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Bei uns in Amerika

Da war er nun, der Onkel aus Amerika.

»Weil du nur da bist,« sagte Vater und umarmte ihn am Kai in Bremen. Ich stand dabei und schaute zu. Das war er also? Groß und stämmig stand er da. Und ich hatte mir immer gedacht, ein Onkel aus Amerika müßte schlank sein. Und ein hageres Gesicht müßte er haben, und scharfe Falten müßten von den Augen ihre Pfeile nach dem Munde schießen. Und die Taschen müßten ihm ordentlich abstehen von dem mageren Körper, der goldenen Dollars wegen, die er darin hatte.

Aber nichts von dem. Der Onkel Clemens aus Amerika hatte kein hageres Gesicht, sondern ein breites. Und von den Augen schossen keine Faltenpfeile nach dem Munde. Und die Taschen waren glatt. Aber, dachte ich, dann kann das mit dem vielen Geld, das er verdient hat drüben, doch nicht richtig sein …

»Und weißt du auch, Clemens,« sagte Vater, als der Zug von Bremen abging, »weißt du auch, daß das nun an die zwanzig Jahre ist, seitdem du von der alten Heimat fort bist?«

»So, zwanzig Jahre? Ich dachte, daß es länger wäre.«

»Aber Clemens, hast du das nicht ausgerechnet auf der Ueberfahrt?«

»Ja, weißt du, wir rechnen drüben nicht nach Jahren.«

»Aber Onkel,« wagte ich hier einzuschalten, »habt ihr drüben einen anderen Kalender, daß ihr nicht nach Jahren rechnet?«

»Nein, mein Junge, wir rechnen drüben nach Minuten; höchstens noch nach Tagen; und zwar nach Tagen, welche kommen; nicht nach Tagen, die schon vergangen sind; nun gar vergangene Jahre – nein, so – so träumerisch sind wir da drüben nicht. Die Gegenwart ist alles. Junge –«

»Aber Clemens,« sagte Vater, »du wirft doch nicht die alte Zeit vergessen haben – und dann die alte Heimat?«

»Nein, nein,« sagte Onkel Clemens lachend, »ich weiß schon noch; nur bin ich eben Bürger von Amerika geworden, mußt du wissen.«

»Ach Clemens, das hast du uns aber nie geschrieben?«

»So? Tat ich's nicht? Das wird man eben drüben ganz von selber. Gleich wie ich 'rüberkam, gaben sie mir das first paper, dann kriegte ich mein second paper nach fünf Jahren, als ich meine Prüfung machte –«

»Oh, du hast noch eine Prüfung machen müssen, Onkel?« sagte ich, »und du hast sie auch bestanden, Onkel?«

»Na, und ob,« lächelte Onkel Clemens, »die Fragen sind ja immer gleich: Wann ist Amerika entdeckt worden? fragt der Kommissar –«

»Oh, Onkel, das weiß ich auch.«

»Nun, siehst du, da könntest du ja auch schon American citizen werden.«

»Und wird man sonst etwas gefragt, Onkel?«

»Ja, wann Washington geboren wurde –«

»Das haben wir aber nicht gelernt, Onkel.«

»Ja, siehst du, da kannst du eben noch kein amerikanischer Bürger werden. Junge.«

»Soll er auch nicht,« sagte der Vater mit einer merkwürdig festen Stimme und blickte auf die Flachlandschaft hinaus.

»Nun, das mußt du nicht verschwören. Wenn er auch mal 'rüberkommen sollte –«

»Os–na–brück!« rief der Schaffner und ging durch den Zug.

»Was, schon Osnabrück?« unterbrach sich Onkel Clemens.

»Ja,« sagte Vater, »in einer halben Stunde fahren wir durch Westfalen, über unsere rote Erde, Clemens.« Jetzt war Vaters Stimme gar nicht fest; im Gegenteil.

