Balduin Groller
Eine Panik und andre humoristische Erzählungen
Balduin Groller

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Die zärtlichen Freunde.

Graf Kornel war ein mutiger junger Kavalier. Er war einer der ersten gewesen, die ihre Unterschrift für die Antiduell-Liga gegeben hatten. Dort wußte man diese Akquisition zu schätzen und wählte ihn sofort in den Ausschuß. Im Kasino machten seine Freunde ihren guten und schlechten Witze darüber, aber er hatte Philosophie und Humor genug, das mit guter Haltung zu tragen.

Und nun war er doch in eine sehr böse Geschichte verwickelt worden, aus denkbar geringfügigster Ursache, ganz plötzlich, ohne daß er Zeit gehabt hätte, lange zu überlegen und weise Erwägungen anzustellen. Es war auf einem Aristokratenpicknick. Kornel und der Husarenleutnant Adam hatten einem Komtessel ganz harmlos aber doch mit kolossaler Schneidigkeit die Cour geschnitten. Da äußerte das Komtessel einen Wunsch: ihre Federboa wollte sie haben, da sie 80 einen feinen Luftzug spürte. Darauf ein kleines Wettrennen der beiden jungen Leute zur Garderobe. Ein schöner Ehrenpreis stand ja in Aussicht: der Sieger würde persönlich dem Komtessel die Federboa um die Schultern legen. Im Finish gab es ein Akzident. Die beiden Konkurrenten stießen zusammen. Kornel fiel dabei aufs Knie und zerriß sich die Hose. Der Leutnant, der durch den Zusammenprall zur Seite geschnellt wurde, sah nicht, daß Kornel gefallen war, wohl aber sah er in dem empfangenen Stoß, den er absichtlich erteilt wähnte, einen Fall von sportlich durchaus unzulässiger, illoyaler Behinderung des Gegners und reagierte in der Hitze des Augenblicks mit einem derben Schimpfwort.

Kornel, der sich ebenfalls mit Absicht gestoßen glaubte und sich dazu nun auch noch beschimpft hörte, springt in sinnloser Erregung auf und versetzt seinem Gegner eine kräftige Maulschelle. Der Leutnant zögert nicht, darauf die für ihn einzig statthafte Antwort zu erteilen. Wie rasch er sich aber auch anschickt, den Angreifer auf der Stelle zusammenzuhauen, er kommt doch nicht dazu, sein Vorhaben auszuführen. Ein Dutzend Arme umschlingen ihn, eine Gruppe von Leibern schiebt sich zwischen die beiden. Duobus litigantibus! - - Ein Dritter, den die Geschichte gar nichts anging, legt dem Komtessel die Federboa um die Schultern.

Als Kornel am nächsten Morgen in aller Gottesfrühe aufwachte, war es gerade zwölf Uhr mittags, und schon warteten, wie ihm vom Kammerdiener sofort gemeldet wurde, zwei Kavalleristen auf ihn, um sich mit ihm auseinanderzusetzen. Er zog sich rasch an und begab sich zu den Harrenden in sein sogenanntes Arbeitszimmer. Sie überbrachten die Forderung. Es war naturgemäß die Forderung, obschon sie korrekterweise nur das Ansuchen an ihn stellten, zwei seiner Freunde namhaft zu machen, mit welchen sie sich über die schwebende Angelegenheit verständigen könnten. Nun war für Kornel die Gelegenheit da, die Probe auf seine Grundsätze zu machen. Er bestand sie sehr gut, indem er nicht 81 ohne Würde erklärte, durchaus keine Veranlassung zu haben, seine Vertreter zu ernennen, da er nicht geneigt und überhaupt außerstande sei, sich zu schlagen. Die beiden Kavalleristen machten ihm ihren ernsten Vorhalt. Der Fall sei doch ein solcher, daß etwas geschehen müsse.

