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Ben Jochais Haus. Düsteres Gemach. Ausgang rechts und links.
Ben Jochai
(schreitet gegen den Vordergrund).
So rächt sich alles. – Wie mir die Gedanken
Lebendig werden aus vergessener Zeit!
Ich war Urias' Freund, als für Bathseba,
Sein Weib, der König David ward entbrannt.
Und weil er um sie buhlen wollte, sprach er, –
Noch klingt ja jedes Wort in meinem Ohr: –
»Es haben die Philister sich erhoben,
Ben Jochai, hör', ich fordre einen Dienst.
Entwirf den Plan zur Schlacht und nimm mein Siegel
Und schreibe dem Urias!« Was ich schrieb, –
War just genug, ihn ewig stumm zu machen,
So furchtbar war sein Platz; Urias fiel. – –
Ja, es gelang! Bathseba wurde Witwe,
Und, unbekümmert um den Fluch des Volks,
Nahm David sie zur Königin. Ich aber,
Ich war ein Schuft, ich opferte den Freund. –
Ich tat's um Gunst und hoffte zu gewinnen,
Doch nichts gewann ich, Undank war mein Lohn.
Denn Davids Sohn, erzeugt mit der Bathseba
Im Ehbruch, der nach Davids Tod den Thron
Mit Unrecht erbte, Salomo verachtet
Mich jetzt, wie einen ausgedienten Hund. –
Er weiß von seiner Eltern Schuld und haßt mich,
Er fürchtet mich vielleicht, denn als ich einst
Von ferne nur mit leisem Wort ihn mahnte.
Da sprach er glühend: »Aergert dich dein Kopf?« –
Da wußt' ich, wie es steht, und lernte schweigen.
Ich bin ihm nur von jener blut'gen Tat
Gleichsam der dunkle, nachgeworfene Schatten,
Sonst bin ich nichts. – Mein Weib! Mein ärmstes Weib!
(Nach einer Pause.)
Von seinen Knechten wie ein Tier gegeißelt!
Vor meinen Augen bis zum Tod zerfleischt!
Verhöhnt! – Bespuckt! – O unglücksel'ge Rachel!
Ja, jetzt bin ich im eignen Netz gefangen.
Es liegt auf mir ein Libanon von Schmach,
Und Davids Zepter ist ein Stab geworden.
Der hart mich züchtigt. – Wenn ich durch die Straßen
Jerusalems mich schleiche, halb vermummt,
So höhnt mich alles Volk und zeigt mit Fingern
Auf mich und ruft: »Gebt acht! Er stiehlt ein Kind!«
(Es pocht.)
O Rachel, als du dalagst, bleich und sterbend,
Den Leib zerstört, die Seele todeswund,
Und wälztest dich und konntest nur noch stöhnen:
Da dacht' ich des Urias. – Oh, nur Kraft! – – –
Ich will dich rächen! Herr, ich will die Gabe,
Die ich dem Armen oft und oft mißgönnt,
Vertausendfachen, wenn an diesem König
Die Rache mir gelingt, wie ich es will!
(Es pocht lauter.)
So spät ein Gast? Wer pocht?
(Er schließt die Türe auf, herein tritt mit Jägerspieß und Mantel Jeroboam.)
Jeroboam. Ben Jochai.
Jeroboam.
Wohnt hier Ben Jochai?
Ben Jochai.
Er selbst.
Jeroboam.
Verzeih', daß ich in dunkler Nacht
Eindringe, nm als Fremdling dich zu stören.
(Umblickend.)
Hier gibt's wohl Trauer? – Ich bin auch nicht froh; –
Da taugen wir zusammen.
Ben Jochai.
Deine Stimme,
Dein Ansehn, die Gestalt, – Jeroboam?
Du hier? Zu solcher Stunde?
Jeroboam.
Ja, Ben Jochai. –
Man sagte mir, du wärst mein ärgster Feind,
Man sagte mir, du wolltest mich verderben,
Ich glaub' es nicht und hier ist meine Hand. –
Doch, wo ist Rachel? Ist sie schon genesen?
