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Sir Wilfrid Ewell besaß, wonach sein Herz begehrt hatte; die Welt beneidete ihn; seine Frau war hinreißend schön, und er verliebt bis zur Tollheit. Der erste erkältende Hauch in seinem Glückstaumel war die Entdeckung, daß seine junge Gattin ihn keineswegs liebte, wie er sie. Vorher hatte ihm ihre Kälte für Befangenheit, ihre Selbstsucht für Schüchternheit, ihre Gleichgültigkeit für mädchenhafte Zurückhaltung gegolten. Nun hätte es anders sein sollen – nun erwartete der Gatte Hingebung und Vertrauen, aber er war noch nicht viele Wochen verheiratet, als er erkennen mußte, daß jede Zärtlichkeit, die ihm gestattet wurde, eine große Gunst sei und daß es Wahnsinn wäre, eine Erwiderung derselben von ihrer Seite zu erwarten. Und wieder nach einiger Zeit ward er inne, daß er im höchsten Grade dankbar sein mußte, wenn sie eine solche auch nur halbwegs willig ertrug. Sie machte ihm begreiflich, daß Küssen und derartiger Unsinn ihr zuwider sei, daß das ganz hübsch sei für Backfische und Milchmädchen, aber ganz und gar unter der Würde von Leuten von Welt. Es war kindisch, gemein, plump; in Lady Ewells Augen war jegliches Andentaglegen von Gefühl »roh«, und je weniger ein Ehepaar sich dessen schuldig machte, desto besser. Sie konnte nicht einsehen, weshalb zwei Menschen nicht als gute Freunde miteinander durchs Leben gehen sollten, ohne all diese alltäglichen Liebesbeweise, die gar kein Teil der hohen, erhabenen Empfindung selbst sind.
»Liebe steht ja hoch über alledem,« pflegte sie zu sagen, und obwohl der Gatte ihr darin beipflichten mußte, fröstelte ihn etwas.
In dieser Weise war es dem verliebten Ehemanne vergönnt, Spanien mit ihr zu bereisen und sich wenigstens an der heißen Sonne Andalusiens und Kastiliens zu erwärmen, da es im Sonnenschein ihrer Liebe kaum möglich war. Der Zauber ihrer Schönheit hatte noch nichts von seiner Gewalt eingebüßt, oder vielmehr, ihr Charakter, durch den all ihre Schönheit wertlos wurde, hatte sich ihm noch nicht enthüllt. Und doch entstand schon während der Flitterwochen eine ernstliche Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen und die Veranlassung derselben war Kapitän Dorsay.
Sir Wilfrid hatte nach Art aller Liebenden in den gemeinsamen Erinnerungen geschwelgt, und als er jener Wasserfahrt gedachte, äußerte er zufällig, wie unglücklich ihn die Blicke dieses Mannes damals gemacht hätten.
»Der Mensch war mir vom ersten Moment an fatal,« sagte er, »er sieht abgelebt aus und hat etwas verletzend Herausforderndes. Aber als ich vollends sah, mit welch beispielloser Frechheit er dich anstarrte, mein süßes Lieb, da hätte ich ihn zermalmen mögen.«
»Der Himmel bewahre uns, Wilfrid, weshalb denn?« »Nun, weil er in dich verliebt war, Lena. Seine Art, dich anzusehen, war maßlos impertinent. Jetzt wird er sich das wohl nicht mehr unterstehen; hoffentlich werden wir einander überhaupt nicht mehr begegnen, aber selbst wenn –«
»Ihm nicht mehr begegnen, Wilfrid? – ihm, der doch einer meiner besten Freunde ist! Was willst du damit sagen?«
»Sagtest du mir denn nicht selbst, er habe um dich geworben und du habest ihn abgewiesen?«
»Soll uns das etwa abhalten, Freunde zu sein?«
»Natürlich wird es das. In der Regel bricht man den Verkehr ganz ab.« »Nun, Mama sah keinen Grund, es zu thun, und würde es sehr befremdlich finden, wenn ich es thäte. Armer alter Jack! Das könnte er nicht ertragen!«
»Er erfreut sich keines tadellosen Rufes.«
»Woher weißt du das?« fragte sie rasch.
