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Baden – Cumberland

Eine politische Hochzeitsgeschichte mit Schwierigkeiten.

Prinz Max von Baden tritt plötzlich in meinen dienstlichen und persönlichen Interessenkreis durch seine Absicht, die Tochter des Herzogs von Cumberland zu heiraten, und ich bin doppelt gespannt zu sehen, wie sich die komplizierte Frage lösen wird. Das heißt, wie ich sie lösen werde. Dem Prinzen bringe ich viel Sympathie entgegen.

Ich lernte ihn in Karlsruhe und Baden-Baden kennen. Er ist der Vetter meiner Freundin, der Kronprinzessin von Schweden, die ihn wie einen Bruder liebt – er ist der einzige Vetter den sie hat und dieser ist, da des Erbgroßherzogs Ehe kinderlos blieb, der einzige Erbe des Hauses Baden. Natürlich war meine Freundschaft mit der Kronprinzessin das Band, das sich nun auch zwischen dem Prinzen und mir knüpfte.

Die Schwierigkeit für des Prinzen Absicht lag in dem Umstand, daß sich das Haus Hannover seit 1866 immer noch im Kriegszustand mit Preußen befand! Wohl hatte die Zeit so weit glättend gewirkt, daß der Herzog von Cumberland bei einer Begegnung mit dem Kaiser in dem Palais des Erzherzogs Albrecht (als dieser alte Feind begraben werden sollte), die Höflichkeit zeigte, sich dem deutschen Kaiser – (ich will ausdrücklich sagen: nicht dem König von Preußen) – vorzustellen. Aber das bewies durchaus nicht soviel, wie der Kaiser glaubte – denn nach wie vor blieb der ganze Verwandten- und Freundeskreis der Cumberlands, das Haus Dänemark, England und Rußland (da die Schwester dieser Herrscherinnen die Herzogin ist), dem Hause Preußen feindlich. Es blieb also der Familienkreis bestehen, der seine politische Nahrung von der größten Feindin Preußens, der im vorigen Jahr verstorbenen Königin von Dänemark, geb. Prinzessin von Hessen erhielt: denn ihre Kinder waren der König von Dänemark, die Kaiserin von Rußland, die Prinzessin von Wales und die Herzogin von Cumberland.

Die Allgemeinheit pflegt über den Verlust von Ländern lediglich politisch zu denken, und ich habe niemals bis auf den heutigen Tag von Deutschen über die 1866 entthronten Familien von Hannover, Hessen und Nassau anders als giftig sprechen hören. »Das sind unsere Feinde«, heißt es. Ich möchte wohl wissen, was alle diejenigen, die gehässig über jene Familien reden, sagen und tun würden, wenn ein Stärkerer ihnen ihr Landgut, ihr Haus, auf dem sie und ihre Vorfahren durch Jahrhunderte saßen, fortgenommen hätte?

Jedenfalls bleibt es ein guter Charakterzug des Kaisers, eine Versöhnung mit den vom Schicksal schwer betroffenen Familien anbahnen zu wollen, und ich werde gern alles tun, um eine Ehe zwischen Prinz Max und der kleinen Cumberland zustande zu bringen, wenn ich ein Entgegenkommen von Cumberlands bemerken sollte. Davon ist jedoch bei der schroff ablehnenden Haltung des Herzogs in jeder politischen Frage, oder bei solchen, die auch nur einen politischen Beigeschmack haben, keine Rede. Eine Verbindung mit dem Preußen eng verbundenen Hause Baden, (der Großherzog stand 1866 mit Preußen gegen Hannover) trägt aber sogar einen starken politischen Anstrich, und große Vorsicht ist geboten, um nicht durch eine Ablehnung den Bruch zu vergrößern, statt ihn zu mildern.

 

Von Prinz Max von Baden.

Karlsruhe, 26. Oktober 1899.

Hochverehrter, lieber Graf! Empfangen Sie meinen besten Dank für Ihr freundliches Telegramm. Gern hätte ich Sie gebeten, mich bei sich zu empfangen, ich halte es aber unter den obwaltenden Umständen für geeigneter, Ihnen zuerst zu schreiben und Ihnen mit der Bitte um absolute Diskretion eine Frage vorzulegen.

Wenn ich auch nicht das Glück gehabt habe, oft mit Ihnen zusammenzutreffen, so glaube ich doch, daß wir uns besser kennen und verstehen, als manche, mit denen wir täglich zu tun haben. Und dann besteht ja ein Bindeglied zwischen uns, welches allein schon zu gegenseitigem Vertrauen rechtfertigt. Die Kronprinzessin von Schweden hat mir gesagt, wie freundschaftlich Sie Anteil genommen haben an meinen letzten Schicksalen, und wie Sie sich wohl gefreut haben, daß ich frei geworden bin von einer Schlimmes verheißenden Verbindung.

Um über eine neue mit Ihnen zu reden, komme ich heute zu Ihnen, sicher, bei Ihnen Verständnis zu finden für die Lage, in der ich mich befinde.

Von Tullgarn Sommersitz des schwedischen Kronprinzenpaares. kommend, habe ich mich einen Tag in Kopenhagen und vier Stunden in Bernsdorff aufgehalten. Dort traf ich die Familie des Herzogs von Cumberland, und eine seiner Töchter hat mir gut gefallen, wie mir überhaupt die dänische Familie, namentlich in den Kindern der Töchter des Königs sehr sympathisch ist.

