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Geboren 1752, gestorben 1814, heiratete am 12. Mai 1768 den König Ferdinand von Neapel und Sizilien. Diese Instruktion verfehlte, wie der Lebenslauf der Königin Karoline zeigt, völlig ihre Wirkung. Die Mahnung Maria Theresias, sich nicht in die Regierungsgeschäfte zu mischen, blieb fruchtlos: Karoline herrschte unumschränkt über den König und das Reich. Und wenn die Mutter ihr schreibt: »Es würde Ihnen schlecht anstehen, den Engländern Zuneigung zu zeigen«, so hat es Karoline zeitlebens mit den Engländern gehalten. Ihr Premierminister war ein Engländer John Acton, Lady Hamilton, Lord Nelsons Geliebte, ihre Vertraute: Lord Nelson selbst half ihr im Kampfe gegen Frankreich. Denn seit der Hinrichtung Marie Antoinettes wird Karoline, die von der männlichen Entschlußkraft ihrer Mutter am meisten geerbt hatte, die Rächerin ihrer Schwester und ermüdet nicht im Kampfe gegen die französische Revolution und Napoleon, zumal sie durch ihre Heirat ein Mitglied des in Frankreich abgesetzten Hauses Bourbon geworden war. So ist sie das einzige der Kinder Maria Theresias, das im napoleonischen Zeitalter eine große Rolle gespielt hat. Napoleon nannte sie in dem Dekret, das die Absetzung der Bourbons in Neapel aussprach, um das Reich seinem Bruder Josef zu übertragen, eine »verbrecherische Frau«.
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Undatiert (Anfang April 1768).
Meine liebe Tochter! Ich habe nie etwas unternommen, das mich so interessierte und beschäftigte und das mir zugleich so viel Stoff zum Nachdenken und zur Unterhaltung bot, als die Sorge, die ich übernahm, um Sie zu befriedigen durch Ratschläge für Ihre zukünftige Stellung. Man muß sie unter zwei Gesichtspunkten betrachten: der eine betrifft Ihre Ehe und der andere Ihre Eigenschaft als Souveränin. Ich werde versuchen, soviel es mir meine zärtliche Liebe zu Ihnen und meine Lebenserfahrungen eingeben, Ihnen wenigstens die Hauptgrundsätze über diese beiden Gegenstände zu geben. Obgleich es so viel Bücher giebt, die diese Materien gründlich behandeln und zwar besser als ich es zu tun vermöchte, so genügt mir Ihr Vertrauen in mich, um mich dieses Werk unternehmen zu lassen, trotzdem es mich etwas Mühe kostet. Ich habe Gott recht angefleht, mich genügend zu erleuchten, damit ich imstande bin, Sie gut zu beraten und dadurch zu Ihrem gegenseitigen Glück beizusteuern, welches die Hauptsorge einer Sie zärtlich liebenden Mutter ausmacht. Ich fange an mit Ihren Pflichten als Königin und als Gattin und lasse zum Schluß die folgen, die sich auf Ihr Privatleben beziehen.
Ich spreche Ihnen nur von Ihren Pflichten im großen und ganzen, und bitte Sie, alle Quatember die Ratschläge einer Mutter durchzulesen, die nur für Ihre Kinder lebt, sie alle zärtlich liebt und die nur den Wunsch und nie ein anderes Ziel gehabt hat als vor allem ihr Seelenheil und alsdann ihr Glück auf dieser Welt, das nicht ausbleiben kann, wenn Sie nie den Pfad der Tugend verlassen und wenn Sie genau Ihre religiösen Pflichten zu Hause und im öffentlichen Leben erfüllen. Da der liebe Gott Sie zum Herrschen bestimmt hat, müssen Sie ein Beispiel geben, besonders in dieser entarteten Zeit, wo man unsere heilige Religion so wenig ausübt und liebt. Die Großen scheinen sich zu schämen, Religion zu haben und sie zu bekennen, und was das Volk betrifft, so ist es zum großen Teil in Aberglauben befangen, den man zwar nicht vor den Kopf stoßen darf, man muß aber suchen, die Geister nach und nach zurückzuführen durch Einsetzung eifriger Pfarrer und guter Schulmeister, um wenigstens die Jugend zu bilden, da es schwierig ist, Leute im späteren Alter zu ändern. Es ist also Hauptpflicht eines Souveräns, sich ohne Unterlaß damit zu beschäftigen.
