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Demipho kommt
Demipho: Nun hab' ich es erreicht, mich selbst mach' ich
zuschanden: Die Geliebte ist gekauft,
und ohne Wissen meiner Frau und meines Sohnes.
Nun ist es beschlossen: Alte Zeiten will ich nun
aufleben lassen, leben mir zur Lust. Kurz ist die Zeit,
die mir noch bleibt. Wohlan, so will ich mich
noch einmal freuen – an Wollust, Wein und Liebe.
Kann man in meinem Alter doch nichts Bess'res tun,
als es sich wohl sein lassen. Wenn du ein Jüngling bist
mit frischem Blut, so ziemt es dir, dich anzustrengen,
ein Vermögen zu erwerben.
Doch endlich, alt geworden, widmest du der Muße dich;
du liebst, solange du noch kannst: Gewinn ist,
daß du überhaupt noch lebst.
Und dieser Rede will ich nun auch Taten folgen lassen.
Doch erst muß ich nach meinem Haus hier sehen:
Meine Frau wird auf mich warten,
längst schon hungrig sein. Komm' ich nach Hause,
bringt sie mich mit Schimpfen um. Kurzum,
wie das auch immer ist, ich geh' jetzt trotzdem nicht.
Eh' ich nach Hause geh', besuch' ich noch den Nachbar.
Ich will, daß er ein Haus mir mietet, irgendeines,
wo das Mädchen wohnen könnte. Sieh, da kommt er.
Lysimachus kommt aus seinem Haus
Lysimachus: (ins Haus) Wenn ich ihn treffe, bring' ich ihn zu dir!
Demipho: Ah, da ist von mir die Rede!
Lysimachus: Hör, Demipho!
Demipho: Das Mädchen – ist es hier im Haus?
Lysimachus: Was gedenkst du nun zu tun?
Demipho: Wie wär' es, wenn ich sie besuchen würde?
Lysimachus: Warum hast du's so eilig?
Demipho: Was soll ich denn tun?
Lysimachus: Tu, was wirklich nötig ist; bedenke das genau!
Demipho: Was hab' ich noch zu bedenken? Hier ist nur eines zu tun: Daß ich zu ihr hineingeh'.
Lysimachus: Tatsächlich? Du kastrierter Hammel! Du willst bei ihr hineingehen?
Demipho: Was sonst?
Lysimachus: Zunächst ist es dringender, daß du mir zuhörst, bei der Sache bist: Dringender ist es, das zu tun, was mir jetzt das richtige für dich scheint. Wenn du bei ihr bist, willst du das Mädchen doch umarmen, mit ihr Mund an Mund plaudern, sie dabei küssen.
Demipho: Du kannst ja in meiner Seele lesen: So genau weißt du, was ich grad im Begriff bin zu tun.
Lysimachus: Um das Verkehrte zu machen.
Demipho: Soll man denn nicht küssen, was man liebt?
Lysimachus: Umso weniger, je mehr man liebt. Du alter Kerl, mit leerem Magen, mit schlechtem Atem, stinkend wie ein Bock, willst du das Mädchen küssen? Willst du sie zum Erbrechen bringen, wenn du ihr nahst? Jetzt weiß ich wirklich, daß du liebst, nachdem du sagst, was du im Sinn hast.
Demipho: Was also, wenn ich folgendes machen würde? Wir beschaffen uns schnell einen Koch, der uns ein Essen zubereitet, hier, bei dir im Haus. Das kann dann von jetzt an dauern bis zum Abend.
Lysimachus: So sollst du es halten, das denk' ich auch. Jetzt redest du vernünftig, wie ein rechter Liebender.
Demipho: Was stehen wir hier herum? Warum nicht sofort gehen, Fisch und Fleisch besorgen, es uns so richtig wohl sein lassen?
Lysimachus: Gewiß will ich dir folgen. Aber wenn du klug bist, beschaffst du dir für das Mädchen eine Unterkunft. Über diesen Tag hinaus darf sie auf keinen Fall in meinem Haus sein. Sonst könnte meine Frau, wenn sie morgen vom Landgut zurückkommt, das Mädchen hier im Haus finden.
Demipho: Wird besorgt, komm mit!
Beide gehen ab zur Seite
Charinus kommt aus dem Haus des Demipho
Charinus: Ein unglückseliger, bejammernswerter Mensch
bin ich, der nirgends Ruhe finden kann.
Bin ich im Haus, ist meine Seele draußen,
bin ich draußen, dann ist meine Seele hier im Haus.
In meinem Herzen, meiner Brust entfacht die Liebe mir
ein wahres Feuermeer.
Wenn meine Tränen es nicht hindern,
wird bald der Kopf in Flammen stehn.
Die Hoffnung halt' ich fest, mein Glück
hab' ich schon aufgegeben. Ob es wiederkehrt, ob nicht:
Ich weiß es nicht; denn setzt mein Vater durch,
was er mir angekündigt, ist mein Glück dahin.
Gelingt jedoch dem Freund, was er versprochen,
ist mein Glück mir nicht verloren. Doch Eutychus sollte
vom Hafen längst zurück sein,
trotz der Gicht in seinen Beinen.
Ist es doch sein größter Fehler, daß er allzu langsam ist,
entgegen meinem heftigen Verlangen.
Eutychus kommt
Doch da, ist er das nicht, den ich da laufen sehe?
Ja, er ist's! Entgegengehn will ich ihm.
O Venus, Überwinderin der Götter und der Menschen,
Herrin auch zugleich den Menschen:
Ich danke dir, daß du mir Hoffnung zeigtest!
Siehe Philologische Anmerkungen: Anmerkung zu Vers 598a/598b
Weshalb er stehen bleibt – o weh,
verloren bin ich ganz und gar,
denn seine Miene, die verspricht nichts Gutes:
Traurig naht er mir – mir klopft das Herz,
mein Atem stockt – er schüttelt seinen Kopf! Eutychus!
Eutychus: He, Charinus!
Charinus: Nur ein Wort, bevor du zu Atem kommst, ein Wort nur: Wo bin ich? Bin ich noch hier oder schon bei den Toten?
Eutychus: Bei den Toten bist du nicht, aber auch nicht hier.
Charinus: (für sich) Ich bin gerettet; Unsterblichkeit ist mir ja dann verliehen. Er hat sie gekauft, hat den Vater hereingelegt, hat ihn schön angeschmiert. Darin ist kein Sterblicher tüchtiger als er. (laut) Doch bitte, sag mir: Wenn ich hier nicht bin, auch nicht in der Unterwelt, wo bin ich dann?