Ich habe hiervon mit den großherzoglichen Herrschaften gesprochen, und diese sehen nur Schwierigkeiten, politische Verwicklungen und Nachteile für mich daraus. Der Großherzog geht so weit, einen solchen Schritt als Bruch meinerseits mit Sr. Majestät dem Kaiser zu charakterisieren.

Uber meine Gefühle diesem gegenüber brauche ich mich wohl nur auf unser letztes Gespräch zu berufen und füge hinzu, daß ich seitdem nur Gutes, weit über Verdienst – denn Liebe und Anhänglichkeit zählen nicht darunter – von ihm erfahren habe, und daß die Kette der Dankbarkeit, die mich an ihn fesselt, unzerreißbar geworden ist. Auch würde es meine erste Sorge sein, mit dem Kaiser über meine Absicht zu reden und mich seiner Unterstützung zu versichern. Treu kann ich ihm ja doch nur dienen und wertvoll ist ja meine Anhänglichkeit doch nur dann, wenn ich frei bin und frei erzählen kann.

Meine Bitte an Sie ist nun folgende: Würden Sie die große Güte haben mir zu schreiben, was Sie über die Möglichkeiten einer Verbindung mit dem hannöverschen Hause denken, welche Garantien in den Persönlichkeiten liegen, und ob Sie denken, daß ich den Kaiser freundlich zu stimmen vermag.

Ich kenne die Schwierigkeiten der Lage ziemlich vollständig, ich sehe aber auch die Möglichkeit versöhnlicherer Wirkung. Warum den alten Groll auf die junge Generation ausdehnen, warum nicht durch Verbindungen der Töchter in Deutschland weiteren Racheplänen der Welsen eine Berechtigung mehr entziehen, und das Haus Hannover auf diese Weise versöhnen. Wenn der Herzog sich entschließen könnte, erst eine seiner Töchter nach Deutschland zu verheiraten, so wäre der Weg zu einer Verständigung angebahnt und die persönliche Liebenswürdigkeit Sr. Majestät würde hierin der Hauptfaktor sein. Einer so bereiten, das Gute liebenden Natur, wie die unseres Kaisers ist, müßte eigentlich eine Versöhnung dieser Art lieb sein, denn die Härten des Jahres 1866 sind doch für den Sieger leichter zu vergessen als für den Vertriebenen und Entthronten. Das ist meine Möglichkeitsrechnung. Vielleicht rechne ich mit idealen Zahlen. Mich auf den rechten Weg zu führen, vertraue ich mich Ihnen an. Als Botschafter in Wien werden Sie die Persönlichkeiten und die bewegenden Faktoren kennen, als Freund des Kaisers wissen, ob Aussicht auf Erfolg vorhanden ist, und Ihr Wohlwollen für mich wird Ihnen sagen, ob Sie mir zureden oder abraten sollen.

Wenn ich mir überlege, ob ich Sie bitten sollte, mit Sr. Majestät von dieser Angelegenheit zu sprechen, so hält mich der Gedanke davon zurück, daß ich ihm am besten mein Vertrauen beweise, wenn ich zuerst und als Einzigster in dieser Sache das Wort ihm gegenüber ergreife. Ihre Orientierung wird mir aber vom höchsten Wert sein. Zu besonderem Dank würden Sie mich aber verpflichten, wenn es Ihnen möglich wäre, bald zu schreiben, da meine Entscheidungen über Reisen usw. davon abhängen, was Ihr Brief enthalten wird. Ich weiß, ich verlange sehr viel und muß mich wohl sehr auf die Kronprinzessin berufen, um mich zu entschuldigen.

Ihr geht es nicht gut. Sie leidet beständig am Arm, an der Gicht oder den Nerven, und ihre Stimmung ist die traurigste. Wer da helfen könnte?! Wir haben fast alle Ihre Lieder zusammen durchgenommen, und in den mir gänzlich unbekannten Weihnachtsliedern entdeckte ich zwei herrliche: »Jesaias« und »Die Heiligen Drei Könige«.

Doch nun zum Schluß. Ich weiß, ich verlange viel und nehme Ihre Güte ungebührend in Anspruch. Warum ich es zu tun wage, werden Sie besser fühlen, als ich es zu sagen vermag. Wie dem auch sein mag, ob etwas daraus wird oder nicht, Sie werden zu dem beigetragen haben, was man als mein Schicksal bezeichnen kann, und dieses muß sich ja erfüllen. »Was ist, muß sein, was wird, muß werden. – Ein jedes Ding hat seine Zeit. Und was Du wirkst auf dieser Erden – Das wirkst Du für die Ewigkeit«.

Leben Sie wohl, mein lieber Graf, und erhalten Sie mir Ihr freundliches Wohlwollen, wie ich es bisher empfunden habe, und seien Sie versichert der herzlichen Anhänglichkeit Ihres ganz ergebenen

(gez.) Prinz von Baden.

 

Notiz.

November 1899.

Nachdem Prinz Max – zu seinem Heil – der Großfürstin- Braut den Laufpaß gab, jammert das ganze Haus Baden in Todesangst, daß es erlöschen könnte. Prinz Max will unter dem Eindruck dieses Jammers (besonders seiner Mutter), schnell durch eine andere Verlobung das Unglück wieder gutmachen. Das ist unzweifelhaft »nett« von ihm. Da aber nach dem russischen Schrecken die Zukünftige 1. eine deutsche Prinzeß, 2. hübsch, 3. klug, 4. angenehm und 5. reich sein soll, so hat er kein leichtes Spiel. Da die sehr nette Prinzeß Feo – bei weitem die angenehmste Schwester der Kaiserin – keine Gnade vor seinen Augen gefunden hat, so ärgert sich der Kaiser über Prinz Max und erschwert diesem die Situation.

