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Über den alten Gegensatz der Vernunft und des Glaubens, von Philosophie und positiver Religion hat die Kultur die letzte Zeit so erhoben, daß diese Entgegensetzung von Glauben und Wissen einen ganz andern Sinn gewonnen hat und nun innerhalb der Philosophie selbst verlegt worden ist. Daß die Vernunft eine Magd des Glaubens sei, wie man sich in ältern Zeiten ausdrückte, und wogegen die Philosophie unüberwindlich ihre absolute Autonomie behauptete, diese Vorstellungen oder Ausdrücke sind verschwunden, und die Vernunft, wenn es anders Vernunft ist, was sich diesen Namen gibt, hat sich in der positiven Religion so geltend gemacht, daß selbst ein Streit der Philosophie gegen Positives, Wunder und dergleichen für etwas Abgetanes und Obskures gehalten wird und daß Kant mit seinem Versuche, die positive Form der Religion mit einer Bedeutung aus seiner Philosophie zu beleben, nicht deswegen kein Glück machte, weil der eigentümliche Sinn jener Formen dadurch verändert würde, sondern weil dieselben auch dieser Ehre nicht mehr wert schienen. Es ist aber die Frage, ob die Siegerin Vernunft nicht eben das Schicksal erfuhr, welches die siegende Stärke barbarischer Nationen gegen die unterliegende Schwäche gebildeter zu haben pflegt, der äußern Herrschaft nach die Oberhand zu behalten, dem Geiste nach aber dem Überwundnen zu erliegen. Der glorreiche Sieg, welchen die aufklärende Vernunft über das, was sie nach dem geringen Maße ihres religiösen Begreifens als Glauben sich entgegengesetzt betrachtete, davongetragen hat, ist beim Lichte besehen, kein anderer, als daß weder das Positive, mit dem sie sich zu kämpfen machte, Religion, noch daß sie, die gesiegt hat, Vernunft blieb, und die Geburt, welche auf diesen Leichnamen triumphierend als das gemeinschaftliche, beide vereinigende Kind des Friedens schwebt, ebensowenig von Vernunft als echtem Glauben an sich hat.
Die Vernunft, welche dadurch an und für sich schon heruntergekommen war, daß sie die Religion nur als etwas Positives, nicht idealistisch auffaßte, hat nichts besseres tun können, als nach dem Kampfe nunmehr auf sich zu sehen, zu ihrer Selbstkenntnis zu gelangen und ihr Nichtssein dadurch anzuerkennen, daß sie das Bessere, als sie ist, da sie nur Verstand ist, als ein Jenseits in einem Glauben außer und über sich setzt, wie in den Philosophien Kants, Jacobi's und Fichte's geschehen ist, und daß sie sich wieder zur Magd eines Glaubens macht. Nach Kant ist Übersinnliches unfähig, von der Vernunft erkannt zu werden; die höchste Idee hat nicht zugleich Realität. Nach Jacobi schämt sich die Vernunft zu betteln, und zu graben hat sie weder Hände noch Füße Jacobis Werke: Bd. IV, Abt. 1, S. 214.; dem Menschen ist nur das Gefühl und Bewußtsein seiner Unwissenheit des Wahren, nur Ahnung des Wahren in der Vernunft, die nur etwas allgemein Subjektives und Instinkt ist, gegeben. Nach Fichte ist Gott etwas Unbegreifliches und Undenkbares; das Wissen weiß nichts, als daß es nichts weiß, und muß sich zum Glauben flüchten. Nach allen kann das Absolute, nach der alten Distinktion, nicht gegen, so wenig als für die Vernunft sein, sondern es ist über die Vernunft. –
Das negative Verfahren der Aufklärung, dessen positive Seite in seinem eiteln Getue ohne Kern war, hat sich dadurch einen verschafft, daß es seine Negativität selbst auffaßte und sich teils von der Schalheit durch die Reinheit und Unendlichkeit des Negativen befreite, teils aber eben darum für positives Wissen wieder ebenso nur Endliches und Empirisches, das Ewige aber nur jenseits haben kann, so daß dieses für das Erkennen leer ist und dieser unendliche leere Raum des Wissens nur mit der Subjektivität des Sehnens und Ahnens erfüllt werden kann, – und was sonst für den Tod der Philosophie galt, daß die Vernunft auf ihr Sein im Absoluten Verzicht tun sollte, sich schlechthin daraus ausschlösse und nur negativ dagegen verhielte, wurde nunmehr der höchste Punkt der Philosophie, und das Nichtssein der Aufklärung ist durch das Bewußtwerden über dasselbe zum System geworden.
