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Maria Theresias ältester Sohn wurde 1741 geboren. Nach dem Tode seines Vaters wird er 1765 Kaiser und Mitregent der Mutter in den Erblanden, nach deren Tode, 1780, Alleinherrscher. Er stirbt 1790.
Er ist der Träger eines neuen Fürstenideals. Der aufgeklärte Despotismus Friedrichs des Großen, mit dem er Besuche tauscht, bleibt nicht ohne Wirkung auf ihn. Er hebt die Leibeigenschaft auf, schafft die Folter ab, bessert die Volksbildung, vereinheitlicht die Staatsverwaltung. Durch Beteiligung an der Aufteilung Polens vergrößert er Österreich um Galizien und die Bukowina, muß aber infolge des Widerstandes Preußens auf den Erwerb Bayerns verzichten.
Der Gegensatz zur Mutter beruht hauptsächlich auf feiner veränderten Stellung zur römischen Kirche, Sehr bald nach dem Ableben Maria Theresias sichert sein Toleranzedikt vom 13. Oktober 1781 den Protestanten und Griechisch-Katholischen freie Religionsübung zu.
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Schönbrunn, 24. September 1766.
... Wenn Sie auch viel Talente haben, so ist es doch nicht möglich, daß Sie die ganze Erfahrung besitzen und alle Umstände der Vergangenheit und Gegenwart kennen, um die Sachen allein machen zu können. Ein Ja, ein Nein, eine glatte Verweigerung wäre mehr wert gewesen, als dieses ganze Aufgebot von Ironie, wodurch Sie Ihr Herz erleichterten und das Sie Genugtuung darin finden ließ, die Geschmeidigkeit Ihrer eigenen Diktion zu bewundern. Hüten Sie sich davor, sich in Bosheiten zu gefallen. Ihr Herz ist noch nicht schlecht, aber es wird es werden. Es ist die höchste Zeit, daß Sie keinen Geschmack mehr an diesen Witzworten, diesen geistreichen Redewendungen finden, die nur dahin führen, daß man die andern betrübt und lächerlich macht, alle anständigen Menschen verjagt und schließlich glaubt, das ganze Menschengeschlecht verdiene nicht, geachtet und geliebt zu werden, weil man durch sein eigenes Benehmen alle Guten entfernt und den Schurken, Nachahmern und Schmeichlern Ihrer Talente die Tür offengehalten hat. Sie haben ein Beispiel an Sinzendorffs. Man kann ihnen Geist, Talente und angenehmes Wesen nicht absprechen, aber niemand kann es mit ihnen aushalten! sie sind schlechte Verwandte, schlechte Untertanen und taugen zu keinem Beruf, weder beim Militär noch in der Politik. Bei einem Herrscher wäre das Übel noch viel größer und würde sein eigenes Unglück und das aller seiner Untertanen sein.
Nach dieser langen Predigt, die Sie meinem für meine Kinder und meine Länder allzu zärtlichen Herzen verzeihen mögen, will ich Ihnen sagen, was an Ihren Talenten und Vorzügen ist. Sie sind eine Kokette des Geistes, und ohne Urteil jagen Sie ihm nach, wo sie ihn zu finden glauben. Ein Witzwort, eine Redewendung, die Sie in einem Buche finden oder von jemand hören, nimmt Sie gefangen, und Sie wenden sie bei der ersten Gelegenheit, ohne viel zu überlegen, ob es passend ist, an, ungefähr wie Elisabeth es mit ihrer Schönheit macht, ob sie nun dem Schweizer oder dem Fürsten gefällt, sie ist zufrieden ohne weiteren Anspruch.
Indem ich diesen Brief beschließe, nehme ich Sie beim Kopf, küsse Sie zärtlich und wünsche, daß Sie mir diese langweilige schlechte Redeweise verzeihen, indem Sie auf den Fonds sehen, aus dem sie kommt. Ich möchte nur Sie so geachtet und geliebt von jedermann sehen, wie Sie es verdienen, und daß Sie glauben, daß ich immer Ihre gute, alte treue Mama bin ...
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(Ohne Datum. November 1771?)
