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Sonette
und
Distichen aus Griechenland
als Intermezzo.

1839-1840.


Dichterleben.

Wen einst die Muse mit dem Blick der Weihe
Mild angelächelt, da er ward geboren,
Der ist und bleibt zum Dichter auserkoren,
Ob auch erst spät der Kern zur Frucht gedeihe.

Des Lebens Pfade zeigt in bunter Reihe
Ihr ihm umsonst; er wandelt wie verloren,
Es klingt ein ferner Klang in seinen Ohren,
Er sinnt und sinnt, daß er Gestalt ihm leihe.

Der Lenz erscheint mit seinen Blüthenzweigen:
Er fühlt so seltsam sich vom Hauch durchdrungen;
Die Liebe kommt: er weiß nicht mehr zu schweigen.

Und wie ein Quell, der lang' ans Licht gerungen,
Bricht's nun hervor gewaltig, tonreich, eigen,
Und sieh, er hat sein erstes Lied gesungen.


Alte Poeten.

Jetzt erst erkenn' ich euren Werth, ihr Alten,
Seit ich auf eurem heil'gen Boden schreite;
Lebendig wandelt ihr mir nun zur Seite,
Ein hoher Chor befreundeter Gestalten.

Nun lehret mich der Götter ew'ges Walten
Der Greis von Chios in der Helden Streite,
Und mächtig trägt mich Pindars Lied ins Weite,
Dem wie im Sturm die Flügel sich entfalten.

Sanft spielt Horaz mit seinem leichten Spotte
Mir um die Brust, indeß den Blitz ergrimmt
Sich Juvenal erborgt vom Donnergotte.

Doch wehmuthsvoll zu süßer Klage stimmt
Tibull die Cither in umlaubter Grotte,
Wenn fern im Blau der Stern des Abends glimmt.


Auf der Akropolis zu Athen.

Bei euch, ihr hohen Säulen, laßt mich weilen,
Ihr stummen Zeugen wechselvoller Tage
Und laßt sich mein Gemüth ergehn in Klage,
Daß nichts entrinnen mag des Schicksals Pfeilen.

Die Zeit des Glanzes saht ihr schnell enteilen,
Und was ihr dann geschaut, war eitel Plage;
Kaum les' ich noch die tausendjähr'ge Sage
Des Ruhms in euren unterbrochnen Zeilen.

Es will das Herz mir schauerlich bewegen,
Wenn ich betrachte solche Weltgeschicke,
Wie hier das freiste Volk dem Fluch erlegen.

Und wenn ich dann in meine Seele blicke,
Scheint mir der eigene Schmerz so klein dagegen,
Daß ich ihn lächelnd in der Brust ersticke.


An den Grafen von Platen.

Wenn auch nur Wen'ge deine Größe ahnen
Von jenem Volk, für das du hast gesungen,
Für das du hast gefochten und gerungen,
Voran ihm wandelnd auf der Schönheit Bahnen;

Doch sammelt schon im Schatten deiner Fahnen
Ein Häuflein sich von edlem Muth durchdrungen,
Und ob dein eigner Feldruf auch verklungen,
Wir schlagen fort die Schlacht für deine Manen.

Wir sind die Schaar, die nie von Schrecken bleiche,
Die mitten durch des Feinds gesenkte Speere
Den Weg erkämpft für eine Königsleiche.

Verpfändet haben wir die eigne Ehre,
Daß keines Buben Hand mit frechem Streiche
Die Schulter, die den Purpur trug, versehre.


Ermunterung.

Blick um dich her! Es redet dir vom Lieben
Was du nur schaust in aller Höh' und Tiefe;
Die Rose läge still im Moos und schliefe,
Wenn sie die Liebe nicht ans Licht getrieben.

Es wäre stumm die Nachtigall geblieben,
Wenn Sehnsucht ewig nicht zu Liedern riefe,
Ja, selbst der Himmel ward zum Liebesbriefe,
Mit Silberschrift auf blauen Grund geschrieben.

O sieh, wie so die Welt in süßem Zwange
Sich dreht, wie selbst das Seelenlose gerne
Sich überläßt dem allgemeinen Drange.