Unvollkommene Philosophien gehören überhaupt dadurch, daß sie unvollkommen sind, unmittelbar einer empirischen Notwendigkeit an, und deswegen aus und an derselben läßt sich die Seite ihrer Unvollkommenheit begreifen; das Empirische, was in der Welt als gemeine Wirklichkeit daliegt, ist in Philosophien desselben in Form des Begriffs als eins mit dem Bewußtsein und darum gerechtfertigt vorhanden. Das gemeinschaftliche subjektive Prinzip der obengenannten Philosophien ist teils nicht etwa eine eingeschränkte Form des Geistes einer kleinen Zeitperiode oder einer geringen Menge, teils hat die mächtige Geistesform, welche ihr Prinzip ist, ohne Zweifel in ihnen die Vollkommenheit seines Bewußtseins und seiner philosophischen Bildung und, dem Erkenntnisse vollendet ausgesprochen zu werden, erlangt.
Die große Form des Weltgeistes aber, welche sich in jenen Philosophien erkannt hat, ist das Prinzip des Nordens und, es religiös angesehen, des Protestantismus, die Subjektivität, in welcher Schönheit und Wahrheit in Gefühlen und Gesinnungen, in Liebe und Verstand sich darstellt. Die Religion baut im Herzen des Individuums ihre Tempel und Altäre, und Seufzer und Gebete suchen den Gott, dessen Anschauung es sich versagt, weil die Gefahr des Verstandes vorhanden ist, welcher das Angeschaute als Ding, den Hain als Hölzer erkennen würde. Zwar muß auch das Innere äußerlich werden, die Absicht in der Handlung Wirklichkeit erlangen, die unmittelbare religiöse Empfindung sich in äußerer Bewegung ausdrücken und der die Objektivität der Erkenntnis fliehende Glaube sich in Gedanken, Begriffen und Worten objektiv werden; aber das Objektive scheidet der Verstand genau von dem Subjektiven, und es wird dasjenige, was keinen Wert hat und nichts ist, so wie der Kampf der subjektiven Schönheit gerade dahin gehen muß, sich gegen die Notwendigkeit gehörig zu verwahren, nach welcher das Subjektive objektiv wird. Und welche Schönheit in diesem reell werden, der Objektivität zufallen und wo das Bewußtsein auf die Darstellung und die Objektivität selbst sich richten, die Erscheinung bilden oder in ihr sich gebildet bewegen wollte, das müßte ganz wegfallen; denn es würde ein gefährlicher Überfluß und, weil es vom Verstande zu einem Etwas gemacht werden könnte, ein Übel, so wie das schöne Gefühl, das in schmerzlose Anschauung überginge, ein Aberglaube sein.
Diese Macht, welche dem Verstand durch die subjektive Schönheit gegeben wird und ihrer Sehnsucht, die über das Endliche hinwegfliegt und für die es nichts ist, zuerst zu widersprechen scheint, ist eine ebenso notwendige Seite als ihr Bestreben gegen ihn, und sie wird sich in der Darstellung der Philosophien dieser Subjektivität weiter ergeben. Es ist gerade durch ihre Flucht vor dem Endlichen und das Festsein der Subjektivität, wodurch ihr das Schöne zu Dingen überhaupt, der Hain zu Hölzern, die Bilder zu Dingen, welche Augen haben und nicht sehen, Ohren, und nicht hören, und, wenn die Ideale nicht in der völlig verständigen Realität genommen werden können als Klötze und Steine, zu Erdichtungen werden und jede Beziehung auf sie als wesenloses Spiel oder als Abhängigkeit von Objekten und als Aberglauben erscheint.