»So, so,« sagte Onkel Clemens, »sag' mal, sind bei euch alle Eisenbahnwagen so unbequem? Bei uns in Amerika hat man verstellbare Stühle –«

»Nein,« sagte Vater, »so weit sind wir noch nicht. Aber komm, wir wollen uns ein Brötchen kaufen in der Halle – gleich fahren wir wieder, Clemens.«

Ich mußte sitzen bleiben, bis sie wiederkamen. Unterdes dachte ich über die verstellbaren Stühle in Amerika nach. Das muß ja wundervoll sein, dachte ich. Wie der Mechanismus wohl sein mochte? Und warum hatte Vater den Onkel Clemens nicht ausreden lassen, als er das erzählen wollte? Aber da kamen sie schon wieder.

»Nun, weißt du,« sagte Onkel Clemens, an einem belegten Brötchen kauend, »nichts für ungut, aber bei uns in Amerika ist der Schinken besser.«

»Besser als unser westfälischer?« sagte Vater höflich zweifelnd.

»Das muß dich doch nicht wundern; denke doch an die wunderbaren maschinellen Einrichtungen, die wir in Chicago –«

»Aber ich denke, es kommt aufs Schwein an, nicht auf die Maschine, Clemens?«

»Da irrst du, der beste Schinken kann vermurkst werden, wenn die maschinellen Einrichtungen –«

»Jetzt sind wir in Westfalen,« sagte Vater, und deutete zum Fenster hinaus, »sieh, Clemens, der Bach mit den Weiden war die Grenze gegen Hannover.

Ich sah auch hinaus und wunderte mich, wie verlangend heute die Weidenstümpfe ihre Zweige in die Lüfte streckten. Als warteten sie auf einen.

»Die Grenze?« lachte Onkel Clemens, »ach du lieber Gott, ich hatte ganz vergessen, daß ich wieder in dem Lande mit den vielen Grenzen gegeneinander bin.

»Habt ihr etwa keine drüben?« sagte Vater, »ich denke doch, ihr habt euch ordentlich gestritten zwischen Nord und Süd.«

»Das war einmal, aber jetzt gibt es bei uns in den Vereinigten Staaten nur ein Volk.«

»Auch bei uns, Clemens.«

»Na, die Berliner und die Bayern –«

»– vertragen sich noch immer besser, Clemens, als du mit einem Neger aus Saint Louis, denke ich.«

»Hm, magst recht haben, die »schwarze« Frage ist der einzige dunkle Punkt, den die kolossale Entwicklung bei uns in Amerika noch aufweist. Aber sonst geht's überall voran, mächtig voran. Lauter Rekords, mein Lieber. Ich denke, ihr werdet das Wettrennen bald aufgeben müssen.«

»Worin?«

»Zum Beispiel in der Industrie. Bei uns in Amerika wird das meiste Eisenerz gefördert –«

»Das ist wahr.«

»Bei uns in Amerika wird die meiste Kohle gebrochen –«

»Stimmt.«

»Das meiste Kupfer haben wir, das meiste Blei, den meisten Mais, den meisten Weizen, das meiste Petroleum, die meiste Baumwolle, die meiste –«

»Hör' auf, Clemens, sonst müssen wir uns in ein Mauseloch verkriechen vor lauter Kolossalität bei euch in Amerika.«

»Nun, so schlimm ist's nicht; in manchem habt ihr doch die zweite Stelle; soviel ich weiß, im Eisen, zum Beispiel.«

»Und wie steht's in der geistigen Kultur bei euch, Clemens?«

»Wir sind das freieste Volk, denke ich.«

»Ja – aber Freiheit ist doch nur ein Teil der Geistigkeit, Clemens.«

»Nun, ich habe mich nicht viel darum gekümmert; aber, wenn ich recht gelesen habe, marschieren bei uns in Amerika auch die Universitäten an der –«

»Bruder, schau hinaus, die Türme von Münster grüßen. Weißt du noch, von Münster, wo wir – wo wir – na, weißt du nicht mehr, Clemens?«