»Man muß den Mut seiner Überzeugung haben,« erwiderte Kornel. »Ich habe ihn. Es tut mir leid, meine Herren, Sie unverrichteter Sache ziehen lassen zu müssen, aber es geht nicht anders.«

Die beiden Kavalleristen, nicht nur Offiziere, sondern auch Aristokraten, ließen natürlich nicht so ohne weiteres locker. Wenn man schon seine »Grundsätze« habe, dann dürfe man auch nicht beleidigen. Beleidige man aber, dann habe man als Mann von Ehre für seine Handlungen einzustehen. Man werde doch hoffentlich jetzt nicht noch nötig haben, über die elementarsten Grundbegriffe weitläufige Verhandlungen zu pflegen. Das Unheil sei einmal geschehen, und wer A gesagt, müsse auch B sagen. Das sei so einfach und klar, wie daß zweimal zwei vier ist. Darüber gebe es doch weiter nichts zu reden. Es bleibe nun tatsächlich weiter nichts übrig als ein Zweikampf, und zwar unter schweren Bedingungen. Denn es handle sich um eine Beleidigung dritten Grades.

Kornel blieb fest. »Ich bedaure, meine Herren,« nahm er wieder das Wort, »Ihren Wünschen nicht entgegenkommen zu können. Ich bin, wie Sie wissen, Ausschuß- und Vorstandsmitglied der Antiduell-Liga. Der Skandal wäre zu groß. Ich weiß, daß meine Stellung mir Verpflichtungen auferlegt, und Sie haben ganz recht, wenn Sie sagen, daß, wenn man auf dem Standpunkt steht, sich nicht zu schlagen, man auch nicht beleidigen dürfe. Ich möchte noch hinzufügen, daß man dann gegebenenfalls die Verpflichtung hätte, Abbitte zu leisten.«

»Für den vorliegenden Fall könnten wir uns auch mit einer Abbitte nicht zufrieden geben,« entgegnete der Wortführer der beiden Kavalleristen.

»Da gehen unsre Ansichten wieder auseinander,« fuhr 82 Kornel fort. »Selbst für den schwersten Fall einer Ehrverletzung muß es eine verläßlichere und vernünftigere Remedur geben als das blinde Zufallsspiel der Waffen. Ich würde also gewiß nicht zögern, in jeder gewünschten Form amende honorable zu bieten, wenn – Sie haben mich vorhin nur nicht ausreden lassen, als ich das gerade sagen wollte – wenn ich überhaupt beleidigt hätte. Das habe ich nicht getan. Beleidigt wurde ich, und ich habe mir dann meine Satisfaktion genommen. Das ist alles, und damit ist die Affäre für mich zu Ende. Denn natürlich kann ein Mann, der sich grundsätzlich nicht schlägt, nicht vogelfrei sein.«

Die beiden Kartellträger bemühten sich zu beweisen, daß tatsächlich Kornel der Beleidiger sei, und sie gingen dabei ganz systematisch zu Werke. Den Ausgangspunkt habe der unabsichtliche Stoß gebildet. Ein unabsichtlicher Stoß müsse nicht gleich als Beleidigung gelten, aber der Betroffene habe das Recht, sie als solche zu nehmen, zumal wenn auf ihn nicht sofort eine genügende Entschuldigung gefolgt sei. Immerhin sei es eine Beleidigung ersten Grades, die eigentlich aus der Welt geschafft war, als Leutnant Adam ein Schimpfwort gebrauchte, also mit einer Beleidigung zweiten Grades vorging. In diesem Stadium sei tatsächlich Kornel der Beleidigte gewesen. Nun folgte aber das Letzte und Schwerste – der Schlag! Das habe alles Frühere ausgelöscht, und nun bleibe diese eine, furchtbare Beleidigung aufrecht. Die dürfe nicht ungesühnt bleiben und für diese müsse Genugtuung geboten werden.

Kornel beharrte auf seinem Standpunkt, und die Kartellträger, die nicht begreifen konnten, wie man über eine so einfache Sache so viel philosophieren könne, waren nahe daran, ihre Geduld zu verlieren. Sie erinnerten sich aber beizeiten, daß es schlechter Stil wäre, bei einem solchen Anlaß eine besondere Erregung zu verraten, noch schlechterer, eine gegnerische Partei, die sich zudem nicht stellen will, bei einer derartigen Verhandlung auch ihrerseits zu beleidigen; sie 83 erhoben sich daher wortlos, grüßten trocken und entfernten sich, um ihr Mandat in die Hände ihres Auftraggebers zurückzulegen.