»Ich habe es im Klub gehört, gerade nichts besonders Schlimmes, aber er gilt für einen lockeren Gesellen und es kursieren ein paar häßliche Spielgeschichten über ihn und auch andres –«
»Was für bösartige Geschöpfe ihr Männer doch seid! Immer bemüht, einer dem andern einen Possen zu spielen! Es wird jedoch niemand gelingen, mich gegen Kapitän Dorsay einzunehmen, und kein Mensch wird mich abhalten, ihn meinen Freund zu nennen. Es wäre so maßlos absurd, wenn du etwas dagegen einzuwenden hättest, nachdem du weißt, daß ich ihn abgewiesen habe.«
»Weshalb thatest du das eigentlich?«
»Nun, in erster Linie: er hat kein Geld –« sie hielt inne.
»War das der einzige Grund?«
»Natürlich nicht! So sieh doch nicht so unglücklich aus, Wilfrid – natürlich hatte ich tausend Gründe!«
»Ich will nur den einen hören, Lena, daß du ihn nicht geliebt hast!«
»Wenn ich ihn geliebt hätte, würde ich ihn dann abgewiesen haben, du närrischer Mann, du? Nein, Mama wünschte es nicht, und ich hatte keine Lust. Trotzdem weiß ich, daß sie sehr böse sein würde, wenn ich plötzlich nicht mehr auf dem alten Fuß mit ihm stünde; Jack freut sich so sehr, uns in Lambscote zu besuchen, und ihr werdet die besten Freunde werden, das wirst du sehen.«
»Wenn dir so viel dran liegt, Liebe, so – obwohl – Hast du ihn denn immer Jack genannt?«
»Solange ich denken kann!«
»Damals auf der Jacht redetest du ihn doch ›Kapitän Dorsay‹ an.«
»Ach nun, ja – vor den Leuten.«
»Dann bitte ich dich, immer mit ihm zu sprechen, als ob es vor den Leuten wäre. Es ist mir peinlich, wenn du einen fremden Mann beim Vornamen nennst.«
»O, Wilfrid! Welch unsinnige Prüderie! Meine Freunde würden mich nicht mehr kennen, wenn ich als ein solcher Ausbund von Sittsamkeit heimkäme.«
»Das hör' ich mit Bedauern.«
»Ueberdies,« fuhr sie hochmütig fort, »bist du vielleicht kaum der Mann, so etwas richtig zu beurteilen. Wir, die wir ›im Purpur‹ geboren sind, können uns manches erlauben, was bei einem Parvenü vielleicht für auffallend gälte.«
Er biß sich auf die Lippen und schwieg, und sie fuhr etwas milder fort: »Mach dir deshalb niemals Sorgen um meinen guten Namen; es ist höchst unwahrscheinlich, daß irgend etwas in der Gesellschaft bemäkelt wird, was ich thue; meine Familie hat zu lange eine hervorragende Stellung in derselben eingenommen. Und was Jack betrifft, so ist er der ausgemachte Liebling meines guten Großvaters, des Herzogs von Martyrdom.« »Mag sein; ein Mann braucht nicht so wählerisch zu sein.«
»Und wir werden ihn dort treffen, wenn wir den Großpapa besuchen. Apropos, ich habe heute früh einen Brief von dem lieben alten Herrn erhalten, er lädt uns nicht für jetzt ein, sondern hofft, daß wir an Weihnachten hinkommen werden.«
»Ich habe gehofft, du würdest meine Mutter und meine Schwestern bitten, Weihnachten in Lambscote zuzubringen.«
»O, doch nicht unser erstes Weihnachten, Wilfrid! Nächstes Jahr mit Vergnügen. Der Großvater würde uns das nie verzeihen!«
»Dann muß der Herzog seine Einladung auch auf Rosie ausdehnen, denn bis dahin wird sie bei uns sein, und allein lassen können wir sie nicht.«
»Das Kind! Aber, mein lieber Wilfrid, wir können sie doch nicht immerfort mit uns umherschleppen.«
»Bei wem soll sie denn bleiben?«
»Kann sie denn nicht über Weihnachten zu ihrer Mutter gehen?«
»Kaum, Liebste. Ich habe es nun einmal übernommen, für sie zu sorgen, und möchte sie nicht gern so bald wieder heimschicken.«