 

Aus einem Brief an den Kaiser.

Wien, 15. November 1899.

... Daß mein harmloser Freundschaftsbesuch in Baden Veranlassung zu einem Sturm in der Presse wurde, kennzeichnet zur Genüge die Torheit – auch die Boshaftigkeit – dieser Presse-Familie, die sich und andere mit Dreck bewirft, und deren Mitglieder alle unter einer Decke schlafen.

Zuvörderst fuhr ich von Berlin nach Köln, sprach dort auf dem Bahnhof meinen Rendanten aus Hertefeld, aß bei Fürst Hatzfeldts im Schloß Schönstein a. d. Sieg – einem merkwürdig interessanten, alten Räubernest – und langte dann in Baden an, wo ich im Schlosse abstieg. Die Herrschaften waren sehr munter und wirklich rührend gut für mich. Die Großherzogin von einer solchen Geschäftigkeit, daß sie mich während eines Vormittags, einmal im Parterre, einmal im zweiten, einmal im dritten Stock und einmal im Garten empfing. Der Großherzog in seinem langen, schwarzen, predigerartigen Zivilrock sah dazu noch ernster aus als gewöhnlich – und sprach deshalb vielleicht noch düsterer als sonst.

Ich war aber glücklich, die lieben, gütigen Herrschaften so wohl zu finden, die wahrhaftig ein leuchtendes Beispiel für Pflichterfüllung und Wohlwollen sind. Ich wünschte, daß andere Fürstenhäuser nach diesem Vorbild handelten, statt darüber zu spotten.

Prinz Max, der sehr offen mit mir ist, geht auf Freiers Füßen und will durchaus bald heiraten. Ich habe, was ich konnte, für Prinzessin Feo Die jüngste Schwester der Kaiserin, Feodora. Künstlerisch begabt und sehr liebenswürdig, doch etwas kränklich. gewirkt, aber wenn auch keine Ablehnung, doch vorläufig allerlei Überlegungen gefunden. Jedenfalls wird er demnächst einmal nach Dresden Die Mutter der Kaiserin wohnt in Dresden. fahren. Seine Mutter Geborene Leuchtenberg (Enkelin Kaiser Nikolaus I.) hatte eine Nichte, Großfürstin, für Max ausgesucht, die sich aber entschloß, die Verlobung aufzuheben. Er war klug genug sich zu sagen, daß man mit den Anschauungen einer sehr liebenswürdigen Großfürstin dennoch wohl kaum in einer Ehe glücklich sein kann. P. E. war noch ganz auseinander über das Scheitern der russischen Projekte und verhält sich gegenüber allen anderen Gedanken des Sohnes völlig passiv....

 

Von Prinz Max von Baden.

Karlsruhe, 25. Januar 1900.

... Ich bin vor Weihnachten in Berlin gewesen, habe Se. Majestät den Kaiser, den Reichskanzler und Bülow gesprochen und weiß das was man dort für möglich und wünschenswert hält. Ich bin mit meinem dortigen Aufenthalt und mit dem Ergebnis meiner Gespräche zufrieden, mehr hatte ich nicht zu erwarten gewagt, und das große Vertrauen, das man mir entgegenbrachte, hat mich überaus wohltuend berührt.

Andererseits ist auf meine durch die Großfürstin Constantin Geborene Prinzessin von Altenburg, eine reizende Frau. gestellte politische Anfrage Vorsichtiges Anklopfen bei Cumberlands. eine rein menschliche Antwort geworden, die darin gipfelt, daß es selbstverständlich sei, daß die Frau dem Manne folgt, wohin ihn seine Pflicht ruft, daß ferner eine deutsche Heirat als möglich und nur von einer Neigung abhängig angesehen werde. Mir genügt dies auch wieder, und ich fühle etwas wie Beschämung, daß die Antwort so menschlich klang und von Menschen kam, die wirklich so empfinden.

Hier glaube ich nun, genügte dieser Ton nicht. Drum will ich eben selbst sehen und urteilen, und dann kann die politische Frage von anderen gestellt werden. Dies ist die Lage.

Was das Persönliche betrifft, so brauche ich wohl nicht zu sagen, wie sehr es mich freut, Sie in Ihrem Heim wiederzusehen, und wie ich hoffe, eine oder die andere stille Stunde bei Ihnen verleben zu dürfen. Ich treffe Mittwoch früh ein und will im Hotel Imperial absteigen.

Da ich doch überall hingehen muß, wo Begegnungen D. h. mit Familie Cumberland. möglich sind, so werde ich eben offiziell auftreten müssen und mich beim Kaiser melden. Mein Wunsch wäre, eben nur das Nötigste mitzumachen und womöglich nicht jede Nacht bis zum frühen Morgen zu festen. Mit Ausnahme meiner Kusine Festetics Gräfin Tassilo F., Tochter des Herzogs von Hamilton. Ihre Mutter war eine Prinzessin von Baden. kenne ich nur die Kronprinzessin, Erzherzog Otto und Frau, Erzherzog Franz Ferdinand und Eugen und Erzherzogin Marie Therese.

Ich weiß, daß ich an Ihnen einen wohlwollenden und weisen Mentor haben werde, was mir das Gefühl angenehmer Sicherheit gewährt.

Das einzige, was meine jetzige Abreise trübt, ist der Umstand, daß ich die Kronprinzessin von Schweden verfehle, welche am 3. hier eintrifft. Sie hat Enormes geleistet, und ich bin überzeugt, daß ihre Überwindung gesegnet sein wird, denn sie hat sich durch ihr mütterliches Gefühl leiten lassen.

