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Die Harfenjule
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Die Ballade des Vergessens.

In den Lüften schreien die Geier schon, lüstern nach neuem Aase. Es hebt so mancher die Leier schon beim freibiergefüllten Glase, zu schlagen siegreich den alt bösen Feind, tät er den Humpen pressen . . . Habt ihr die Tränen, die ihr geweint, vergessen, vergessen, vergessen?

Habt ihr vergessen, was man euch tat, des Mordes Dengeln und Mähen? Es läßt sich bei Gott der Geschichte Rad, beim Teufel nicht rückwärts drehen. Der Feldherr, der Krieg und Nerven verlor, er trägt noch immer die Tressen. Seine Niederlage erstrahlt in Glor und Glanz: Ihr habt sie vergessen.

Vergaßt ihr die gute alte Zeit, die schlechteste je im Lande? Euer Herrscher hieß Narr, seine Tochter Leid, die Hofherren Feigheit und Schande. Er führte euch in den Untergang mit heitern Mienen, mit kessen. Längst habt ihr's bei Wein, Weib und Gesang vergessen, vergessen, vergessen.

Wir haben Gott und Vaterland mit geifernden Mäulern geschändet, wir haben mit unsrer dreckigen Hand Hemd und Meinung gewendet. Es galt kein Wort mehr ehrlich und klar, nur Lügen unermessen . . . Wir hatten die Wahrheit so ganz und gar vergessen, vergessen, vergessen.

Millionen krepierten in diesem Krieg, den nur ein paar Dutzend gewannen. Sie schlichen nach ihrem teuflischen Sieg mit vollen Säcken von dannen. Im Hauptquartier bei Wein und Sekt tat mancher sein Liebchen pressen. An der Front lag der Kerl, verlaust und verdreckt und vergessen, vergessen, vergessen.

Es blühte noch nach dem Kriege der Mord, es war eine Lust, zu knallen. Es zeigte in diesem traurigen Sport sich Deutschland über Allen. Ein jeder Schurke hielt Gericht, die Erde mit Blut zu nässen. Deutschland, du sollst die Ermordeten nicht und nicht die Mörder vergessen!

O Mutter, du opfertest deinen Sohn Armeebefehlen und Ordern. Er wird dich einst an Gottes Thron stürmisch zur Rechenschaft fordern. Dein Sohn, der im Graben, im Grabe schrie nach dir, von Würmern zerfressen . . . Mutter, Mutter, du solltest es nie vergessen, vergessen, vergessen!

Ihr heult von Kriegs- und Friedensschuld – hei: der Andern – Ihr wollt euch rächen: Habt ihr den frechen Mut, euch frei von Schuld und Sühne zu sprechen? Sieh deine Fratze im Spiegel hier von Haß und Raffgier besessen: Du hast, war je eine Seele in dir, sie vergessen, vergessen, vergessen.

Einst war der Krieg noch ritterlich, als Friedrich die Seinen führte, in der Faust die Fahne – nach Schweden nicht schlich und nicht nach Holland 'chapierte. Einst galt noch im Kampfe Kopf gegen Kopf und Mann gegen Mann – indessen heut drückt der Chemiker auf den Knopf, und der Held ist vergessen, vergessen.

Der neue Krieg kommt anders daher, als ihr ihn euch geträumt noch. Er kommt nicht mit Säbel und Gewehr, zu heldischer Geste gebäumt noch: er kommt mit Gift und Gasen geballt, gebraut in des Teufels Essen. Ihr werdet, ihr werdet ihn nicht so bald vergessen, vergessen, vergessen.

Ihr Trommler, trommelt, Trompeter, blast: keine Parteien gibts mehr, nur noch Leichen! Berlin, Paris und München vergast, darüber die Geier streichen. Und wer die Lanze zum Himmel streckt, sich mit wehenden Winden zu messen – der ist in einer Sekunde verreckt und vergessen, vergessen, vergessen.

Es fiel kein Schuß. Steif sitzen und tot Kanoniere auf der Lafette. Es liegen die Weiber im Morgenrot, die Kinder krepiert im Bette. Am Potsdamer Platz Gesang und Applaus: Freiwillige Bayern und Hessen . . . ein gelber Wind – das Lied ist aus und auf ewige Zeiten vergessen.

Ihr kämpft mit Dämonen, die keiner sieht, vor Bazillen gelten nicht Helden, es wird kein Nibelungenlied von eurem Untergang melden. Zu spät ist's dann, von der Erde zu fliehe mit etwa himmlischen Pässen. Gott hat euch aus seinem Munde gespien und vergessen, vergessen, vergessen.

Ihr hetzt zum Krieg, zum frischfröhlichen Krieg, und treibt die Toren zu Paaren. Ihr werdet nur einen einzigen Sieg: den Sieg des Todes gewahren. Die euch gerufen zur Vernunft, sie schmachten in den Verlässen: Christ wird sie bei seiner Wiederkunft nicht vergessen, vergessen, vergessen.


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