Eutychus: Du bist nirgends mehr.
Charinus: Das ist das Ende; mit einem Wort tötet mich deine Rede.
Eutychus: Die Rede, die kein Ende findet, ist verdrießlich, wenn man dann doch zur Sache kommen muß.
Charinus: Was es auch ist, komm jetzt zum Hauptpunkt!
Eutychus: Vor allem anderen: Mit uns ist's aus!
Charinus: Warum berichtest du nicht, was ich noch nicht weiß?
Eutychus: Das Mädchen ist verkauft, es ist dir verloren.
Charinus: O Eutychus, ein todeswürdiges Verbrechen begehst du.
Eutychus: Warum das?
Charinus: Weil du den Gefährten, den Jugendfreund, den freien Bürger tötest.
Eutychus: Die Götter mögen es verhüten!
Charinus: Das Schwert hast du mir in die Kehle gestoßen: Mag ich nun fallen.
Eutychus: Beim Herkules, bitte, verliere nicht den Mut!
Charinus: Da ist nichts mehr, was ich noch verlieren könnte. Sag mir nun, was es weiter an Schlimmem gibt: Wer ist es, wer hat sie gekauft?
Eutychus: Ich weiß es nicht. Als ich zum Hafen kam, war sie schon zugesprochen und weggeführt.
Charinus: Ah, weh! Übel schleuderst du in mich hinein wie glühende Vulkane. Fahr' fort und foltere mich weiter, du Henkersknecht, wenn du schon damit angefangen hast.
Eutychus: Dein Schmerz ist nicht größer, als es meiner vorhin war.
Charinus: Nun bitte, sag mir: Wer hat sie gekauft?
Eutychus: Ich weiß es wirklich nicht.
Charinus: Das nennst du einem guten Freund einen Dienst erweisen?
Eutychus: Was willst du? Was soll ich tun?
Charinus: Das gleiche, was du mich tun siehst: Geh zugrunde! Warum hast du nicht gefragt, was für ein Mann es war, der sie kaufte? Wie er aussah? Auf diese Weise hätte man das Mädchen vielleicht noch ausfindig machen können. Weh, ich Unglückseliger!
Eutychus: Das einzige, was du tust, ist Weinen: Laß das doch! Was hab' ich dir denn getan?
Charinus: Zerstört hast du mich, zerstört das Vertrauen, das ich in dich setzte.
Eutychus: Die Götter wissen, daß mich keine Schuld an diesem Unheil trifft.
Charinus: Vortrefflich! Die Götter rufst du als Zeugen an. Nur sind sie leider abwesend. Wie soll ich dir da glauben?
Eutychus: Es steht in deiner Macht, was du glauben willst. In meiner Macht steht, was ich sagen will.
Charinus: Ja, darin bist du schlau: Schlagfertig kannst du Antwort geben. Aber darin, was dir aufgetragen wurde, darin bist du lahm und blind, stumm, gebrechlich, schwach und mutlos. Du hattest mir versprochen, meinen Vater übers Ohr zu hauen, und ich glaubte, die Sache einem klugen Mann zu übergeben; aber – wem hab' ich sie anvertraut? Dem dümmsten Klotz!
Eutychus: Was sollte ich denn machen?
Charinus: Was du machen solltest? Fragst du mich? Nachforschen solltest du! Du solltest fragen, wer der Käufer sei, woher er sei, aus welcher Sippe, ob er Bürger sei oder ein Fremder.
Eutychus: Er sei attischer Bürger, sagte man.
Charinus: Und wenn du schon den Namen nicht erfahren konntest, hättest du doch wenigstens ausfindig machen können, wo er wohnt.
Eutychus: Das konnte niemand sagen, niemand wußte es.
Charinus: Du hättest doch erfragen können, wie er aussah.
Eutychus: Das hab' ich getan.
Charinus: Wie sah er aus, Eutychus, wie hat man ihn beschrieben?
Eutychus: Ich will es dir sagen: Graues Haar, krumme Beine, volle Backen, ein dicker Bauch, klein von Gestalt, die Augen schwarz, lange Kinnbacken, auch ein wenig plattfüßig.
Charinus: Das ist kein Mensch, den du da schilderst, das ist eine Sammlung schlimmer Eigenschaften. Gibt es sonst irgend etwas, was du über ihn sagen könntest?
Eutychus: Das ist alles, was ich weiß.
Charinus: Beim Herkules, der mit seinen krummen Beinen ist übel mit mir umgesprungen. Nein, ich kann es nicht ertragen, beschlossen ist es: Ich muß weg von hier. Doch welches Land, welche Bürgerschaft soll ich wählen? An Korinth, Megara, Eretria, denk' ich da, auch an Chalchis, Zypern, Kreta, Lesbos, Knidos und Böotien.
Eutychus: Wie kommst du auf den Gedanken?
Charinus: Weil mich die Liebe quält!
Eutychus: Was soll denn das? Wenn du angekommen bist, wohin zu gehen du dich anschickst, wenn auch dort das Schicksal will, daß dich wiederum die Liebe packt und sie dir ebenfalls versagt ist, die du liebst, wohin fliehst du von dort aus? Und von dort aus wohin, wenn es dir wieder geschieht? Welch letztes Ziel wird dir in der Verbannung werden, welches Ende deiner Flucht? Und welches Land und welches Haus kann dir auf Dauer zur Heimstatt werden? Sag mir das. Und sag mir: Wenn du weggehst aus der Stadt, glaubst du, die Liebe ließest du hier zurück? Wenn es in deiner Seele feststeht, daß du gehen wirst, wenn es gewiß ist oder dir als gewiß gilt – wieviel besser wär' es dann für dich, irgendwohin aufs Land zu gehen, dort zu leben, zu bleiben, bis dich das Verlangen nach dem Mädchen, bis dich die Liebe aus ihrem Bann entlassen hat?
Charinus: Hast du ausgeredet?
Eutychus: Ich hab' alles gesagt.
Charinus: Vergebens hast du es gesagt. Mein Entschluß ist unumstößlich. Ich geh' jetzt ins Haus, begrüße den Vater, die Mutter und die meinen, dann entflieh' ich meinem Vaterland ohne Wissen meines Vaters – es sei denn, ich ergreife – einen anderen Ausweg.