Drum länger nicht vom Strahl des Lebens ferne
Verschließ dein Herz; laß glühen diese Wange,
Und thu' wie Rose, Nachtigall und Sterne!


Neues Leben.

Verhalle nun Gesang der Liebesklagen,
Du langes, banges Echo meiner Leiden!
Der Tag erscheint, die trübe Nacht muß scheiden,
Die Stunde der Erlösung hat geschlagen.

Nicht länger sollt ihr Trauerfarben tragen,
Ihr meine Lieder! Nein, in bunte Seiden,
In Gold und Purpur will ich nun euch kleiden
Zu würd'ger Feier diesen Jubeltagen.

Auf denn! Im Festgewand den Tanz zu schlingen,
Kränzt euch mit Blumen, zündet lust'ge Kerzen!
Die vollsten eurer Töne laßt erklingen!

Nun gilt es, leicht in holder Form zu scherzen;
Denn Frühling kam auf Regenbogenschwingen
Und Frühling blüht und leuchtet mir im Herzen.


Eros, der Schenk.

Ich wähle mir den Liebesgott zum Schenken,
Er füllt den Becher mir aus Zauberkrügen
Und weiß das Herz in seliges Genügen,
Den Sinn in süßen Taumel zu versenken.

Auch lehrt er mich zu holdem Angedenken
Den Wein zu schlürfen in bedächt'gen Zügen,
Zu zartem Gruße Reim in Reim zu fügen,
Und sanft der Musen weißes Roß zu lenken.

Und wenn des Abends Schatten sich verbreiten
Und müd' ich ruhe von des Tags Genusse,
Erregt er sacht der Cither goldne Saiten.

Da muß im Schlaf, gleich Wimpeln auf dem Flusse,
Manch holdes Traumbild mir vorübergleiten,
Bis mich der Morgen weckt mit ros'gem Kusse.


Liebesglück.

O wie so leicht in seligen Genüssen
Sich mir die Stunden jetzt dahin bewegen!
Ins Auge schau ich dir, bist du zugegen,
Und von dir träum' ich, wenn wir scheiden müssen.

Oft zügeln wir die Sehnsucht mit Entschlüssen,
Doch will sich stets ein neu Verlangen regen,
Und wenn wir kaum verständ'ger Rede pflegen,
Zerschmilzt sie wieder uns und wird zu Küssen.

Der erste weckt Begier nach tausend neuen,
Es folgt auf Liebeszeichen Liebeszeichen,
Und jedes scheint uns höher zu erfreuen.

Nun erst begreif' ich ganz den Lenz, den reichen,
Wenn er nicht endet Rosen auszustreuen,
Die alle schön sind und sich alle gleichen.


Das Zauberschloß.

Es gibt ein Königsschloß in alten Sagen,
Durch Zauberbann in wüsten Schutt zerfallen,
Doch wenn die rechten Lösungsworte schallen,
So steigt's empor wie in der Vorzeit Tagen.

Da glänzt der Saal, die goldnen Zinnen ragen,
Jasmin und Ros' umblühn die Säulenhallen,
Es tanzen Mädchen, Purpurkleider wallen,
Und Silberharfen hörst du lieblich schlagen.

Den Trümmern glich mein Herz. Es mußte lange
In Graus und Finsterniß verödet liegen,
Und drinnen war es leer und dumpf und bange.

Da sprachest du, den Bannfluch zu besiegen,
Das Lösungswort, und sieh, mit hellem Klange
Ist draus der Liebe Zauberschloß gestiegen.


An Ludwig Achim von Arnim.

Wenn sich ein Geist erhebt in ungeschwächter
Erhabner Würde mit gewaltgem Schritte,
Zu stolz, daß er des Haufens Gunst erbitte,
So wird er oft dem niedern zum Gelächter.

So gingest du, der treue Kronenwächter
Altdeutscher Gottesfurcht und edler Sitte,
Verkannt durch deiner Zeitgenossen Mitte,
Doch nur ein Lächeln gönnend dem Verächter.

Still schmücktest du indeß mit Kreuz und Blume
Den Dom, an dem du bauetest, den weiten,
Zu Gottes Ehre, deinem Volk zum Ruhme.