Aber neben diesem allenthalben in der Wahrheit des Seins nur Endlichkeit erblickenden Verstande hat die Religion als Empfindung, die ewig sehnsuchtsvolle Liebe ihre erhabene Seite darin, daß sie an keiner vergänglichen Anschauung noch Genüsse hängen bleibt, sondern nach ewiger Schönheit und Seligkeit sich sehnt. Sie ist als Sehnen etwas Subjektives; aber was sie sucht, und ihr nicht im Schauen gegeben ist, ist das Absolute und Ewige. Wenn aber das Sehnen seinen Gegenstand fände, so würde die zeitliche Schönheit eines Subjekts als eines einzelnen seine Glückseligkeit, die Vollkommenheit eines der Welt angehörigen Wesens sein; aber so weit als sie wirklich sie vereinzelte, so weit würde sie nichts Schönes sein. Aber als der reine Leib der innern Schönheit hört das empirische Dasein selbst auf, ein Zeitliches und etwas Eigenes zu sein. Die Absicht bleibt unbefleckt von ihrer Objektivität als Handlung, und die Tat sowie der Genuß wird sich nicht durch den Verstand zu einem Etwas gegen die wahre Identität des Innern und Äußern erheben. Die höchste Erkenntnis würde die sein, welches dieser Leib sei, in dem das Individuum nicht ein einzelnes wäre und das Sehnen zur vollkommenen Anschauung und zum seligen Genusse gelangte.
Nachdem die Zeit gekommen war, hatte die unendliche Sehnsucht über den Leib und die Welt hinaus mit dem Dasein sich versöhnt, aber so, daß die Realität, mit welcher die Versöhnung geschah, das Objektive, welches von der Subjektivität anerkannt wurde, wirklich nur empirisches Dasein, gemeine Welt und Wirklichkeit war und also diese Versöhnung selbst nicht den Charakter der absoluten Entgegensetzung, der im schönen Sehnen liegt, verlor, sondern daß sie sich nun auf den andern Teil des Gegensatzes, auf die empirische Welt warf. Und wenn um ihrer absoluten blinden Naturnotwendigkeit willen sie schon ihrer selbst im innerlichen Grunde sicher und fest war, bedurfte sie doch einer objektiven Form für diesen Grund, und die bewußtlose Gewißheit des Versenkens in die Realität des empirischen Daseins muß nach eben der Notwendigkeit der Natur zugleich sich zu Rechtfertigung und einem guten Gewissen zu verhelfen suchen. Diese Versöhnung fürs Bewußtsein machte sich in der Glückseligkeitslehre, so daß der fixe Punkt, von welchem ausgegangen wird, das empirische Subjekt und das, womit es versöhnt wird, ebenso die gemeine Wirklichkeit ist, zu der es Zutrauen fassen und sich ihr ohne Sünde ergeben dürfe. Die tiefe Roheit und völlige Gemeinheit als der innere Grund dieser Glückseligkeitslehre hat darin allein seine Erhebung, daß er nach einer Rechtfertigung und einem guten Bewußtsein strebt, welches, da es, weil das Empirische absolut ist, der Vernunft durch die Idee nicht möglich ist, allein die Objektivität des Verstandes, den Begriff erreichen kann, welcher Begriff sich als sogenannte reine Vernunft in seiner höchsten Abstraktion dargestellt hat.
Der Dogmatismus der Aufklärerei und des Eudämonismus bestand also nicht darin, daß er Glückseligkeit und Genuß zum Höchsten machte; denn wenn Glückseligkeit als Idee begriffen wird, hört sie auf, etwas Empirisches und Zufälliges, sowie etwas Sinnliches zu sein. Das vernünftige Tun und der höchste Genuß sind eins im höchsten Dasein, und das höchste Dasein von Seiten seiner Idealität, welche, wenn sie isoliert wird, erst vernünftiges Tun, oder von Seiten seiner Realität, welche, wenn sie isoliert wird, erst Genuß und Gefühl heißen kann, auffassen zu wollen, ist völlig gleichgültig, wenn die höchste Seligkeit höchste Idee ist; denn vernünftiges Tun und höchster Genuß, Idealität und Realität, sind beide gleicherweise in ihr und identisch. Jede Philosophie stellt nichts dar, als daß sie höchste Seligkeit als Idee konstruiert; indem der höchste Genuß durch Vernunft erkannt wird, fällt die Unterscheidbarkeit beider unmittelbar hinweg, indem der Begriff und die Unendlichkeit, die im Tun, und die Realität und Endlichkeit, die im Genusse herrschend ist, ineinander aufgenommen werden. Die Polemik gegen die Glückseligkeit wird ein leeres Geschwätze heißen, wenn diese Glückseligkeit als der selige Genuß der ewigen Anschauung erkannt wird. Aber freilich hat dasjenige, was man Eudämonismus genannt, eine empirische Glückseligkeit, einen Genuß der Empfindung, nicht die ewige Anschauung und Seligkeit verstanden.
