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Denis rettete seinen Herrn. Tag und Nacht wachte er bei ihm und verließ keinen Augenblick das Zimmer des Kranken, machte ihm die Arzneien zurecht, den kühlenden Trank, fühlte den Puls und zählte ängstlich die Schläge, kurz, pflegte ihn geschickt wie ein Krankenwärter und treu wie ein Sohn.
Alle Augenblicke fragte er:
– Nun, gnädiger Herr, wie befinden Sie sich?
Herr Marambot antwortete mich schwacher Stimme:
– Danke, mein Sohn, etwas besser.
Wenn der Verwundete nachts erwachte, sah er oft, wie sein Wärter im Stuhl drüben weinte und sich still die Augen wischte. Nie war der ehemalige Apotheker so gut verpflegt, so verhätschelt, so verwöhnt worden. Zuerst hatte er sich gesagt:
– Sobald ich gesund bin, schmeiße ich den Taugenichts ´raus!
Nun ging es ihm besser, trotzdem verschob er den Augenblick der Trennung von seinem Mörder von Tag zu Tag. Er dachte daran, daß kein Mensch so aufmerksam und rücksichtsvoll gegen ihn sein würde, daß er den Kerl durch die Furcht in der Hand hätte, und er drohte ihm, daß er beim Notar ein Testament hinterlegt hätte, das seinen Diener dem Staatsanwalt anzeigte, falls ein neuer Zwischenfall vorkäme. Er wußte, diese Vorsicht würde ihn für die Zukunft vor jedem neuen Angriff schützen. Und er fragte sich, ob es nicht sogar vorsichtiger wäre diesen Mann bei sich zu behalten, um ihn scharf zu überwachen. Wie er früher gezögert und gezögert, eine größere Apotheke zu übernehmen, so konnte er sich auch jetzt nicht entschließen, eine Entscheidung zu treffen.
– Es ist noch Zeit! sagte er sich. Denis blieb ein tadelloser Diener. Herr Marambot war geheilt. Er behielt ihn. Da hörte der Apotheker eines Morgens, als er noch beim Frühstück saß, in der Küche großen Lärm. Er lief hin. Denis wehrte sich gegen zwei Schutzleute, die ihn festgenommen. Der Wachtmeister machte sich mit ernster Amtsmiene Notizen.
Als der Diener seinen Herrn sah, rief er schluchzend:
– Sie haben mich angezeigt, gnädiger Herr. Das ist sehr schlecht von Ihnen nach Ihrem Versprechen. Sie haben Ihr Wort gebrochen, Herr Marambot. Das ist sehr schlecht! Sehr schlecht!
Herr Marambot erhob erschrocken und verzweifelt, in solchen Verdacht zu geraten, die Hände:
– Mein Sohn, ich schwöre Dir bei Gott, daß ich Dich nicht angezeigt habe. Ich weiß absolut nicht woher die Herren Polizisten wissen sollen, daß Du einen Mordanfall auf mich gemacht hast.
Der Wachtmeister fuhr auf:
– Sie sagen, er hat Sie ermorden wollen, Herr Marambot?
Der Apotheker antwortete verstört:
– Na ja . . . . Aber ich habe ihn nicht angezeigt . . . . . Ich habe keinen Ton gesagt. . . . Das kann ich schwören. Er ist mir seitdem ein treuer Diener gewesen. . . .
Der Wachtmeister sagte streng:
– Ich nehme Ihre Aussage zu Protokoll. Das Gericht wird diese neue Anklage, von der es noch keine Kenntnis gehabt hat, zu berücksichtigen haben. Ich habe den Befehl, Ihren Diener zu verhaften, weil er bei Herrn Duhamel zwei Enten gestohlen hat. Die That ist durch Zeugen festgestellt. Entschuldigen Sie, Herr Marambot, aber ich werde Ihre Erklärung melden müssen.
Dann drehte er sich zu seinen Leuten und befahl:
– Führen Sie ihn ab.
Die beiden Polizisten nahmen Denis mit.