Zwar sahst du nicht das Werk zum Ende schreiten,
Doch ragt's gleich jenem Kölner Heiligthume
Ein riesig Bruchstück in dem Strom der Zeiten.


An Ernst Gurtius.

Wer hat der Sorge je sein Herz verschlossen?
Und flöhn wir zu des Poles eisgen Strecken,
Sie würde dort auch uns vom Lager schrecken,
Wenn auf die Wimper kaum sich Schlaf ergossen.

Wir sehn von hellem Sterzenglanz umflossen
Sie flattern an des Prunksaals goldnen Decken;
Dem Schiffer folgt sie durch das Meer, dem kecken,
Den Reiter holt sie ein auf flücht'gen Rossen.

Drum suche nicht ihr thöricht zu entfliehen,
Mit Lächeln wolle das Geschick versöhnen,
Da keinem noch ein reines Glück gediehen.

Doch kannst du dich der Klage nicht entwöhnen,
So reife sie zum Lieb, der dir verliehen,
Der leise Hauch der griechischen Kamönen.


An Hermann Kreßschmar, den Maler.

(1839.)

Es nahn und fliehn die wechselnden Gestalten,
Und was wir kaum im Herzen lieb gewannen,
Die Ferne führt es neidisch uns von dannen,
Im Lauf der Stunden muß es rasch veralten.

Da greift der Künstler in des Schicksals Walten;
Ein Zaubrer weiß er Raum und Zeit zu bannen,
Er weiß den Augenblick, den wir umspannen,
In lichten Farben selig festzuhalten.

So hast nun du mit schöpfrischem Gemüthe
Die schönste Ros' auf Hellas schönen Auen
Dahingebannt in ew'ger Jugendblüte.

Und staunend wird es noch der Enkel schauen,
Dies Angesicht voll Majestät und Güte,
Die Königin der Griechen und der Frauen.


Verwünschung.

Du willst dich nicht bei unserem Feste zeigen,
Wo auf dem Rasen unter grünen Bäumen
Guitarren klingen und Pokale schäumen,
Und Reb' und Rose sich zum Kranz verzweigen.

Du fliehst den Scherz, den Becherklang, den Reigen,
Um stumm daheim von nicht'gem Leid zu träumen;
Des Lebens Liebesblick willst du versäumen,
Um einem Luftgebild das Ohr zu neigen.

Du willst an schöner Augen Blitz nicht glauben,
Und wendest scheu dich ab von den Genüssen,
Die uns gewährt der süße Gott der Trauben.

So sei dir ewig denn von jenen Küssen
Die Glut verschlossen, die so sanft sich rauben,
Und ewig sollst du Wasser trinken müssen.


Sommer im Süden.

In Teppichzelten, die zum Schlummer taugen,
Am Spiele der Gedanken sich vergnügen,
Dazwischen dann und wann in langen Zügen
Den kühlen Rauch der Wasserpfeife saugen,

Bald einsam träumen von geliebten Augen
Und mit dem Traum die Gegenwart betrügen,
Bald mit den Freunden bei gefüllten Krügen
In leichtem Witz der Thoren Werk durchlaugen,

Das ist das Einz'ge, was in diesen Tagen,
Wo alle Blumen vor der Sonne flüchten,
Mir thunlich noch erscheint und zu ertragen.

Doch wollt mich drum des Leichtsinns nicht bezüchten;
Ein Dichter darf schon auszuruhen wagen,
Denn auch sein Müßiggang ist reich an Früchten.


Der Ungenannten.

Die du den Blick mir zugewandt voll Güte,
Da mich die Andern in den höfisch glatten
Prunkvollen Sälen stolz vergessen hatten,
Wie dank' ich deinem freundlichen Gemüthe!

Du botest lächelnd mir des Herzens Blüte,
Mit süßem Wort erquicktest du den Matten,
So mag ein Quell in hoher Palmen Schatten
Den Pilger laben, der von Durst entglühte.

Und doch! Nicht folgen darf ich jenem Glücke,
Das deine Gunst so reich mir zugewogen;
Mich hält das Herz, mich hält die Pflicht zurücke.