Und nun leben Sie wohl für heute und auf baldiges gutes Wiedersehen. Ich bleibe stets in herzlicher Verehrung

Ew. Durchlaucht treu ergebener

(gez.) Prinz Max.

 

Karlsruhe, 29. Januar 1900.

Verehrter, lieber Fürst! Das ist wirklich schade, daß Sie gerade in den ersten Tagen meines Wiener Aufenthaltes nicht da sind. Ich hoffe von Herzen, daß es kein schweres Leiden ist, das Sie verursacht, Ihre verehrte Mutter nach Meran zu begleiten, und wünsche von Herzen, daß ihr der Aufenthalt guttun möge.

Gesellige Verpflichtungen halten mich bis Mittwoch hier fest, an welchem Tage ich abreisen will, um am Donnerstag früh 6 Uhr 45 in Wien anzukommen.

Gern hätte ich meine Abreise Ihretwegen verschoben, aber da ich höre, daß am 6. ein Hofball ist, so möchte ich die Gelegenheit nicht versäumen, diesen mitzumachen. Sie würden mich daher zu großem Dank verpflichten, wenn Sie das Notwendige vorher mit Prinz Lichnowsky verabredeten, damit ich mich bei S. M. dem Kaiser melden könnte und die erforderlichen Besuche abmachte. Dies zeitraubende Geschäft wird meine ersten Tage in Anspruch nehmen. Da ich die Cumberlandschen Herrschaften schon kenne, denke ich, daß ich ihnen einfach meinen Besuch machen kann oder Karten in ihrer Abwesenheit hinterlassen.

Wenn Sie nicht andere Bestimmungen treffen, so werde ich die Uniform nur offiziell, sonst Zivil tragen.

Ich wäre sehr dankbar, wenn keiner Ihrer Herren sich inkommodierte, mich von der Bahn abzuholen. Die unhöflich frühe Stunde verbietet das schon von selbst. Ich bin begleitet von meinem Jugendfreund und jetzigen Ordonnanzoffizier Freiherrn von Holzing- Bergstätt, dem Sohn des Oberstallmeisters und der Oberhofmeisterin, und solcher Eltern wert.

Sollte es Ihre Abreise erlauben, würde ich sehr gern auf einen Augenblick zu Ihnen kommen und bitte, mir eine Weisung in das Hotel Imperial zukommen zu lassen.

Ich bedauere, der freundlichen Einladung mit Festetics nicht folgen zu können und möchte Ihnen für diese Liebenswürdigkeit besonders danken.

In freudiger Erwartung, Sie bald wiederzusehen, bin ich stets Ew. Durchlaucht herzlich ergebener

(gez.) Prinz Max.

Aus einem Brief an den Kaiser.

Wien, 17. Februar 1900.

... Einen anderen Schwärmer für Ew. Majestät sehe ich jetzt viel, den Prinzen Max von Baden. Er, der offen eingesteht, früher viel gegen Ew. Majestät gesprochen zu haben, ist ein tiefer und überzeugter Freund geworden, der nicht nur mir gegenüber, sondern überall für Ew. Majestät mit einer Herzenswärme eintritt, die mich geradezu beglückt.

Ich habe den Eindruck, daß er die älteste Tochter Cumberland heiraten wird und will mich angesichts der Wichtigkeit, einen Erben für die Krone Baden zu erhalten, nicht zu sehr in die mancherlei Schwierigkeiten versenken, die diese Allianz mit sich bringen wird. Wir haben diese Frage öfters erörtert. Nachdem ich im Herbst in Baden die politische Seite in krassesten Farben geschildert hatte (denn ich wünschte mir den Prinzen als Gatten der Prinzeß Feodora), so lasse ich jetzt angesichts einer Ehe im allgemeinen die Sache laufen. Die junge charmante Prinzessin aus dem Hause Hannover wird völlig korrekt gegenüber Berlin sein und jeglicher Intrige fern bleiben, dafür möchte ich einstehen. Cumberlands sind in ihrer Häuslichkeit wahrhaft vornehme und ruhige Leute.

Prinz Max hat allerdings allerhand Rosinen im Kopf in bezug auf Versöhnung mit Preußen, Verzicht usw. Dieser Optimismus dürfte sich legen. Eine Art Modus vivendi amicalis ist alles, was zu erwarten ist. Heute besuche ich einen Ball bei Cumberlands. Das ist ungefähr die einzige Berührung, welche die Botschaft hat....

 

An Graf Bülow.

Wien, 28. Februar 1900.

Liebster Bernhard, die Zeitungen sprechen von Besuchen Sr. Majestät in Wilhelmshaven usw. Da es mir daran liegt, den Inhalt dieser Zeilen möglichst bald an Se. Majestät gelangt zu sehen, schreibe ich an Dich mit der Bitte um Mitteilung bei nächster Gelegenheit.

Es handelt sich um Prinz Max von Baden, dessen Verlobung unmittelbar bevorstehend zu sein scheint. Du weißt, daß ich seinerzeit in Baden alle nur denkbaren Argumente gegen diese Heirat vorgebracht habe – nicht weil mir die Schwierigkeiten unüberwindlich erschienen, sondern weil ich wollte, daß mir Prinz Max, den ich sehr gern habe, bei einem etwaigen Festhalten an dem Plane nicht einst den Vorwurf machen könnte, ich hätte ihn nicht eindrucksvoll genug auf die tatsächliche Sachlage aufmerksam gemacht.