Dieser Absolutheit des empirischen und endlichen Wesens steht der Begriff oder die Unendlichkeit so unmittelbar gegenüber, daß eins durchs andere bedingt und eins mit dem andern, und, weil das eine in seinem Fürsichsein absolut ist, es auch das andere, und das Dritte, das wahrhaft Erste, das Ewige jenseits dieses Gegensatzes ist. Das Unendliche, der Begriff, als an sich leer, das Nichts, erhält seinen Inhalt durch dasjenige, worauf es in seiner Entgegensetzung bezogen ist, nämlich die empirische Glückseligkeit des Individuums, unter welche Einheit des Begriffs, dessen Inhalt die absolute Einzelheit ist, alles zu setzen und alle und jede Gestalt der Schönheit und Ausdruck einer Idee, Weisheit und Tugend, Kunst und Wissenschaft für sie zu berechnen, das heißt, zu etwas zu machen, was nicht an sich ist, – denn das einzige Ansich ist der abstrakte Begriff dessen, was nicht Idee, sondern absolute Einzelheit ist, – Weisheit und Wissenschaft heißt.
Nach dem festen Prinzip dieses Systems der Bildung, daß das Endliche an und für sich und absolut und die einzige Realität ist, steht also auf einer Seite das Endliche und Einzelne selbst in der Form der Mannigfaltigkeit, und in diese wird also alles Religiöse, Sittliche und Schöne geworfen, weil es fähig ist, vom Verstände als ein Einzelnes begriffen zu werden, – auf der andern Seite eben diese absolute Endlichkeit in der Form des Unendlichen als Begriff der Glückseligkeit. Das Unendliche und Endliche, die nicht in der Idee identisch gesetzt werden sollen, denn jedes ist absolut für sich, stehen auf diese Weise in der Beziehung des Beherrschens gegeneinander; denn im absoluten Gegensatz derselben ist der Begriff das Bestimmende. Aber über diesem absoluten Gegensatz und den relativen Identitäten des Beherrschens und der empirischen Begreiflichkeit steht das Ewige; weil jener absolut ist, so ist diese Sphäre das Nichtzuberechnende, Unbegreifliche, Leere, – ein unerkennbarer Gott, der jenseits der Grenzpfähle der Vernunft liegt, eine Sphäre, welche nichts ist für die Anschauung, denn die Anschauung ist hier nur eine sinnliche und beschränkte, ebenso nichts für den Genuß, denn es gibt nur empirische Glückseligkeit, nichts für das Erkennen, denn was Vernunft heißt, ist nichts als Berechnen alles und eines jeden für die Einzelheit und das Setzen aller Idee unter die Endlichkeit.