Bist du allein? Ich hab' ein wichtig Wort
Mit dir –
Ben Jochai.
Du fragst, genesen meine Rachel?
Verhöhnst du mich? Genest man, wenn man stirbt?
Jeroboam.
Bei Gott! Das ist ein bittrer Schmerz! Gestorben?
Ben Jochai.
Zu Tod gegeißelt von des Königs Knechten –
Jeroboam.
Um jenes Kind? Das schickt sich furchtbar schön!
Es schickt sich herrlich! Macht uns nichts zu Freunden,
So ist es dies. – Auch ich bin wie gepeitscht,
Das heißt durch Hohn, und Hohn gleicht Skorpionen.
Der falsche König raubte mir mein Weib;
Da fiel mir ein, ich bin von Saul geboren,
Darum, Ben Jochai, komm' ich her zu dir.
Ben Jochai.
Dein Weib?
Jeroboam.
Jawohl, mein Weib, die jüngste Tochter
Des alten, blinden Ephraim, – der ist tot.
Ben Jochai.
Sie liebt den König?
Jeroboam.
Ja, der König freut sich
Der Liebe meiner Braut.
Ben Jochai.
Das wußt' ich Freund!
Jeroboam.
So komm' ich denn zu dir um Rat und Treue.
Ben Jochai.
Triumph! Du bist zum rechten Mann gekommen!
Ich kann dir raten, will dir raten, Freund.
Vertrau' dich mir nur an. Als ich dem König
Das Rätsel deiner Abkunft einst verriet,
War's wahrlich nicht, dich selber zu verderben.
Nur Ephraim, den Alten, meinen Feind.
Jeroboam.
Er weigerte dir Miriam zum Weibe,
Darum auch Rachels Haß, ich weiß es wohl. –
Doch heut bin ich gekommen, dich zu fragen
Als Freund, gib mir auch Antwort, wie ein Freund:
Wer war's, der mich nach Nebats Tod im Mantel
Zu Ephraim hinauftrug ins Gebirg?
Ich habe längst sein Angesicht vergessen
Und nie erfuhr ich, wo mein Retter blieb.
Ben Jochai.
Er stand dir nah'. Beim großen Fest des Tempels,
Bei deinem Einzug stand er vor dem Thron.
Ahia ist's, der Alte, der, um David
Zu züchtigen, als Werkzeug dich erkor.
Jeroboam.
So ist er's doch? Ich will ihm dafür danken!
Es war mir oft bei seiner Stimme Klang,
Als hört' ich einen Widerhall im Herzen. –
O ahnungsvolles Herz, so ist er's doch!
Ben Jochai.
Jetzt bist du ihm ein Talisman. Doch leider
Er ward gefangen. Wenn er nur noch lebt!
Jeroboam.
Ahia und gefangen?
Ben Jochai.
Ja, gefesselt.
Er reizte laut das wildempörte Volk,
Den neuerbauten Tempel zu zerstören,
Den Tempel der Aegypter vor der Stadt;
Da griffen ihn die königlichen Wächter
Und legten ihn in Eisen, er verschwand. –
Vernehmlich murrt das Volk. Den fremden Tempel,
Sie hätten ihn vielleicht mit stillem Haß
Ertragen, doch die Hand an den Geweihten
Des Herrn zu legen, reizte sie zur Wut.
Du kennst sie, wie sie sind. Vielleicht erbrechen
Sie auch den Kerker. Wenn sie ihn befrein,
Jeroboam, dann ist die Zeit gekommen,
Die deinen Ruhm auf ihre Schultern hebt.
Jeroboam.
Und die in Staub stürzt den verhaßten Heuchler!
Ben Jochai, du bist klug, sinn's aus, gib Rat!
Befrein wir meinen Retter! Ich will handeln!
Hier ist mein Haupt, mein Arm, mein Herz, mein Schwert.
Du kennst das Volk, ich nicht, ich will nur handeln!
Oh, eine Rache, der sich nichts vergleicht!
Ben Jochai (reicht ihm die Hand)
Sich nichts vergleicht!