In dieser Weise habe ich auch hier weitergesprochen – angesichts des sichtlich zunehmenden Interesses an der charmanten Prinzessin. Nachdem nun bei den letzten Bällen Prinz Max vier Kotillons mit der Prinzessin getanzt hat und er mir versichert, daß er jeden Tag mehr den Eindruck gewinne, daß man mit der jungen Dame glücklich werden müsse, meine ich, daß der Entschluß zur Verlobung so gut wie gefaßt ist.

Gestern besprachen wir wieder eingehend die Lage der Dinge, und dabei wurde folgendes festgelegt: eine Ehe mit der Tochter Cumberland ist nur denkbar, wenn die Prinzessin fest entschlossen ist, absolut – auch in politischer Hinsicht – der Richtung des Prinzen zu folgen: wenn ein volles Einverständnis auch bezüglich der Beziehungen des Prinzen zu Sr. Majestät herrscht und jegliches Hervortreten in welfischem Sinne vermieden wird.

Ich habe dem Prinzen gesagt, daß, ehe seine Anfrage erfolgt, ich durch eine Mittelsperson diese politische Basis an den Herzog in seinem Namen gelangen lassen könne. (Durch den Statthalter Grafen Kielmannsegg, den ich intim kenne und durch den ich bisweilen schon Fragen, den Verkehr zwischen der Botschaft und Cumberlands betreffend, geordnet habe.)

Natürlich ist dem Prinzen die entstehende politische Lage nicht gemütlich. Großherzog und Großherzogin klagen in allen – ihnen ja sehr geläufigen – Trauertönen. Die Mutter hat die russische Braut noch nicht verschmerzt und hält sich völlig gleichgültig, der deutsche Botschafter – d. h. ich – nimmt eine Haltung voller Reserven ein – kurz, dem guten Prinzen hängt der Himmel nicht voller Geigen, sondern voller Baßposaunen. – Des Menschen Wille ist sein Himmelreich!

Nicht unerwähnt darf ich lassen, daß bei der häufigen Erörterung der Braunschweigischen Erbfrage – in der der Prinz gewisse Hoffnungen für eine schließliche Einigung der Cumberlands mit Preußen zu haben scheint – ich einen sehr ablehnenden Standpunkt eingenommen habe unter Hinweis auf die Notwendigkeit eines Verzichtes auf die Krone Hannover (woran Cumberlands nicht denken) und auf die tatsächlichen Schwierigkeiten für Preußen. Diese gipfeln darin, daß einerseits durch einen welfischen Herzog in Braunschweig die welfische Propaganda in dem nahen Hannover unbequeme Formen annehmen würde, andererseits die liebe Verwandtschaft in England trotz aller Loyalität des Herzogs, an der ich wahrhaftig nicht zweifle, festeren Fuß fassen würde, als uns das lieb sein könnte. Wir haben gerade genug unfreundliche Höfe in Deutschland.

Der Prinz versteht diesen Standpunkt durchaus. Aber er glaubt, verheiratet, in bezug auf den Verzicht gut wirken zu können, und hat allerdings dabei den Gedanken, daß sich nach einem Verzicht die Lage der Cumberlands bezüglich der Erbfolge in Braunschweig ändern müsse.

Er hat auch noch einen anderen Gedanken: die pekuniäre Lage, die sich für den Herrn Schwiegersohn sehr günstig bei einem solchen Verzicht gestalten würde. Natürlich sprach er dieses nicht aus.

Der Herzog hat mit ihm von seinem Verkehr mit den preußischen Beamten in Hannover gesprochen und dabei geäußert, daß er die Rücksicht und Höflichkeit derselben nur rühmen könne und nicht die geringste Klage habe. Dann ist die Frage des Verzichts gestreift worden. Der Herzog hat dabei bemerkt, daß die Krone Preußen für diesen Fall eine Anzahl von Millionen herauszahlen werde, was natürlich nicht bestimmend auf seine Entschlüsse im Hinblick auf den Verzicht sein könne – im Gegenteil. Prinz Max hat erwidert er begriffe, daß der Herzog, ebenso wie Kaiser Wilhelm, Träger der Geschichte seines Hauses bleiben müsse.

Ich habe vermieden – und werde natürlich weiter vermeiden – jemals mit dem Herzog dieses heikle Thema zu berühren, obgleich er mich und meine Frau mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt, wo wir uns treffen.

Die beiliegende Notiz (Prinz Max von Baden.) Auch in Gmunden, dem ständigen Sitze der Herzoglich-Cumberlandschen Familie zirkulieren Gerüchte über eine bevorstehende Verlobung des gegenwärtig in Wien weilenden Prinz Max von Baden mit der ältesten Tochter Marie Louise des Herzogs von Cumberland. Unterstützt werden diese Gerüchte durch die gleichfalls auftauchende Meldung, daß der deutsche Botschafter Fürst Eulenburg in den letzten Tagen häufig im Penzinger Schlosse der Familie Cumberland verkehrt habe. aus der »Neuen Freien Presse« ist natürlich unwahr. Ich war mit Frau und Töchtern und den Herren der Botschaft (natürlich in Zivil) zum Ball. Damit ist mein Verkehr wohl abgeschlossen. Falls ich noch später einen großen » rout« oder im Frühling einen Ball gebe, so werde ich Cumberlands dazu einladen.