Das Beispiel eines Souveräns ist allmächtig. Betrachten Sie das Ihres Bruders Leopold., der mir sehr zum Trost gereicht, da er mit Eifer zum Abendmahl geht und alle seine religiösen Pflichten erfüllt. Ich hoffe, daß Sie es ebenso machen werden, jedoch immer mit Einwilligung Ihres Beichtvaters Der bisherige Beichtvater Karolinens, der Domherr Anton Bernhard Gürtler, folgte ihr nach Neapel., dessen Warnungen und Ratschlägen Sie sich in allem, was Ihr Gewissen betrifft, unterwerfen müssen. Wenn Sie nicht dieses Vertrauen in ihn haben, nehmen Sie sich lieber einen andern; im Punkt der Leitung Ihres Gewissens müssen Sie beruhigt sein, da der geringste Zweifel Sie in große Gefahren und Verwirrungen führen könnte und auf diesem Gebiet nichts leicht zu nehmen ist. (Erinnern Sie ihn immer, Ihnen aufs klarste und reinste die Wahrheit zu sagen; er soll Sie in nichts schonen und Sie behandeln wie alle übrigen Menschen, Sie müssen es ihm wenigstens alle Quatember wiederholen. Da er ein Mensch ist wie die andern, könnte er sonst darin nachlassen, vor allem, wenn er sähe, daß es Ihnen mißfällt, aber wenn Sie ihn anfeuern, seine Pflicht zu tun, wird er mit um so größerer Genauigkeit sich ihr unterziehen. Auch müssen Sie zugleich seine Meinung und Ratschläge mit Ehrfurcht, Milde, Demut und Unterwerfung in Empfang nehmen, damit er sich nicht einbildet, die Wahrheit mißfalle Ihnen oder erbittere Sie. Als Souveränin haben Sie einen schwierigeren Stand als eine andere Frau. Auch hoffe ich, da die Quatember Bußtage sind, so werden Sie sich alsdann mit mehr Sorgfalt sammeln, indem sie eingehender über Ihre Pflichten nachdenken und darüber, wie Sie das verflossene Vierteljahr verbracht haben, und Gottes Beistand anrufen, damit er die Vorsätze stärke, die Sie für das kommende Vierteljahr fassen.
Sie dürfen Ihren Beichtvater in keine andere Angelegenheit, sei sie allgemeiner oder privater Natur, hineinziehen, als in die, welche Ihr Gewissen und seine Anleitung, Religion oder Sitte betrifft. Wer könnte Ihnen in diesen Dingen bessere und umfassendere Ratschläge erteilen? Ich zittere, wenn ich sehe, wie der Unglaube überall zunimmt. Weit davon entfernt, die Religion in Ehren zu halten, bemühen sich diejenigen, die welche haben, sie zu verbergen. Ein Wort am rechten Ort, ein ernster Blick, der die sich Erdreistenden zum Schweigen bringt, tun sehr gute Wirkung, und es gehört zu unsern Pflichten, sie hervorzubringen.
In Sachen Ihres Gewissens und Ihres Verhaltens verbergen Sie Ihrem Beichtvater nichts oder suchen Sie sich im Zweifelsfall noch einen Theologen, dessen Sitten und Wissen bewährt sind, um seinen Rat einzuholen. Für seine Seele kann man nicht zu viel tun.
Man muß ihre Lehren befolgen und aufrichtig mit ihnen sprechen, ohne sie jedoch in das Privatleben hineinzuziehen oder auf vertraulichem Fuß mit ihnen zu stehen. Betrachten Sie sie stets voll Ehrfurcht und als Ihre Richter! Erzählen Sie ihnen weder Geschichtchen noch verwickeln Sie sie in irgend welche Angelegenheit! Vor allein dürfen Sie nicht mit Ihren Leuten vertraut werden und sich auch nicht mit Ihnen unterhalten. Man kann zwar nicht verhindern, daß sie Sie sehen, aber sie sollen nicht in Verbindung mit Ihnen treten. Aus diesem Grunde ist es besser, sie fortzuschicken, als sie zu lange in den Vorzimmern warten zu lassen, was unfehlbar eine Vertraulichkeit erzeugen würde.