Charinus geht in das Haus des Demipho
Eutychus: Wie schnell hat er sich aufgerafft. Plötzlich ging er weg! O weh, ich Unglückseliger! Wenn Charinus wirklich fortgeht, werden alle sagen, dies sei meiner Trägheit zuzuschreiben. Das steht fest: Ich will Ausrufer bestellen, alle, die es in der Stadt zu mieten gibt, um das Mädchen aufzuspüren, es wieder aufzutreiben. Dann geh' ich gleich zum Prätor, bitt' ihn, daß er mir Häscher zur Verfügung stellt, sie in alle Dörfer auszusenden. Ich sehe wohl, nichts anderes bleibt mir übrig.
Eutychus geht ab
Dorippa kommt
Dorippa: Ein Bote kam von meinem Mann
zu mir aufs Land, er komme nicht aufs Landgut.
Ich nun folge rasch dem Einfall,
der mir kam, und bin zurückgekommen in die Stadt,
ihm forschend nachzugehen, der mich flieht.
Jedoch ich seh', daß unsre alte Syra mir nicht folgt. –
Doch da,
Syra kommt
da kommt sie langsam.
Warum gehst du denn nicht schneller?
Syra: Weil – beim Kastor – ich nicht schneller kann.
So schwer ist sie, die Last, die ich zu tragen habe.
Dorippa: Welche Last denn?
Syra: Meine vierundachtzig Jahre; auch mein Sklavenstand,
dann Mühe, Schweiß und Durst.
Auch drückt mich nieder, was ich tragen muß.
Dorippa: Gib irgend etwas her, womit ich den Altar Apollos
dort bei unserm Haus bereichern kann.
Gib diesen Lorbeerzweig! Gut so,
dann geh hinein ins Haus.
Syra: Ich gehe.
Syra geht ins Haus des Lysimachus
Dorippa: Apollo, höre mein Gebet! Ich bitte dich,
du mögest wohlgesinnt uns sein,
uns deine Gnade schenken,
unserm ganzen Haus Gesundheit, Heil und Segen,
und verschone gnädig mir in deiner Güte meinen Sohn.
Syra stürzt aus dem Haus
Syra: Ich bin verloren, wehe, o ich Unglückselige! Weh mir:
Vernichtet bin ich ganz und gar!
Dorippa: Ich bitte dich! Bist du bei Sinnen?
Warum jaulst du so? Warum dies Wehgeschrei?
Syra: Dorippa, o Dorippa!
Dorippa: Was schreist du so, ich bitte dich?
Syra: Im Haus ist irgendeine Frau.
Dorippa: Was? eine Frau?
Syra: Ja, eine Frau – eine Hetäre!
Dorippa: Wirklich? Ganz im Ernst?
Syra: Wie klug du warst, daß du nicht auf dem Land bliebst.
Der Dümmste merkt sogar, daß sie das Liebchen
deines allerliebsten Ehemannes ist.
Dorippa: Beim Kastor, ja, das glaub' ich auch.
Syra: Komm, meine Iuno, geh mit mir,
daß du Alkmene siehst, dir Nebenbuhlerin.
Dorippa: Hinein geh' ich, so schnell ich es vermag.
Beide gehen ins Haus
Lysimachus kommt
Lysimachus: Ist es nicht schlimm genug, daß dieser Demipho verliebt ist? Muß er noch obendrein sein Geld verschwenden? Hätt' er auch zehn Männer, die bedeutendsten und angesehensten, zum Essen eingeladen: Was er eingekauft hat, wäre viel zu viel gewesen. Die Köche trieb er an, wie der Rudermeister auf dem Schiff die Ruderknechte antreibt. Ich hab' uns inzwischen einen Koch gemietet. Es wundert mich, daß er noch nicht kommt, wie ich's ihm aufgetragen habe. Doch wer kommt da aus unserm Haus? Die Tür öffnet sich.
Dorippa kommt aus dem Haus
Dorippa: Nie gab es eine Frau, nie wird es eine geben,
die bejammernswerter ist als ich,
die ich mir einen solchen Kerl
zum Manne nahm, ich Unglückselige!
Da hast du ihn, dem du dich selbst und alles,
was du hast, in gutem Glauben anvertraut,
da hast du ihn, dem zehn Talente du
als Mitgift zugebracht, damit du das nun ansehn mußt
und solche Schmach erdulden!
Lysimachus: (für sich) Das ist mein Untergang! Die Frau ist schon vom Landgut zurück. Gewiß hat sie im Haus das Mädchen gesehen. Was sie sagt, kann ich von hier aus nicht verstehen. Ich muß näher hin.
Dorippa: Ach, was bin ich unglücklich!
Lysimachus: (für sich) Ich wahrhaftig auch.
Dorippa: Das ist mein Tod!
Lysimachus: (für sich) Und meiner. Ich bin erledigt. Sie hat sie gesehen. O Demipho! Daß dich die Götter verderben!
Dorippa: Also das war der Grund, weshalb mein Mann heute nicht aufs Landgut kommen wollte!
Lysimachus: (für sich) Was kann ich anderes tun, als zu ihr gehen, mit ihr reden?
Er tritt zu ihr
Der Ehegatte grüßt die Ehefrau! Werden die Landbewohner auf einmal zu Städtern?
Dorippa: Anständigeres machen sie dabei als jene, welche – nicht aufs Landgut gehen wollen!
Lysimachus: Was haben denn die Sklaven auf dem Landgut wieder angestellt?
Dorippa: Beim Kastor, weniger als gewisse Leute in der Stadt; und weitaus weniger Übel handeln sie sich ein.
Lysimachus: Die Leute in der Stadt? Was haben die denn verbrochen? Sag's mir doch!
Dorippa: Wem gehört das Mädchen im Haus?
Lysimachus: Du hast sie schon gesehen?
Dorippa: Das hab' ich.
Lysimachus: Und du fragst, wem sie gehört?
Dorippa: Ich bring' es doch heraus, ich bin begierig es zu wissen. Aber du, du fragst mich, obwohl du ganz genau Bescheid weißt!
Lysimachus: Wem sie gehört, soll ich dir sagen? Sie gehört – sie – sie – weh mir! (für sich) Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll!
Dorippa: Aha! Du stockst!
Lysimachus: (für sich) Und wie!
Dorippa: Willst du jetzt reden?
Lysimachus: Wenn ich reden darf –
Dorippa: Du hast zu reden!
Lysimachus: Ich kann doch nicht, so bedrängst du mich! Du setzt mir zu, als hätt' ich etwas verbrochen.
Dorippa: Ich weiß, du bist ganz und gar unschuldig!
Lysimachus: Das kannst du ohne weiteres sagen!
Dorippa: Also rede!
Lysimachus: Ich rede ja schon.
Dorippa: Und reden sollst du auch!