Ich bitte Dich nun, falls Se. Majestät oder Du noch etwa Wünsche in der Frage der Verlobung hätten, mir telegraphisch dieselben zugehen zu lassen, denn Freitag ist der Prinz bei mir, und ich vermute, daß er bis dahin ziemlich entschlußreif sein wird. Erhalte ich keine Nachricht, so nehme ich an, daß Se. Majestät mit meiner Haltung einverstanden ist und den guten Prinzen in die Arme der wirklich charmanten Prinzessin laufen lassen will....

 

Von Prinz Max von Baden.

(Notiz) Wien, 3. März 1900.

Freundlichstes persönliches Entgegenkommen des Herzogs von C., bei absolut unbeeinflußter Wahlfreiheit der Tochter, die nichts weiß.

Politisch verweist er den Großherzog auf den Brief mit Promemoria, den er bei Regelung des Welfenfonds nach Berlin schrieb, wo stehen soll, daß er nichts gegen den preußischen Staat unternehmen werde.

Besuch in Berlin für Tochter selbstverständlich, als Garnisonstadt anfänglich nicht erwünscht, aber Tochter anheimstellen.

Selbstverständlich ist, daß ich in Braunschweig-Hannoverscher Frage meiner Pflicht folgen soll, stets unbeeinflußt. Gesamtresultat also wohl gut. Auf morgen Wiedersehen. Herzlich grüßend dankbarst Ihr

(gez.) Prinz Max.

 

Von Graf Bülow. (Telegramm in Ziffern.)

Privat. Berlin, 3. März 1900.

Besten Dank für interessanten Brief. Hinsichtlich der Heiratsangelegenheit Baden – Cumberland betonte unser allergnädigster Herr, daß er festhalten müsse an seinem von Anfang an eingenommenen Standpunkt, nämlich, daß die Prinzessin unter entschiedener Abwendung von allen welfischen Velleitäten auch hinsichtlich

Braunschweig sich voll und ganz auf den Standpunkt des neuen Reiches, der Integrität der preußischen Monarchie wie der persönlichen Beziehungen des Prinzen zum Kaiser stellen müsse. Herzlichen Gruß

(gez.) Bülow.

 

Von Admiral von Eisendecher (Preuß. Gesandter in Baden).

Karlsruhe, 5. März 1900.

Die Angelegenheit des Prinzen Max v. B. beschäftigt hier die Gemüter natürlich sehr. Alles, was man von der jungen Prinzessin und deren Familie hört, klingt außerordentlich günstig. Wenn in persönlicher Beziehung alles stimmt, wäre es sehr bedauerlich, falls die Sache an politischen Bedenken scheitern sollte. Bei den hiesigen Herrschaften stehen solche Bedenken anscheinend immer noch im Vordergrunde, während die Prinzessin Wilhelm in dieser Richtung kaum Besorgnisse hegt. Das mir in engstem Vertrauen mitgeteilte Gerücht, nach welchem die Absicht bestehen soll, vor einer eventuellen Heirat den Herzog zu gewissen schriftlichen Erklärungen oder Versprechungen zu veranlassen, kann ich nicht glauben. Es wäre das meines Erachtens für den Prinzen eine höchst fatale Verlegenheit. Wenn die Prinzessin ja sagt und der Vater zustimmt, so sind damit, meine ich, die nötigen Garantien gegeben, denn beiden können die Voraussetzungen und Konsequenzen der Verbindung nicht verborgen sein.

Es würde mich im höchsten Grade interessieren, zu hören, wie Sie jetzt nach Ihren persönlichen Eindrücken über die Angelegenheit denken, vielleicht finden Sie Zeit zu einer kurzen Antwort, für die ich Ihnen aufrichtig dankbar wäre.

Sie wissen, der Prinz steht mir als wirklicher Freund nahe, er erzählte mir s. Zt., wie Se. Majestät der Kaiser in sehr huldvoller, wohlwollender Weise die Wiener Reise sanktioniert habe, daraufhin hielt sich der Prinz berechtigt, diesen ersten wichtigen Schritt zu unternehmen, und allem Anschein nach liegt jetzt die Wahrscheinlichkeit eines gegenseitigen persönlichen Einverständnisses mehr und mehr vor, man möchte deshalb doppelt lebhaft wünschen, daß nicht noch unvorhergesehene politische Weiterungen entstehen, wie es z. B. das eben erwähnte Gerücht andeuten würde.

Nun, jedenfalls ruht die ganze Angelegenheit bei Ihnen als dem Eingeweihten und Vertrauten nach beiden Seiten, in den allerbesten Händen, das ist auch für den Großherzog und die Großherzogin hier eine sichere Beruhigung.

Mit besten Grüßen meiner Frau und der Bitte, uns der Frau Fürstin, leider noch als Unbekannte, empfehlen zu wollen, bin ich in alter Verehrung Ihr ganz ergebener

(gez.) v. Eisendecher.

 

An den Großherzog von Baden.

Wien, 7. März 1900.

Ew. Königliche Hoheit wollen mir gnädigst vergeben, daß ich mir jetzt erst über die Angelegenheit des Prinzen Max ein Wort zu sagen erlaube.

Genau orientiert über die Ansichten Ew. Königlichen Hoheit und der Frau Großherzogin und wissend, daß Ew. Königliche Hoheit über meine eigene Stellungnahme seit meiner Aufwartung in Baden – die mir in leuchtendem Andenken geblieben ist – Bescheid wußten, habe ich angenommen, daß Ew. Königliche Hoheit von dem Ernst überzeugt seien, mit dem ich die Führung der Angelegenheit als Vertreter des deutschen Reiches – und damit auch im Besonderen Ew. Königlichen Hoheit betrieben habe.