Achten Sie diejenigen, die die Religion lieben und pünktlich in ihrer Ausübung sind, und zeigen Sie Ihre Achtung! Schenken Sie ihnen Aufmerksamkeit, zeichnen Sie sie aus, und lassen Sie die andern, die von ihren Religionspflichten abweichen, das Gegenteil fühlen. Das sind die einzigen Mittel, deren ich mich immer mit gutem Erfolg bedient habe. Ich wünsche, daß es an Ihrem Hof ebenso ordnungsmäßig hergehen möchte wie an dem meinen, und daß er auch solch eine Fülle von guten Christen, ehrlichen Männern und Frauen und Leuten von tadellosen Sitten haben möchte, wie ich das Glück hatte, sie bis heute um mich zu sehen. Aber um dahin zu gelangen, bedarf es ständiger Aufmerksamkeit, die nie erlahmt, da das geringste Wort oder die kleinste Nachgiebigkeit alles erschüttern kann.
Ich wage sogar, Ihnen die Versicherung zu geben, daß nicht nur Ihr Seelenheil, sondern auch Ihr irdisches Glück davon abhängig ist. Ohne Religion keine guten Sitten, kein Glück, keine Ruhe in irgend welchem Stand, am wenigsten im Ehestand, dessen Süßigkeit doch das einzige wahre Glück auf dieser Welt ist. Ich wünsche es Ihnen ebenso vollkommen, wie ich es neunundzwanzig Jahre hindurch besessen habe.
Bemühen Sie sich durch alle Ihre Handlungen und Reden zu zeigen, daß Sie nur Tugend und Gradheit lieben und schätzen, daß Sie Ihr Vertrauen nicht leichtfertig verschenken, und daß Sie es nur rechtschaffenen Leuten gewähren. Seien Sie gegen jedermann gnädig; zeigen Sie keinen Hochmut, aber seien Sie noch weniger vertraulich, am wenigsten gegen Männer. Sie sind sehr jung, desgleichen Ihr König; hüten Sie sich vor Leuten Ihres Alters, es wäre Ihnen natürlich, sie andern vorzuziehen, machen Sie sie jedoch nie zu Ihren Vertrauten, und hören Sie nicht auf ihre Berichte! Sie können sich mit ihnen amüsieren, aber ohne mit ihnen vertraulich zu werden.
Aller Anfang ist schwer, und Ihre Lage ist schwieriger als die einer andern, aber Gott, der Sie seit Ihrer Kindheit sichtlich beschützt hat, wird seine Hand nicht von Ihnen nehmen, wenn Sie auf dem Pfad der Tugend bleiben, wenn Sie in Ihren Gebeten, in der Ausübung der Frömmigkeit und vor allem in der geistlichen Lektüre genau sind. Sie sind mit einer schönen Bibliothek versehen; ich empfehle Ihnen, die moralischen Abhandlungen über die Evangelien zu benutzen. Vielleicht haben Sie das Glück, dem König Geschmack an der Lektüre beizubringen, an die Sie sich um so genauer halten müssen, als Sie nicht alle Sonntage Predigten haben werden, die in Italien gewöhnlich nur im Advent und in der Fastenzeit gehalten werden. Wenn es aber welche gibt, dann versäumen Sie nicht, ihnen beizuwohnen und lassen Sie auch Ihren ganzen Hof teilnehmen.
Das Almosen ist eine weitere Hauptpflicht. Ich glaube, mit Rücksicht auf Ihre Einkünfte genügt es, Ihrem Beichtvater monatlich hundert Gulden für die Armen zu geben. Ich sage nicht, daß Sie sich auf diese Summe beschränken sollen, aber ich glaube, Sie könnten sie festsetzen. Im Übrigen ist eine große Fürstin gezwungen, mehr zu geben, doch möchte ich nicht, daß Ihre Geschenke durch die Hände der Frauen oder selbst der Damen gingen. Sie könnten durch den Minister oder irgendeinen andern Ehrenmann von den Bedürfnissen Ihres Nächsten unterrichtet werden, und alsdann heißt es, ihm helfen, soviel Sie können, selbst wenn Sie irgend ein Vergnügen aufgeben müßten, was das Almosen nur desto verdienstlicher macht.