Lysimachus: Sie gehört – du willst, ich soll dir den Namen sagen?
Dorippa: Nichts erreichst du damit. Auf frischer Tat hab ich dich bei deiner Untat ertappt.
Lysimachus: Bei welcher Untat denn? Sie gehört – das Mädchen –
Dorippa: Wer ist sie?
Lysimachus: Sie –
Dorippa: Nun, sie gehört?
Lysimachus: Gut, dann – wenn es nicht dringend nötig ist, möcht' ich es lieber nicht sagen.
Dorippa: So, aha, du weißt nicht, wer sie ist?
Lysimachus: Natürlich weiß ich's. Ich bin als ihr Richter eingesetzt.
Dorippa: Als Richter? Ja, ich weiß! Und gerade jetzt hast du sie zu einem amtlichen Termin vorgeladen.
Lysimachus: Genau so ist es! Als Streitobjekt hat man sie mir in Verwahrung gegeben.
Dorippa: Ja, genauso denk ich's mir!
Lysimachus: Nein, es ist nichts dergleichen, was du dir denkst.
Dorippa: Du hast es recht eilig, dich von dem Verdacht zu reinigen!
Lysimachus: (für sich) Ah, welchen Ärger hab' ich mir aufgelesen! Jetzt sitz' ich in der Tinte.
Ein Koch tritt auf mit Lastträgern
Koch: Beeilt euch, los,
ich muß doch diesem alten Neuverliebten
die Mahlzeit zubereiten. Doch, bedenk ich's recht:
Für uns wohl kochen wir, und nicht für den,
der uns gemietet.
Hält ein Liebender in seinen Armen, was er liebt,
genügt ihm diese Mahlzeit: die Geliebte anzuschauen,
sie zu umarmen, sie zu küssen, süß mit ihr zu plaudern.
Darauf kann ich mich verlassen: Heimzu ziehen wir,
beladen mit den ganzen Waren da. Hierhin damit!
Da ist der Alte ja, der uns gemietet hat.
Lysimachus: (für sich) Auch das! Jetzt kommt der Koch. Aus ist es.
Koch: Da sind wir.
Lysimachus: Ab, verschwinde!
Koch: Ich soll gehen?
Lysimachus: Pst! So geh doch!
Koch: Gehen soll ich?
Lysimachus: Geh!
Koch: Wollt ihr denn nicht essen?
Lysimachus: Nein, wir sind satt.
Koch: Aber –
Lysimachus: Das ist mein Untergang.
Dorippa: Was nun? Die dich zum Richter eingesetzt haben, die haben wohl auch veranlaßt, daß man dir alles das bringen soll?
Koch: Ist das nun dein Liebchen, die, von der du mir vorhin erzählt hast? Daß du so in sie verliebt bist? Vorhin, als du das Essen eingekauft hast. Da Demipho das Essen eingekauft, Lysimachus dagegen den Kochgemietet hat, verwechselt der Koch offensichtlich – ob mit oder ohne Absicht – die beiden.
Lysimachus: Kannst du nicht schweigen?
Koch: Sie ist ganz hübsch gebaut, nur ziemlich alt, beim Herkules!
Lysimachus: Zum Henker mit dir!
Koch: Schlecht ist sie nicht.
Lysimachus: Du bist es!
Koch: Im Bett, glaub' ich, stellt die sich geschickt an – wohlerfahren.
Lysimachus: Warum nur gehst du nicht? Ich bin nicht der, der dich gemietet hat.
Koch: Was soll das? Natürlich bist du's, in Person!
Lysimachus: O weh, ich Unglückseliger!
Koch: Denn deine Frau ist auf dem Land, hast du gesagt. Verhaßt sei sie dir und ein Drache obendrein.
Lysimachus: Was? Das hätt' ich gesagt?
Koch: Beim Herkules, das hast du.
Lysimachus: Frau, Nie hab' ich das gesagt, so wahr Jupiter mich lieben soll!
Dorippa: Was? Du leugnest? Was hier zutage kommt, zeigt doch nur zu sehr, wie du mich hassest.
Lysimachus: Nein, das ist nicht wahr!
Koch: Nein, wirklich nicht! Er meinte doch nicht dich! Die Ehefrau, haßt er, wie er sagte, und die ist auf dem Landgut.
Lysimachus: Die, die ist es doch! Was machst du mir solchen Ärger?
Koch: Weil du leugnest, mich zu kennen; wenn du nicht gar Angst vor der da hast.
Lysimachus: Ich weiß, daß ich es muß, sie ist doch meine einzige.
Koch: Was ist, willst du's mit mir versuchen?
Lysimachus: Nein, Ich will dich nicht!
Koch: Dann gib mir meinen Lohn!
Lysimachus: Komm morgen, du bekommst ihn, aber jetzt geh!
Dorippa: Weh, ich Arme!
Lysimachus: Nun erfahr' ich selber, wie wahr das Sprichwort ist: Nah bei einem schlimmen Nachbar lauert Schlimmes.
Koch: Weshalb stehen wir hier herum? Gehen wir! Es ist nicht meine Schuld, wenn du Unannehmlichkeiten hast.
Lysimachus: Du bringst mich noch ins Grab!
Koch: Ich weiß schon, was du willst. Du willst, daß ich gehe.
Lysimachus: Genau das will ich!
Koch: Nun, dann gehen wir. Aber gib mir erst eine Drachme.
Lysimachus: Du bekommst sie!
Koch: Sorg dafür, daß ich sie kriege. Man kann sie mir geben, während die hier die Waren auf den Boden setzen.
Lysimachus: Gehst du endlich? Hör auf, mich weiter zu belästigen!
Koch: Dann vorwärts, legt die eingekauften Speisen dahin, dem Alten vor die Füße. Die Gefäße lass' ich nachher, vielleicht morgen holen. Folgt mir jetzt!
Der Koch und die Lastträger gehen
Lysimachus: Vielleicht wundert dich der Koch, warum er herkam und warum er das alles brachte. Ich sage dir, was das zu bedeuten hat.
Dorippa: Mich wundert's gar nicht mehr, wenn du Abscheuliches, Schändliches verbrichst. Ich aber will auf keinen Fall dulden, derart schändlich verehelicht zu sein. Auch nicht, daß man vor meinen eignen Augen Dirnen in mein Haus schleppt. Syra, geh und bitt' in meinem Namen meinen Vater, er soll sogleich mit dir zusammen zu mir hierher kommen.
Syra: Ich gehe.