* * *

Es war zwei Uhr nach Mitternacht, als Kornel vor seinem Palais vorfuhr. Der Kutscher sprang vom Bock und gab dem Portier das Glockenzeichen, daß er öffnen solle. Kornel blieb inzwischen im Wagen sitzen. Nicht eine Sekunde wollte er früher, als unbedingt nötig, aussteigen. Denn es herrschte eine furchtbare Kälte, und ein rasender, eisiger Wind fegte mit elementarer Erbarmungslosigkeit durch die Straßen.

Als sich das große Tor auftat, drang ein breiter, glänzender Lichtstrom über den Bürgersteig auf die Straße hinaus. Der Portier verneigte sich tief. Sein mächtiger, silberbeschlagener Stab und seine stattliche, goldstrotzende Montur funkelten nur so in der Lichtflut. Kornel eilte in die Einfahrt, und knapp hinter ihm schlüpfte ein bleicher, sichtlich durchfrorener junger Mann in einem leidlich eleganten, für die herrschende Kälte aber entschieden unzulänglichen Winterrock herein, dessen Kragen allerdings aufgeschlagen war, aber wohl mehr um das Gesicht des Mannes zu verbergen, als etwa Schutz vor der Kälte zu bieten, wozu er nur sehr wenig getaugt hätte.

Kornel sah sich erstaunt um und der Portier stellte sich in Positur, um seines Amtes zu walten, falls man seiner Dienste bedürfen sollte.

»Was wünschen Sie?« fragte Kornel kurz.

»Kornel, ich bin's, Leutnant Adam!«

Kornel faßte ihn unter den Arm und führte ihn in seine erleuchteten Gemächer im ersten Stock hinauf. Adam schritt die Treppe sichtlich mit äußerster Anstrengung empor. In dem hellbeleuchteten Salon neben Kornels Schlafzimmer brannte ein lustiges Feuer im marmornen Renaissancekamin und verbreitete wohlige Wärme. Dort wies der Hausherr 84 dem späten Gast einen Sitz an. Adam sank schwer in den bequemen Lehnstuhl und war zunächst außerstande, auch nur ein Wort hervorzubringen.

»Wie siehst du aus, Adam?! Was ist's mit dir?« fragte Kornel noch immer unter dem Eindruck des Schreckens, den ihm der Anblick des früheren Freundes verursacht hatte.

»Drei Stunden habe ich vor deinem Haustor gestanden,« brachte Adam mühsam hervor, »und habe auf dich gewartet, Kornel.«

»Entsetzlich! Warum kommst du nicht bei Tage und warum bist du nicht in Uniform?«

»Du hättest mich vielleicht abgewiesen, und ich wollte nicht erkannt werden. Ich durfte ja nicht zu dir kommen, und ich bin verloren, wenn man es erfährt. Und doch mußte ich dich sprechen, ich mußte. Mein Leben hängt daran.«

»Was willst du von mir?«

»Du weißt es, Kornel.«

»Ich habe dir meine Antwort sagen lassen.«

»Und doch bin ich zu dir gekommen, um zu bitten, zu betteln.«

»Daß ich auf dich schieße!«

»Ja. So hab' doch Erbarmen mit mir!«

»Es wäre ein seltsames Erbarmen! Ich kann nicht, ich darf nicht.«

»Ich frage dich noch einmal, Kornel. Noch einmal bitte ich dich.«

»Das lassen wir jetzt überhaupt, Adam. Du bist krank, das muß jedes Kind sehen. Ich kann dich so gar nicht wieder hinausschicken. Du wirst dich jetzt erst einmal bei mir ordentlich ausschlafen; dann wollen wir weiterreden. Es war eine Höllenidee von dir, dich bei der Kälte da draußen hinzupflanzen!«

»Was liegt daran? Ich habe nichts gespürt. Ich spüre überhaupt nichts mehr seit jenem schrecklichen Augenblick, als mein brennendes Gesicht. Sage noch einmal, daß du nicht willst.«