Dieser Grundcharakter des Eudämonismus und der Aufklärung, welcher die schöne Subjektivität des Protestantismus in eine empirische, die Poesie seines Schmerzes, der mit dem empirischen Dasein alle Versöhnung verschmäht, in die Prosa der Befriedigung mit dieser Endlichkeit und des guten Gewissens darüber umgeschaffen hatte, – welches Verhältnis hat er in der Kantischen, Jacobischen und Fichte'schen Philosophie erhalten? Diese Philosophien treten so wenig aus demselben heraus, daß sie denselben vielmehr nur aufs höchste vervollkommnet haben. Ihre bewußte Richtung geht unmittelbar gegen das Prinzip des Eudämonismus; aber dadurch, daß sie nichts als diese Richtung sind, ist ihr positiver Charakter jenes Prinzip selbst, so daß die Modifikation, welche diese Philosophien in den Eudämonismus bringen, nur seiner Bildung eine Vervollkommnung gibt, die an sich für die Vernunft und Philosophie, für das Prinzip gleichgültig ist. Es bleibt in diesen Philosophien das Absolutsein des Endlichen und der empirischen Realität und das absolute Entgegengesetztsein des Unendlichen und Endlichen, und das Idealische ist nur begriffen als der Begriff. Es bleibt im besondern, wenn dieser Begriff positiv gesetzt ist, die zwischen ihnen mögliche relative Identität allein, die Beherrschung des als reell und endlich Erscheinenden, worunter zugleich alles Schöne und Sittliche gehört, durch den Begriff. Wenn aber der Begriff als negativ gesetzt ist, so ist die Subjektivität des Individuums in empirischer Form vorhanden, und das Beherrschen geschieht nicht durch den Verstand, sondern als eine natürliche Stärke und Schwäche der Subjektivitäten gegeneinander. Es bleibt über dieser absoluten Endlichkeit und absoluten Unendlichkeit das Absolute als eine Leerheit der Vernunft und der fixen Unbegreiflichkeit und des Glaubens, der, an sich vernunftlos, vernünftig darum heißt, weil jene auf ihre absolute Entgegensetzung eingeschränkte Vernunft ein Höheres über sich erkennt, aus dem sie sich ausschließt.
In der Form als Eudämonismus hatte das Prinzip einer absoluten Endlichkeit die Vollkommenheit der Abstraktion noch nicht erreicht, indem auf der Seite der Unendlichkeit der Begriff nicht rein gesetzt, sondern mit einem Inhalt erfüllt als Glückseligkeit steht. Dadurch, daß der Begriff nicht rein ist, ist er in positiver Gleichheit mit seinem Entgegengesetzten; denn dasjenige, was seinen Inhalt ausmacht, ist eben die Realität, hier in Begriffsform gesetzt, welche auf der andern Seite Mannigfaltigkeit ist, so daß keine Reflexion auf die Entgegensetzung vorhanden, oder die Entgegensetzung nicht objektiv und nicht das Empirische als Negativität für den Begriff, der Begriff als Negativität für das Empirische, noch der Begriff als das an sich Negative gesetzt ist. In der Vollkommenheit der Abstraktion aber ist die Reflexion auf diese Entgegensetzung oder die ideelle Entgegensetzung objektiv, und jedes gesetzt als ein Etwas, welches nicht ist, was das andere ist; die Einheit und das Mannigfaltige treten hier als Abstraktionen einander gegenüber, wodurch denn die Entgegengesetzten beide Seiten der Positivität und der Negativität gegeneinander haben, so daß also das Empirische zugleich ein absolutes Etwas für den Begriff ist und zugleich absolutes Nichts. Durch jene Seite sind sie der vorherige Empirismus, durch diese sind sie zugleich Idealismus und Skeptizismus. Jenes nennen sie praktische, dies theoretische Philosophie; in jener hat für den Begriff oder an und für sich selbst das Empirische absolute Realität; in dieser ist das Wissen von demselben nichts.
Innerhalb dieses gemeinschaftlichen Grundprinzips, der Absolutheit der Endlichkeit und des daraus sich ergebenden absoluten Gegensatzes von Endlichkeit und Unendlichkeit, Realität und Idealität, Sinnlichem und Übersinnlichem und des Jenseitsseins des Wahrhaft Reellen und Absoluten, bilden diese Philosophien wieder Gegensätze unter sich, und zwar die Totalität der für das Prinzip möglichen Formen. Die Kantische Philosophie stellt die objektive Seite dieser ganzen Sphäre auf: der absolute Begriff, schlechthin für sich seiend als praktische Vernunft, ist die höchste Objektivität im Endlichen, absolut als die Idealität an und für sich postuliert. Die Jacobische Philosophie ist die subjektive Seite; sie verlegt den Gegensatz und das absolut postulierte Identischsein in die Subjektivität des Gefühls als einer unendlichen Sehnsucht und eines unheilbaren Schmerzes. Die Fichtesche Philosophie ist die Synthese beider; sie fordert die Form der Objektivität und der Grundsätze wie Kant, aber setzt den Widerstreit dieser reinen Objektivität gegen die Subjektivität zugleich als ein Sehnen und eine subjektive Identität. Bei Kant ist der unendliche Begriff an und für sich gesetzt und das allein von der Philosophie Anerkannte; bei Jacobi erscheint das Unendliche von Subjektivität affiziert, als Instinkt, Trieb, Individualität; bei Fichte ist das von Subjektivität affizierte Unendliche selbst wieder als Sollen und Streben objektiv gemacht.