Syra geht
Lysimachus: Frau, bitte, du weißt ja gar nicht, worum es sich da wirklich handelt! Nein, ich schwöre dir – bei allem, was mir heilig ist – ich habe mit der nie irgend etwas – Syra –
Dorippa geht ins Haus
ist sie schon gegangen? Jetzt ist's aus! Auch sie ist weggegangen. Weh mir! Ich Unglückseliger! Und dich, Nachbar, dich sollen alle Götter und Göttinnen verderben, samt deinem Liebchen, samt der ganzen Liebelei! Unverdientermaßen hat er mich Verdächtigungen ausgesetzt, hat Feindschaft in mein Haus gebracht: Die Frau – sie ist bitterböse. Jetzt geh' ich zum Markt und sag' diesem Demipho, ich zerre sein Liebchen an den Haaren auf die Straße, wenn er sie nicht augenblicklich aus meinem Haus schafft, wohin er will. He, Frau! Wenn du auch zornig bist auf mich, sei vernünftig, laß das hier ins Haus schaffen! Schon bald werden wir zusammen richtiger und ordentlicher Mahlzeit halten können.
Lysimachus ab zur Seite
Syra kommt zurück
Syra: Die Herrin schickte mich zu ihrem Vater, doch der ist nicht zu Hause; auf das Land sei er gegangen, wurde mir gesagt. Also kehr' ich zurück, das zu berichten.
Eutychus kommt
Eutychus: Ah, bin ich erschöpft! Die ganze Stadt hab' ich durchjagt, aber keine Spur von dem Mädchen gefunden. Sieh, die Mutter ist vom Land zurückgekommen: die Syra steht vor dem Haus. He, Syra!
Syra: Wer ist es, der da ruft?
Eutychus: Dein Herr und Pflegesohn ist es!
Syra: Sei gegrüßt, mein Söhnchen!
Eutychus: Ist die Mutter schon vom Land zurück? Antworte!
Syra: Wahrhaftig, zum größten Glück für unser ganzes Haus.
Eutychus: Was ist geschehen?
Syra: Hat dein allerliebster Vater doch ein Liebchen ins Haus gebracht!
Eutychus: Ein Liebchen, was?
Syra: Die Mutter hat sie hier im Haus angetroffen, als sie vom Landgut heimkam.
Eutychus: Wirklich, ich hätte nie geglaubt, daß Vater solche Sachen macht. Ist diese Frau noch im Haus?
Syra: Sie ist noch.
Eutychus: Dann folge mir.
Eutychus geht ins Haus
Syra: Beim Kastor, unter harter Ordnung
leben doch die Frauen, die bejammernswerten,
unter einer weitaus ungerechteren auch
als die Männer. Treibt ein Mann es nämlich heimlich,
hinterm Rücken seiner Frau, mit einer Dirne,
und die Frau erfährt davon, geschieht ihm nichts.
Wenn ohne Wissen ihres Manns die Frau auch nur
das Haus verläßt, so ist das für den Mann ein Grund,
sie aus der Ehe zu verstoßen. Gäb' es ein Recht doch,
gleichermaßen gültig für den Mann wie für die Ehefrau!
Denn wie die Frau, die eine gute Ehefrau ist,
sich mit
einem Mann begnügt, was sollte dann der Mann
mit
einer Frau nicht ebenso zufrieden sein?
Wahrhaftig, ja, das kann ich euch versichern,
würd' auch der Mann bestraft, wenn er es
hinterm Rücken seiner Frau mit einer Dirne treibt,
würd' er vertrieben aus der Ehe wie die Frau,
die sich etwas zuschulden kommen ließ: –
Verstoßen wären dann mehr Männer,
als es jetzt verstoß'ne Frauen gibt.
Syra geht ins Haus des Lysimachus
Charinus kommt aus dem Haus des Demipho
Charinus: Euch Schwellen unsres Hauses grüß' ich,
sag' euch Lebewohl. Zum letzten Mal ist's heute,
daß ich diesen Fuß aus meinem elterlichen Hause setze.
Gewöhnung, Nahrung, Pflege und Genuß
sind mir gestorben, sind gemordet, mir entfremdet.
Nichts mehr bin ich, bin auch mir gestorben.
O Götter meiner Väter, dir auch,
Schutzgott unsres Hauses, anvertraue ich
die Sorge um das Schicksal meiner Eltern,
daß ihr sie beschützen möget.
Ich will ein andres Haus
und einen andren Schutzgott suchen,
eine andre Stadt und eine andre Bürgerschaft:
Von Attika will ich nun nichts mehr wissen.
Wo Schlechtigkeit von Tag zu Tag sich mehr verbreitet,
und wo du nicht erkennen kannst, wer dir noch Freund,
wer dir schon untreu ist, wo dir entrissen wird,
was dir das Liebste ist:
Und wenn man mir die Königsherrschaft böte,
an diesem Ort ist keine Bürgerschaft,
nach der es mich verlangt.
Eutychus kommt aus dem Haus des Lysimachus
Eutychus: O Venus,
Überwinderin der Götter und der Menschen,
Herrin auch zugleich den Menschen:
Ich danke dir, daß du mir Hoffnung zeigtest!
Kann ein Gott so glücklich sein, wie ich es bin?
Im Hause war, was ich verzweifelt suchte:
Sechs Gefährten hab' ich so gefunden:
Leben, Freundschaft, Bürgerrecht,
auch Freude, Spaß und Scherz.
Mit ihrer Ankunft hab' ich auch zu Fall gebracht
die schlimmen Dinge: Zorn und Feindschaft,
Trauer und Verbannung, Tränen, Not und Einsamkeit,
Verderben, Torheit, Trotz. O Götter, gebt mir schnell
Gelegenheit, mich mit dem Freund zu treffen.
Charinus: Ihr seht: Ich bin bereit. Den Stolz, den leg' ich ab,
mein eigener Begleiter bin ich und mein eigner Diener,
Stallknecht auch zugleich und Roß und Waffenträger.
Selbst bin ich mir Herrscher, selber mir gehorsam,
selber trag' ich, was zum Leben nötig ist.
O Cupido, wie groß ist deine Macht!
Du machst den Menschen durch dein Wirken
nach Belieben zuversichtlich, gleich darauf
denselben Menschen mutlos und verzagt,
voll Ängstlichkeit.
Eutychus: Wohin bloß muß ich laufen, ihn zu suchen?
Charinus: Eines nur ist mir gewiß:
Ich werde dieses Mädchen suchen ohne Unterlaß,
wohin in alle Welt man sie auch hingeführt.