(Heftiges Pochen.)
Wer klopft?
Ahia (draußen).
Tu auf, Ben Jochai!
Ein Mann in Ketten rasselt vor der Tür.
Ben Jochai (aufschließend).
Wie? Was? Ahia?
Jeroboam.
Schicksal, du erfüllst dich!
Ahia. Die Vorigen.
Ahia (seine Fesseln zeigend).
Jawohl, ich bin's, Ahia, seht mich an! –
Das Volk hat mich befreit. Hast du hier Freunde?
Ich seh' euch kaum. Mein Aug' ist völlig blind
Von Kerkernacht und von dem Glanz der Fackeln.
Das Volk hat mich befreit!
Ben Jochai.
Hier steht ein Freund,
(zeigt auf Jeroboam)
Hier steht ein Mann. Der Bart ist ihm gewachsen,
Und braun hat ihn die Sonne seit dem Tag
Gebrannt, wo du ihn aus dem Mordgemetzel
Entführt hast, und der Mann ist jetzt ein Held. –
Gedenk' des alten Plans! Ben Jochai freut sich,
Daß er euch eine Stätte bieten kann.
Die sicher ist. Denn wie der Schluf des Wolfes
Ist dieses Haus gemieden und verhaßt.
Ahia.
Ich danke dir. Nur Atem will ich schöpfen,
Denn dieses Volk hat mich beinah erdrückt.
Ja, weil ich weiß, daß sie dein Haus vermeiden,
Um Rachels willen, darum floh ich her.
Ben Jochai.
Nun, Rachel wird kein Aergernis mehr geben!
Kein Aergernis bis an den Jüngsten Tag!
Ahia.
So war's ihr Tod? Ich hört' es.
(Ihm die Hand reichend.)
Wir sind Freunde.
Dir hat der König furchtbar weh getan
In deinem Weib und uns im Glauben Gottes.
Jeroboam (vortretend).
Und mir wie euch, ich bin Jeroboam!
Ahia.
Ob ich dich kenne! Enkel Sauls, mein Fürst!
Ben Jochai (zu Ahia).
Ja, sprich den Schwur! Der Schwur soll ewig gelten!
(Stellt sich neben Jeroboam, der sich zwischen beiden aufs
Knie läßt.)
Der Rächer kommt! Hörst du's, mein totes Weib?
Ahia (feierlich).
Sohn Nebats, Enkel Sauls! Vom Hause David
Nimmt wiederum der Herr in seinem Zorn
Das Zepter und von David kehrt die Krone
Zu Saul zurück:
(Er zieht eine Kapsel aus der Brust und salbt ihm die Stirne.)
Ich tilge Salomo
Auf ewig aus, auf ewig – und ich salbe
Jeroboam mit dem geweihten Oel. –
Steh auf, du bist der König aller Juden!
Ben Jochai.
Hörst du's, mein Weib? Gepriesen sei der Herr!
Jeroboam, dem König, Preis und Ehre!
Jeroboam (sich erhebend).
So bin ich's denn! Zwar ohne Roß und Schwert,
Fast, wie ein Knecht, bin ich zu euch gekommen.
Ben Jochai.
Was liegt am Schmuck? Bleib in Ben Jochais Haus!
Wir sammeln Waffen. Salomo gibt Feste
In Jericho, ich folg' ihm klug dorthin,
Die Königin von Saba zu empfangen.
Indessen hast du Zeit.
Ahia.
Ja, laßt sie schwelgen
Und jubeln! Wir bereiten unser Werk. –
Das Volk steht fest zu mir –
Jeroboam.
Zu mir die Krieger –
Ben Jochai.
Und ich gewinn' die Wachen des Palasts.
Ahia.
Die Zeit geb' ich euch kund. Wenn er zurück ist,
Wenn er auf Zion mit der Freundin thront,
(zu Ben Jochai)
Ergreifst du deine Fackel, uns zum Zeichen,
Und schleuderst sie hinunter in die Nacht.
Ben Jochai.
Es soll geschehn zur Ehre meines Königs,
Ich schleudre meine Fackel in die Nacht.