85 »Ich sage jetzt gar nichts mehr, Adam. Erst mußt du halbwegs wieder auf dem Damm sein und auf einen menschenwürdigen Zustand gebracht werden. Ich werde dir vor allen Dingen einen heißen Tee brauen lassen; in den geben wir eine ordentliche Ration Rum, und dann sollst du sehen –«

»Lasse das, Kornel. Du hast dir nicht klargemacht, was für mich hier auf dem Spiele steht. Meinst du, daß ich mein geohrfeigtes Gesicht noch weiterhin mit aller Gemütlichkeit in der Welt spazieren führen werde, oder daß ich auch nur noch eine Stunde länger leben werde, wenn ich einmal die Gewißheit habe, daß ich keine Genugtuung erlangen kann?«

»Adam!«

»Du brauchst nicht zu erschrecken, Kornel. Ich werde dir in deinem Hause keine Ungelegenheiten bereiten. Ich kann das ganz gut auf der Straße oder, wenn mich meine Füße so weit tragen, auf meiner Bude erledigen. Leb' wohl, Kornel!«

Er wollte sich erheben, aber er sank kraftlos zurück. Ein grimmiger Schüttelfrost hatte ihn gepackt. Seine Lippen wurden blau, seine Augen starrten glasig und seine Zähne schlugen hörbar gegeneinander.

Kornel telephonierte unverzüglich seinem Hausarzte, dem berühmten Kliniker Professor Becker. Als dieser nach kaum einer Viertelstunde zur Stelle war, fand er den Kranken in fieberischer Gluthitze. Adam, der keine klare Vorstellung mehr hatte, was mit ihm geschah, wurde zu Bette gebracht. Kornel hatte verfügt, daß ihm sein eignes Bett hergerichtet werde. Er selbst dachte nicht an die Nachtruhe; er wollte bei dem Kranken wachen.

Der Professor erklärte, jetzt noch keine bestimmte Meinung abgeben zu können, verschrieb ein Mittel zur Bekämpfung des Fiebers und versprach, am nächsten Vormittag wiederkommen zu wollen. Er erschien auch pünktlich wieder, nahm nochmals eine gründliche Untersuchung vor, und äußerte sich, als ihn Kornel hinausgeleitete, wie folgt: »Also, lieber Graf, wir haben da einen ernsten Fall von Pneumonie. Es wird 86 mehr auf die Natur des Patienten ankommen, ob und wie er sie überstehen wird, als auf meine bescheidene Kunst und Wissenschaft.«

»Aber, Herr Hofrat, es besteht doch keine Gefahr für sein Leben?« fragte Kornel angsterfüllt.

»Ich sagte Ihnen, Graf Kornel, daß der Fall ein ernster ist, und das mußte ich sagen. Wir haben jetzt überhaupt eine böse Zeit für Pneumonien. Die Witterung ist zu schandbar. Aber das ist ja ein junger Mann von kräftiger Konstitution. Wir müssen auf alles gefaßt sein, brauchen aber die Hoffnung nicht aufzugeben.«

Die Damen des Hauses, Kornels Mutter und Schwester, erschienen ebenfalls im Krankenzimmer und wollten sich mit Kornel in die Pflege teilen, aber Kornel wollte es nicht leiden. Das war sein Kranker, sein Freund, für dessen Leben er sich verantwortlich fühlte, und er pflegte ihn mit einer Zärtlichkeit und Hingebung, wie nur eine Mutter ihr Kind hätte pflegen können. Durch volle vierzehn Tage und Nächte kam er überhaupt nicht aus den Kleidern. Vergeblich erhoben seine Damen dagegen Einspruch, vergeblich hielten sie ihm vor, daß ja das kein Mensch aushalten könne, daß er sich selber krank machen werde, er blieb allen Vorstellungen gegenüber taub. Es war etwas wie die Leidenschaft der Charitas über ihn gekommen. Mit zitternder Angst lauschte er bei Tage und bei Nacht auf die Atemzüge des Kranken, und es war, als hinge sein eignes Leben an dem seines Freundes. Nichts konnte ihn bewegen, das Krankenzimmer auch nur für eine Stunde zu verlassen und an die eigne Gesundheit und Erholung zu denken.