»Münster? Münster? Warte mal, hat da nicht ein alter Onkel von uns gewohnt?«

»Ja freilich, Clemens, der Onkel Paul, bei dem wir immer in den Ferien waren. Die große Wiese kannst du doch nicht vergessen haben?«

»Wiese? Wiese? Hm, grenzte nicht ein Wald daran?«

»Freilich, Clemens, ein Tannenwald, ein dunkler. Steh mal auf und schau hinaus – da drüben muß er liegen.«

»Ja ja, und haben wir da nicht mit einem – mit einem kleinen Mädchen gespielt?«

»Mit der Fine, meinst du? Natürlich haben wir mit der Fine gespielt. Das weißt du also doch noch, Clemens? Das ist lieb von dir.«

»Was ist aus der geworden?«

»Längst gestorben, Clemens, längst gestorben – wanderte mit Verwandten aus nach Amerika – konnte das Klima in den Südstaaten nicht vertragen, hörte ich – verzehrte sich vor Heimweh, sagte man, und –«

»Sie hätte nicht hinübergehen sollen.«

»Das sagst du, Clemens?«

»Hm ja, sieh, ich bin nun doch einmal amerikanischer Bürger. Und für einen Mann ist Amerika am Ende auch was anderes als für Frauen.«

»Dann sind bei euch also die Frauen doch nicht ganz so gut daran, wie –«

»Oh, bitte, bei uns in Amerika nehmen die Frauen die liberalste Stellung ein, die American lady ist die erste Frau der Welt, und ihre politischen Rechte –«

»Mün–ster! Al–les aus–steigen!« rief der Schaffner.

»Hier müssen wir umsteigen nach Dortmund,« sagte Vater, »komm, Clemens; komm, Fritz.«

Dann gingen wir quer hinüber zum Anschlußzug. Ich deutete auf eine fauchende Lokomotive.

»Onkel, sind bei euch in Amerika die Lokomotiven auch größer?«

»Das will ich meinen. Junge.«

»Und fahren auch die Züge schneller?«

»Selbstverständlich, Junge.«

»Nur nicht ganz so sicher,« sagte Vater.

»Mag sein; aber bei uns ist man eben nicht so ängstlich um die liebe Sicherheit besorgt.«

»Und auf ein Menschenleben mehr oder weniger kommt's bei euch in Amerika auch gar nicht an?«

»Nein, wir kriegen ja jedes Jahr einen Zuzug von einer Million oder mehr.«

»Von uns, Clemens, vom alten Europa.«

»Natürlich – aber was willst du damit sagen?«

»Daß doch im Grunde alle eure Herrlichkeit von Händen aus der alten Heimat geschaffen wurde.«

»Ja, wenn du's so ansiehst – aber wir sind doch andere Menschen geworden da drüben – Amerikaner eben – ich kann's euch nicht erklären, aber man hat wirklich eine andere Haut, eine –«

»Nun, wenn's nur die Haut ist, Clemens – und wenn das Herz nur deutsch geblieben ist –«

»Das Herz? Ja, weißt du, auch das Herz ist eigentlich – ist eigentlich – ach was, lassen wir's – vom Herzen ist nie viel die Rede bei uns in Amerika, mußt du wissen.«

Vater nickte und legte dem Onkel Clemens die Hand auf die Schulter. Das Wort Herz mußte doch eine Nebenbedeutung haben. Sie sahen sich zum ersten Male, seit der Dampfer da war, voll in die Augen, schien es mir. Und dann wurden sie beide still und sahen auf die Felder hinaus. Die zogen wie Wellen vorüber. Die Ackerfurchen machten lange, weiche Linien. Da und dort schimmerte ein wenig Rot heraus. Wälder grüßten. Gehöfte lagen breit und fest. Hoch hoben sich die Dächergiebel wie gefaltete Hände, die sich in den Himmel verlängern wollen. Da und dort rastete ein Mann bei seinem Pflug, als unser Zug vorübereilte. Eine Frau kam aus einer Tür und überschattete die Augen mit der linken Hand, während sie mit dem rechten Arm ein kleines Kind hielt. Das streckte seine Patschhändchen gegen uns und winkte.