So diametral also diese Philosophien sich dem Eudämonismus selbst entgegensetzen, so wenig sind sie aus ihm herausgetreten. Es ist ihre schlechthin einzig ausgesprochene Tendenz und von ihnen angegebnes Prinzip, sich über das Subjektive und Empirische zu erheben und der Vernunft ihr Absolutsein und ihre Unabhängigkeit von der gemeinen Wirklichkeit zu vindizieren. Aber weil diese Vernunft schlechthin nur diese Richtung gegen das Empirische hat, das Unendliche an sich nur in Beziehung auf das Endliche ist, so sind diese Philosophien, indem sie das Empirische bekämpfen, unmittelbar in seiner Sphäre geblieben. Die Kantische und Fichte'sche haben sich wohl zum Begriff, aber nicht zur Idee erhoben, und der reine Begriff ist absolute Idealität und Leerheit, der seinen Inhalt und seine Dimensionen schlechthin nur in Beziehung auf das Empirische und damit durch dasselbe hat und eben den absoluten sittlichen und wissenschaftlichen Empirismus begründet, den sie dem Eudämonismus zum Vorwurf machen. Die Jacobische Philosophie hat diesen Umweg nicht, den Begriff von der empirischen Realität abzusondern und dem Begriff alsdann seinen Inhalt wieder von eben dieser empirischen Realität, außer welcher für den Begriff nichts ist als seine Vernichtung, geben zu lassen; sondern sie, da ihr Prinzip Subjektivität unmittelbar ist, ist unmittelbarer Eudämonismus nur mit dem Beischlag der Negativität, indem sie darauf reflektiert, daß das Denken, welches der Eudämonismus noch nicht als das Ideelle, das Negative für die Realität erkennt, nichts an sich ist.
Wenn die frühern wissenschaftlichen Erscheinungen dieses Realismus der Endlichkeit (denn was die unwissenschaftlichen betrifft, so gehört alles Tun und Treiben der neuern Kultur noch darein), der Lockeanismus und die Glückseligkeitslehre die Philosophie in empirische Psychologie verwandelt und zum ersten und höchsten Standpunkt den Standpunkt eines Subjekts und die schlechthin seiende Endlichkeit erhoben und, was für eine fühlende und bewußte Subjektivität oder für eine nur in Endlichkeit versenkte und der Anschauung und Erkenntnis des Ewigen sich entschlagende Vernunft das Universum nach einer verständigen Berechnung ist, gefragt und geantwortet hatten, so sind die Vervollständigung und Idealisierung dieser empirischen Psychologie die drei genannten Philosophien, welche darin besteht, daß erkannt wird, dem Empirischen sei der unendliche Begriff schlechthin entgegengesetzt, und die Sphäre dieses Gegensatzes, ein Endliches und ein Unendliches, sei absolut – wenn aber so Unendlichkeit der Endlichkeit entgegengesetzt ist, ist eins so endlich als das andere – und über derselben, jenseits des Begriffs und des Empirischen sei das Ewige; aber Erkenntnisvermögen und Vernunft seien schlechthin nur jene Sphäre. In einer solchen, nur Endliches denkenden Vernunft findet sich freilich, daß sie nur Endliches denken, in der Vernunft als Trieb und Instinkt findet sich, daß sie das Ewige nicht denken kann. Der Idealismus – (der in der subjektiven Dimension, nämlich in der Jacobischen Philosophie, nur die Form eines Skeptizismus, und auch nicht des wahren, haben kann, weil hier das reine Denken nur als subjektives gesetzt wird, dahingegen der Idealismus darin besteht, daß es das objektive ist), – dessen diese Philosophien fähig sind, ist ein Idealismus des Endlichen nicht in dem Sinne, daß das Endliche in ihnen nichts wäre; sondern das Endliche ist in die ideelle Form aufgenommen und endliche Idealität, d. h. reiner Begriff, eine der Endlichkeit absolut entgegengesetzte Unendlichkeit, mit dem realen Endlichen, beide gleicherweise absolut gesetzt.
