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Der Meister des pompejanischen Candelaber's ist uns nicht bekannt. Ohne Zweifel waren die Künstler Pompeji's größtenteils Griechen; ich habe daher einen griechischen Künstler eingeführt, und wenn ich ihn zum Sclaven eines reichen Eigentümers von künstlerischen Werkstätten machte, wird mich die Stellung der Kunst bei den Römern leicht entschuldigen. Ich gab dem Meister den Namen Euphorion, welchen ich dem Vater des Aeschylus entlehnte.
Durch den Gedanken des Gedichts wurde ich dazu geführt, die Mythe von Dädalus und Ikarus einzuflechten; mich veranlaßte dazu ein Relief der Villa Albani zu Rom, welches jene Scene schön veranschaulicht.
Den Candelaber habe ich in Etwas, was hier freilich wesentlich ist, umgestaltet, da ich ihm Lampen meiner eigenen Erfindung gab. Die ihm in Neapel anhangenden sind anders geformt: die eine ist bildlos, die andere mit zwei Adlern geziert, die dritte zeigt eine halbe Stiergestalt, und der vierten endlich dienen als verschönernde Griffe zwei Delphine. Der Archäolog wird mich entschuldigen, wenn er weiß, daß diese Lampen dem Candelaber nicht ursprünglich angehörten, sondern willkürlich ihm angehängt worden sind. Die ursprünglichen Lampen aber fand man nicht auf.
Man findet das Abbild der schönen Bronze in dem Sammelwerk des Museo Borbonico, und es mag sich der Leser die angenehme Mühe nicht verdrießen lassen, in jenen Bänden zu blättern, bis er es aufgefunden hat. Die Fülle der schönen Gegenstände wird ihn wenigstens reich belohnen, sollte er überhaupt sich darum bemühen.
Diejenigen, welche das heutige Pompeji besucht haben, mag es nicht Wunder nehmen, daß ich das Meer der alten Stadt an die Mauern gerückt habe; denn so war ihre Lage am Ausfluß des Sarnus, während von den heutigen Resten Pompeji's das Meer weiter denn eine Millie zurückgewichen ist, eine Folge der Verschüttung durch Asche, Lapilli und Lavaströme. Vom Hafen Pompeji's sprechen Florus, Livius und Strabo; er diente gemeinschaftlich auch Nola, Nuceria und Acerrae als Emporium.
Der alte Name der Insel Ischia war Aenaria; ich habe jedoch (am Ende des ersten Gesanges) des leichteren Verständnisses wegen den heutigen Namen beibehalten.
Endlich erinnere ich, daß im Hause des Arrius Diomedes, noch immer dem schönsten aller bisher ausgegrabenen Häuser, mehr als 20 Skelette dort umgekommener Personen gefunden wurden. Von ihnen entdeckte man 18 in der unterirdischen Galerie, Männer wie Frauen und Kinder; sie alle hatten ihr Angesicht mit dem Gewand verhüllt, ein Zeichen von hilfloser Resignation. Man fand bei ihnen Halsgeschmeide, Ringe, Gemmen und Münzen. Den Hausherrn entdeckte man neben einem Sclaven, an der auf das Feld führenden Thüre; er hielt einen Schlüssel in der Hand, während der Sclave mehre in Linnen gewickelte Goldstücke mit den Köpfen des Nero, des Vespasian und des Titus, und viele Silber- und Kupfermünzen mit sich genommen hatte.
Dem Leser wird die Beschreibung des Ausbruchs des Vesuv beim Plinius und Dio bekannt sein, und vor allen wird er sich der »Letzten Tage Pompeji's« von Bulwer erinnern. Eine ausführliche Schilderung dieser Katastrophe lag nicht in meinem Gedicht begriffen, und ich habe die Muse gleichsam das Beispiel jener Unglücklichen in der Krypta des Hauses von Arrius Diomedes nachahmen lassen; denn indem die grausenvolle Aschenflut zu regnen beginnt, verhüllte sie sich am umgestürzten Candelaber oder der Euphorions-Lampe das Antlitz, wahrscheinlich aus Furcht mit erstickt zu werden, oder zum mindesten doch aus einer mehr modernen, als antiken Verzweiflung und Resignation.
Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.