Da sah ich, wie des Onkels Clemens Hand auch in die Höhe fahren wollte. Aber halbwegs blieb sie stehen, als schämte sie sich. Und dann spielte sie verlegen mit dem herabhängenden Fensterriemen.

Der Zug hielt. Ein Mann stieg herein und setzte sich zu uns. Hager war er. Falten liefen von den Augen an den Mund. Wir kamen ins Gespräch mit ihm. Es stellte sich heraus, ein Amerikaner war es und ganz gut deutsch sprach er. Bis er auf einmal von Onkel Clemens erfahren hatte, daß er von drüben kam.

»Da sind Sie also auch Amerikaner?« sagte er auf Englisch, und ich war sehr stolz, daß ich es schon verstehen konnte.

»Hm,« sagte Onkel Clemens auf Deutsch, »eigentlich bin ich hier in diesem Land geboren, und wenn's Ihnen recht ist, wollen wir lieber Deutsch sprechen.«

Dem Fremden war es recht, dem Vater auch, und es gab eine ordentliche Unterhaltung. Der Amerikaner erzählte, er sei studienhalber da. Handel und Gewerbe wollte er hier kennen lernen.

»Ja, ja,« sagte Onkel Clemens, »Deutschland hat sich ordentlich gemacht. Sie werden manches lernen können, Herr.«

Vater machte große Augen.

»Aber Clemens,« sagte er, »du bist seit zwanzig Jahren fortgewesen –«

»Bitte,« unterbrach ihn Onkel Clemens, »knapp neunzehn sind es.«

»Nun also, neunzehn oder zwanzig – ich weiß es nicht mehr ganz genau – aber daß du erst seit sieben Stunden wieder in Deutschland bist, das weiß ich – und woher willst du nun in dieser kurzen Zeit –«

»Meinst du denn, ich habe drüben keine Zeitung gelesen?«

»Ja, amerikanische.«

»Nein, ich bin seit neunzehn Jahren auf die gleiche westfälische Zeitung abonniert.«

»Die hast du dir regelmäßig schicken lassen?«

»Hamm! Um–stei–gen nach Dortmund!« rief der Schaffner.

Wir stiegen aus. Der Amerikaner nahm den bereitstehenden Zug nach Berlin. Wir mußten lange auf den Anschluß warten.

Da saßen wir nun in dem kleinen Wartesaal von Hamm und waren ganz allein. Nur noch am Schanktisch hantierte jemand. Der Kellner war nicht sichtbar. Ein Mädchen saß in einer Ecke und strickte. Ein Lichtstreif fiel durchs Fenster und übersonnte ihren blonden Westfalenscheitel. Jetzt sahen ihre hellen Augen auf.

Bergleute waren eingetreten. Sie kamen von den großen Zechen drüben, die hier wie Pilze aus der Erde geschossen waren.

»Die Kohle ist verdammt mächtig bei euch geworden,« sagte Onkel Clemens.

»Ja,« sagte Vater, »wenn wir jetzt nach Westen fahren, siehst du Förderturm an Förderturm; das schnurrt den ganzen Tag hinein – heraus, hinein – heraus … Und wenn's dann dunkel wird, wirst du Essen glühen sehen, die ein paar Dutzendmal größer wurden, seit du fort warst, Clemens –«

»Ja, ja, schau dir nur die Bergmannsköpfe an da drüben – die hab' ich lange nicht gesehen, Bruder.«

»Ihr habt doch drüben auch Bergleute, Clemens?«

»Ach, die sind anders; die haben modische Kleider, wenn sie von der Arbeit kommen; die tragen gelbe Schuhe – sieh, dort hat einer eine Ziehharmonika.«

Ein Bergmann hob den verwetterten Kopf. Der Sonnenstreifen war zu ihm hinübergewandert. In ihm quirlte es von feinen, feinen Stäubchen: Kohlenteilchen aus dem Land der roten Erde. Ein leiser Kohlengeruch lag im Wartezimmer.