»Mir kam die ganze Geschichte von Anfang an verrückt vor, aber du hast mich ja nicht darüber gefragt.«
»Weil ich es nicht für nötig hielt. Rosie ist das liebenswürdigste Geschöpfchen von der Welt und wird dir eine reizende Gefährtin sein.«
»Eine Gefährtin für mich? Das Kind! Von Rechts wegen gehört sie in die Schule, und wenn du dir die Sorge für sie nun einmal aufgebürdet hast, so könntest du nichts Besseres für sie thun, als sie für ein paar Jahre in eine Pension zu schicken!«
»In eine Pension? Rosie!« wiederholte Wilfrid, »aber sie ist ja ganz erwachsen, bald sechzehn. Sie würde das durchaus nicht wünschen und wäre so unglücklich. Wie hat sie sich auf die Zeit gefreut, wo sie die Kinderschuhe ablegen und ein bißchen ins Leben eintreten dürfte. Sie ist mein Liebling, Lena, und ich habe mich auf unser Zusammenleben fast so sehr gefreut wie das Kind selbst.«
»Ich will mich in deine Angelegenheiten nicht mischen,« brach Lady Ewell achselzuckend ab, »aber vergiß auch nicht, daß Rosie eben nicht meine Schwester ist und daß, wenn man sie an Weihnachten nicht allein lassen kann, du bei ihr bleiben und ich ohne dich zum Großvater reisen muß.«
»Bis dahin werden wir hoffentlich noch einen andern Ausweg entdecken, Lena. Sprich nicht mehr darüber; ich möchte in diesen seligen Tagen nichts als dich glücklich machen und selbst glücklich sein!«
Lambscote sah wunderbar schön aus, als das neuvermählte Paar es im Oktober in Besitz nahm. Sir Wilfrid war es, als ob ihm die Welt zu Füßen läge, wenn er die Begeisterung wahrnahm, mit der seine schöne Frau als Gutsherrin begrüßt wurde, und die liebenswürdige Leichtigkeit beobachtete, mit der sie ihre neuen Bekannten begrüßte.
Zuweilen regte sich der Gedanke an Hanna Warner wie ein unruhiger Geist in seinem Gedächtnis und zwar immer in Augenblicken, wo es ihm höchst unbequem war – oft wenn Lena besonders kalt und zurückhaltend sich betrug, oder wenn er sich irgend einen kleinen Dienst selbst leisten mußte, den Hanna ihm sonst erwiesen. Es gelang ihm aber wieder, denselben von sich zu weisen, und er pflegte dann etwas mehr Wein zu trinken als sonst, oder seiner Frau noch leidenschaftlicher zu huldigen.
Lady Otto St. Blase befand sich in Lambscote, um das junge Paar dort zu empfangen. Es entsprach dies nicht völlig Sir Wilfrids Wünschen, aber wer könnte es übers Herz bringen, der Mutter eines einzigen Kindes seine Thür zu verschließen! Und seit die Tochter unwiderruflich aus ihrer Obhut genommen und alle Pläne für sie und alle Sorgen um sie zu Ende waren, fühlte Lady Otto nur die innigste Zärtlichkeit für ihr Kind, Nie hatte es eine hingebendere Tochter als Lena, nie eine aufopferungsfähigere Mutter, als sie selbst gegeben; nie waren zwei Menschen so ganz ein Herz und eine Seele gewesen, als sie und ihr teures Mädchen. Und diese Behauptung war nicht so ganz unrichtig, Lady Otto war gerührt über die Willfährigkeit und den kindlichen Gehorsam, womit Lena Sir Wilfrid Ewell und Lambscote geheiratet hatte, und alles, was ihr zu thun übrig blieb, war, ihrem geliebten Kinde zu seinem Erfolg zu gratulieren und für sich so viel als möglich Nutzen daraus zu ziehen. Sie hatte sich schon eine Woche vor Ankunft der Gebieter in Lambscote installiert und konnte ihrer Tochter gegenüber den Haushalt nicht genug rühmen.