Mischen Sie sich nur so weit in Geschäfte ein, als der König es wünscht und Sie glauben, Sie könnten ihm nützlicher sein als jemand anderes. Das ist eine sehr kitzliche Frage; eine andere Mutter würde Sie antreiben, zu suchen, an den Geschäften teilzunehmen, aber ich kenne nur zu gut ihre ganze Schwere und Mißlichkeit, um Sie da hineinziehen zu wollen. Soweit Sie es können, sind Sie gezwungen, Ihrem Nächsten zu helfen und zu nützen. Möge er bei Ihnen wenigstens Linderung in seinen Nöten finden, indem Sie ihn anhören und trösten, aber nichts darf geschehen ohne Genehmigung und Zustimmung des Königs. Wenn er Sie auch an der Regierung teilnehmen lassen will, Sie von den Geschäften unterrichtet und mit Ihnen davon spricht, Sie um Rat fragt, so lassen Sie es niemals merken, lassen Sie ihm vor der Welt die ganze Ehre, begnügen Sie sich mit seiner Liebe und seinem Vertrauen als einzigem Gut, das unbezahlbar ist. Wenn es Ihnen gelingt, durch Ihr ordentliches Betragen, Ihre Genauigkeit in der Pflichterfüllung, Ihre äußere Anmut, Ihre Leutseligkeit, Ihre Bereitwilligkeit, allen Wünschen Ihres Gatten zuvorzukommen, wenn Sie als einziges Ziel haben, ihm zu gefallen und nützlich zu sein, wenn Sie erst diesen Punkt erreicht haben, der sehr von Ihrem ersten Auftreten abhängt, so wird Ihnen das übrige leicht sein und mühelos auszuführen. Es kommt also darauf an, das Herz und Vertrauen Ihres Gatten zu gewinnen, aber Sie müssen es verdienen, und Sie können es nur erwerben, indem Sie sich durch Anmut und Gefälligkeit liebenswert machen, ohne ihn je Überlegenheit fühlen zu lassen; das ist eine Hauptsache, deren Fehlen vielleicht die einzige Ursache der geringen Eintracht ist in vielen Ehen. Sie müssen sich in den Geschmack Ihres Gatten schicken, und wenn da etwas nicht ganz ordnungsmäßig wäre, so suchen Sie, ihn davon abzubringen, indem Sie es durch Besseres ersetzen, aber tun Sie nie, als wollten Sie ihm imponieren oder ihn kritisieren, was sich keineswegs schicken würde. Man würde sich dessen vielleicht bedienen, um ihn Ihnen zu entfremden, indem man ihm fühlbar macht und ihn glauben lassen könnte, er befände sich in einer Art Abhängigkeit von Ihnen, was das größte Unglück wäre. In Güte und Zärtlichkeit kann man wohl fühlen lassen, daß einem gewisse Dinge Kummer machen, aber stets ohne Vorwürfe und lange Erklärungen anzuwenden, noch weniger Wortwechsel. Das Schweigen ist der sicherste Weg, nachdem man einmal ohne Bitterkeit oder herrschsüchtige Miene sein Empfinden ausgesprochen hat, vielmehr mit freundlichem Gesicht, in verhaltenem Ton, ja selbst unter Liebkosungen. Das Vertrauen Ihres Gatten müssen Sie immer und bei allem zu erhalten suchen, das sei Ihr einziges Ziel. Man gewinnt nur, indem man sich durch Gefälligkeit Achtung verschafft, ohne in Zorn auszubrechen oder imponieren zu wollen. Sie wissen, daß die Frauen ihren Gatten Untertan sind, deren Willen und selbst ihren Launen, wenn diese unschuldig sind; es gibt keine Ausnahme von dieser Regel, und man läßt ihnen hierin durchaus keine Gnade zuteil werden. Sie können also nur glücklich sein, wenn sie durch Sanftmut das Vertrauen und die Achtung ihrer Ehemänner gewinnen. Ich kann Ihnen dieses Mittel nicht oft genug wiederholen.
Sie brauchen keine Günstlinge, weder männlichen noch weiblichen Geschlechts. Diese Art von Leuten verursacht immer Störungen, und Sie müssen im allgemeinen für alle da sein. Sollten Sie aber im Laufe der Zeit einen Günstling anerkennen, so müssen Sie betonen, daß der Vorzug, den Sie diesem oder jener erweisen, stets mit Einwilligung des Königs geschieht, ohne welche Sie nichts tun wollen. Sind Sie seines Beifalls jedoch sicher, so haben Sie niemand Rechenschaft von Ihren Handlungen abzulegen.