Ich fürchte nichts, was sich in meinen Weg stellt:
Nicht Strom, nicht Berg, das Meer nicht, Hitze, Kälte,
Sturm und Hagel. – Unwetter auch will ich erdulden,
Mühe, Sonnenhitze, Durst ertragen.
Niemals lass' ich nach und ruhe weder Tag noch Nacht,
bis ich entweder die Geliebte,
wenn nicht sie, den Tod gefunden habe.
Eutychus: Eine Stimme dringt zu meinen Ohren!
Charinus: Euch, ihr Wegegötter, ruf' ich an,
gewährt mir euren Schutz!
Eutychus: O Götter! Ist das nicht Charinus?
Charinus: Mitbürger, nun, lebt wohl!
Eutychus: Charinus, halt! Bleib sofort stehen!
Charinus: Wer ruft mich zurück?
Eutychus: Die Hoffnung und das Heil, der Sieg!
Charinus: Was wollt ihr denn von mir?
Eutychus: Wir wollen mit dir gehen.
Charinus: Sucht euch einen anderen Begleiter.
Die Begleiter, die mich halten, lassen mich nicht los.
Eutychus: Wer sind sie?
Charinus: Sorge, Unglück, Kummer, Tränen, Klage.
Eutychus: Trenn dich von ihnen und schau hinter dich,
zu mir her, und kehr um!
Charinus: Wenn du plaudern willst mit mir, so folge mir.
Eutychus: Bleib sofort stehen!
Charinus: Schlecht ist, was du tust, mich aufzuhalten.
In Eile bin ich doch. Die Sonne geht schon unter.
Eutychus: Du tätest besser, würdest du nach hier zurück
statt dorthin eilen:
Hier bläst jetzt der Wind, der günstige. Kehr sofort um!
Ist hier doch heit'res, laues Westwindwetter,
dort ein Wind aus Süd,
er Regen, schlechtes Wetter bringt.
Hier liegt das Meer in Ruh', dort wogt erregt die Flut.
Charinus, geh zurück an Land, hierher zu mir!
Siehst du nicht dort, grad gegenüber,
schwarz, gewitterbringend dir die Wolke drohen?
Schau hierher nach links! Siehst du denn nicht,
wie hier der ganze Himmel klar ist?
Charinus: Ja, ein Zeichen stellt er mir entgegen.
Hierhin wend' ich mich zurück.
Eutychus: Danit handelst du klug. Nun aber, Charinus, wende den Schritt, komm schnell zu mir! Gib mir den Arm!
Charinus: Nimm ihn. Hast du ihn?
Eutychus: Ich halte ihn.
Charinus: Halt ihn nur.
Eutychus: Wohin wolltest du denn?
Charinus: In die Verbannung.
Eutychus: Was wolltest du dort?
Charinus: Was immer ein Unglückseliger...
Eutychus: Pst! Laß jetzt ab von deiner Angst, ich will dich wieder aufrichten, daß du in alter Fröhlichkeit leben sollst. Höre nun, was dich erfreuen wird, du hörst, was du am liebsten hören wirst. So bleib doch stehen, als Freund komm ich zu dir, bin dir wohlgesinnt! Die du liebst...
Charinus: Was ist mit ihr?
Eutychus: Ich weiß, wo sie ist.
Charinus: Du weißt es? Ich fleh' dich an!
Eutychus: Gesund und wohlbehalten.
Charinus: Wo denn nur?
Eutychus: Ich weiß es.
Charinus: Es wäre mir lieber, ich wüßte es.
Eutychus: Kannst du nicht zur Ruhe kommen?
Charinus: Was denn – mein Seele wogt unruhig.
Eutychus: Ich werde sie dir zur Ruhe, zu Stille und Sicherheit bringen. Fürchte nichts.
Charinus: Sag mir doch: Wo ist sie? Wo kann ich sie sehen? Was schweigst du? Rede! Mit deinem Schweigen bringst du mich um!
Eutychus: Sie ist gar nicht weit entfernt.
Charinus: Wenn du sie siehst, warum zeigst du sie mir nicht?
Eutychus: Jetzt seh' ich sie nicht! Doch grad eben hab' ich sie gesehn.
Charinus: Warum läßt du sie mich nicht sehen?
Eutychus: Du wirst sie sehen!
Charinus: Das dauert zu lange für einen Liebenden.
Eutychus: Du fürchtest immer noch? Ich werde dir alles erklären. Keiner ist mir freundlicher gesinnt als er, der sie in Verwahrung hat, und bei keinem andern könnt' ich sie lieber wissen als bei ihm.
Charinus: Was kümmert der mich? Sie ist's, nach der ich frage.
Eutychus: Von ihr auch red' ich zu dir! Ich dachte in der Tat gar nicht daran, dir zu sagen, wo sie ist.
Charinus: Wo ist sie? Wo? So sag es!
Eutychus: Hier in unserm Haus.
Charinus: Ein gutes Haus, wenn du wahr gesprochen hast, und schön gebaut. Aber wie soll ich dir Glauben schenken? Hast du sie selbst gesehen? Oder sagst du nur, was du gehört hast?
Eutychus: Ich habe sie selber gesehen.
Charinus: Sag mir, wer hat sie zu euch gebracht?
Eutychus: Mußt du das wissen?
Charinus: Ja.
Eutychus: Vor nichts hast du Respekt, Charinus! Was ist dir daran gelegen, zu wissen, wer sie hergebracht hat?
Charinus: Wenn sie wirklich da ist.
Eutychus: Sie ist es.
Charinus: Wünsche dir für diese Nachricht, was du willst.
Eutychus: Wenn ich wünsche, was ist dann?
Charinus: Dann fleh zu den Göttern, sie mögen dir dazu verhelfen.
Eutychus: Du spottest!
Charinus: Meiner Sorge bin ich erst dann ledig, wenn ich sie gesehen habe. Aber was werf' ich diesen Reiseschmuck nicht von mir? He, ihr da im Haus! Komm einer schnell vor die Tür und bring mir mein Alltagskleid.
Eutychus: Schau her, nun gefällst du mir.
Ein Sklave kommt aus dem Haus und bringt das Gewand
Charinus: Du kommst zur rechten Zeit, Knabe. Nimm den Reisemantel, bleib aber noch hier stehen, damit ich, sollte das alles sich als Täuschung erweisen, die Reise weiterführen und vollenden kann, die ich angetreten habe.
Eutychus: Du glaubst mir nicht?
Charinus: Ich glaube alles, was du mir sagst – ganz bestimmt, doch warum führst du mich nicht zu ihr hinein, daß ich sie sehen kann?