»Vollendet guter Geschmack und Reichtum und Ueberfluß allerorten,« sagte sie beim ersten vertraulichen Gespräch in Lady Ewells Ankleidezimmer. »Du hast ein Juwel gefunden, Herzchen, ein vollständiges Juwel.«
»Nun, ja,« versetzte Lena gähnend, »die Fassung wenigstens ist nicht übel. Aber hast du gehört, daß Rosie Ewell, seine kleine Schwester, hier mit uns leben soll?«
»Die Haushälterin sagte mir, daß sie das ›Kattunzimmer‹ für eine Miß Ewell zurecht mache. Nun, was thut das?«
»Was das thut? Nun, Mama, glaubst du etwa, daß ich das langatmige Schulmädchen von morgens bis abends an meiner Schürze hängen haben mag? Die Geschichte ist mir unangenehm, und das habe ich auch Wilfrid gesagt.«
»Aber, Kind! Kind! Hoffentlich habt ihr euch nicht schon gezankt. Man muß den Männern ihren Willen lassen, solange sie unsre Pläne nicht durchkreuzen.«
»Das durchkreuzt die meinigen aber! Er sprach davon, sie an Weihnachten mitzunehmen nach Castle Blase; der Herzog hat Kinder!«
»Bis Weihnachten ist's noch lange, und wenn du es nur richtig angreifst, setzest du deinen Willen durch. Welche der Schwestern ist es?«
»Rosie, die jüngste.«
»Ich erinnere mich; ein reizendes Mädchen!«
»Und ich mag keinen Spion um mich haben, ich hasse es, mich niemals frei und als meine eigne Herrin zu fühlen.«
»Unsinn, Lena! Du wirst selbständig sein, mit wem du auch zusammen lebst. Wenn du Sir Wilfrid in Bezug auf seine Verwandten Schwierigkeiten machst, so kann er es ebenso gegen mich thun. Versprich mir, ihm mit keinem Wort mehr Opposition zu machen.«
»Wenn du mir deinerseits etwas versprechen willst. Gib mir dein Wort, nichts gegen Jack Dorsay zu sagen.«
»Ich will nicht hoffen, daß du diese Bekanntschaft fortzusetzen gedenkst?« fragte Lady Otto mit Bestürzung.
»Ganz gewiß werde ich sie fortsetzen. Du weißt, daß ich nur dir zuliebe den guten Kerl nicht geheiratet habe. Aber nun, nachdem ich dir alle diese Opfer gebracht, habe ich nicht die leiseste Absicht, auf seinen Umgang zu verzichten. Ich habe es Sir Wilfrid bestimmt erklärt und er hat auch nichts dagegen – nur, glaube ich, ist es nötig, daß du die Sache gut heißest. Wenn ich also ein artiges Kind sein will und dies entsetzliche Mädchen in Lambscote ihr Wesen treiben lasse, willst du dann meinen Mann bitten, Jack als deinen alten Freund zur Jagd einzuladen? Nenn ihm nur noch zwei oder drei andre Herren, deinen Vetter, den Major Granham und Egbert und Don St. Blase und wen du gern von deinen Freunden hier sehen würdest.«
Diese Liebenswürdigkeit, von ein paar zärtlichen Worten und Küssen begleitet, hatte die gewünschte Wirkung und nach einer kurzen Unterredung zwischen Sir Wilfrid und Lady Otto wurden den vier genannten Herren Einladungen zu teil. Aber noch ehe dieselben erschienen, kam Rosie an – Rosie, strahlend vor Glück und voller Lust und Leben und überströmend vor Entzücken über alles, was sie hier kennen lernte. Da gab es im See zu fischen, und dann lernte sie auf dem braunen Pony, den ihr Bruder für sie gekauft hatte, reiten, und dann hatte sie die allerreizendsten jungen Dachshunde aufzuziehen und jeder Tag brachte etwas Neues, so daß sie eigentlich nur bei den Mahlzeiten sichtbar wurde. Die Familie war noch unter sich und Rosie ließ ihrem raschen Zünglein stets freien Lauf, und war auch keine Virtuosin im Verständnis von Winken und Zeichen, da ihr eignes, argloses, junges Herz nichts zu verbergen hatte.