Dem Prinzen habe ich wahrlich an nüchterner, fast harter Darstellung der politischen Seite der Angelegenheit nichts erspart! Ich war ihm dieses auch menschlich schuldig. Ich empfinde sehr warm für diesen selten begabten und liebenswürdigen Herrn. Darum durfte ich mich nicht der Chance eines Vorwurfs aussetzen, wenn etwa in Zukunft sich ernstere Dinge politisch einstellen sollten, als ich es in Erwägung gezogen hätte.

Ich habe mit dem Prinzen genau die Schritte und Worte überlegt, ehe er sie tat und sprach. Ich habe mit ausdrücklicher Genehmigung des Prinzen – alle diese Schritte und Worte nach Berlin und Sr. Majestät dem Kaiser gemeldet. Alles, was geschehen ist, entsprach genau den Anschauungen, die Se. Majestät über die Behandlung der Angelegenheit haben, und ich kann Ew. Königlichen Hoheit die Versicherung geben, daß die bezüglichen Akten für alle Zeit ein glänzendes Zeugnis für die Loyalität, die deutsche Gesinnung und das reife, überlegte Wesen des lieben Prinzen ablegen werden. Sie werden aber auch ein Zeugnis ablegen von der loyalen Gesinnung und dem vornehmen Wesen des Herzogs von Cumberland.

Nachdem anscheinend die Ehe des Prinzen mit einer Tochter dieses Hauses nicht zu vermeiden war – (und ich glaube, daß man aus psychologischen Gründen nicht in der Lage war, den Widerstand über eine gewisse Stärke hin auszudehnen, denn glücklich und gesegnet ist meistens eine Ehe nur bei einer starken Willensbetätigung der Gatten) – so möchte ich doch nun auch die guten Seiten hervorheben, die diese Ehe haben wird. Davon ist zwischen Ew. Königlichen Hoheit und mir, angesichts der politischen Schwierigkeiten, bis jetzt nicht die Rede gewesen.

Die Prinzessin ist, wenn auch vielleicht die weniger hübsche der drei Schwestern, doch die anziehendste. Ihr schönes, gütiges und kluges Auge, ihre vornehme Gestalt und Art, nehmen einen jeden unwillkürlich für sie ein. Ihr einfacher, häuslicher Sinn und der Zusammenhang mit einem Elternhaus, an dem gute deutsche Sitte und Art heimisch ist, geben dem lieben Prinzen eine Garantie für häusliches Glück und für Anerkenntnis in der engeren Heimat. Das sind große und wichtige Errungenschaften! Was aber den Verkehr und die Beziehungen zwischen den Häusern Baden und Cumberland betrifft, so hege ich nicht den geringsten Zweifel, daß die Diskretion, die vornehme, zurückhaltende Art der herzoglichen Familie Ew. Königlichen Hoheit keinerlei Ungelegenheiten bereiten wird.

Mit der Bitte, Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin meine untertänigste Empfehlung gnädigst ausrichten zu wollen, verharre ich in Dankbarkeit und treuester Anhänglichkeit ...

(gez.) Fürst Philipp Eulenburg-Hertefeld.

An Prinzessin Wilhelmine von Baden Mutter des Prinzen Max., Herzogin von Leuchtenberg.

Wien, 8. März 1900.

Ew. Kaiserlichen Hoheit darf ich untertänigst ein Wort über Prinz Max sagen: der Verkehr mit der so liebenswürdigen, reizenden Prinzessin Marie Louise hat den lieben Prinzen in eine immer zufriedenere, sichere Stimmung gebracht.

Ich habe – psychologisch gesprochen – den Eindruck, daß der Prinz gefunden hat, was er suchte.

Hinter diesem menschlichen Glück müssen wohl alle Bedenken zurücktreten, die sich politisch etwa noch erheben sollten. Doch auch diese Seite geht einer leichteren Lösung entgegen als man erwarten konnte.

Ich habe das Gefühl, daß das Mutterherz Ew. Kaiserlichen Hoheit eine reiche Befriedigung nach soviel Leid und Sorge Die Auflösung der Verlobung des Prinzen Max mit der russischen Großfürstin betreffend. haben wird, und ich bin voller Glück darüber. ......

(gez.) P. Eulenburg-Hertefeld.

 

Aus einem Brief an den Kaiser.

Wien, 9. März 1900.

... Die Verlobung des Prinzen Max wird kaum sofort nach Verständigung mit den Eltern proklamiert werden. Diese verlangen die Entscheidung der Tochter nach längerer Bekanntschaft. Ich meine, die Sache wird verhältnismäßig glatt gehen. Prinz Max hat sich als loyaler deutscher Prinz und treu zu Ew. Majestät stehend benommen. Das muß man rühmend anerkennen.

Nicht jeder hätte den Mut gehabt, so offene Sprache mit dem Herzog von Cumberland zu führen, da man leicht gewärtig sein konnte, ihn zu verletzen.

Die junge Prinzessin ist ganz charmant und hat alle Eigenschaften, den Prinzen glücklich zu machen. So muß man wohl bonne mine zu diesem Spiel machen...

(gez.) Philipp Eulenburg.

Von Großherzog Friedrich von Baden.

(Eigenhändiger Brief.)