Mein lieber Sohn! Ich ziehe es vor, die Feder zur Hand zu nehmen; mein Herz ist von den verschiedensten Gefühlen zu gepreßt, um sich klar und ohne Rührung ausdrücken zu können. Es ist Grund genug da. Diese Reise Joseph war auch darin ein moderner Herrscher, daß er wiederholt seine Erblande sowie das Ausland prunklos und im Inkognito bereiste, bestrebt, überall mit eigenen Augen zu sehen. An diese Reisen knüpft sich seine dauernde Volkstümlichkeit und die Fülle der von ihm überlieferten Anekdoten., die Sie soeben beendet haben, wird stets für Sie hier und in der andern Welt eine sehr ruhmreiche Epoche sein, aber machen wir sie ebenso glücklich für jene Tausenden von Menschen, für die Sie Ihre Bequemlichkeit und Zerstreuungen opferten und mehr als einmal Ihre Gesundheit aufs Spiel setzten. Ihre Absichten können nicht zweifelhaft sein, sie sind immer von sehr überzeugenden Handlungen begleitet. Die meinigen sind Ihnen bekannt, und ich wage zu behaupten, daß Gott, der meine innerste Seele kennt, sieht, daß ich nur das öffentliche Wohl im Auge habe, selbst auf Kosten meines und Euer aller Wohl. Woher kommt es also, daß mit diesen wahren, gleichen Absichten die Dinge einen ganz andern Ausgang nehmen; daß wir oft verschiedener Meinung sind, daß wir uns streiten, daß sogar Mißstimmung daraus entstanden ist? Dieser Punkt beschäftigt mich seit langem und macht mich noch niedergeschlagener und zweifelhafter, als ich gewöhnlich bin. Ist das Übel nicht in uns selbst, daß wir von unseren eigenen Meinungen zu eingenommen sind? Wir wollen, daß die andern wie wir denken und handeln, während wir selbst über die Prinzipien oder Wege, auf denen wir dorthin gelangen wollen, verschiedener Meinung sind. Wir kennen unsere Neigungen, und jeder folgt der seinen. Wir beschäftigen uns mit den Fehlern des Andern und bessern und suchen die unsern nicht. Wir wirken zusammen und sind stolz darauf, das System allgemein zu machen, indem wir alle Zweige der Verwaltung vereinigen und so die Dinge, die denselben Zweck haben, vereinfachen. Wir wollen, daß alle unsere angestellten Minister in derselben Weise denken und arbeiten, und daß die Kosten sich verringern. Das sind die Gedanken, mit denen wir uns Tag und Nacht beschäftigen, und weshalb entspricht die Wirkung nicht unseren Absichten? Sie werden mir ein Vergnügen machen, mein lieber Sohn, mir über diese traurige Lage die Augen zu öffnen und mir mit Rat und Tat zu helfen. Der Mut beginnt mir zu fehlen, Sie sind davon erfüllt, Sie beginnen Ihre Laufbahn, die meine endet noch unglücklicher, als sie angefangen hat. Ich will mit Ihnen das Niederdrückende unserer Lage teilen. Ich kann meine Erfahrung durch Ratschläge für Sie nützlich machen, aber ich mochte Sie nicht hindern, das auszuführen, was Sie nach reiflicher Prüfung nützlich finden werden. Lassen Sie und also für unsere eigene Ruhe und Führung Grundsätze aufstellen, um unsere Völker glücklicher zu machen, als sie es sind. Dazu ist es nötig, daß wir selbst einig sind, mit der größten Aufrichtigkeit, Vertraulichkeit und Harmonie. Davon hängt alles Übrige ab, unsere eifrigen und guten Minister und Beamten werden unserem Beispiel folgen und mit Zuversicht und Freude arbeiten; die Art, wie sie jetzt arbeiten, ist recht anders.
Machen Sie mich aufrichtig, schriftlich oder mündlich, wie ich Sie stets gebeten habe, auf meine Fehler, meine Schwächen aufmerksam. Ich werde dasselbe tun, aber außer uns selbst soll niemand glauben oder ahnen, daß unsere Auffassungen verschieben sind. Im ersten Jahr, 1766, ging alles aufs Beste, erst seitdem gehen die Dinge einen verschiedenen Gang, weil wir beide an diesem Grundsatz nicht festgehalten haben. Sie sind so befähigt, Prinzipien zu bilden, machen Sie sich diese Mühe, mein lieber Sohn, für das öffentliche Wohl und unsere Ruhe. Wir wollen uns Grundsätze und Regeln vorschreiben; geben Sie sich die Mühe, sie zu Papier zu bringen, wir wollen sie miteinander besprechen, um ein unveränderliches Gesetz auszustellen; ich werde meinerseits darüber nachdenken.