»Wilfrid!« rief sie eines Morgens beim Frühstück, »weißt du, wem ich am Tage nach deiner Hochzeit begegnet bin? Hanna Warner!«
Sir Wilfrid wurde rot und suchte eine nicht vorhandene Serviette.
»Sie hatte gar nichts von deiner Heirat gehört, Will, und sah ganz unglücklich aus, als ich ihr von der Hochzeit erzählte; es that ihr jedenfalls weh, daß du sie nicht eingeladen hast.« »Wer ist denn diese Hanna Warner?« fragte Lena.
»Ach, ein reizendes Mädchen; Wilfrid hat bei ihnen gewohnt in Chelsea.«
»Die Tochter einer Chambre garnie-Vermieterin!« rief Lady Otto. »Aber, mein liebes Kind, mit solchen Leuten verkehrt man nicht.«
»Sehr richtig, Lady Otto; ich habe meiner Schwester ganz dasselbe gesagt,« stimmte Sir Wilfrid ein.
»Aber Wilfrid, sie waren doch so nahe Freunde von dir und haben dir so vieles zuliebe gethan!«
»Mein liebes Kind,« belehrte Lady Otto, »das war ja ohne Zweifel ganz schön und gut für Ihren Bruder – ein Mann kann umgehen, mit wem er will, eine Dame nicht. Stellen Sie sich nur vor, wie peinlich es wäre, wenn die junge Person Sie vielleicht in Gesellschaft aristokratischer Freunde anredete!«
»Das wäre mir vollständig einerlei,« versicherte Rosie energisch. »Ich würde mich immer und überall freuen, Hanna Warner zu sehen. Sie wissen nicht, wie reizend sie ist, Lady Otto, ach, so ein süßes, trauriges Gesichtchen! Und sie ist ein gebildetes Mädchen – du hast mir selbst gesagt, Wilfrid, daß ihr Vater Marineoffizier war.«
»Nun, wenn es aber so nette, anständige Leute sind,« bemerkte Lena, »so sehe ich nicht ein, warum man nicht mit ihnen verkehren soll, Wilfrid, besonders, da die junge Dame die Vernachlässigung, nicht zur Hochzeit gebeten worden zu sein, so schmerzlich empfand. Weshalb wurde sie denn nicht eingeladen? Wessen Schuld war es?«
»Meine liebe Lena! Diese Frage ist in der That absurd und mir höchlich zuwider,« rief Sir Wilfrid, stand rasch auf und verließ ärgerlich das Zimmer.
»Wenn ich nur wüßte, weshalb er so wütend ist!« sagte Rosie unschuldig, »früher mochte er die Warners so gern und war immer voll Lobes über ihre Freundlichkeit. In den vier Jahren, die er dort wohnte, hat Hanna alles für ihn besorgt und ihn ganz bedient. Arme Hanna, sie schien so traurig!«
Rosies Staunen über des Bruders Benehmen steigerte sich noch, als er ihr, sobald er sie allein traf, ernst und ausdrücklich verbot, Hanna Warners Namen je wieder zu nennen.
Lady Otto und ihre Tochter waren weniger im unklaren über den Punkt, Sie besprachen die Sache lachend und zogen aus Wilfrids Verlegenheit den naheliegenden Schluß, den wohl jede Frau gezogen haben würde. Lady Ewell amüsierte sich sehr darüber, beschloß aber doch, die Entdeckung, die sie gemacht zu haben glaubte, gelegentlich zu verwerten, und als nach wenigen Tagen Sir Wilfrid bei Gelegenheit der zusagenden Antwort Kapitän Dorsays auf die Einladung etwas gereizt die Bemerkung hinwarf, er möchte wohl wissen, was es zu bedeuten habe, daß der Mensch hierher komme, wandte sich seine Frau um und sagte ruhig: »Ja, und ich möchte wohl wissen, was es zu bedeuten hat, daß du deiner Schwester nicht gestattest, über Hanna Warners Thun und Lassen zu reden!« Von diesem Augenblick an hatte Sir Wilfrid gegen keinen Gast, den seine Frau oder deren Mutter nach Lambscote bitten wollte, mehr etwas einzuwenden.