Hiernach ist denn das an sich und einzige Gewisse, daß ein denkendes Subjekt, eine mit Endlichkeit affizierte Vernunft ist, und die ganze Philosophie besteht darin, das Universum für diese endliche Vernunft zu bestimmen. Die sogenannte Kritik der Erkenntniskräfte bei Kant, das nicht Überfliegen des Bewußtseins und nicht Transzendentwerden bei Fichte, und bei Jacobi nichts für die Vernunft Unmögliches unternehmen heißt nichts anders, als die Vernunft auf die Form der Endlichkeit absolut einschränken und in allem vernünftigen Erkennen die Absolutheit des Subjekts nicht vergessen und die Beschränktheit zum ewigen Gesetz und Sein sowohl an sich als für die Philosophie machen. Es ist also in diesen Philosophien nichts zu sehen als die Erhebung der Reflexionskultur zu einem System, eine Kultur des gemeinen Menschenverstandes, der sich bis zum Denken eines Allgemeinen erhebt, den unendlichen Begriff aber, weil er gemeiner Verstand bleibt, für absolutes Denken nimmt und sein sonstiges Anschauen des Ewigen und den unendlichen Begriff schlechthin auseinander läßt, – es sei entweder, daß er auf jenes Anschauen überhaupt Verzicht tut und sich im Begriff und der Empirie hält, oder daß er beide hat, aber es nicht vereinigen, sein Anschauen nicht in den Begriff aufnehmen, noch Begriff und Empirie gleicherweise vernichten kann. Die Qual der bessern Natur unter dieser Beschränktheit oder absoluten Entgegensetzung drückt sich durch das Sehnen und Streben, – das Bewußtsein, daß es Beschränktheit ist, über die sie nicht hinaus kann, als Glauben an ein Jenseits dieser Beschränktheit aus, aber als perennierendes Unvermögen zugleich die Unmöglichkeit, über die Schranke in das sich selbst klare und sehnsuchtslose Gebiet der Vernunft sich zu erheben.
Da der feste Standpunkt, den die allmächtige Zeit und ihre Kultur für die Philosophie fixiert haben, eine mit Sinnlichkeit affizierte Vernunft ist, so ist das, worauf solche Philosophie ausgehen kann, nicht, Gott zu erkennen, sondern, was man heißt, den Menschen. Dieser Mensch und die Menschheit sind ihr absoluter Standpunkt, nämlich als eine fixe, unüberwindliche Endlichkeit der Vernunft, nicht als Abglanz der ewigen Schönheit, als geistiger Focus des Universums, sondern als eine absolute Sinnlichkeit, welche aber das Vermögen des Glaubens hat, sich noch mit einem ihr fremden Übersinnlichen an einer und anderer Stelle anzutünchen. Wie denn die Kunst, aufs Portraitieren eingeschränkt, ihr Idealisches darin hätte, daß sie ins Auge eines gemeinen Gesichts noch eine Sehnsucht, in seinen Mund noch ein wehmütiges Lächeln brächte, aber ihr die über Sehnsucht und Wehmut erhabenen Götter schlechthin untersagt wäre darzustellen, als ob die Darstellung ewiger Bilder nur auf Kosten der Menschlichkeit möglich wäre, so soll die Philosophie nicht die Idee des Menschen, sondern das Abstraktum der mit Beschränktheit vermischten empirischen Menschheit darstellen und den Pfahl des absoluten Gegensatzes unbeweglich in sich eingeschlagen tragen und, indem sie sich ihre Eingeschränktheit auf das Sinnliche deutlich macht, – sie mag dies ihr Abstraktum analysieren oder auf die schöngeisterische und rührende Weise ganz lassen, – sich zugleich mit der oberflächlichen Farbe eines Übersinnlichen schmücken, indem sie im Glauben auf ein Höheres verweist.