Da ist noch ein zweiter heikler Punkt sowohl in Bezug auf Sie als auf das Land, welches Sie bewohnen worden. Da es sehr viele deutsche geniali gibt, so vergessen Sie nie, daß Sie als Deutsche geboren sind, und bemühen Sie sich immer die Eigenschaften zu bewahren, die für unser Volk charakteristisch sind: Güte und Gradheit. Durch Ihre Fürsprache sollen Sie diese Leute beschützen, aber ohne impegno und indem Sie eingedenk bleiben, daß es manche gibt, die unter dem Äußeren von geniali ihre eigene Gehässigkeit oder Interessen verbergen. Ich hoffe, daß der König denen gnädig sein wird, die der letzte Krieg unglücklich gemacht hat. Da es jedoch bei jeder Regierung Unzufriedene gibt und es in Neapel deren in der Tat viele geben soll, besonders unter dem Adel und der Geistlichkeit, weil sie etwas kürzer gehalten werden, als zu der Zeit, da mein Haus noch im Besitz dieses Königreiches war, wo sie wirklich mächtig und despotisch waren, ohne meinem Hause mehr Anhängigkeit zu zeigen: so wird man Sie massenhaft mit Klagen überschütten. Hüten Sie sich, sich dadurch einnehmen zu lassen, hören Sie alle an, wenn Ihr König damit einverstanden ist, geben Sie ihnen gute Worte, indem Sie ihnen Hoffnung machen, daß Sie dem König davon berichten würden, aber daß das alles wäre, was Sie tun könnten, da Sie seiner Denkungsart sicher sind, daß er nur wünscht, was der Wahrheit und der Gerechtigkeit entspricht, daß Sie über nichts Bescheid wüßten, und daß Sie nur dem König und seinen Untertanen nützlich sein möchten. Durch solche Antworten werden Sie die Herzen gewinnen, ohne Versprechungen zu machen, und Sie werden auch Zeit gewinnen, um sich besser unterrichten und leiten zu lassen.
Wenn man bei Ihnen jemand wegen Ungerechtigkeit oder anderer Fehler anklagt, so unterbrechen Sie zuerst den Ankläger, indem Sie ihm in Güte vorstellen, daß er wohl überlege, was er sage, da Sie die Tatsache aufzuklären gedächten; daß er im Falle des Irrtums oder der Verleumdung auf immer Ihre Gunst und den Zutritt bei Ihnen verscherzte, und daß Sie davon auch den König in Kenntnis setzen werden. Hingegen, wenn er die Wahrheit sagt, hätte er nichts zu fürchten und wäre Ihrer Unterstützung sicher. Das ist das einzige Mittel, soweit als möglich die Wahrheit zu erfahren und Intrigen abzubrechen. Dulden Sie nicht, daß man es wagt, Sie zu loben oder Ihnen zu schmeicheln, indem man vielleicht Ihren Gatten herabsetzt. Hat er Leute gern und zeichnet sie aus, so tun Sie es ebenfalls, damit es vor der Welt nicht aussieht, als ob Sie in etwas anderer Meinung wären. Sein Geschmack und selbst seine Launen müssen für Sie Gesetz sein. Sie müssen seine Neigungen annehmen, ihnen zuvorkommen, sie unterstützen und entschuldigen, wenn sie nichtssagend sind, denn diejenigen, die gegen das Gewissen und einen gewissen Anstand sind, dürfen Sie nicht befolgen, aber auch nicht tadeln. Schweigen und tun, als ob Sie nichts bemerkten, ist das einzige Mittel, das Ihnen in diesem Fall bleibt.