Denn zwischen uns ist eine Kluft gezogen,
Die sich verbinden läßt durch keine Brücke,
Und die noch keiner glücklich überflogen.


Unruhiger Sinn.

Es treibt mich stets ein wechselndes Verlangen;
Bald möcht' ich unter meiner Heimath Linden
Am eignen Herd ein schattig Plätzchen finden,
Um dort zu rasten ohne Wunsch und Bangen;

Bald wieder möcht' ich, sonnverbrannt die Wangen,
Des Südens Meer durchschweifen mit den Winden,
Bis ferne, wo die letzten Pfade schwinden,
Der Wüste Palmenschatten mich umfangen.

Der jähe Wechsel ruht auf einem Grunde;
Zur Heimath leitet mich ein süßes Träumen,
Sie bringe mir ein Wort aus liebem Munde.

Doch bin ich dort, so fühl ich ohne Säumen:
Noch immer nicht erschien das Glück zur Stunde,
Und wieder such' ich's in den fernsten Räumen.


Memento mori.

Die ihr den Geist zu fernen Bahnen lenket
Und nächtlich sinnt bis zu des Tags Erröthen,
Vergeßt nicht, daß ein Andres noch vonnöthen,
Und daß des Lebens Sold euch nicht geschenket.

Und die ihr euch in Scherz und Lust versenket,
Mit kurzem Rausch die kurze Zeit zu tödten,
Verstummen heißet die Musik der Flöten,
Setzt ab den Becher, und des Endes denket!

Auch euer wartet jene große Lücke;
Ein Abgrund bleibt der Tod, ein ewig trüber,
Wie schön mit Blumen ihn der Dichter schmücke.

Kein Liedchen tändelt fort das Gegenüber,
Kein Schluß der Weisheit schlägt die kühne Brücke,
Und nur des Glaubens Flügel trägt hinüber.


Der Liebenden.

Seitdem die Liebe dir genaht, der Reinen,
Ist's wie ein Zauber über dich gekommen;
In süßem Feuer ist dein Aug' erglommen,
Doch schöner blickt es noch in sel'gem Weinen.

Oft, wenn du wandelst, will es mir erscheinen,
Als sei die ird'sche Schwere dir genommen;
Dein Thun ist wie der Blumen Blühn, der frommen,
Und wie der Engel ist dein Wunsch und Meinen.

Das Wort erblüht von selbst dir zum Gedichte,
Doch schweigst du, strahlt, die Rede zu ergänzen,
Von deiner Stirn die Lieb' im reinsten Lichte.

So sah dereinst, entrückt der Erde Gränzen,
Auf Beatricens schönem Angesichte
Den Strahl des Paradieses Dante glänzen.


Vergänglichkeit.

Daß Alles uns so rasch vorübereilet,
Und sich die Zeit nicht läßt in Fesseln schlagen,
Es war mir nimmermehr ein Grund zu klagen,
Wenn ich im Kreis der Fröhlichen verweilet.

Denn öfter noch hat mir es Trost ertheilet,
Wenn auf der Seele tiefe Schatten lagen;
Der bangen durft' ich dann vertrauend sagen:
Getrost! Der Sand verrinnt, die Wunde heilet.

So hofft' ich stets dem jungen Lenz entgegen,
War ich vom Frost des Winters kalt umschauert,
Und sah mit Ruh den Herbst ins Grab sich legen.

Nur Eines hab' ich immer tief betrauert,
Daß auch die schönste Blum' auf unsern Wegen,
Die Liebe selbst nur zwei Minuten dauert.


Distichen aus Griechenland.

I.