Eutychus: Warte noch ein wenig!
Charinus: Warum denn?
Eutychus: Es ist jetzt nicht die Zeit, ins Haus hineinzugehen.
Charinus: Du bringst mich um!
Eutychus: Ich sage dir, es wäre – unzweckmäßig, jetzt hineinzugehn.
Charinus: Antworte mir: Warum?
Eutychus: Es geht jetzt nicht.
Charinus: Warum?
Eutychus: Weil ihr es nicht gelegen käme.
Charinus: Wirklich? Nicht gelegen käm' es ihr, die mich liebt, die ich genauso liebe? Alles narrt mich auf unerhörte Weise. Was bin ich doch ein Esel, das alles zu glauben! Er hält mich nur auf. Den Reisemantel nehm' ich erneut.
Eutychus: So warte ein wenig, hör dies: –
Charinus: Hier, Knabe, nimm den Umhang!
Eutychus: Meine Mutter zürnt dem Vater heftig, er habe unter ihren Augen eine Dirne ins Haus gebracht, als sie auf dem Landgut war. Sie glaubt, das Mädchen sei sein Liebchen.
Charinus: Auch den Geldgurt hab' ich mir genommen –
Eutychus: Das untersucht sie nun – jetzt gerade drin im Haus.
Charinus: Das Schwert nehm' ich zur Hand –
Eutychus: Und brächte ich dich jetzt ins Haus –
Charinus: Nun nehm' ich noch die Reiseflasche und geh' weg von hier.
Eutychus: So bleib doch, Charinus, bleib!
Charinus: Du irrst dich. Du kannst mich nicht täuschen.
Eutychus: Ich will es ja auch nicht!
Charinus: Warum läßt du mich nicht meines Weges ziehen?
Eutychus: Ich lass' dich nicht!
Charinus: Ich selber halte mich auf. Du, Knabe, gehst zurück ins Haus!
Der Sklave geht ins Haus
Den Wagen hab' ich schon bestiegen,
halte schon in meiner Hand die Zügel.
Eutychus: Du bist nicht bei Sinnen!
Charinus: Auf, ihr Füße,
warum setzt ihr euch nicht gleich in Lauf,
geradewegs nach Zypern, da mein Vater mir nun einmal
die Verbannung zugedacht hat?
Eutychus: Ein Narr bist du! Du solltest das nicht sagen.
Charinus: Es zu tun, bin ich entschlossen. Alles setz' ich ein,
herauszufinden, wo sie ist.
Eutychus: Hier im Haus ist sie doch!
Charinus: Gelogen ist, was du auch sagst!
Eutychus: Die Wahrheit hab' ich gesagt, bestimmt!
Charinus: Auf Zypern bin ich nun!
Eutychus: So geh doch mit mir, daß du sie sehen kannst, nach der es dich verlangt.
Charinus: Gesucht hab' ich sie dort, doch nicht gefunden.
Eutychus: Nun acht' ich nicht auf den Zorn der Mutter.
Charinus: Und weiter reis' ich nun auf meiner Suche,
bin in Chalchis jetzt und treffe dort
den Gastfreund aus Zakynth,
erzähl' ihm, weshalb ich hierhergekommen, frag' ihn,
wer sie weggeführt, wer sie jetzt habe, falls er dort
etwas erfahren hat.
Eutychus: Warum läßt du die Possen nicht? Und gehst mit ins Haus?
Charinus: Der Freund sagt, in Zakynth die Feigen,
sie gediehen gar nicht schlecht.
Eutychus: Das war wenigstens nicht gelogen.
Charinus: Doch von der Geliebten, so behauptet er,
hab' er gehört, hier in Athen sei sie.
Eutychus: Ein wahrer Kalchas ist dein Zakynthier, was die Seherkunst betrifft.
Charinus: Das Schiff besteig' ich, fahre sogleich los.
Zuhause bin ich nun, zurück aus der Verbannung.
Freund Eutychus, sei gegrüßt! Wie geht es dir?
Wie meinen Eltern? Vater, Mutter,
sind sie auch wohlauf?
Du lädst mich ein zum Essen, o wie freundlich!
Morgen dann bei dir, doch heute bist du erst einmal
bei mir zu Gast. Denn so gehört es sich, so soll es sein.
Eutychus: Heia! Was faselst du da? Der Mensch ist nicht bei Sinnen.
Charinus: Weshalb beeilst du dich als Freund nicht, mich zu heilen?
Eutychus: Folge mir!
Charinus: Ich komme.
Eutychus: Doch ruhig, bitte, du trittst mir ja auf die Fersen! Hörst du überhaupt?
Charinus: Ich habe schon längst gehört.
Eutychus: Meinem Vater will ich nun Frieden verschaffen mit meiner Mutter. Die ist nämlich erzürnt –
Charinus: Geh jetzt schon!
Eutychus: – wegen des Mädchens.
Charinus: Geh jetzt schon!
Eutychus: Du mußt dich darum kümmern!
Charinus: Geh jetzt endlich! Ich will sie ihm so gewogen machen, wie die Juno ihrem Jupiter gewogen ist.
Beide gehen in das Haus des Lysimachus
Demipho und Lysimachus kommen
Demipho: Du tust, als hättest du so etwas nie getan!
Lysimachus: Wahrhaftig, niemals! Ich habe mich gehütet, so etwas zu machen. Kaum leb' ich noch. Wegen ihr ist meine Frau in wildem Aufruhr.
Demipho: Ich kann dich doch rechtfertigen, so daß sie nicht mehr zürnen wird.
Lysimachus: Dann komm mit!
Eutychus kommt aus dem Haus des Lysimachus
Aber sieh, mein Sohn kommt aus dem Haus.
Eutychus: (ins Haus) Zum Vater will ich, damit er weiß, daß sich der Zorn der Mutter besänftigt hat. Gleich komm' ich zurück.
Lysimachus: Der Anfang ist nicht schlecht. Was ist los, Eutychus?
Eutychus: Ihr zwei kommt mir grad zur rechten Zeit.
Lysimachus: Was ist geschehen?
Eutychus: Deine Gattin ist besänftigt und versöhnt. Nun reicht mir die Hände.
Lysimachus: Die Götter sind mir gnädig!
Eutychus: (Zu Demipho) Dir aber hab' ich zu melden: Aus ist's mit der Liebschaft.
Demipho: Alle Götter sollen dich verderben! Was ist los? Was meinst du damit?
Eutychus: Ich will's euch sagen. Hört beide zu!
Lysimachus: Und wie wir hören!