Ich konnte meinem von der augenblicklichen Lage so bedrückten und vollen Herzen diese Aufklärung nicht versagen. Ich wäre vollständig niedergeschlagen, hätte ich nicht einen Sohn wie Sie, den mir die Vorsehung bewilligt hat, und solange Sie nicht dem Laster verfallen und Gottes heiligem Gesetz Treue und Glauben bewahren, darf ich noch hoffen, daß Sie der Retter Ihres Volkes sein werden. Dieser Gedanke läßt mich wieder aufleben, alles, was in mir ist, zu gebrauchen und Ihnen zu helfen, denn ich wäre zu glücklich, einen Sohn, der es auch besser verdient, glücklicher zu sehen.
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24. Dezember 1775.
Zwischen uns waltet ein großes Unglück; wir können uns beim besten Willen nicht verständigen. Es ist möglich, daß ich vom Kummer zu niedergedrückt bin, um weder das Vertrauen noch die Offenheit mir gegenüber zu sehen, die ich zu verdienen geglaubt habe, und das macht nun den Verdruß meines Lebens aus. Ich kann wohl sagen, daß ich mich sechsunddreißig Jahre nur mit Ihnen beschäftigt habe. Sechsundzwanzig Jahre sind glücklich gewesen, aber in dieser Stunde kann ich es nicht mehr sagen, ich werde mich den gelockerten Prinzipien in der Religion und den Sitten nie anpassen können. Sie lassen die Antipathie gegen die alten Sitten und die ganze Geistlichkeit zu sehr sehen und Sie haben zu freie Prinzipien, was Moral und Führung anbetrifft. Ihre heikle Lage versetzt mein Herz mit Recht in Unruhe und läßt es für die Zukunft zittern. Alles das ist schon zu sehr durchgedrungen, und man weiß Nutzen daraus zu ziehen. Diese Nacht und diese Tage sind zu festlich, um sich mit einem Entschluß, wie Sie ihn von mir fordern Kaiser Joseph II. hatte seine Mutter infolge der steten Mißhelligkeiten gebeten, ihn von der Würde eines Mitregenten zu befreien., zu beschäftigen, ich werde ihn Ihnen nach dem neuen Jahr kundtun. Sie können mir wohl glauben, daß mein Herz dadurch mehr als betrübt ist, wenn ich sehe, wie wenig das Ihre mit ihm übereinstimmt, und wie Sie Ihre alten Vorurteile vorziehen. Ich wünsche, daß Sie dadurch glücklicher werden, als ich es bin.
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5. Juli 1777.
Dieses Schreiben wird Sie in der Schweiz erreichen. Die Leute da werden den Wert Ihrer Gegenwart nicht schätzen. In diesem Asyl aller Extravaganten und Verbrecher leben zwei Frauen, die Sie hoffentlich nicht empfangen werden. Diese Frauen wären unverschämt genug, es zu versuchen, und ich muß zu meinem großen Kummer sagen, daß, was Religion anbetrifft, nichts mehr zu verderben ist, wenn Sie wirklich auf dieser allgemeinen Toleranz zu bestehen gedenken, die, wie Sie sagen, Ihr Prinzip geworben ist, das Sie nie ändern werden. Ich hoffe doch, und ich werde nie aufhören, Gott zu bitten und würdigere Leute, als ich es bin, bitten zu lassen, daß Sie Gott vor diesem Unglück bewahre, welches das größte sein würde, das die Monarchie je erlitten hat. Sie glauben, sich dadurch Bauern zu verschaffen, sie sich zu erhalten und herbeizuziehen, aber Sie werden Ihren Staat ruinieren und die Ursache des Verderbens so vieler Seelen sein. Wozu führt es, die wahre Religion zu besitzen, wenn Sie sie so wenig achten und lieben, daß Ihnen nichts daran liegt, sie zu bewahren und zu verbreiten? Ich sehe diese Gleichgültigkeit nicht bei allen Protestanten; im Gegenteil, ich möchte wünschen, daß man ihnen nachahmt, kein Staat kann diese Gleichgültigkeit bei sich billigen. Sie werden es an dieser abscheulichen Schweiz sehen; man sieht und probiert täglich, was sich im Reich, England, Sachsen, Baden, Holland usw. außer in Preußen zuträgt; aber ist das Land darum glücklicher? Hat es Bauern, diese zum Glück des Staates so notwendige Menschenrasse? Es gibt kein Land, das weniger glücklich und darin rückständiger wäre als diese Gegenden. Ehrlichkeit und unwandelbare Lebensregeln sind nötig, wo wollen Sie sie finden oder bewahren?