Die du die Burg dort oben bewohnst, blauäugige Pallas,
   Schau mit segnendem Blick auch auf den Sänger herab!
Zwar mir zeigte sich Eros geneigt, und der rosige Bakchos
   Blickt aus dem Epheukranz schalkhaft verlockend mich an;
Doch du, Göttin, verleih zu dem Süßen das Maaß und die Weisheit,
   Gieb mir das stille Gemüth, recht zu genießen, dabei!
Liebt auch die Jugend den feurigen Rausch und den Taumel der Wonne,
   Ach, wie theuer erkauft oft sich die flüchtige Lust!
Doch wenn Du die Begier mit lächelndem Ernste besänftigst,
   Wie mit frommer Musik Orpheus den Löwen gezähmt:
Nimmer entheiligt das Mahl alsdann der vergossene Becher,
   Nimmer betroffenen Blicks glühen die Mädchen vor Scham,
Sondern es wandelt im Kreis mit Blumen umwunden die Cither,
   Und um das freundliche Fest schlingt sich der Grazien Tanz.
Dann erst wird der Genuß zum Genuß, und die Blüte der Freude
   Treibt als schwellende Frucht manches begeisterte Lied.


II.

Fleißig blättr' ich die Alten mir durch, dann sinn' ich auf Lieder,
   Blättre wieder, und so fliehn mir die Stunden dahin.
Glücklicher Doppelgenuß! Kaum weiß ich, ist das Empfangen
   Süßer, ist's das Gefühl, selber ein Dichter zu sein.
Aber ich flehe zu euch, ihr Götter, erhaltet mir gnädig
   Jenen beweglichen Sinn, der sich auf beides versteht!
Laßt wie die Biene mich sein, die bald in der Rose sich
festsaugt,
   Bald den gewonnenen Saft ämsig in Honig verkehrt!


III.

Jubeln am Morgen die Lerchen und dehnt in heiterer Bläue
   Ueber des üppigen Thals Wipfeln der Himmel sich aus:
O wie erfreut mich alsdann Homers anmuthige Klarheit,
   Wie bewegt mir alsdann Sophokles' Würde das Herz!
Doch wenn spät in der Nacht durch dämmernde Nebel der Mond scheint,
   Und, vom Zuge berührt, zittert die Flamme des Herds,
Sei Ariost mir gegrüßt, der Poet buntfarbiger Mährchen,
   Und in phantastischen Traum wiege mich Calderon ein.


IV.

Was ich bin und weiß, dem verständigen Norden verdank' ich's,
   Doch das Geheimniß der Form hat mich der Süden gelehrt.


V.

Auch dem beschwerlichsten Stoff noch abzugewinnen ein Lächeln
   Durch vollendete Form strebe der wahre Poet.
Kummer und Gram sei'n schön, vom erhabenen Rhythmus besänftigt,
   Selber der Brust Angstschrei werde dem Ohr zur Musik;
Und der versehrende Pfeil des Gespötts, in die Woge der Anmuth
   Sei er getaucht, klangvoll werd' er vom Bogen geschnellt.


VI.
Ebene von Marathon.

Halb von öden Gebirgen umkränzt streckt Marathons heil'ge
   Thalflur gegen des Meers schimmernde Bucht sich hinab.
Feierlich schweigt es umher, stumm kreisen die Adler, und einsam
   Ueber dem weiten Gefild schwebt der Gefallenen Ruhm.


VII.
Chelidono.

Wo die Platane sich riesig erhebt im Schatten der Waldschlucht,
   Ragt in Trümmer bereits fallend das Kloster empor;
Längst ist der Mönche Gesang in der Kirche verhallt und es duftet
   Weihrauch nimmer, des Chors ewige Lampe verlosch;
Aber der Quell, der kühl am Altar aufsprudelt, erquickt noch
   Häufig den Wandrer, er spricht dankend ein kurzes Gebet.


VIII.
Grab des Themistokles.

Wo am zackigen Fels das Gewog sich brandend emporbäumt,
   Senkten die Freunde bei Nacht heimlich Themistokles Leib
In heimathlichen Grund. Festgaben und Todtengeschenke
   Brachten sie dar und es floß reichlich die Spende des Weins.
Aber den Zorn des verblendeten Volks kleinmüthig befürchtend
   Stahlen sie leise sich heim, ehe die Dämmrung erschien.
Denksteinlos nun schlummert der Held. Doch drüben im Spätroth
   Ragt ihm, ein ewiges Mal, Salamis Felsengestad.


