Friedrich der Große
Gedichte
Friedrich der Große

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Ein Kapitel gegen die werten Herren Blutsauger, auf griechisch: Philokopros

(1765)

O dieses gräßliche Gesindel,
Das Börsenspekulanten heißt!
Spitzbuben mit dem Diebwerksbündel,
Auswurf von eklem Höllengeist!
Es überkommt uns schon ein Schwindel,
Wenn man auf ihre Namen weist.

Web' ich mit meiner Dichterspindel
Das grobe Zeichen ab: Boué,
Dann schreit gewiß Apollo: weh!
Die Feder sträubt sich, den Kumpanen
Der Satansbrut den Dienst zu leihn;
Sie stockt und hält mit Schaudern ein,
Gilt es die Namen Wurmb, van Sanen,
Die ans Groteske uns gemahnen.

Nun schaut sie selber an, die drei –
Im Mummenschanz der Gaunerei,
Die Helden in dem Reich der Zahlen!
Wie sie mit plumper Pinselei
Habgier und Wucher übermalen –
Wie sie mich hier und dort bestahlen
Durch Wechsel, Schuldscheinfopperei,
Mit Quittungskram und kolossalen
Bankrechnungen – Gott steh mir bei!
Zu dem Geschäft mich herzugeben!

Das dumme Zeug geht mir ans Leben!
Ich magre ab, ich möcht' vergehn
Bloß wegen dieser Kerle eben,
Die abgefeimt nur danach streben,
Daß ihre Kurse pari stehn.

Ihr Schufte, schmutzig wie Chinesen
Und noch verschmitzter, habt ihr mal
Den Aristoteles gelesen?
Wißt ihr, wer Locke und La Motte gewesen?
Nein, dazu seid ihr viel zu schal –
Die Geistesnahrung war' euch Qual.
Die Wissenschaft geht in die Binsen,
Und nur, wo's was zu rechnen gibt,
Da seh' ich die Gesichter grinsen.
Das einzige ist, was euch beliebt,
Fünfzehn Prozent an Wucherzinsen.

O welch ein lächerliches Los
Ist uns Monarchen aufgezwungen!
Man zieht sich solche Lumpen groß!
Ihr Treiben schon ist sittenlos;
Doch brauchen sie noch ihre Zungen,
O welche Marter für mein Ohr!

Noch eben waren mir erklungen
Gesänge aus dem Dichterchor,
Das Lied Homers, das uns begeistert,
Das Lied Virgils, das Herzen meistert –
Kaum steigt der Wunderborn empor,
Wird er durch Pöbelschlamm verkleistert.

Rasch flücht' ich mich zum Musenhain,
Um froh beseligt nah zu sein
Deinen neun Töchtern, Mnemosyne!
Dort sog ich einst die Hoffnung ein,
Daß mir des Ruhmes Lorbeer grüne.
Die Sünden büßen will ich dort,
Abschwören meine Frevelpläne!

Und in dem Quell der Hippokrene
Schwemm' ich den alten Unrat fort.
Rein bad' ich mich an diesem Ort
Von allem Schmutz und eklen Säften
Aus den verruchten Geldgeschäften,
Eh' meine Lebenskraft verdorrt.

Ja, beim Permessus will ich schwören
Und schwören, Gott Apoll, bei dir:
Nie soll mich Plutus mehr betören,
Nie wecken eine schnöde Gier!
Das Gift, vom Leibe halt' ich's mir,
Will nur aufs Wort der Musen hören,
Mich laben an den Zauberchören
In ihrem heiligen Revier!

Ein Satyr, der drollig zu Merkur, dem Gott des Handels, zugestutzt ist, hat dem geflügelten Pegasus die Schlinge um das Bein geworfen und hindert damit die Phantasie des Königlichen Dichters, sich frei in lichte Höhen und zum Parnaß zu erheben. Die Pflicht zwingt Friedrich, sich trotz seiner Abneigung mit Finanzleuten und ihren Geldgeschäften zu befassen.


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