Präsident Bédaride, der Rechtsagent Barjavel, der Notar Gambalalette und der fürchterliche Doctor Tournatoire, von welchem Bravida sagte, dass er sogar aus einer Rübe noch Blut geschröpft hätte.

Wegen der drückenden Hitze, die durch die Gasflammen noch verstärkt wurde, sassen die Herren in Hemdsärmeln da, was der Versammlung etwas von ihrer sonstigen Feierlichkeit raubte. Man war freilich nur in kleinem Comité und der schändliche Costecalde wollte die Gelegenheit benutzen, um den Tag der Wahlen, ohne die Rückkehr Tartarin's abzuwarten, möglichst nahe anzusetzen. Dieser Streich war vorbereitet, und er freute sich schon im Voraus seines Triumphes; als er nach Vorlesung der Tagesordnung sich erhob, um seine Intrigue in's Werk zu setzen, lag ein höllisches Lächeln auf seinen dünnen Lippen.

«Misstraue dem, welcher lacht, bevor er spricht», murmelte der weise Commandant vor sich hin.

Costecalde aber, ohne die geringste Scheu und seinem getreuen Tournatoire mit dem Auge zublinzelnd, begann mit galliger Stimme:

«Meine Herren, das unqualificirbare Benehmen unseres Präsidenten, die Unsicherheit, in der er uns gelassen....

– Das ist nicht wahr.... Der Präsident hat geschrieben....»

Bézuquet stand zornentflammt vor dem Bureau. Er begriff jedoch sofort das Unreglementarische in seiner Haltung, er schlug einen andern Ton an, und die Hand erhebend, wie es der Brauch forderte, bat er zu einer dringlichen Mittheilung um's Wort:

«Reden Sie, reden Sie!»

Costecalde wurde gelb vor Aerger. Der Hals war ihm wie zugeschnürt. Er gab ihm, mit dem Kopfe nickend, das Wort. Jetzt aber erst begann Bézuquet:

«Tartarin befindet sich am Fusse der Jungfrau.... Er ist im Begriff, sie zu besteigen.... Er verlangt das Banner!...»

Tiefe Stille. Man hörte nur noch den schweren Athem der erstaunten Clubisten und das Surren des Gases, dann mit einem Male ein brausendes Hurrah, ein Händeklatschen und Bravorufen, und über den Sturm hinweg noch das dröhnende Gong von Excourbaniès mit dem bekannten Kriegsgeschrei: «Ah! ah! ah! fen dé brut!» das in der draussen harrenden Menge ein vielfaches Echo fand.

Costecalde wurde immer gelber, voller Verzweiflung raste er mit der Präsidentenglocke. Endlich fuhr Bezuquet fort. Er prustete noch, als ob er fünf Stockwerke hinaufgestiegen wäre und wischte sich den Schweiss von der Stirn.

Und dies Banner, das ihr Präsident sich ausbat, um es auf dem Gipfel der Jungfrau aufzupflanzen, sollte man es nun zusammenrollen, einpacken, eine Schnur darum binden und es wie den ersten besten profanen Gegenstand zur Post geben!

«Niemals! ah! ah! ah!» brüllte Excourbaniès.

Wäre es nicht passender, eine Delegation zu ernennen, drei Mitglieder des Vorstandes durch das Loos zu ziehen?...

Man liess ihn kaum ausreden. Im Nu war der Antrag Bézuquet's durch lauten Zuruf angenommen und die Namen der drei Ehrenbegleiter des Banners wurden in folgender Ordnung ausgeloost: 1. Bravida, 2. Pégoulade, 3. der Apotheker.

Die Nummer 2 lehnte ab. Die grosse Reise bei der Schwäche und der schwankenden Gesundheit; denn seit dem Schiffbruch der «Meduse»....

«Ich werde für Sie reisen, Pégoulade...» krächzte Excourbaniès und alle seine Glieder waren dabei in Bewegung. Aber Bézuquet? Wie konnte er die Apotheke verlassen? Es ging ja um das Heil der ganzen Einwohnerschaft. Ein Versehen des Lehrlings und Tarascon ist vergiftet, decimirt.

«Outre!» rief der gesammte Vorstand und er erhob sich wie ein Mann.

Bézuquet konnte nicht reisen, das war klar, aber er sendet Pascalon an seiner Statt. Pascalon übernimmt die Sorge für das Banner. Und darauf hin ein neues Beifallsgetöse, eine neue Explosion des Gong, und von dem Stadtwall her ein so donnernder Zuruf des Volkes, dass Excourbaniès an's Fenster treten musste. Aber den ungeheuren Sturm beherrschte seine unvergleichliche Stimme;

«Meine Freunde, Tartarin ist wiedergefunden. Er steht auf dem Punkte, sich mit unsterblichem Ruhm zu bedecken!»

Ohne zu dieser schönen Rede etwas Anderes hinzuzufügen als den Ruf: «Es lebe Tartarin!» und aus vollem Halse sein Kriegsgeschrei in die Lüfte schmetternd, schwoll ihm jetzt das Herz vor Freude, als die begeisterte Menge unter den Bäumen des Stadtwalls mit dem Ausbruch eines nicht enden wollenden Jubelgetöns ihm antwortete, in ihrer fluthenden Bewegung ein ganzes Staubmeer aufrührte, und auf den Zweigen die todeserschrocknen Grillen wie am hellen Morgen ihre zirpenden Stimmen ertönen liessen.

Als Costecalde, der sich mit allen Andern einem Fenster genähert hatte, hievon Zeuge war, kehrte er schwankend zu seinem Sessel zurück.

«Seht dort den Costecalde, sagte Einer.... Was mag er nur haben?... Wie gelb er geworden ist!»

Man eilte auf ihn zu. Schon zog der fürchterliche Tournatoire sein Besteck, aber der Waffenschmied, dem sehr übel wurde, schnitt ihm ein fürchterliches Gesicht und murmelte ganz offenherzig vor sich hin:

«Nichts... nichts.... Lassen Sie mich in Ruh; ich weiss, was es ist..... der Neid ist es.»

Pécaïré! armer Costecalde. Er schien fürchterlich zu leiden.

Während dieses sich hier begab, war am andern Ende der Stadt, in der Apotheke auf dem kleinen Platze, der Lehrling Bézuquet's am Schreibtisch seines Principals damit beschäftigt, geduldig die von dem Apotheker im Papierkorb vergessenen Theile des Briefes an einander zu kleben. Viele Stücke entzogen sich jedoch diesem Wiederaufbau des Documents, denn er brachte nur folgendes sonderbare Räthsel zu Stande, das vor ihm ausgebreitet lag gleich einer Karte von Centralafrika. Hier eine weisse Stelle, dort eine andere als terra incognita, die von der glühenden Phantasie des naiven Bannerträgers jetzt bereist und erforscht werden sollte.

wahnsinnig verliebt                               affeemasch                 Büchsenfleisch von Chicago                         kann nicht losko                                 Nihilist                 zu Tode                 furchtbare Bedin                        als Gew         ihrer                         Sie kennen mich, Ferdi                 aber von da bis zum Zarenmor                                         ckliche Folgen                         Sibirien gehängt         Anbetung                 Ach!                         dlichen Händedruck                                 Tar         Tar


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