Es währte doch an drei Wochen, bis sich sagen ließ, daß die eigentliche große Gefahr vorbei sei. Als Adam zum erstenmal wieder klare Augen hatte, freilich war er noch sehr bleich und lag ganz schwach da, flüsterte ihm Kornel ins Ohr: »Nur munter, Adam; trachte dich herauszuwickeln! Meine Demission bei der Liga habe ich schon längst gegeben.«

87 Adam richtete einen dankerfüllten Blick auf ihn und machte eine Anstrengung, ihm seine weiße, abgemagerte Hand zu reichen. Darauf schlief er mit einem seligen Lächeln um die Lippen wieder ein und schlummerte so ruhig und mit regelmäßigen Atemzügen, wie ein glückliches Kind.

Nun ging es mit Riesenschritten vorwärts. In den ersten vierzehn Tagen hatte Adam überhaupt keinen Bissen zu essen bekommen. Professor Becker hielt daran fest, daß, solange noch Fieber in einem Körper stecke, keinerlei Nahrung irgendeinen Nutzen bringen könne. Sowie aber das Fieber überwunden war, begann Kornel den durch dasselbe arg heruntergebrachten Freund mit aller Vorsicht und Sorgsamkeit schön langsam wieder aufzufüttern. Adam ließ sich auch, als er einmal in die Rekonvaleszenz eingerückt war, nicht spotten. Die Süppchen und die delikaten Hühnchen und die wunderbaren eingemachten Bozener Früchte und dazu der gediegene Malaga mundeten ihm großartig. Nur war ihm alles zu wenig. Kornel aber hielt bei aller Zärtlichkeit strenges Regiment und wollte um keinen Preis irgendeine Unvorsichtigkeit passieren lassen.

So kam Adam wieder famos zu Kräften, aber da trat ein, was unter den gegebenen Umständen eintreten mußte. Eines schönen Tages brach Kornel selber nieder. Er hatte sich aufrecht gehalten, bis Adam herausgehauen war, aber dann klappte er zusammen. Nun lag er da im Fieber und phantasierte und war schwach und hilflos wie ehedem Adam.

Nun wurde der Spieß umgedreht. Nun übernahm Adam die Pflege, und das mit einer Aufmerksamkeit und Selbstaufopferung, als hätte er beweisen wollen, daß neben ihm Kornel doch nur ein Wickelkind gewesen sei. Dieses Mal waren die Damen des Hauses natürlich nicht so leichten Kaufes wegzubringen. Er mußte es sich schon gefallen lassen, so unerwünscht es ihm war, daß auch sie sich um den Kranken kümmerten, aber er kontrollierte sie sehr scharf, damit nur ja nichts übersehen werde. Die Damen waren selber in 88 Sorge, aber sie mußten zu Adams zitterndem Übereifer doch lächeln. Er tat gerade so, als ob von ihrem Leichtsinn oder ihrer Brutalität das Ärgste zu befürchten gewesen wäre. Und schließlich war es doch ihr Sohn und ihr Bruder, Sie mußten sich vor Adam förmlich verteidigen, waren aber dann natürlich immer entwaffnet, wenn er versicherte, daß ihm nichts auf der Welt teurer sei als das Leben Kornels, und daß er für sein eignes Wohl und für sein eignes Leben nie so zittern würde wie für das Kornels.

Auch diese Krankheit ward überwunden, und auch Kornel machte, als die Krise einmal bestanden war, rasche Fortschritte in der Genesung.

An einem prangenden Frühlingsmorgen verkündete ihnen Professor Becker, daß, wenn es am nächsten Tage so schön bleibe, sie ihre erste Ausfahrt machen dürften. Als dann der Professor gegangen war, da sanken sich die beiden Freunde in die Arme und mit Tränen der Freude in den Augen küßten sie sich. Morgen endlich sollten sie aufeinander schießen dürfen.

 


 


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