Aber die Wahrheit kann durch ein solches Heiligen der Endlichkeit, die bestehen bleibt, nicht hintergangen werden; denn die wahre Heiligung müßte dasselbe vernichten. Wenn der Künstler, der nicht der Wirklichkeit, dadurch daß er die ätherische Beleuchtung auf sie fallen läßt und sie ganz darein aufnimmt, die wahre Wahrheit zu geben, sondern nur die Wirklichkeit an und für sich, wie sie gewöhnlich Realität und Wahrheit heißt, ohne weder das eine noch das andere zu sein, darzustellen vermag, zu dem rührenden Mittel gegen die Wirklichkeit, dem Mittel der Sehnsucht und Sentimentalität flieht und allenthalben der Gemeinheit Tränen auf die Wangen macht und ein Ach Gott! in den Mund gibt, – wodurch seine Gestalten freilich gegen den Himmel über das Wirkliche hinaus sich richten, aber wie die Fledermäuse weder dem Vögelgeschlecht noch dem Tiergeschlecht, weder der Erde noch dem Himmel angehören, – und solche Schönheit nicht ohne Häßlichkeit, solche Sittlichkeit nicht ohne Schwäche und Niederträchtigkeit, solcher Verstand, der dabei vorkommt, nicht ohne Plattheit, das Glück und Unglück, das dabei mitspielt, jenes nicht ohne Gemeinheit, dieses nicht ohne Angst und Feigheit, beides nicht ohne Verächtlichkeit sein kann, ebensowenig kann die Philosophie das Endliche und die Subjektivität, wenn sie sie als absolute Wahrheit nach ihrer Weise in Begriffsform aufnimmt, dadurch reinigen, daß sie dieselbe mit Unendlichem in Beziehung bringt; denn dieses Unendliche ist selbst nicht das Wahre, weil es die Endlichkeit nicht aufzuzehren vermag. Wenn aber in ihr die Wirklichkeit und das Zeitliche als solches verschwindet, so gilt dies für grausames Sezieren, das den Menschen nicht ganz läßt, und für ein gewalttätiges Abstrahieren, das keine Wahrheit, besonders nicht praktische Wahrheit hat, und eine solche Abstraktion wird begriffen als schmerzerregendes Wegschneiden eines wesentlichen Stückes von der Vollständigkeit des Ganzen; als wesentliches Stück aber wird erkannt und als ein absolutes Ansich das Zeitliche und Empirische und die Privation. Es ist, als ob derjenige, der nur die Füße eines Kunstwerks sieht, wenn das ganze Werk seinen Augen enthüllt wird, darüber klagte, daß er der Privation priviert, die Unvollständigkeit verunvollständigt worden sei. Das Endliche erkennen ist ein solches Erkennen eines Teils und eines Einzelnen. Wenn das Absolute zusammengesetzt wäre aus Endlichem und Unendlichem, so würde die Abstraktion vom Endlichen allerdings ein Verlust sein, aber in der Idee ist Endliches und Unendliches eins und deswegen die Endlichkeit als solche verschwunden, insofern sie an und für sich Wahrheit und Realität haben sollte; es ist aber nur das, was an ihr Negation ist, negiert worden und also die wahre Affirmation gesetzt.
Das höchste Abstraktum jener absolut gemachten Negation ist die Egoität, wie sonst das Ding die höchste Abstraktion der Position; eins wie das andere ist selbst nur eine Negation des andern. Reines Sein wie reines Denken, – ein absolutes Ding und absolute Egoität sind gleicherweise die Endlichkeit zu einem Absoluten gemacht, und auf dieser einen und selben Stufe stehen, um von den andern Erscheinungen nicht zu sprechen, Eudämonismus und Aufklärerei, sowie Kantische, Jacobische und Fichtesche Philosophie, zu deren ausgeführterer Gegeneinanderstellung wir jetzt uns wenden.