Man wird versuchen, von Ihnen und durch Sie zu erhalten, was man bisher auf geradem Wege nicht erlangen konnte. Man wird versuchen, die, welche eine hohe Stellung haben oder das Vertrauen des Königs genießen, bei Ihnen anzuschwärzen. Hüten Sie sich davor, sich diesen Leuten auszuliefern oder ihnen zuzuhören, es würde das Unglück Ihres Lebens sein. Die vollkommene Eintracht und das gegenseitige Vertrauen zwischen Ihnen und Ihrem Gemahl sind die einzigen Mittel, diese Klippe zu vermeiden. Die Welt muß glauben, daß Sie nur nach dem Geschmack Ihres Gemahls denken und handeln. Besonders anfangs, wenn Sie noch niemand kennen, wird man versuchen, Ihnen die Leute verhaßt zu machen, die vielleicht am meisten an Ihrem Gatten hängen; ein wenig Eifersucht kommt vielleicht Ihrerseits dazu, wenn wie ich hoffe, Sie zärtlich an Ihrem Manne hängen. Hüten Sie sich davor, sich diesem Fehler hinzugeben; Sie müssen Ihren Mann nur aus Liebe zu sich selbst lieben. Wenn er gute Minister, gute Diener hat, müssen Sie sie ihm, ohne auf sie eifersüchtig zu sein, erhalten. Welches Recht haben Sie auf das Vertrauen Ihres Mannes? Da Sie noch eine Fremde sind und den Boden noch nicht kennen, kann er Ihnen noch nicht sein ganzes Vertrauen schenken; Sie müssen es sich durch Ihr Benehmen verdienen, dann wird Ihr Glück beständiger und vollkommener sein.
Hüten Sie sich, in Geldverlegenheit zu geraten und Schulden zu machen, es gibt nichts Beschämenderes. In jedem Falle wäre es besser, sogleich den König um Hilfe zu bitten, um wieder herauszukommen, und dann müssen Sie sich in der Zukunft besser einteilen.
Jedes Interesse und jedes Geschenk soll für immer von Ihrem Hofe und Ihnen verbannt bleiben. Diese Vorsicht ist in jenem Lande noch notwendiger als hier. Die Italiener sind lebhafter und sogar geistreicher als unsere guten Deutschen, man muß ihnen gegenüber also sehr argwöhnisch sein. Ich kenne Sie als sehr unklug und wenig vorsichtig. Es ist eine Folge Ihrer Jugend und Unerfahrenheit, Sie müssen also mehr als jede andere auf Ihrer Hut sein.
Das einzige Mittel, den Frieden zu erhalten, ist, wenig oder gar keine Vertrauten zu haben, keine Berichte anzuhören und Geklatsch kurz abzubrechen. Wenn Sie allein sind, werden Sie um so leichter damit fertig werden, wenn Sie ein- oder zweimal erkennen lassen, daß Ihnen solche Anschläge mißfallen, und wenn Sie die Leute zum Schweigen bringen, die sich hineinmischen. Sie können und müssen es tun, aber ohne Schärfe, und Sie werden alles gewonnen haben. Ergründen Sie stets und in allem die Wahrheit, damit man merkt, daß Sie sie um jeden Preis wissen wollen, und daß Sie gegen Schurken und falsche Angeber unerbittlich vorgehen. Dadurch werden Sie sie vom Thron entfernen, der stets von Leuten dieser Art umgeben ist.
Die Impegni Verpflichtungen., Protektionen, Feindschaften und Eifersüchteleien sind in Italien mehr als hier beliebt. Nur durch ein festes, gutes und gemessenes Benehmen, soweit Ihre Lage es erlaubt, mit Großmut gemischt, werden Sie dahin gelangen, sich jedermann zu gewinnen, und das wird die Annehmlichkeit Ihres eigenen Hofes und das Wohlbehagen Ihres Volkes sein. Sehen Sie das Beispiel Ihres Bruders Leopold und seiner Gemahlin!
Haben Sie keine Vertrauten, weder Männer noch Frauen, besonders nicht unter den kleinen Leuten, die sich nur zu sehr einschmeicheln. Man muß ihnen gegenüber beständig auf seiner Hut sein. Die kleinen Dienste, die sie uns leisten, die Erzählungen, die sie uns machen, die Gewohnheit, die wir haben, ihnen gegenüber zwanglos zu handeln, machen unsere Aufmerksamkeit in dieser Beziehung sehr wesentlich.
Machen Sie sich nie über jemand lustig, am wenigsten über Priester und Mönche. Sie müssen sie respektieren und können es ihnen nicht genug zeigen, aber ohne jede Art von Vertraulichkeit.