Ahia.
Dann stürmen wir, dann soll das Ende kommen!
Noch einmal: Enkel Sauls und Sohn des Nebat,
Jetzt aber
(sich neigend) unser König, unser Herr, –
Gedenke dieser Stunde!
Jeroboam.
Sie verspricht mir
Ja neues Leben!
Ben Jochai und Ahia.
Heil Jeroboam!
(Jeroboam ab nach links. Beide folgen ihm.)
Verwandlung: Waldgebirge wie im ersten Akt. Langsam aus der Tiefe gegen den Vordergrund kommt
Sulamith.
Wo wandelt er, den meine Seele liebt?
Ihr Töchter von Jerusalem gebt Antwort!
Sein Wuchs ist hoch, als wie der Zedern Wuchs,
Und seine Stirn wie Libanon, gewaltig.
Komm' ins Gebirg! Ein Fels ist unser Thron,
Ein Baum ist unser Dach, und unser Teppich
Ist wildes Moos. Auf Rosen ruhn wir aus
Und Mund an Mund, und unser Bette grünet.
Ich schlief des Nachts, da wacht' ich plötzlich auf,
Mir war im Traum, als hört' ich deine Stimme;
Den Riegel öffnend lauscht' ich an der Tür,
Doch es blieb alles still, blieb alles dunkel.
Dich ängstlich suchend, eilt' ich durchs Gebirg
Und rief dich laut, doch nur die Blätter rauschten;
Dich ängstlich suchend stieg ich in das Tal,
So kam ich nach Jerusalem hinunter.
Wo ist mein Freund? So fragt' ich alles Volk,
Ihr Töchter von Jerusalem gebt Antwort!
Sein Wuchs ist hoch, als wie der Zedern Wuchs,
Und seine Stirn wie Libanon gewaltig.
Schön ist mein Freund, ihr Töchter, er ist schön,
Stolz ist sein Haupt, als wie das Haupt der Palmen;
Er war bei mir, ich hielt ihn in der Nacht
An meiner Brust wie einen Strauß von Myrten.
Du Liebling meiner Seele, kehr' zurück!
So rief ich aus, da hörten mich die Wächter
Am Tor der Stadt und sie verfolgten mich,
Sie haben mich verhöhnt, weil ich dich suchte. –
Komm' ins Gebirg! Ein Fels ist unser Thron,
Ein Baum ist unser Dach, und unser Teppich
Ist wildes Moos. Auf Rosen ruhn wir aus
Und Mund an Mund, und unser Bette grünet. – –
(Nach einer Pause, indem sie sich an die Stirne faßt.)
Mirjam hat recht! – Ich träum' am hellen Tag. – –
Sie sagten, eine Fürstin sei gekommen,
Ein reizvoll schönes Weib aus fremdem Land,
Und ihrer stolzen Anmut sei's gelungen,
Den König zu bezaubern. Sprecht ihr wahr?
(Indem sie eine Blume pflückt und wegwirft.)
Das Blümlein, das man täglich pflückt, zerpflückt man;
So kommt auch dies. Wohlan, ich bin bereit! –
Doch, wenn sie dann mit ihrem Mitleid kommen,
Mit ihrem Mitleid, dann erwacht mein Stolz.
Mit Sulamith ein Mitleid? O ihr Menschen,
Beneidet sie! Ihr habt zum Neid ein Recht!
(Mit heiterer Fassung.)
Wie kindisch bist du! Sind denn all die Reden
Auch wert, daß du sie hörst, daß du sie glaubst?
Nein, sie sind's nicht! Hier ruft's im tiefsten Herzen:
Du mußt es selbst, mit Augen mußt du's sehn,
Mit deinem eignen Ohr mußt du's empfangen,
Daß er dich nicht mehr liebt. Es kann nicht sein!
Ist Argwohn recht? Ist Argwohn seiner würdig?
Ist er schon treulos, weil er jetzt nicht kommt?
Kommt er nicht künftig? Still! Ich will dir glauben,
Will schweigen, hoffen, dulden, bis du kommst.