Jetzt sah ich, wie Onkel Clemens seinen grauen breiten Kopf ein wenig nach oben hob, wie sich seine Nasenflügel kaum merkbar blähten.

Stand das blonde Mädchen in der Ecke auf und legte das Strickzeug auf den Anrichttisch. Dann nahm sie ein Körbchen mit Veilchen vom Tisch und ging damit langsam nach der Tür. Leicht schaukelte das Körbchen. Jetzt kam sie bei uns vorbei. Onkel Clemens sah hinein.

»Oh, Veilchen?« sagte er, »darf ich ein wenig daran riechen, Fräulein?«

Das Mädchen lächelte und hob den Korb.

»Ich – ich danke Ihnen,« sagte Onkel Clemens, und das Mädchen ging zögernd weiter.

»Weißt du,« sagte er zu Vater, »bei uns in Amerika sind die Veilchen schon auch so schön, aber sie riechen nicht – nein nein, das ist keine poetische Umschreibung, ihr könnt jeden Botaniker fragen, sie riechen wirklich nicht.«

Jetzt machte die Ziehharmonika drüben ein paar schüchterne Töne.

»Nicht zu laut, Jupp,« flüsterte sein Nachbar, »sonst schreibt dich der Bahnpolizist auf wegen Ruhestörung.«

Die schüchternen Töne der Harmonika wurden noch schwächer. Dafür setzte aber eine tiefe, knorrige Stimme gedämpft ein:

Dort wo der Märker reckt das Eisen,
Da hat die Mutter mich gewiegt …

»Das Westfalenlied, Clemens,« sagte Vater halblaut. Onkel Clemens sagte nichts. Er nickte nur.

Hoch überm Fels die Tannen stehn,
Im kühlen Tal die Herden gehn …

Onkel Clemens war aufgestanden. Seine große Brust schien zu arbeiten. Er schaute uns unsicher an:

»Bei uns in Amerika kennt man diese langen, wiegenden Töne nicht; da geht alles nach dem Yankee Doodle,« sagte er geschwind und schaute zu den Bergleuten hinüber.

Und uns're Frauen, uns're Mädchen,
Mit Augen, blau wie Himmelsgrund,
Sie spinnen nicht die Liebesfädchen
Zum Scherze für die müß'ge Stund' …

Da hielt es den Onkel Clemens nicht mehr länger. Ein paar Schritte war er gegen die Bergleute zugegangen. In der Mitte des kleinen Wartesaales stand er jetzt. Der kohlenflimmernde Lichtstreif strich an ihm herunter. Die Arme hob er feierlich und wiederholte laut mit einer Stimme, daß es dröhnte:

Sie spinnen nicht die Liebesfädchen
Zum Scherze für die müß'ge Stund' …

Die Bergleute lächelten nicht, sondern sahen ihn nur geradeaus an. Und zuversichtlicher begleitete das wehmütige Instrument.

Jetzt war die Tür hinter Onkel Clemens' Rücken aufgegangen.

Der Bahnpolizist kam herein. Vater war ganz geschwind aufgestanden mit dem Geldbeutel in der Hand. Er machte dem Polizisten beschwörende Zeichen.

»Pst, ich zahle alles, alles – nur erst fertigsingen – fertigsingen lassen – bitte – bitte.«

Unschlüssig stand der Polizist da. Das Fräulein am Schenktisch nickte ihm begütigend zu. Das Mädchen mit dem Veilchenkörbchen tat desgleichen.

Und nun erhob Onkel Clemens seine breite Stimme, so hoch er konnte:

Dort ist's, wo meine Wiege stand,
Gott grüße dich, Westfalenland!

Und dann wiederholte er es nochmal:

Dort ist's, wo meine Wiege stand,
Gott grüße dich, Westfalenland!

Und dann ein drittes Mal. Und jetzt kollerten ihm die hellen Tränen über das volle Gesicht und zeichneten zwei glänzende Linien von den Augen nach dem Mund. Zwei westfälische Furchen, keine amerikanischen.


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