Eutychus: Wer edler Herkunft ist,
doch von Charakter schlecht,
verliert durch eigne Schuld den Adel,
seine Herkunft schändet er durch den Charakter.
Demipho: Das ist wahr!
Lysimachus: Und gilt besonders dir!
Eutychus: Umso wahrer ist der Satz für ihn. War es recht, daß du in deinem Alter deinem eignen Sohn, der liebte, die Geliebte entrissen hast, die er mit seinem Geld gekauft hatte?
Demipho: Was sagst du? Sie? Die Geliebte von Charinus?
Eutychus: Wie sich der Schuft verstellt!
Demipho: Er sagte mir doch selber, er habe sie als Magd gekauft für seine Mutter.
Eutychus: Und drum hast du diesen Kauf getätigt, du neuverliebter alter Knabe?
Lysimachus: Ja, gut, nur weiter! Ich setz ihm von der andern Seite zu. Er hat es verdient, daß wir beide ihm nun gehörig – was zu hören geben.
Demipho: Ah, mit mir ist's aus!
Lysimachus: Dem Sohn, der dir doch nichts getan hatte, ein solches Unrecht zuzufügen!
Eutychus: Ihm, den ich ins Haus zurückgeführt habe, als er in die Verbannung gehen wollte. Denn er wollte fortgehen, um in der Verbannung zu leben.
Demipho: Ist er denn gegangen?
Lysimachus: Mußt du noch reden, du Gerippe? Deinem Alter ziemt es, Gewohnheiten dieser Art endlich zu entsagen.
Demipho: Ich geb' es ja zu, ich habe wirklich schlecht gehandelt.
Eutychus: Immer noch hast du zu reden, Gerippe du? Deinem Alter hätte es angestanden, Vergehen dieser Art zu meiden. Wie die Jahreszeiten dem Jahr, so kommt auch jedem Lebensalter anderes, ihm gemäßes Handeln zu. Wenn es erlaubt ist, daß noch Greise in ihrem Greisenalter es mit den Dirnen treiben, wo bleibt da das Wohl des Staates?
Demipho: Weh, ich Armer bin verloren!
Lysimachus: Sich mit so etwas zu beschäftigen, ist doch wohl eher Jünglingssache!
Demipho: Nehmt sie doch ums Himmelswillen, samt Schweinen, samt Mist!
Eutychus: Dann gib sie ihm zurück!
Demipho: Er soll sie haben, wie er will. Von mir aus kann er sie ganz allein für sich haben.
Eutychus: Du besinnst dich zur rechten Zeit: Jetzt, da du nicht mehr anders kannst.
Demipho: Als Sühne für das Unrecht soll er sich nehmen, was er will. Euch bitt' ich, macht Frieden zwischen ihm und mir, daß er nicht mehr zürnt. Denn wirklich, hätt' ich gewußt, daß er sie liebt, hätt' er es nur durch ein Scherzwort angedeutet, niemals hätt' ich sie dem Liebenden weggenommen. O Eutychus, bitte, du bist sein Freund, hilf mir, sei mein Retter! Ich, ein Greis, bitte um deinen Schutz: Nie will ich dir die Wohltat vergessen.
Lysimachus: Bitt' ihn, daß er dir deine Missetaten und dein jugendliches Alter verzeiht.
Demipho: Machst du immer weiter? Heia! Komm nur stolz daher! Ich hoffe, es kommt die Zeit, da ich dir das mit gleicher Münze zurückzahlen kann.
Lysimachus: Derlei Tätigkeiten hab' ich längst entsagt.
Demipho: Auch ich von jetzt an.
Eutychus: Das wirst du doch nicht! Die Gewohnheit treibt dich in den alten Stall zurück.
Demipho: Ich bitt' euch, laßt es genug sein. Sonst fällt euch noch ein, mich mit Riemen zu peitschen!
Lysimachus: Recht hast du, aber das wird wohl die Ehefrau besorgen, wenn sie davon hört.
Demipho: Es ist doch nicht nötig, daß sie es erfährt!
Eutychus: Was soll's? Keine Angst, sie wird es nicht erfahren. Gehen wir hinein! Der Ort hier ist nicht sehr geeignet; während wir von ihnen reden, könnten die, die hier des Weges kommen, Ohrenzeugen von deinen Taten werden.
Demipho: Recht hast du. Dann dauert die Komödie auch nicht so lang. Gehen wir!
Eutychus: Dein Sohn ist hier bei uns im Haus.
Demipho: Das ist ausgezeichnet. Gehen wir hier durch den Garten ins Haus!
Lysimachus: Eutychus, warte! Eines will ich erst noch erledigen, bevor ich meinen Fuß ins Haus setze.
Eutychus: Und das ist?
Lysimachus: Jeder denkt doch an seine eigne Sache. Antworte mir: Bist du sicher, daß mir deine Mutter nicht mehr zürnt?
Eutychus: Ganz sicher.
Lysimachus: Überleg es gut!
Eutychus: Du kannst mir trauen!
Lysimachus: Das genügt mir. Doch – ich bitte dich um eines: Denk noch einmal nach!
Eutychus: Glaubst du mir nicht?
Lysimachus: Doch, doch, ich glaube dir. Trotzdem hab' ich gräßlich Angst.
Demipho: Kommt, gehen wir hinein!
Eutychus: (zum Publikum) Ich aber meine, wir erlassen, bevor wir gehen, für die Alten ein Gesetz, an das sie sich zu halten haben und mit dem sie sich zufrieden geben müssen. Hat einer sechzig Jahre überschritten, und wir erfahren, daß er es mit Dirnen treibt: Ob er nun ledig sei oder ehelich verbunden, wir verfahren mit ihm nach folgendem Gesetz: Als unzurechnungsfähig gilt er uns, und wer auf solche Art sein Hab und Gut verschwendet, soll auch wirklich in Not geraten; dafür wollen wir sorgen. Niemand soll von nun an dem Sohn im Jünglingsalter verbieten wollen, daß er liebt und es mit den Hetären hält, wenn es mit Maß geschieht und auf gute Art. Verbietet es einer trotzdem, soll er heimlich mehr verlieren, als er öffentlich verausgabt. Dieses Gesetz, so will ich es, soll bereits diese Nacht zum ersten Mal für alle Alten gelten. Nun lebt wohl!
Ihr aber, die ihr jung seid:
Wenn ihr an dem Gesetz Gefallen findet,
steht es euch wohl an,
dem eifrigen Bemühn der Alten,
sich an das Gesetz zu halten,
laut zu applaudieren!