Und wenn du kommst, dann jauchz' ich dir entgegen:
»Geliebter meiner Seele, du bist mein!« –
Sulamith. Miriam mit Ben Jochai aus der Tiefe kommend.
Miriam.
Dort steht sie. Meldet selber Euern Auftrag.
Ben Jochai.
Nehmt Gott zum Gruß! Ihr kennt mich wohl nicht mehr?
Sulamith.
Ben Jochai?
Ben Jochai.
Der als Freund zugleich und Bote
An Sulamith vom König ward gesandt.
Sulamith.
Vom König? Laßt Euch danken. Doch ich staune, –
Es liegt so vieles Bittre zwischen uns,
Daß Ihr beinah mich dauert, daß der König
Für mich nicht einen andern Boten fand.
Ben Jochai.
Der Ring und dieses Siegel –,
Sulamith.
das ich kenne,
Bezeugt dein Amt. Was ist des Königs Wunsch?
Ben Jochai.
Um kurz zu sein, – denn herbes Wort will Kürze, –
Und ob ich gleich viel Schmerz durch Euer Haus
Empfing, – es tut mir leid, dir dies zu melden:
Der König will dir gnädig sein wie vor;
Doch, weil er eine Braut sich hat erkoren,
Belohnt er dich und greift in seinen Schatz
Und schenkt dir dieses Haus und diese Gärten
Und Gold und spricht: »Erwähl' dir einen Mann,
Den Schönsten, den du willst aus seinen Knechten,
Nur setze nie dein Leben lang den Fuß
Hinunter nach Jerusalem!« Der König
Bleibt dir geneigt, doch liebt er dich nicht mehr.
(Sulamith bebt.)
Miriam (sie haltend).
Entfärb' dich nicht! Ben Jochai hat gelogen!
Gesteh's! Du hast gelogen! Hast du nicht?
Ben Jochai (höhnisch).
Es ist so, wie ich sagte. Von Arabien
Hat er die Fürstin Balkis sich erwählt
Und macht sie jetzt zur Königin. Ich hätte
Euch Bessres gern berichtet, doch so ist's. –
Sulamith (sich hoch aufrichtend).
Du Heuchler, du! Oh, lebte doch mein Vater!
Oh, wär' ich nicht ein kraftlos schwaches Weib!
Die Geißel bist du wert, die deine Rachel
Getroffen hat, und mich betörst du nicht!
Ben Jochai.
So glaub', was dir gefällt! Ich hab' gesprochen.
Mein Auftrag ist zu Ende.
(Zu sich selbst.) Gift für Gift!. –
Sulamith.
Den Ring hast du entwendet und das Siegel
Gestohlen, denn du bist ein feiger Dieb!
Du lästerst deinen Herrn. Und jetzt hör' dieses:
Wenn ich, wie oft, den König flehend bat,
Das blut'ge Haupt des Mörders zu verschonen,
So fordr' ich von ihm deins. Nicht, weil du mich
Geschändet hast, nein, weil du deinen König
So furchtbar hast beschimpft, wie noch kein Mensch.
Ben Jochai.
Schon gut. Du bist im Zorn. Es wird das Ende
Entscheiden. Und der Dieb hat doch noch recht.
(Einen Beutel Gold auf die Erde werfend.)
Dies schickt durch mich die Königin von Saba;
Du dauerst sie, sie gibt dir dieses Gold.
Sulamith.
Siehst du, daß er nichts weiß, du feiler Schurke?
Sie hat's getan, sie gab dir schnöden Sold,
Sie hofft mir meine Liebe abzukaufen, –
(lacht)
Sie irrt sich und sie büßt's, und du mit ihr!
Oh, wär' ich doch ein Mann, doch jetzt ein Mann nur,
Ich hieb' dich nieder wie den wüt'gen Hund!
Miriam.
Sei ruhig, sei doch ruhig, meine Schwester!
Wie er vor unserm Vater einst das Aug'
Zu Boden schlug, weil dieser ihn den Mörder
Urias' nannte und ihn von der Schwelle
Zurückwies, als er um mich werben wollte,
So weisen wir ihm jetzt den Weg zurück.