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Ohne Datum, Juli 1777.
Ohne herrschende Religion? Die Toleranz, der Indifferentismus sind gerade die wahren Mittel, um alles zu untergraben und der Stütze zu berauben: wir würden die Hereingefallenen sein. Nicht das Edikt von Nantes hat diese Provinzen ruiniert; in Bordeaux gab es nie ein Edikt, und das Land ist darum nicht reicher; das sind diese unglückseligen Verpachtungen, die schlechte Verwaltung, die schwachen oder intriganten Minister, die dieses so vorteilhaft gelegene Königreich ruiniert haben: das ist der Mangel an Religion bei diesen Beamten, die sich nur mit ihren Interessen und Leidenschaften beschäftigen, der alles ruiniert. Was kann man dieser Art Leute für Zügel anlegen? Keinen, weder den Galgen noch das Rad, außer der Religion. Man muß also grausam werden, »kein Menschenfreund« Die Worte in Anführungszeichen sind auch im Original deutsch., das ist ja die Phrase, die schon so verbraucht ist, daß sich jeder dabei denken kann, was er will. Ich spreche nur als Politikerin, nicht als Christin: nichts gibt es, was so nötig und heilsam wie die Religion ist. Wollen Sie erlauben, daß jeder sich eine nach seiner Phantasie macht? Was wird aus uns, wenn es keinen festen Kult, keine Unterwerfung unter die Kirche gibt? Ruhe und Zufriedenheit werden nicht daraus entstehen; das »Faustrecht« und andere unglückliche Umstände, welche schon einmal dagewesen sind, werden folgen. Solch' eine Äußerung Ihrerseits kann das größte Unglück hervorrufen und Sie für viele tausend Seelen verantwortlich machen, aber urteilen Sie, was ich um Sie wegen Ihrer irrigen Prinzipien erleide. Es handelt sich nicht allein um das Glück des Staates, nicht um Ihre Erhaltung, nicht um einen Sohn, der seit seiner Geburt der einzige Zweck meiner Handlungen ist, es handelt sich um Ihr Seelenheil. Dadurch, daß Sie viel sehen und hören und diesen Widerspruchsgeist mit Schaffensdrang verbinden, verderben Sie sich und ziehen die ganze Monarchie mit ins Verderben und machen alle die Sorgen Ihrer Vorfahren umsonst, die uns durch viele Bemühungen diese Provinzen hinterlassen haben und sie noch sehr verbessert haben, indem sie unsere heilige Religion einführten, nicht wie unsere Gegner mit Gewalt und Grausamkeit, sondern mit Arbeit, Mühsal und Kosten. Kein Geist der Verfolgung, aber noch weniger der Gleichgültigkeit oder der Toleranz soll mich leiten solange ich lebe, und ich wünsche mir nur so lange zu leben, bis ich zu meinen Vorfahren mit dem Trost hinabsteigen kann, daß mein Sohn ebenso groß, ebenso religiös wie seine Vorgänger sein und von falschen Vernunfteleien und schlechten Büchern sich abwenden wird wie von denen, die ihren Geist auf Kosten von allem leuchten lassen, was es nur Heiliges und Verehrungswürdiges gibt und eine eingebildete Freiheit einführen wollen, die niemals existieren kann, und die nur in Ungebundenheit und allgemeinen Umsturz ausartet.
Verzeihen Sie mir diesen langen Brief, diese weite Abschweifung; ich liebe Sie und meine Staaten zu zärtlich, um nicht damit beschäftigt zu sein, und da ich mich nur alle vierzehn Tage mit Ihnen unterhalten kann, bin ich immer von Gedanken und Geschäften erfüllt. Es freut mich sehr, daß es schon Juli ist, das wird der letzte Monat sein, daß ich Sie nicht sehen werde; ich habe ein großes Verlangen nach dem Trost, Sie endlich einmal dauernd seßhaft zu sehen, da meine persönlichen Fähigkeiten zu versagen beginnen.