17. März 1900.

Mein verehrter Fürst. Von ganzem Herzen danke ich Ihnen für Ihren werten Brief, dessen so späte Beantwortung. Ich Sie bitte mit Nachsicht beurteilen zu wollen. Ja, Dank sage ich Ihnen ganz besonders für

die Veranlassung Ihres Briefes; denn Sie haben als wahrer Freund gehandelt mit Rat und Tat, mit Voraussicht und Fürsorge. Diese Hilfe hat viele Sorgen gehoben und manche Hemmnisse geebnet bis zu einem Maße, das nur wir in kleinem Kreise in der ganzen Bedeutung des Wertes beurteilen können. Die Dankesworte erscheinen mir ungenügend gegenüber der Freundschaft, die Sie uns bekundet haben – aber Sie fühlen mit mir, was ich damit sagen will, das innige Verständnis zwischen uns ist entscheidend.

Der Beistand, den Sie meinem Neffen gewidmet haben, ist zum Glück auf fruchtbaren Boden gefallen, und hat Kraft und Entschlossenheit hervorgerufen. Ich bin sehr erfreut von Ihnen zu vernehmen, daß Sie den lieben jungen Mann so günstig beurteilen. Er hat in der Tat erfolgreich gehandelt, und nunmehr wünschte ich nur, daß die letzte Entscheidung bald nachfolgen möge. – Diese Entscheidung nehmen wir nun ganz von dem Gesichtspunkt des persönlichen Glücks und hoffen, daß dies den Liebenden in reichem Maße zuteil werde. – Die politische Seite ist durch das sehr schätzenswerte Verhalten des Herzogs von Cumberland und durch die Bekundung seiner Gesinnung wesentlich erleichtert. Er hat die sehr positiven und rückhaltlosen Fragen in einer Weise beantwortet, welche sogar Hoffnung gibt, mit der Zeit eine engere Vereinigung mit den beliebenden Verhältnissen zu erreichen. Freilich ist das Entgegenkommen unseres Kaisers ein so schätzenswertes Gut, daß der Herzog mit Zuversicht erfüllt sein muß.

Ich habe inzwischen alle die Dokumente gelesen, deren ich mich nicht erinnern konnte, und daraus neue Zuversicht geschöpft. Auch bezüglich der öffentlichen Auffassung sind diese Dokumente eine werte Hilfe zu weiterer Aufklärung.

Ihre Schilderung, vereint mit derjenigen meines Neffen bezüglich der Persönlichkeit der Prinzessin und des Familienlebens des Cumberlandschen Hauses, sind prächtige Bilder von Herzengüte und edler Gesinnung die schönsten Garantien für die Zukunft.

Ich darf Sie heute zum erstenmal schriftlich als »Fürst« ansprechen! Die hohe Auszeichnung, welche unser Kaiser Ihnen dadurch gewährte, und das Vertrauen, welches er damit öffentlich bekundete, erfüllen mich mit besonderer Freude und Genugtuung. Sie dafür zu beglückwünschen, ist mir eine werte Pflicht, und ich tue es mit dem damit verbundenen Dank für die erfolgreiche Tätigkeit, mit der Sie als deutscher Botschafter meinem Hause treu und liebevoll beigestanden sind. Bewahren Sie auch ferner diese freundschaftlichen Gesinnungen

Ihrem sehr ergebenen

(gez.) Friedrich Gr. v. Baden.

 

Schlußbemerkung.

Wien, 30. März 1900.

Es hat wohl selten ein Diner größeres Aufsehen erregt, als das Verlobungs-Diner Baden – Cumberland, das ich in der deutschen Botschaft am 30. März 1900 gab.

Seit der für Hannover so unglücklichen Schlacht von Langensalza 1866 (an der der Herzog von Cumberland – damals Kronprinz von Hannover – teilnahm), war es das erstemal, daß der Kronprätendent von Hannover auf deutschem Boden (in der deutschen Botschaft) bei dem Vertreter des deutschen Kaisers und Königs von Preußen als freundlicher Gast mit Gattin, Sohn und Tochter ein freundschaftliches Mahl an einem preußischen Tische einnahm.

Ich hatte dem Prinzen Max von Baden, der es brennend wünschte, daß das Haus Cumberland mir eine höfliche Dankbarkeit erweise, gesagt, wie sich solches vielleicht ermöglichen ließe: ich würde das Diner in meinem Privat-Eßsaal und in meinen Privaträumen geben, nicht in den offiziellen Festräumen der Botschaft, wo das große Kaiserbild hängt. Keinerlei Österreicher – mit Ausnahme der badischen Verwandten Fürstenberg und Festetics – würden eingeladen werden, und außer meinen Töchtern nur die Herren meiner Botschaft, die nichts anderes als meine Adjutanten seien. Im übrigen aber bäte ich, daß meine Dienerschaft in Gala erscheinen dürfe (denn diese trüge meine Farben und Wappen), es wäre also alles inoffiziell.

Mit diesen Modalitäten fand man sich gern ab.

Man fühlte sich sogar außerordentlich gemütlich, die Herren rauchten und schwatzten, die Damen lachten und freuten sich – und so war tatsächlich dieses Verlobungsdiner ein sehr gelungenes Familienfest geworden.

Ich brachte die Gesundheit des »hohen« Paares sehr herzlich und ohne jeden Redeschwung aus. Man stieß fröhlich die Gläser aneinander, und das Brautpaar sah sich dabei glücklich-verlegen an.

Der Herzog hat sich sehr wohl bei mir gefühlt, wie mir Max von Baden versicherte, und ich wurde in dem Gefühl froh, daß, wenn das rein Menschliche in freundlichem Sinne und innerlich zum Ausdruck kommen darf und kann – alle politischen Flöten verstummen. Hier aber endete ein schwieriges, politisches, mühevolles Problem nunmehr auf gut deutsch: mit einem kolossalen Mahle. Möge es nun auch meinem lieben Hause Baden »wohl bekommen«!


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