Ben Jochai.
Ich geh' schon selbst. Laßt Eu'r Gold nicht liegen!
Miriam.
Hinweg! (Ben Jochai ab.)
Sulamith.
O meine Schwester! O mein Herz!
(Im Umwenden erblickt sie Simon, aus der Tiefe kommend; stumme Spannung.)
Simon. Die Vorigen ohne Ben Jochai.
Simon.
So sauer ist kein Weg mir noch geworden,
Als dieser Weg von Jericho zurück. –
Weißt du's? Ich war zum letztenmal dein Bote.
Führt mich ins Haus und gebt mir Speis' und Trank!
Oh, ich bin müd wie eine kranke Fliege.
Schick', wen du willst! Ich ging zum letztenmal!
Miriam.
Geht, kommt ins Haus!
Sulamith (Simons Arm fassend).
Nein, bleib, ich bitt' dich, Simon!
Sahst du den König? Wahrheit, Simon! sprich!
Simon.
Ich sah ihn.
Sulamith.
Und?
Simon.
Er lebt. –
Sulamith.
Er lebt? Was heißt das?
Noch immer in Gefahr? Ist's doch so? Sprich!
Simon.
Er hörte nicht, als ich ihn warnen wollte, –
Es stunden zuviel Gäste um ihn her, –
Die Königin von Saba wär' gekommen, –
Jetzt steht's nicht mehr bei uns, was ihm geschieht.
Sulamith.
Was ihm geschieht? Oh, nicht so schrecklich, Simon!
Es ist wohl schon geschehn? Verschon' mich nicht!
Miriam.
Ins Haus! Folgt mir ins Haus! Sei ruhig, Schwester!
Ich bitte dich, sei ruhig! Kommt ins Haus!
(Miriam geht ab.)
Die Vorigen ohne Miriam.
Simon (will ihr folgen).
Ja, kommt!
Sulamith (ihn festhaltend).
Nein, bleib' zurück! Du sagtest vorher:
Er lebt.
Simon.
Ja, Kind, er lebt.
Sulamith.
Nun, Gott sei Dank!
Doch wer bedroht ihn, wer beschützt ihn, Simon?
Simon.
Sein eigner Leichtsinn. – Wie mir ein Trabant,
Den ich am Weg zu Jericho gefunden,
Versichert hat, besteht ein stiller Bund,
In den man seine Wachen will verflechten.
Ben Jochai und Ahia, der Prophet,
Stehn an der Spitze, und man will zum König
Jeroboam erheben, den das Volk
Schon längst vergöttert. In der Mitternacht,
Beim nächsten Fest, wenn Salomo und Balkis
Auf Zion thronen, hebt Ben Jochai still
Die Fackel auf und wirft sie in die Gärten
Von der Terrasse, daß es weithin flammt.
Wenn dies geschieht, erhebt sich aus dem Tempel
Ahia, und Jeroboam führt das Volk
Wie losgelassne Meereswogen brausend
Zum Aufruhr der Empörung. Mein Trabant
Hat an den Leibarzt Memnon sich gewendet,
Bis jetzt umsonst; der König achtet's nicht.
Doch komm', denn Durst und Hunger brauchen Nahrung.
(Ab nach rechts.)
Sulamith ohne die Vorigen.
Sulamith.
Er ißt und trinkt! – Ja, geht nur alle, alle! –
Unmöglich wär's? Nein, es muß möglich werden!
Sein Leben hängt an einem einz'gen Wort!
Was zittr' ich denn? Was heißt Gefahr um ihn?
Der Tod ist nichts, um Salomo zu retten! –
Doch welchen Weg durch Garten und Palast?
Wie find' ich mich zurecht durch hundert Pforten?
Was klopft mein Herz? Ich will der Fackeln Schein,
Der Blumen Duft zu meinen Führern machen.
Der Glanz, der Sabas Königin umgibt,
Ist licht genug, um Salomo zu finden.
Hinweg! Ich bin kein Weib, ich bin ein Mann!