Wenn Sie einen Minister oder eine Dame finden, die Sie wegen ihrer Gefühle für die Religion, ihrer guten Sitten und anderer guten Eigenschaften Ihres Vertrauend würdig glauben, nachdem Sie genug Zeit dafür gebraucht haben, sie zu erkennen, zögern Sie nicht, sich ihnen anzuvertrauen! Sie können dann gar nicht genug tun, um sie eng an sich zu fesseln und die Welt davon zu überzeugen. Jedoch rate ich Ihnen, nicht mehrere davon zu haben, diese Art Leute ist sehr selten, ihre Erwerbung ist ein Glück und das größte Geschenk Gottes, das man suchen und erhalten muß. Nur die gute Meinung, die sie von unserem Charakter haben können, fesselt Sie an uns ohne ehrgeizige Absichten oder Interesse. Hüten Sie sich vor denen, die Ihnen aus solchen Gründen anhänglich sind, denn unser Gefolge und diejenigen, die uns umgeben, gehören gewöhnlich zu diesem Schlag. Aber dieser Fall ist bei allen Fürsten und allen Großen der gleiche; derjenige, der solche Pläne nicht nährt, darf glücklich sein. Aber diejenigen, die sich nur Ihrer Person anschließen, denen es nur um die Charlotte (!) und nicht um die Königin zu tun ist, die Ihnen die Wahrheit sagen, ob sie Ihnen gefällt oder nicht, die müssen Sie zu fesseln und zu erhalten suchen. Aber das können Sie nur durch ein ehrliches Verhalten erreichen und durch das Vertrauen, das Sie ihnen bezeigen, und indem Sie ihren Ratschlägen folgen.
Gewöhnlich sucht man das, was man nicht auf direktem Wege erreichen kann, durch unlautere Mittel zu erzwingen. Verbieten Sie Ihren Frauen streng, sich in irgendeine Empfehlung zu mischen und Schriftstücke anzunehmen. Seien sie freundlich zu ihnen, zeigen Sie sich freigebig, aber sprechen Sie mit ihnen über nichts! Sie sollen sich gewöhnen, alle Befehle durch die Oberhofmeisterin zu empfangen und auch ihre Wünsche auf demselben Wege zu richten; diese Unterordnung ist notwendig. Behandeln Sie die deutschen Frauen nicht besser als die einheimischen, man muß die Gleichberechtigung zwischen ihnen wahren und ihre Einigkeit fordern. Sie müssen sich absolut dem Geschmack der Nation anpassen, Sie sind dazu bestimmt, ihre Souveränin zu sein, und soweit es geht, müssen Sie sich ihren Geschmack aneignen, um sich ihr Vertrauen zu sichern. Ihre reizende verstorbene Schwägerin Isabella, Gemahlin Josephs. hat sich von dem ersten Augenblick an, als sie in meinen Staat zog, gerühmt, Österreicherin zu sein, und versucht, gleichgültige Dinge, auch die unbedeutendsten, falls sie in meinem Lande gebräuchlich waren, gutzuheißen, und das hat ihr die Liebe von jedermann eingetragen. Sie werden also vollständig Neapolitanerin werden und nicht gewisse Sitten lächerlich machen, denn alle Nationen und alle Menschen haben Eigenheiten.
In Neapel hat man eine große Vorliebe für die Engländer und viel Voreingenommenheit gegen die Franzosen. Hüten Sie sich, sich darauf einzulassen; bleiben Sie neutral, loben Sie, was an beiden Nationen lobenswert ist, die beide viel Gutes haben. Es würde Ihnen schlecht anstehen, den Engländern Zuneigung zu zeigen, da Sie mit einem Prinzen des Hauses Bourbon vereinigt und wir mit Frankreich intim verbunden sind.
Erzählen Sie nicht viel, was Bezug auf die Länder hier hat, stellen Sie keine Vergleiche zwischen dem hiesigen Lande und dem an, in welchem Sie jetzt leben. Jedes Land hat Gutes und Schlechtes; so hat die Vorsehung die Gaben verteilt.
Haben Sie weder eine Abneigung noch eine Vorliebe für eine Nation; alle haben Gutes und Schlechtes. Seien Sie im Herzen durch Ihre Rechtlichkeit immer Deutsche und scheinen Sie in allem, was gleichgiltig ist, Neapolitanerin, doch in nichts, was schlecht ist!