IX.
Villa bei Melanes auf Naxos.

Wie sich der Garten in Duft und in Dämmerung hüllt: Der Orangen
   Saftige Wipfel verstreun liebliches Dunkel umher.
Weithin streckt sich der Pinie Dach, aus Silberoliven
   Heben das säuselnde Haupt schlanke Cypressen empor.
Durch Weinlauben hinauf führt stattlich zur Villa die Treppe,
   Aber des freundlichen Bau's weite Gemächer sind leer.
Könnt' ich doch hier, entfernt von der Welt, mit der Jugendgeliebten
   Einmal grüßen den Lenz, wann er mit Blüten sich schmückt,
Oder in Muße den goldfruchtbringenden Herbst hinträumen,
   Nichts als Lieb' und Gesang in der beruhigten Brust!


X.
Aperanthos auf Naxos.

Ja, das heiß' ich fürwahr Dionysos heilige Stätte!
   Ueppiges Traubengeländ kränzt das gesegnete Thal.
Jeglicher Abhang triefet von Wein; um die Giebel der Häuser,
   Um der Kastanien Schaft schlingt sich das grüne Gerank.
Horch, schon wandelt der bacchische Zug; schwarzäugige Jungfraun
   Führen den Reihn, du vernimmst Cithern und Paukengetön,
Jener erglühende Greis auf dem Esel, er scheint mir Silenos;
   Folgt nicht, die Schläfe bekränzt, bald mit den Panthern der Gott?
Aber indeß nicht lässig, o Schenk! Frisch, walte des Amtes,
   Mit dem ambrosischen Trank fülle den weiten Pokal.


XI.
Jahreszeiten in Athen.

Nimmer den Sommer verweil' in Athen. Glutvollen Sirocco
   Athmest du dann, und der Geist senket die Flügel verzagt.
Doch wann segnend der Herbst in röthlichem Duft durch die Berge
   Wandelt, und am Felshang tiefer die Traube sich bräunt,
Wann der Ilissos rauscht und die neuaufgrünende Thalflur
   Zwischen dem Oelwald bunt mit Anemonen sich schmückt,
Welche Wonne gewährt es alsdann, mit dem Freunde der Jugend
   Auf den kolonischen Höhn unter den Blumen zu ruhn,
Oder durch's Marmorgebälk goldrostiger Säulen des Himmels
   Leuchtendes Blau, einsam, stillen Gemüths zu beschaun!


XII.

Freundlicher Greis, hab' Dank! Du erquicktest die durstigen Wandrer,
   Die auf felsigem Steig deiner Behausung genaht.
Selbst zwar arm, doch ludest du uns in des grünenden Weindachs
   Schatten und brachtest uns gern was du besaßest herbei;
Sorglich lasest du selbst im Garten die saftigsten Trauben,
   Aus dem erfrischenden Quell schöpftest du selber den Trunk.
Freundlicher Greis, hab' Dank! Zwar schlugst du das Gegengeschenk aus,
   Aber den segnenden Wunsch halt' ich vergebens zurück:
Möge der Stock dir blühn von den köstlichsten Beeren und täglich
   Streue der Palme Gezweig dichteren Schatten umher;
Nimmer versiege der labende Quell, und nimmer im Fasse
   Gehe der Weizen dir aus, nimmer im Kruge das Oel;
Doch uns möge der Wanderer Gott noch oft es gewähren,
   Solch ein traulich Gemüth wiederzufinden wie deins!


XIII.

Viel zu wissen geziemt und viel zu lernen dem Dichter,
   Ach, für seinen Beruf däucht mir das Leben so kurz.
Denn er kenne die Welt und ihre Geschichten, er gehe
   Bei den Alten mit Lust wie bei den neuen zu Gast.
Fremde Länder und Sprachen erforsch' er mit willigem Eifer,
   Sei im Norden und sei unter den Palmen zu Haus.
Aber vor Allem versteh' er das Herz und die ewige Leiter
   Seiner Gefühle; die Lust kenn' er und kenne den Schmerz.
Was aus Säul' und Gemälde dich anspricht, wiss' er zu deuten,
   Was dir des Waldes Geräusch flüstert, er fast es ins Wort.
Kunst und Natur und Welt und Gemüth, er beherrsche sie alle:
   Aber der Thor nur verlangt, daß ein Gelehrter er sei.



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