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den 12. April (1778).
Mein lieber Sohn! Ich kann mir den Trost, der den Getrennten bleibt, nicht versagen und quäle Sie mit meinem Gekritzel. Es gibt nichts Neues, außer dem Kurier aus Rußland, der nach dreiwöchiger Verzögerung noch keine Antwort bekommen hat, weil man das, was man zu antworten hat, vom König Friedrich dem Großen. Es handelt sich um die Verhandlungen, die dem Ausbruch des Bayrischen Erbfolgekrieges vorangingen. erwartet. Kaunitz hat sich gut benommen, nachdem er noch zwei weitere Tage wartete, hat er diesen zurückgeschickt, weil er noch einen anderen an der Hand hat. Wir sind überall ohne Hilfe, und wenn der Krieg angefangen hat, wird sich alles erheben und Partei ergreifen. Sie können sich wohl denken, daß ich mich mit Ihrem Brief beschäftigt habe; ohne viel zu hoffen, bitte ich Gott recht aufrichtig, daß er das harte Herz unseres Gegners bekehre und Ihre guten Absichten segne.
Ich lasse beten ohne zu sagen weshalb; ich habe Kaunitz gesehen; er schien mir nachdenklicher, es ist Grund genug da ... Von gestern Abend zehn Uhr an hat es bis heute früh geregnet, aber nach Tisch war das schönste Wetter. Sonnabend werden Sie die erste Sendung von hier haben, ich werde fortfahren, wenn es Ihnen recht ist, Ihnen dies; Auszüge zu schicken; wegen der anderen Angelegenheiten wird Koller Ihre Befehle empfangen haben. Kaunitz schien mir mit den Befehlen für die niederländischen Truppen einverstanden zu sein. Man fürchtet dieses Korps noch immer im Reich. Ihre Abreise hat überall eine Leere und unglaubliche Traurigkeit hinterlassen, stellen Sie sich vor, was eine Mutter in meinem Alter fühlen muß. Man entreißt mir zwei Söhne und einen Schwiegersohn, wie oft habe ich an jene armen Frauen gedacht, denen man mit Gewalt ihre Kinder nimmt, während die meinen freiwillig gehen und geschützt sind, so sehr es möglich ist, und sie fehlen mir doch, um mich zu stützen. Was ist der Krieg für ein schlimmes Handwerk! Er ist gegen die Menschlichkeit und das Glück. Ich wünsche, daß Sie mit den Truppen und Anordnungen zufrieden sind. Ich umarme Sie zärtlich.
Die italienische Post ist soeben angekommen, ich füge Ihnen hier meine beiden Briefe bei, wodurch ich Sie als guten Patriarchen behandle.
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24. Mai 1778.
Mein lieber Sohn! Ich weiß nicht, ob Kaunitz diesen Gardisten, der, wie ich glaube, sieben Sprachen spricht und aus Siebenbürgen ist, mit der Sendung für Cobenzl und Sie betrauen wird, oder ob er einen besonderen Kurier gesandt hat, ohne mich gestern abend zu benachrichtigen. Das würde mir sehr leid tun, weil ich nicht einige Zeilen hinzufügen konnte. Sie werden zu dieser Stunde von Ihrer Rundreise zurück sein, seit drei Tagen haben wir Regen, und es ist ziemlich kalt. Ich gedenke, mir morgen einen Aderlaß geben zu lassen, ich fühle mich unruhig und echauffiert und kann nur wenig schlafen. Dabei bin ich nicht krank; alle Leute finden, daß ich gut aussehe. Ich habe Ihren Rat befolgt und meine Besorgnisse wegen des Krieges, den ich für unausbleiblich halte, gezeigt. Das hat mich kein Studium gekostet, es entspricht ganz meinen Gefühlen, trotz allem, was Sie mir aus Berlin sandten, vermindern sich meine Befürchtungen nicht, und ich fürchte rasend vor dem ersten Anfang. Man sagt, daß der König noch eine neue Erfindung mörderischer Geschütze, die weit tragen, gemacht hat, er ist sehr eifersüchtig darauf und hält sie in »Verschläge« Das Wort auch im Original deutsch. eingepackt, damit man sie nicht sieht, sie kommen aus Wesel. Alle diese Erfindungen, die zur Vernichtung der Menschen dienen, bringen mich zur Verzweiflung.